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verschiedene: Die Gartenlaube (1877)


sambt und sonders habender estime und propension, wovon Wir Euch bey vorfallenden Gelegenheiten angenehme Kennzeichen und proben zu geben nicht ermangeln, Indessen aber Euch mit günstigem und geneigtem Willen stets woll beygethan verbleiben werden. Gegeben zu Tangermünde den 10. August 1701.

Friderich, König.“     

Endlich ließ auch der Erzbischof zu Mainz etwas von sich hören, natürlich ein – „non possumus“. Er schrieb nämlich an den Kanzleiverwalter einmal:

„Was Du wegen der agnition des Herrn Churfürsten zu Brandenburg vor einen König in Preußen underthänigst berichten und anzeigen thust, das haben Wir ab Deinem Schreiben vom dritten hujus mehrern innhalts vernohmen. Unsere gnädigst befehlende Meynung ist darauf, daß Du hochermeldem Herrn Churfürsten zu Brandenburg kein anderes Praedicat oder Tilulatur, alß wie solche in Cancellariâ, bishero gebräuchlich gewesen, zulegen, und damit solang continuiren lassen sollest, bis Wir derenthalben demnechst ein anderes Verordnen werden. Welches Du also zu befolgen wissen wirst.“

Und dann etwas später, am 3. September 1701:

„Lotharius Frantz Christian von Gottes Gnaden Ertzbischoff zu Maintz, des Heyl. Röm. Reichs durch Germanien Ertz-Cantzler und Churfürst, Bischoff zu Bamberg etc. Ehrsamb und Hochgelehrter und Lieber getreuwer, Wir haben empfangen und vernohmen, was Du wegen der dem dasigen Kayserl. und des reichs Cammergericht umb ertheilung des Königl. Praedicats ahn den Herrn Churfürsten zu Brandenburg beschehene Kayserl. notification underm 31. passati underthänigst ahnzeigen und berichten thuest. Wie auch dieses eine Sache von Bedenken ist, alß wollest Du mit sothanem praedicat noch einige Zeith, biß dahin, daß Wir Dir demnechst Unsere Resolution darüber haben werden zukommen lassen, ahnstehen, Verpleiben Dir damit zu gnaden wohlgewogen.

     Mainz, den 3. September 1701.

Loth. Frantz Christian.“     

Mittlerweile aber war auch Friedrich durch seinen beim Reichskammergericht bestellten Advocaten und Prokurator Dr. Johann Friedrich Hoffmann von der seitens des Erzbischofs zu Mainz beobachteten Renitenz benachrichtigt worden, und mit welchem Widerstande er dem Erzbischof entgegentrat, das zeigt die folgende Stelle eines Schreibens, das er als Antwort auf den Bericht Hoffmann’s an diesen richtete, um auch das Reichskammergericht von dem Inhalte desselben in Kenntniß zu setzen. Der König schreibt unter’m 1. December 1701 von Cöln unter Anderm:

„Unsern gnädigen Gruß zuvor, hochgelehrter Lieber Getreuwer. Uns ist vorgetragen was Ihr sub dato des 11. Novbr. an Uns Berichtet, Wir lassen das compostement, welches daß dortige Cammergericht in der Sache wegen Unserer Titulatur bißhehr gegen Unß gehalten, an seynen Orth gestellet sein, Wan wir aber auch keine andere Ursach hetten darmit übel zufrieden zu seyn, so were doch dieße allein genug, daß daß Cammergericht in diesem Fall einen so großen Unterschied zwischen Unß und Chur Braunschweig machet, undt ohnerachtet der großen contradiction, so wieder diese Neue Chur im Reich gemachet wordten, selbigem Churfürsten sofort den gehörigen Titul gegeben, Unß aber ohnerachtet deß Kaysers außdrücklicher Verordtnung, welcher Chur-Maintz nullo jure sich wiedersetzen kann, den Titul eines Königs renegiret, Wir werden auch dannenhero bey Unserer einmahl gefasseter resolution fest verbleiben, daß Wir nemblich die jurisdiction deß Cammergerichts in Unseren zum Teutschen Reich gehörigen Landen eher nich agnoscieren, auch zu deßelben unterhalt an Cammerziehlern nicht einen Heller zahlen wollen, es seye denn die Unß gebührende Titulatur auf eben die Weiße, wie selbige auß dem Cammergericht an die Nordische Königen gegeben wirdt, würklich zuforderst erfolget.“

