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Verschiedene: Die Gartenlaube (1878)

Laube umwundene Bild des neuen deutschen Hospitals in die Augen, welches einen lebensgleichen Eindruck macht. Wir können uns des stolzen Gefühls nicht erwehren, daß jenes Bild ein sprechendes Zeugniß von echtem deutschem Gemeinsinn ist, welcher diese Schöpfung unter den schwierigsten Verhältnissen zu Stande brachte. Lange möge der Bau stehen und die dankbare Erinnerung an diese schönen Tage bis in ferne Zeiten in seinen Mauern fortleben!

Daß wir uns nach all den riesigen Strapazen endlich einmal etwas Ruhe gönnen möchten, ist leicht erklärlich. In der „fröhlichen Ecke“ finden wir ein Buffet und mit schneeigem Lein gedeckte Tische, wo Austern und kalte Küche, echtes „Bairisch“ vom Fasse, Budweiser Bier, Rheinwein und Champagner etc. von Kellnerinnen servirt werden, welche die Frauen und Töchter unserer angesehensten deutschen Bürger sind. Hier sind wir vor den Händlerinnen in Loosen sicher, da Jene nach stillem Abkommen nicht bis hierher vordringen. Unseren Imbiß in Ruhe genießend, betrachten wir das heitere bunte Treiben in der festlich geschmückten Halle, lauschen einem herrlichen vierstimmigen deutschen Männergesang oder den luftigen Klängen des Musikcorps, oder erfreuen uns an den Evolutionen der Turner und der niedlich gekleideten Turnerinnen auf der Bühne und befinden uns im Allgemeinen in der Seelenstimmung eines mit sich selbst und der ganzen Welt zufriedenen Menschen.

Doch es ist Zeit, an die Heimkehr zu denken, denn rasch enteilen die Stunden. Ehe wir jedoch scheiden, treten wir auf die Aufforderung eines Bekannten noch an einen Trinkstand, wo ein halb Dutzend Damen nicht müde werden, ihren Gönnern Punsch, Rheinwein und Champagner für lächerlich extravagante Preise zu verabreichen. Die bekannte californische Landessitte, womöglich nie allein zu trinken, bringt hier stets sechs oder ein Dutzend Durstige zusammen, von denen immer nur Einer zahlt, ein Usus, der in diesem Falle nur zu loben ist. Beim Ausgang aus der Halle kaufen wir noch eine Nummer der täglich erscheinenden „Fair“-Zeitung, welche mit deutschem und englischem Text gedruckt wird und nach amerikanischer Sitte mit einer Menge von Anzeigen illustrirt ist.

Auf diese Weise wurde die Fair eine Woche lang (vom 26. Februar bis zum 5. März) jeden Abend und zum Theil auch während des Tages abgehalten. Der letzte Festabend schloß mit einem Tanz, wobei sich das junge Volk vergnügte, bis der neue Tag in die Fenster schaute. Das Resultat des schönen Volksfestes war ein Reingewinn von über 21,000 Dollars, welcher dem Hospital allein zu Gute kam – gewiß ein Facit, auf das bei diesen in der ganzen Welt notorisch schlechten Zeiten die deutschen Frauen und Jungfrauen San Franciscos mit Stolz und Freude zurückblicken dürfen. Und mehr noch als der finanzielle Erfolg der „Fair“ ist die Thatsache von weitgreifender Bedeutung gewesen, daß dadurch ein großer Kreis der besten deutschen Bewohner in dieser aufblühenden Metropole einander näher gebracht worden ist und allen hier wohnenden Deutschen wieder einmal gezeigt wurde, was vereinte Kraft selbst unter den allerungünstigsten Verhältnissen vollbringen kann. Es ist damit ein neuer Grundstein für die Zukunft des hiesigen Deutschthums gelegt worden.

Dem großen Leserkreise unseres deutschen Weltblattes habe ich aber die Beschreibung dieses schönen Festes nicht vorenthalten wollen. Die alte Heimath erinnert sich ja gern ihrer Kinder im entlegenen Goldlande, und Tausende werden gewiß dieses Fest der deutschen Frauen und Jungfrauen San Franciscos im Geiste froh wieder mit durchleben.


Blätter und Blüthen.

Die Illustrationen dieser Nummer. (S. 409 und 417.) Wenn das öffentliche Leben von einer so allgemeinen Verdüsterung und Verbitterung erfaßt wird, wie in diesen Tagen, wo das Gefühl der Entrüstung, des Grams und der Unruhe den größten Theil des Volkes erfüllt und uns auf allen Straßen und Plätzen entgegenschaut, dann eilt man gern zur einzigen Stätte harmloser Reinheit des Menschendaseins – in die Kinderstube. So haben auch wir es gemacht: wir griffen in die Sammlung unserer Darstellungen aus der Kinderwelt, weil kein anderer Gegenstand uns mit so viel hellem Trost in dieser finsteren Zeit entgegen kam. Mögen unsere Leser die beiden Bilder mit denselben Blicken ansehen: den kleinen Naturforscher mit der Schnecke, der sein eignes Verslein hersagt, und den kleinen Trotzkopf, welcher der Frau Pathe nicht die Hand reichen will!


