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Verschiedene: Die Gartenlaube (1878)


sinnreiche Mittel und Listen ausgedacht. Das Drahtnetz, von dem in dem obigen Artikel die Rede war, hat sich zur Abhaltung der Stürmer nicht bewährt, da es die Bewegungen der Panzerschiffe zu sehr behindert, und es ist, sofern diese Art von Angreifern insbesondere des Nachts gefährlich werden, für das Beste befunden worden, die Meeresfläche rings um derartige Kriegsschiffe hell zu beleuchten, um jedes Schiff, welches solche Angreifer aussenden könnte, schon in der Ferne zu gewahren. Zu diesem Zwecke sind die Panzerschiffe theils mit elektrischer Beleuchtung versehen worden, theils schießt man nach allen Seiten in kleinen Pausen große Massen einer Leuchtcomposition, die sich im Wasser, auf dessen Oberfläche sie schwimmt, von selbst entzündet und dasselbe mehrere Minuten lang weithin mit hellem Glanze überstrahlt, ein Mittel, welches man sonst dem edleren Zwecke bestimmt, Schiffbrüchige in der Nacht aufzusuchen. Eine sehr geniale List bringt Capitain Arthur in Anwendung, um in einem Hafen oder in einer Flußmündung verankerte Stoßtorpedos unschädlich zu machen. Wie man einen vollkommen systematischen Festungskrieg ausgebildet hat, so hat er Mittel gefunden, diese Bestien systematisch auszurotten. Abgesehen von elektrisch gesteuerten Puffern, welche Torpedos, deren Lage bekannt ist, anzurennen bestimmt sind, um sie zur Explosion zu bringen, hat er auch eine List erfunden, um unbekannte Torpedos zum Losschießen zu bringen. Dieses Mittel gründet sich auf die vor einigen Jahren von Champion und Pellet entdeckte Eigenschaft der Explosivstoffe, durch die Erschütterungswelle einer Explosion desselben Stoffes schon aus der Entfernung zum Mitexplodiren gebracht zu werden, wie eine Saite mitklingt, wenn ein dem ihrigen sympathischer Ton in einiger Entfernung angeschlagen wird. Ein durch einen elektrischen Zügel gelenkter Torpedo wird in die Region gesendet, wo man Torpedos vermuthet, und dort losgefeuert. Je nach der Menge der Schießwolle oder des Dynamits, die es in seinem Innern enthielt, bringt es dadurch sämmtliche in einem Umkreise von einhundertzwanzig Metern und darüber versenkte Torpedos zur Mitexplosion, sodass durch Wiederholung dieses Verfahrens bald eine bestimmte, zum Angriffe auserkorene Fläche von diesen heimtückisch lauernden Feinden gesäubert und klar gemacht werden kann. Vielleicht führt die durch solche Gegenlisten verminderte Sicherheit der Wirkung dieser sehr kostbaren Kriegsmaschinen zu einem Aufgeben des gesammten Torpedokampfes, in welchem der grelle Contrast des geistigen Vermögens und des thierischen Vernichtungstriebes im Menschen zum beschämendsten Ausdruck gelangt ist.



Zwei Künstlerlieblinge des Berner Oberlandes. (Mit Abbildung auf S. 33.[WS 1]) Ein Mann, der es verstehen muß, weil sein Name an der Stirn des von uns bereits besprochenen kunst- und prachtreichsten Buches über „Das Schweizerland“ steht, Woldemar Kaden, sagt in diesem Werke:

„Beginnt die Reihe der ‚erheblichen‘ und ‚interessanten‘ Leistungen auf alpinischem Gebiete erst bei einer Höhe von zwölftausend Fuß, so giebt es doch unter diesem Maße noch eine Menge Gipfel von besten Namen, Gipfel, die auch durch ihre Lage oft interessanter werden, als die ungleich höheren. Dazu gehört nun in erster Linie das berühmte Massiv der Wetterhörner. Es entsteigt wild und schroff der östlichen Ecke des Grindelwaldthales und läßt aus seinen Hochfirnen drei scharf gesonderte Gipfel herauswachsen. Von diesen drei Gipfeln: Hasli-Jungfrau, Mittelhorn und Rosenhorn, springt die erstere als Rivalin der eigentlichen Jungfrau durch edle Kühnheit der Formen und Schärfe der Profile am meisten in die Augen. Ihrer Höhe fehlt ein Fuß zu elftausendvierhundert. So sehr es jetzt Modesache geworden ist, die Saison für Hochgebirgstouren mit einer Ersteigung des Wetterhorns zu eröffnen, so spät hat doch gerade dieses seinen ersten Besteiger gefunden. Denn wenig mehr als ein Vierteljahrhundert ist seit der Expedition auf das Rosenhorn durch die Herren Desor, Dollfuß, Dupasquier und Stengel verflossen. Es wurde bis dahin für unbesteiglich gehalten. Jetzt sind auch Damen oben gewesen, und gegenwärtig, denn auch Berge werden als Modeartikel behandelt, erfreut sich das Wetterhorn mit seinem Nachbar Wellhorn, das seinen Ruhm vielleicht nur dem vertrauten Umgange mit der weltberühmten Größe des Wetterhorns verdankt – Eckermann und Goethe! – großer Beliebtheit und der größten Verbreitung im Kunsthandel.“