Nichtzahlung der Kammerziehler – das wirkte. Mit dieser Drohung hatte der König dem faulen Baume, dem das Kammergericht damals glich, die Axt an die Wurzel gelegt. Das hieß soviel als „Sein oder Nichtsein“. Die Nichtanerkennung der Jurisdiction in den zum deutschen Reiche gehörigen Landen des Königs wäre schon eher zu verschmerzen gewesen, denn das würde die Arbeit vermindert haben, aber Nichtzahlung der Kammerziehler … dieser Schlag mußte von den ohnehin schon genug darbenden Cameralen um jeden Preis abgewendet werden. Zu diesem Zwecke sandte das Reichskammergericht mit einer Eile, die sonst nicht gerade seine Gewohnheit war, schon am 13. December einen Bericht an den Erzbischof zu Mainz, in welchem dieser von den Drohungen des Königs unterrichtet wurde, unter gleichzeitiger Auseinandersetzung der schlimmen Folgen, welche die etwaige Ausführung derselben nicht nur für das Kammergericht und die Recht und Gerechtigkeit suchenden Parteien, sondern auch für die Rechtspflege überhaupt haben müsse. Dieser Bericht war so eindringlich gehalten, daß er seine beabsichtigte Wirkung denn auch nicht verfehlte. Schon am 20. December rescribirte der Erzbischof zu Mainz an den Kanzlei Verwalter des Kammergerichts:

„Ehrsamb und Hochgelehrter Lieber getreuwer; Dir wird sonder Zweifel alschon bekannt seyn, auch lassen wir zu Deiner mehrern Nachricht abschrifftlich hierbeylegen, was ahn Uns des dasigen Kayserl. und Reichskammergerichts Praesidenten und Assessores wegen der Chur-Brandenburgischer seiths pretendirender Titulatur alß Königs in Preußen mit mehrerm gelangen lassen. Nachdehme nun solche Titulatur von gedachten Praesidenten und Assessoren mittelst der von ihnen ahngeführten underschiedlichen ursachen, sonderlich aber, daß, wie Sie besorgen, die heylsambe Justiz leyden und gehemmet werden dürfte, wozu aber Wir Unseres ohrts Es nit gern kommen lassen wollten, gar stark urgirt wird, So werden wir wohl dabey conniviren müssen. Du hast aber auch ermelden Praesidenten und Assessoribus zu vernehmen zu geben, daß, gleichwie dieß Titulatur-Werkh zwischen dem Herrn Churfürsten zu Brandenburg und Uns noch zur Zeit nit ausgemacht ist, Wir also auch Uns deßhalben durch solche gemüßigte connivenz im geringsten nichts begeben haben wollten. Seindt Dir damit zu gnaden wohlgewogen.      Vorchheimb den 20. Decembris 1701.

Loth. Frantz Christian.“     

Damit hatte der Titulatur-Streit zwischen König und Erzbischof ein Ende; beiden Parteien war geholfen, und das Reichskammergericht war diesmal noch der Gefahr entgangen, aus einer unrühmlichen Ursache unrühmlich zu Grunde zu gehen.

J. Lenz.     




Das Berg-Maidel und der Mond.


Grüß’ Gott, du lieber Mondenschein!
Hast gut da droben steh’n!
Ist’s wahr, daß bis in’s Herz hinein
Du kannst dem Menschen seh’n?
Ja, schau nur her, und sieh mich an!
Aus ist’s mit meiner Ruh’,
Und weil ich’s Keinem sagen kann,
So höre du mir zu!

Du weißt, Kam’raden hatt’ ich viel;
Sie freuten sich mit mir
Als Kinder gern bei Tanz und Spiel –
Jetzt steh’ ich einsam hier.
Sie gehen Alle Paar und Paar,
Sodaß mir Keiner blieb.
Die Seppi drunten hat sogar
Von draußen Einer lieb.

Von draußen Einer! Lieber Mond,
Siehst du denn Keinen mehr,
Der, wüßt’ er, wo sein Maidel wohnt,
So gerne bei mir wär'?
Gewiß, du hast ihn jetzt gesehn –
O, zeig’ ihm doch geschwind
Den Weg, den er herauf muß gehn!
Ihn kennt ja jedes Kind.

O, wenn der Rechte endlich käm’
Den Berg zu mir herauf
Und mich als sein lieb Schätzel nähm’ –
Die Mutter weckt’ ich auf
Und jubelte zum Sternenzelt:
Da, lieber Gott, schau her!
Wer ist so glücklich auf der Welt,
Als Mutterl, ich und Er?

Fr. Hfm.


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