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Verschiedene: Die Gartenlaube (1877)


hieß es bei Lebzeiten in den Ardennen. Ein kühnlicher Held, ein berühmter Prinz, Herr Maximilian von Deutschland, hat es erleget mit eigener Hand und entbietet Euch seinen Gruß mit sothanem Angebinde.“

„Ist dem so?“ fragte Maria, erstaunt zu Maximilian aufblickend.

„Wahrlich, es ist so,“ bestätigte Max. „Aber was sehe ich? Führt ein Zauber hier Alles zusammen?“

„Ahi, la barba rossa!“ rief auch der Junker.

Und in der That, von Bewaffneten wurde, die Hände auf den Rücken gebunden, der Rothbärtige herangeführt. Der Führer des Trupps trat vor Maximilian.

„Ritter Ehrenhold,“ meldete er, „hat die Cleve’schen in Pflicht genommen. Der Herzog ist die Schelde stromaufwärts geflohen. Der Kanzler Ravestein mit dem Rothbärtigen dort ist auf dem Wege in’s französische Lager von Streifwachen eingeholt worden. Den Kanzler hat Prinz Cleve freigegeben. Den Rothbärtigen schickt Euch Ritter Ehrenhold. 'Er sei ein Spion und reif für den Galgen', läßt er Euch entbieten.“

„Löset ihm die Bande und führt ihn vor!“ befahl Maximilian.

Mit scheuen Blicken nahte der Gefangene.

„Ei, Wildmeister von Theux, Ihr wolltet zu den Franzosen?“

„Pardon, mon Prince, in meine Heimath wollte ich.“

„Und waret mir doch noch Bericht schuldig, welche Gattung von Schwarzwild Ihr in der Waldschlucht gefunden. Gleich dem Stücke hier war es nicht, Herr Leibjäger des Herzogs von Cleve.“

Der Rothbärtige fiel auf die Kniee.

„Gnade,“ bat er, „Gnade! Es war Befehl meines Herrn.“

Maximilian lächelte.

„Ihr habt mir hart auf den Fersen gesessen und mich manchen heißen Ritt gekostet,“ sagte er, „aber der Himmel war mit mir; ich bin glücklich – und will nur Glückliche sehen. Sobald die Franzosen uns den Rücken kehren, seid Ihr frei.“

Damit überließ er ihn seiner Wache.

Die Pause des ernsten Zwischenfalls aber war auf minder ernste Weise von Bastian benutzt worden. Mit dem Commandoruf: „Man bewaffne das Volk!“ war er mit seinen Bündelträgern in die Menge eingedrungen, und sich mit Kennerblick die burleskesten der Pöbelgestalten heraussuchend, theilte er massenweise Löffel und Kellen an sie aus, indem er die Widerstrebenden ohne Umstände mit so schallendem Kellenschlag auf die Backen bekehrte, daß es helles Gelächter hervorrief.

„Was soll’s mit der Posse?“ – rief Maximilian, sich umwendend, dem eben wieder Vortretenden zu.

„Buchstäblich nach Euer Gnaden Befehl, der mir pflichtschuldigst hinterbracht worden,“ erwiderte der Kellermeister, „für Knittel und Spieße Kochlöffel und Kellen!“

Und an die Spitze des Zuges tretend, ließ er denselben unter dem Jubel des Volkes und dem eigenen Gelächter der so lächerlich Bewaffneten vor Maximilian und Maria defiliren. Da litt es auch den Fiedler nicht länger. Wie in toller Begeisterung sprang er vor, riß die Fiedel vom Haken und stimmte mit mächtigen Bogenstrichen den flamländischen Schlachtgesang an, daß alles Volk, elektrisch berührt, einfiel und wie auf gemeinsames Commando dem Zuge sich anschloß.

„Via, via! Su su! Zum Bärentanz!“ hetzte der Junker.

„Der gezähmte Pöbel marschirt zur Fütterung,“ lächelte Maximilian Maria zu. „Ein lehrreich Exempel für alle Zeiten.“

„Und ein würdiger Schluß zu 'Maximilian’s Brautfahrt',“ ergänzte Maria mit innigen Blicken und dem Schalke hinter den Lippen.

Maximilian aber drohte ihr mit dem Finger: „Pst, meine Liebe! Noch heiße ich Teuerdank. Dem mochte es ziemen, mit lustigem Ende seine Werbung zu schließen. Doch nicht so der Andere. Den sieht die Geschichte. Seine Würde verlangt eine fürstliche Brautfahrt mit glänzendem Prunke von Prinzen und Rittern, wie der Kaiser sie schon nach Köllen entboten. Aber zeichnen wir’s auf, was Teuerdank gethan! Und die Welt mag’s vernehmen, wenn ich nicht mehr, wie heute, ein fahrender Ritter, wenn ich einstmals – so Gott will, zum Ruhme des Reiches – Maximilian, König der Deutschen!“




Wildschafe der Steppe.
Von Brehm.
(Mit Abbildung.)