Geographische Merkzahlen. Art und Anzahl der das deutsche Reich bildenden Staaten ist jetzt leichter dem Gedächtniß einzuprägen, als zur Zeit der Gründung des deutschen Bundes, wo es deren 40 waren. Man merke sich folgendes Zahlenspiel. Addirt man 3+4+5+6+7+1, so hat man mit 26 die Zahl der deutschen Reichsstaaten. Dabei prägt man sich leicht außer der Zahl die Art ein, denn wir haben 3 freie Städte, 4 Königreiche, 5 Herzogthümer, 6 Großherzogthümer. 7 Fürstenthümer und 1 Reichsland. Auch das sofortige Auffinden der Lage der Mittel- und Kleinstaaten ist erleichtert, wenn man sich gewöhnt, das deutsche Reich in Nord-, Mittel- und Süddeutschland einzutheilen und Folgendes zu merken: Von den 6 Großherzogthümern liegen 3 (Oldenburg und die zwei Mecklenburg) in Nord-, 2 (Weimar und Hessen) in Mittel-, 1 (Baden) in Süddeutschland; von den 5 Herzogthümern 2 (Braunschweig und Anhalt) im nördlichen Deutschland, die übrigen 3 (die sächsischen Herzogthümer) in Thüringen; von den 7 Fürstenthümern 3 (Schaumburg-Lippe, Lippe-Detmold und Waldeck) in Nordwestdeutschland, die 4 anderen sämmtlich in Thüringen: die beiden Schwarzburg und die beiden Reuß.

Hfm.


Eine Bitte an sämmtliche Eisenbahn-Verwaltungen. Wer oft Gelegenheit hat die Eisenbahn an heißen Sommertagen zu benutzen, wird gewiß, wenn er in der dritten Wagenclasse fährt, einen Uebelstand daselbst bemerkt haben, welcher, je länger die Reisetour dauert, um so empfindlicher wirkt, da es kein augenblickliches Gegenmittel dagegen giebt, als die ja sprüchwörtlich gewordene deutsche – Geduld.

Man denke sich ein bis auf einen Platz gefülltes Eisenbahncoupé! Der hinzukommende Reisende ist also angewiesen diesen Platz einzunehmen, aber gerade auf diesen Platz wirft die Sonne ihre versengenden Strahlen. Wie sich nun davor schützen? Einen Fenstervorhang giebt es in dieser Wagenclasse nicht; es heißt also: aushalten und schwitzen.

Bei der Fahrgeschwindigkeit der Züge, bei den dadurch erzeugten Staubwirbeln verbietet es sich theils von selbst, theils aus Einspruch der Mitreisenden, das Coupéfenster, durch dessen Scheiben die Sonnenstrahlen um so viel intensiver einwirken, zu öffnen; der bedauernswerthe Platzinhaber ist also in der angenehmen Lage, Vorstudien über einstige Höllenqualen anstellen zu können.

Es bedarf gewiß nur dieses Hinweises, um Abhülfe eines solchen Uebelstandes herbeizuführen, denn ein Fenstervorhang aus irgend einem festen Stoffe dürfte sich bei Massenbestellung auf vierzig bis fünfzig Pfennig stellen. Welches Behagen aber dafür bei den, wie ja bekannt, den größten Procentsatz von sämmtlichen Eisenbahnreisenden stellenden Passagieren der dritten Wagenclasse! Also nochmals, geehrte Eisenbahnverwaltungen, die Bitte: Schaffen Sie baldigst Fenstervorhänge!

A. K.


Kleiner Briefkasten.

W. M. in H. Ganz Ihrer Meinung! Es könnte einem angst und bange werden, wenn man den furchtbaren Donner der Anrede vernimmt, welche von dem Präsidenten der schweizerischen, deutschen und italienischen Mission der Kirche Christi der Heiligen der letzten Tage, Namens Flamm, im Angesichte des sterbenden Europa von Bern aus gehalten wird. Trotzdem können wir den Wunsch desselben: das blühende Selbstlob des Mormonenthums unseren Lesern aufzutischen, nicht erfüllen, obschon er, wie „der ganzen gesammten Welt“, auch uns „in’s Angesicht hinein“ sagt: „‚Mormonismus‘ ist die ewige Wahrheit, und Gott läßt sie nicht mehr untergehen, eher schlagen seine Donner des Erdballs dicke Rundung flach!“ – Sela.

Thekla. Wie viele solcher Wünsche hängen sich an die Poesie, die doch nur ein Blumenbeet ist und kein Getreidefeld sein kann!

Fr. R. in St. „Unsere Gerechtigkeit“. Ihre Adresse?


Nicht zu übersehen!

Mit nächster Nummer schließt das zweite Quartal. Wir ersuchen die geehrten Abonnenten, ihre Bestellungen auf das dritte Quartal schleunigst aufgeben zu wollen.

Die Postabonnenten machen wir noch besonders auf eine Verordnung des kaiserlichen General-Postamts aufmerksam, laut welcher der Preis bei Bestellungen, welche nach Beginn des Vierteljahrs aufgegeben werden, sich pro Quartal um 10 Pfennig erhöht (das Exemplar kostet also in diesem Falle 1 Mark 70 Pfennig statt 1 Mark 60 Pfennig). Auch wird bei derartigen verspäteten Bestellungen die Nachlieferung der bereits erschienenen Nummern eine unsichere.

Die Verlagshandlung.

Verantwortlicher Redacteur Dr. Ernst Ziel in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1878). Leipzig: Ernst Keil, 1878, Seite 420. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1878)_420.jpg&oldid=- (Version vom 5.8.2016)