Trotz dieses nicht ganz harmlosen Fingerzeigs auf den Modetriumph der beiden Berge hat Kaden von seinen neunzig Tondruckbildern der Schweizer Alpenwelt ihnen nahe an ein halb Dutzend gewidmet und selbst von den etwa vierthalbhundert Textbildern noch einige dazu hergegeben. Um so mehr fühlen wir uns verpflichtet, die Versäumniß des ersten Vierteljahrhunderts der „Gartenlaube“ in dieser Hinsicht sofort gut zu machen, indem wir die von der Meisterhand Ludwig Hofelich’s eigens für unsere Zeitschrift hergestellte Originalzeichnung des Well- und des Wetterhorns in unserem Holzschnitt mittheilen. Dagegen müssen wir das Wellhorn in Schutz nehmen gegen den Kaden’schen Vergleich. Kommen wir von Rosenlaui–Bad her, den Weg zum Reichenbachthal verfolgend, so steht, wenn wir wohl eine Viertelstunde im Wald gewandert sind, plötzlich die thurmartig aufstrebende Felswand des Wellhorns vor uns. Wir staunen freudig seine Herrlichkeit und Erhabenheit an, und wenn hinter ihm das Wetterhorn seine Dreizackkrone noch so stolz in ewigem Lichte strahlen läßt, so ruht der Gletscherarm des Schwarzwalds, den Wetterhorn-Goethe zum Nachbar ausstreckt, durchaus nicht auf eines Eckermann’s Schulter. Auch wenn, im Weitergange, die Brochbrücke überschritten ist und das Wetterhorn in immer gewaltigeren Massen uns entgegentritt, so sinkt der Nachbar nicht dermaßen zusammen, daß zwischen beiden die Ebenbürtigkeit wiche: sie sind zwei Könige des Gebirgs; den Eckermann haben wir dort nicht gesehen.

Für die Nimrode der Gegend ist das Wetterhorn als Heimstätte unzähliger Gemsen ein gesuchtes Bergrevier; sentimentale Wanderer aber versetzte der im Lande hochberühmte Alphornist Rudolf Schlunegger am Fuße des Wetterhorns oft in feierlichste Stimmung, wenn das Echo der Felsen die einfachen Töne seines Instruments in Orgelklänge verwandelte.


Mime und Friseur. Eine Erinnerung an Bogumil Dawison. Der große Dawison hielt seine goldene Ernte auf der Bühne des Stadttheaters zu New-York, das nie glänzendere Zeiten gesehen hatte. Dreimal allwöchentlich waren die Räume zum Ersticken gefüllt, kein Stehplätzchen mehr zu vergeben. Heute sollte Richard der Dritte aufgeführt werden. Aber während sich die Zuschauer der freudigsten Erwartung hingaben ob des zu erwartenden Kunstgenusses, spielte sich hinter den Coulissen eine ärgerliche Scene ab, die beinahe die Vorstellung unmöglich gemacht hätte, und zwar in dem Ankleidestübchen des großen Tragöden. Becker, der Friseur des Theaters, hatte durch seinen Gehülfen eine falsche Perrücke geschickt; er selber war durch anderweitige Beziehungen zurückgehalten worden. „Ich spiele nicht,“ rief der aufgebrachte Mime, „ich spiele nicht.“ Umsonst waren die rührendsten Bitten des Directors Haman; ohne die rechte Perrücke kein Richard möglich. Becker wohnte weit außerhalb der Stadt, jenseits des Hudson, sodaß es nicht thunlich war, das Versäumte nachzuholen.