Unter den unseren Hausthieren zunächst verwandten Wildarten Asiens stehen hinsichtlich ihrer Artenzahl die Wildschafe obenan. Wollten wir alle von verschiedenen Forschern aufgestellten Arten als solche anerkennen, so würden wir weit über ein Dutzend dieser beachtenswerthen Thiere zu verzeichnen und anzunehmen haben, daß fast jeder Gebirgszug eine besondere Art beherberge. Dies ist nun jedenfalls nicht der Fall, ebenso wie die beschriebenen Arten großentheils nichts anderes als Abarten sein mögen, immerhin aber bleiben mindestens sieben unbedingt verschiedene Wildschafe übrig, wenn wir, vergleichend und sichtend, alle zweifelhaften Arten als mit anderen zusammenfallend streichen.

Je nach ihrer Größe kann man drei Gruppen asiatischer Wildschafe annehmen: die riesenhaften Archare, welche waldlose Hoch- und Mittelgebirge bewohnen, die mittelgroßen Bergschafe, welche auf solchen Gebirgen und pflanzenarmen Hochebenen gefunden werden, und die kleinen Hochgebirgsschafe endlich, welche auf die höchsten Gebirge des Südens und Südostens beschränkt zu sein scheinen. Man hat diese Gruppen auch wohl als Sippen aufgefaßt; ihre Merkmale sind jedoch so übereinstimmende, daß eine derartige Trennung wissenschaftlich nicht aufrecht erhalten werden kann.

So viel vorläufig zum Verständniß des stolzen Thieres, welches ich in den Arkâtbergen sah und erlegte.

Der „Archar“ der Kirgisen ist meiner Ansicht nach dasselbe Wildschaf, welches die Mongolen Ostsibiriens „Argali“ oder „Ugoldse“, die Chinesen aber „Pan-jan“ nennen, Ovis Argali der Naturforscher. Seine Höhe erreicht, seine Stärke übertrifft die unseres Edelhirsches; sein Gewicht mag dem dreier Schafböcke ungefähr gleichkommen, falls nicht dasselbe überbieten. Die Länge eines von mir gemessenen und noch keineswegs vollkommen ausgewachsenen Bockes betrug 1,8, die Schulterhöhe 1,2, die Kreuzhöhe 1,25 Meter, die Länge des von mir erlegten Mutterschafes 1,55, die Schulterhöhe 1,05, die Kreuzhöhe 1,1 Meter. Das schlichthaarige, also nicht wollige, am Halse und der Brust verlängerte, jedoch nicht mähnige Fell hat im allgemeinen die Färbung der Felsen, auf denen das Thier den größten Theil seines Lebens verbringt. Abgesehen von Lippenrand und Nasenspitze, welche schwarz sind, ist das Gesicht des Bockes röthlich fahlgrau, der Hinterkopf wie der Nacken deutlich rothfahl, der Hals lichter, fahlgelblichgrau, der Leib auf Schultern und Vorderrücken, wie die Außenseite der Vorderbeine röthlich fahlgrau, ein bis zum ersten Drittel der Rückenlänge reichender Streifen lichter, die ganze übrige Oberseite, bis auf den ziemlich deutlich abgesetzten weißlich grauen Spiegel, einschließlich der Außenseite der Hinterbeine, dunkel röthlichgrau, das verlängerte Haar an Kehle und Vorderbrust lichtgrau, der Unterhals etwas dunkler, die Brust dunkelgrau, der Bauch wie die Innenseite der Beine wiederum lichter, der Augenstern endlich erzgelb. Die Färbung des Schafes stimmt zwar nicht in allen Einzelheiten, jedoch im Großen und Ganzen mit der des Bockes überein, und auch das junge, glatthaarige Lamm ähnelt bereits seinen Eltern in allen wesentlichen Stücken.

Das Verbreitungsgebiet des Archar erstreckt sich über den größeren Theil Mittelasiens. Erweislich kommt er bereits im Bezirke von Akmolinsk, also auf der östlichen Abdachung des südlichen Ural vor, und ebenso kennt man in der hohen Gobi, dem Altai, den Quellgebirgen des Irtisch und Jenisei sowie in Turkestan mehrere Standorte von ihm.

Bei dieser Aufzählung der verschiedenen Oertlichkeiten nehme ich allerdings an, daß Argali und Archar höchstens Abarten eines und desselben Wildschafes, nicht aber verschiedene Arten sind. Hierzu berechtigt, meiner Ansicht nach, die Eigenthümlichkeit des Thieres, seinen Standort nicht zu verlassen, mit anderen

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1877). Leipzig: Ernst Keil, 1877, Seite 754. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1877)_754.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)