Seite:Die Gartenlaube (1878) 504.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1878)


und sorgsamer Pietät die Traditionen der großen Blüthe- und Ruhmeszeit Weimars den Erinnerungen der Nachwelt, dem Anrecht der gesammten Nation nach Möglichkeit zu erhalten sucht. Während es jetzt in Deutschland regierende Nachkommen giebt, welche gegen die herrlichsten, einst für das Wohl des Volkes hergestellten Schöpfungen hochgeachteter Vorfahren, z. B. wider ihre großartigen öffentlichen Gartenanlagen, aus Rücksichten der Geldersparniß einen erstaunlichen Vandalismus ausüben, findet sich in Weimar keine ehrwürdige Spur ehemaligen idealen Wirkens, der man nicht ansähe, daß sie von dem Bewußtsein einer hohen Pflicht und dem Auge einer zartsinnigen Liebe bewacht und gehütet wird.

Aber nicht blos auf diese Pflege eines poesievollen Todtencultus erstreckt sich die Sorgfalt. Die ganzen fünfundzwanzig Jahre her ist Karl Alexander ein bescheidener und volksliebender Fürst gewesen, der seine Regierung streng verfassungsmäßig und ohne jeden ernsteren Conflict mit dem Lande und seiner Vertretung geführt hat. Die Verhältnisse des Landes sind im Sinne freier Selbstverwaltung wohlgeordnet, das Schul- und Bildungswesen ist durch vortreffliche Leitung und emsigste Aufmerksamkeit zu einer musterhaft gedeihlichen und erfolgreichen Entwickelung gebracht, und besonders erfreulich ist in der Schule wie in der Kirche, im Staate wie in der bürgerlichen Gemeinde ein Geist milden Freisinns und duldsamer Versöhnlichkeit, sodaß schroffe confessionelle Differenzen auf diesem Boden Herder’s und Röhr’s auch ferner zu irgend einer störenden Geltung niemals gelangen konnten. Dazu kommt ein thätiger Drang zur Forderung hochidealer, namentlich künstlerischer Zwecke im Sinne der weimarischen Ueberlieferungen. Das nach künstlerischen Intentionen geleitete Hoftheater gehört seit einer Reihe von Jahren zu den besten Deutschlands und die Abonnementspreise sind für die Einwohner so billig gestellt, daß auch der Unbemittelte sich diesen Genuß nicht zu versagen braucht. Zu den Bauten, welche unter dieser Regierung ausgeführt wurden, gehört neben der umfassenden und prächtigen Restaurirung der Wartburg besonders das in monumentalem Stile errichtete Museum, ein Schmuck der überhaupt vielfach verschönerten Residenz. Außerdem aber sind vom Großherzoge auch wirksame Anstalten begründet worden, wie die blühende Kunst- und Malerschule und das gleichfalls bereits zu Ruf gelangte Institut zur Ausbildung tüchtiger Orchesterspieler.

Daß alle diese Bestrebungen, verbunden mit der deutsch-nationalen Gesinnung und der patriotischen Reichstreue dieses Fürsten, nicht ohne sichtlich veredelnden Einfluß auf die Gesittung des Volkes geblieben sind, ist natürlich. Um zu sehen, was in dieser Hinsicht durch das Beispiel und Wirken von oben her gethan und verhindert werden kann, braucht man nur die Zustände z. B. in Mecklenburg und das todte Wesen, die stumpfe und dumpfe Geistesöde in manchen unserer Kleinstaaten und ihren Residenzen mit den Verhältnissen in Baden, Weimar etc. zu vergleichen. Auch für solche Zeichen der Liebe und Dankbarkeit, wie sie jetzt Karl Alexander freiwillig aus dem Herzen seines Volkes entgegengebracht wurden, ließe sich in vielen der anderen kleinen Länder wohl kaum noch der nöthige Schwung und Antrieb, kaum noch eine so imposante Kraft poetischen Ausdrucks und überraschenden Schönheitssinnes finden, wie sie das kleine Weimar in den eben gefeierten Bürger- und Künstlerfesten gezeigt hat. Das heitere weimarische Festidyll, inmitten einer Zeit düsterer Stürme, verdiente die Aufmerksamkeit der deutschen Nation als ein trostreiches und erquickliches, weit über den engen Localrahmen hinausragendes Culturfest.