Schon war die festgesetzte Zeit des Beginnes der Vorstellung überschritten worden, das Publicum ungeduldig und lärmend, Haman in Verzweiflung. Da stürzte Becker athemlos herein, die rechte Perrücke in Händen. Er hatte das Versehen durch Zufall entdeckt und jagte vermittelst seiner langen Beine und aller möglichen Fahrgelegenheiten daher, das geahnte Unheil abzuwenden. Aber der Tragöde hatte sich in solche Gereiztheit hinein gearbeitet, daß er den abgehetzten Becker auf nicht allzu zarte Weise empfing und ebenfalls in Zorn brachte. Ein Wort gab das andere, bis sich Dawison zuletzt so weit vergaß, zu einer Ohrfeige auszuholen. Das war zu viel der Kränkung für den auf Künstlerehre haltenden Friseur. Er glaubte sich selbst für eine Art Artisten halten zu dürfen, da er nicht nur Charakterstriche in die Gesichter der Mimen zu ziehen verstand, sondern auch selber mit dem Pinsel an den Bildern einer kleinen ihm zu eigen gehörenden Gemäldegalerie herumretouchirte und corrigirte. „Herr, was unterstehen Sie sich?“ rief er voll Wuth, ergriff blitzgeschwind Richard’s Schwert und hielt es dem verblüfften Mimen drohend entgegen. „Wer Sie auch sein mögen – ich bilde mir eben so viel ein wie Sie. Rühren Sie mich an, so fährt Ihnen die eigene Waffe in den Leib.“ Dawison sah ein, daß er zu weit gegangen, und brachte schweigend die Perrücke in Ordnung; die Vorstellung begann.

Noch war er nicht ganz im Gleichgewichte, denn als ein Diener dem sich zum Kampfe rüstenden Richard die Rüstung ungeschickt umschnallte und nicht zu Ende kommen konnte, erhielt er die für Becker bestimmte schallende Ohrfeige auf offener Scene, ohne sich wie dieser wehren zu dürfen. Becker war bald versöhnt durch freundliches Entgegenkommen Dawison’s; seine Freude kannte keine Grenzen, als bald nach der Rückkehr des großen Mimen nach Deutschland dessen Photographie eintraf nebst huldvollem Begleitbriefe. Becker lief auf alle Zeitungsofficinen deutscher Zunge, damit ja Jedermann an der ihm widerfahrenen Ehre Theil nehmen könne; nebenbei wurde er nimmer müde, von der Freigebigkeit und Hochherzigkeit Dawison’s zu reden, die derselbe besonders minder glücklich situirten Collegen und Theaterbediensteten bewiesen.

G. Heß.



Die photographische Gesellschaft in Berlin, welche sich seit Jahren das Verdienst erworben, die vorzüglichsten Leistungen auf dem Gebiete der deutschen Malerei photographisch und geschmackvoll wiederzugeben und dadurch zur Veredelung des Geschmackes des großen Publicums, dem die Originale meist nicht erreichbar, wesentlich beizutragen, hat auch die jetzige, wie die früheren Berliner Kunstausstellungen in reichlichstem Maße zur Herstellung eines Albums benutzt, das die besten Gemälde photographisch wiedergiebt. Es sind dies einige siebzig Bilder, die in verschiedenen Formaten zu haben sind und den früheren Besuchern eine schöne Erinnerung, denen aber, welche die Ausstellung nicht gesehen, einen schätzenswerthen Ersatz für den ihnen unerreichbaren Genuß der Originale selbst bieten werden. Von Jahr zu Jahr hat die Zahl der Künstler, welche ihre Erlaubniß zum Copiren gegeben, zugenommen und die diesjährige Sammlung enthält die bedeutendsten Namen, wie: Alma-Tordema, Amberg, Angeli, Karl Becker, Breitbach, Conrad, v. Heyden, F. Kaulbach, Lüben, Gustav Richter, Rosenthal, Steffeck, Vautier, A. v. Werner und viele Andere.




Bock’s Buch – in Heften - 12. Auflage.

Dieses schon bei seinem ersten Erscheinen mit allgemeinem Willkommen begrüßte, jetzt bereits in 150,000 Exemplaren verbreitete Werk:

Das

Buch vom gesunden und kranken Menschen.

Von Professor Dr. Carl Ernst Bock.

Mit gegen 142 feinen Abbildungen und dem Portrait des Verfassers in Stahlstich.

hat sich in 11 Auflagen bereits als Hausschatz der Familie bewährt. Dasselbe erscheint wieder in zehn, je 5–6 Bogen starken Heften à 75 Pfennig, und sind jetzt bereits 5 Hefte ausgegeben.

Die Verlagshandlung von Ernst Keil in Leipzig.
  1. Gemeint ist offensichtlich Seite 25.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1878). Leipzig: Ernst Keil, 1878, Seite 40. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1878)_040.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)