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Verschiedene: Die Gartenlaube (1877)


Schreibtisch Friedrich Wilhelm’s des Dritten. In der Ecke steht des Königs Bett, ein glattes Holzgestell mit weißer, durch die Zeit vergilbter Oelfarbe gestrichen. Auf der schlichten Decke liegt sein Morgenanzug, ein langer Rock von weißem Drell, wie die Arbeitsjacken der Soldaten. Ein Bettschirm, hinter dem der König bis an sein Ende geschlafen, umgiebt das Lager. Er ist von gelbem Papier, mit ausgeschnittenen Soldatenbildern aller preußischen Regimenter beklebt. Am Fenster dieses Gemaches hängt an farbigen Bändern, schon zerbrochen und verstäubt, ein Bündel bunter Ostereier. Bemalt, radirt, beklebt, mit gepreßten Blümchen verziert, sind es Gaben der königlichen Kinder, wie diese sie, so gut ein Jedes es konnte, dem theuren Vater zum Feste darzubringen pflegten. Der schmucklose Schreibtisch nun, das fast ärmliche Bettgestell und dieses sorgsame Aufbewahren der ersten Leistungen zärtlich geliebter Kinder – das Alles zusammengenommen giebt auch ein Bild der Zeit und ihres Zuschnittes, der, in harter Schule jeden unnützen Luxus verbannend, ein edles Herz in den rein menschlichen, natürlichsten Empfindungen nur um so inniger befestigte. Und das nächste Zimmer ist Luisens Zimmer. –


Schloß Monbijou im Jahre 1732.
Einem alten Kupferstich facsimile nachgebildet.


Sie hat nicht hier gewohnt, aber der ganze, übrigens nicht große Raum ist mit Gegenständen gefüllt, die sie täglich benutzt, die Jahre lang ihre nächste Umgebung ausgemacht haben. Sie waren dem Enkel, Deutschlands Kronprinzen, vermacht, der sie hierher gestiftet hat. Die Aufschrift mehrerer Zettel, welche, an den Gegenständen angeheftet, dieselben näher bezeichnen, ist von des Kronprinzen eigener Handschrift. Es liegt wie ein Geist des Friedens über dem Zimmerchen und seiner schattigen Stille.

In eine Ecke des Schlosses hineingebaut, hat das Luisen-Zimmer zwischen den beiden im rechten Winkel zu einander stehenden Thüren nur dieses eine Fenster. Auf den Plafond, der glatt lichtblau wie ein klarer Himmel ist, sind mit ausgebreiteten Flügeln große und kleine Vögel gemalt, die hoch im Aether zu schweben scheinen. Auch die Decoration der Wände ist früher eine ähnliche gewesen. Aber durch die Zeit geschädigt, wurde sie jetzt durch einen mattgelben Ton ersetzt, der nur wenig mitspricht. An der ersten Wand, rechts neben der Thür, steht ein altmodiges Schränkchen mit vielen flachen Schubkästen; vielleicht war es zur Aufbewahrung von Noten bestimmt; wenigstens füllt gleich dahinter der Flügel die übrige Wandlänge aus. Er ist schmal, schlank, dünnbeinig. An den Kanten ziemlich dürftig durch einen Metallbeschlag verziert, mag er seiner Zeit vielleicht doch ein recht kostbares Möbel gewesen sein. Die Tasten sind, wie beim Spinet, noch umgekehrt: die unteren schwarz, die oberen weiß. Der Ton ist dünn, aber weich und zart. Traum- und Wiegenlieder, von kundiger Hand gespielt, mögen anmuthig genug darauf geklungen haben. Zwei Mandolinen – jetzt mit gesprungenen Saiten – lehnen auf ihm gegen die Wand, an der, von Ternite gemalt, ein Bild der Königin hängt. Sie ist im weißen Atlaskleide und mit kurzer Taille dargestellt und trägt eine Krone in den Locken. Das Bild erscheint etwas platt und flach. Die beiden bekannten Portraitbüsten Luisens und ihrer Schwester, der nachmaligen Königin von Hannover, auf Consolen an seinen Seiten, überflügeln es an künstlerischer Bedeutung. Die Nische der Mittelwand schmückt Rauch's Büste der Königin. Rechts und links von ihr stehen Glasschränke, gefüllt mit persönlichen Andenken der hohen Frau. Hier könnte man Stunden und Tage lang die Gedanken versenken in Luisens äußeres und inneres Leben, in die Physiognomie der Zeit, der sie angehörte, die sie theilweise beseelt hat.

Der Schrank rechts enthält Kleidungsstücke, welche die Königin getragen hat. Wie wunderlich sehen diese Hüte uns an – das gewiß damals sehr elegante italienische Strohgeflecht, mit hohem

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1877). Leipzig: Ernst Keil, 1877, Seite 165. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1877)_165.jpg&oldid=- (Version vom 9.3.2019)