A. Fr.



Ein Festtag des Colosseums. (Mit Abbildung S. 500 und 501.) Wenn es ein würdiger Vorwurf für die bildende Kunst ist, den Menschen in einem Augenblicke höchster Erregung des Leibes und der Seele darzustellen, so hat der Münchener Meister A. Wagner in seinem Bilde einer Scene im Circus wohl den Gegenstand gefunden, welcher in der bezeichneten Richtung das Mögliche bietet. Hier das Ringen von Roß und Mann um das Leben, dort das sichere Beschauen der Zerfleischung von Mensch und Thier – wer sucht noch schärfere, noch empörendere Contraste? Fesselt unsere Theilnahme zunächst die Kampfgruppe im Vordergrunde um den Stier und im Hintergrunde die um den herandrängenden Elephanten, so bleibt unser Auge doch schließlich auf der Zuschauergruppe haften, die wir aus dem Pulvinar, der Prachtloge des Staatsoberhauptes und seiner Familie und Umgebung, versammelt sehen. Dort hat der Künstler sich offenbar die kühnste Aufgabe gestellt: im Antlitz schöner Frauen die Wirkung wiederzugeben, welche in demselben der Anblick eines so blutigen Schauspiels hervorbringt. Hier schreibt die Farbe ein Capitel römischer Geschichte, zu welchem ein Juvenal, der zürnende Dichter, die Unterschrift geliefert hat: „Panem et Circenses! – Brod und Spiele!“. Denn so weit war das römische Volk durch die Eroberung und Ausbeutung des größten Theils der damals bekannten Erde herabgekommen, daß es, im Ueberfluß arbeitsscheu und in der Genußsucht unfrei geworden, wie Juvenal so bitter klagt, bei seinen Machthabern nur noch um „Brod und Spiele“ bettelte. Und prüfen wir nun den Eindruck der blutigen Scenen auf die schönen Frauen, die Mitträgerinnen der höchsten Macht und Bildung des Staates jener Zeit, so finden wir so wenig Tröstliches, daß wir Juvenal’s Klage zu deutsch in das Urtheil übersetzen können, welches die Geschichte über jene Zeit und jene Feste gesprochen hat: Im Circus ging Rom zu Grunde.

A. Wagner’s Bild ist als Kunstwerk so berühmt und vielbesprochen, daß wir über den künstlerischen Werth desselben schweigen und dafür die hohe Bedeutung desselben als eine Lehre der Geschichte hervorheben konnten. Auch die Völker der Gegenwart dürfen auf die Lehre hören. Im Jagen nur nach „Panis et Circenses“, in dem faulen Genügen an der Befriedigung der rohesten Bedürfnisse hat allezeit das größte Hinderniß nationalen Aufschwungs bestanden. Möchten wir auf unserer Hut sein und möchte unser Volk immer tiefer hinab sich am Ringen nach jenen großen geistigen Zielen betheiligen, die unsrer Nation gesteckt sind; dann, und nur dann wird jenes Verlangen bei uns auch nie zum lechzenden Rufe einer fieberkranken Nation werden, welche dem Verderben geweiht ist.



„Instinct oder Ueberlegung?“ Zu der unter diesem Titel in Nr. 26 der „Gartenlaube“ berichteten kleinen Schwalbengeschichte bin ich in der Lage, in Folgendem ein noch interessanteres Gegenstück bringen zu können.

Vor einigen Jahren bemerkte ich, daß ein Schwalbenpaar die Absicht hatte, sich an eines der oberen Fenster meines zweistöckigen Hauses anzubauen. Um die in Aussicht stehende Beschmutzung meines Hauses zu verhindern, ließ ich mit einer Bohnenstange die angefangene Arbeit zerstören. Sofort wurde von den Thieren eine andere Baustelle im zweiten Fenster in Angriff genommen und, da jedes Mal von meiner Seite die Zerstörung folgte, später in fieberhafter Hast bald das eine, bald das andere der fünf Fenster attakirt. Als die Schwalben einsahen, daß alle Arbeit vergebens war, zogen sie endlich ab und, wie ich glaubte, auf Nimmerwiedersehen. Aber ich hatte mich gründlich geirrt. Nach kurzer Zeit wurden sämmtliche fünf Fenster gleichzeitig von einem großen Schwarm von Schwalben, wahrscheinlich sämmtlichen des ganzen Städtchens, mit einer solchen Energie in Angriff genommen, daß die Zerstörung nicht gleichen Schritt halten konnte. Endlich, nach vergeblichem Widerstande, ließ ich alle oberen Festerflügel nach außen öffnen, wodurch die Mauerecke verdeckt wurden. Ich saß mit meiner Familie auf der Freitreppe vor dem Hause in Erwartung dessen, was nun kommen würde. Da geschah denn auch das Sonderbarste von der ganzen Geschichte. Die Schwalben, in gedrängten Haufen hin und her fliegend, schienen sich zu berathen. Plötzlich erhoben alle ein großes Geschrei und flogen während mehrerer Minuten hin und her und so dicht an unseren Köpfen vorbei, als ob sie uns hätten attakiren wollen, sodaß wir oft abwehrend mit den Händen das Gesicht decken mußten. Dann zogen sie plötzlich wie auf Commando ab, ohne uns weiter zu belästigen.

     Enger. Regierungsbezirk Minden.

F. Smitt.



Neue Erfahrung bezüglich der Nesselcultur. Die Verfasserin des mit so vielem Interesse aufgenommenen Artikels „Ein Dornröschen der Cultur“ ersucht uns, mitzutheilen, daß neueren Beobachtungen zufolge nicht, wie bisher angenommen wurde, die Blüthezeit der Nessel, sondern die Zeit der Samenreife die zur Ernte günstigste Periode bildet, da alsdann die Faser fester und dauerhafter ist. Demnach würde nicht Ende Juli oder Anfang August, sondern Ende September oder Anfang October mit der Ernte vorzugehen sein.

D. Red.




Für die Hinterlassenen der verunglückten Seeleute vom „Großen Kurfürsten“

gingen ferner ein: Ergebniß einer von der Staatsgemeindebehörde der großherzoglich badischen Amtsstadt Meßkirch veranstaltete Sammlung M. 190; vom Kegelclub des „Grünen Gewölbes“ in Nordhausen M. 11; Johannes Goetzger in Wien 10 Gulden = M. 17.40; A v. P. in Staitz M. 6; Ertrag eines Concertes, veranstaltet von den Gesangvereinen „Cäcilien-Verein“ und „Liederkranz“ zu Frankenthal in der Pfalz, M. 300; Franz Rahner, Oberkellner in Form’s Hôtel in Oppeln, M. 15; Straßburg, königl. Cataster-Controlleur in Pletschen, M. 3; Sammlung bei einer Abendunterhaltung des Gesangvereins „Eintracht“ in Bad Ems M. 34; Jeanette Claassen in Potsdam M. 4; Ertrag einer theatralisch-musikalischen Vorstellung des Liebhabertheaters in Oberkirch in Baden unter Mitwirkung der Frau Telle und des Herrn Lohmann von Straßburg durch W. Braun, Notar, M. 85; Hr. und Frl. R. Werben M. 6; Ertrag des von den Gesangvereinen „Gemüthlichkeit“, „Rhenania“, „Frohsinn“, „Phönix“, „Amicitia“ und „Harmonie“ zu Ruhrort am 30. Juni veranstaltete Concertes durch Herrn Bürgermeister Weinhagen M. 259; ein Abonnent der „Gartenlaube“ in Cainsdorf M. 1; vom Casino der deutschen Beamten zu Stetmarin-Wesserling im Elsaß m. 18.50; Heyermann, O. F., in Kötzschenbroda M. 10; Leonhardt und Toelle in Niederschlema i. S. M. 50; Busch, Barnewitz und Comp. in Wolfenbüttel M. 20; Marner Casino durch die Expedition der Marner Zeitung in Marne (Holstein) M. 30; Sammlung der Redaction des Frankenberger Tageblattes M. 58.63; E. S. in Schweinfurt M. 10; G K. in B. M. 3; W. Sonne, Stud. rer. natur. in Würzburg M. 5; durch Hôtelier Hermann May in Neustadt in O.-Schl. gesammelt von einer fröhlichen Gesellschaft M. 5.50; ein paar arme Teufel in Breslau M. 1.80; Ertrag eines Concertes der Neisser Brumme zu Neisse M. 100; Dr. Petruschky in Waldenburg in Schlesien M. 10; Klein, Postagent Wrotzk, Ueberschuß eines Waldvergnügens M. 10.50; Ferdinand Jung in Frankfurt am Main M. 10; drei Hopfenbauer in Spalt M. 10; von einigen Mitgliedern der Montagsgesellschaft zu Mehltheuer im Vogtlande gesammelt M. 7.50; Frm. L. C., Ertrag einer Sammlung M. 60.30; W. Thost in Chemnitz M. 3; Ertrag einer Darstellung von lebenden Bildern vom Vorstand des musikalischen Kränzchen zu Freyburg an der Unstrut m. 56.75; Ertrag eines Concertes des Dilettanten-Clubs zu Straßburg im Elsaß M. 350; K. S. St. und W. in Z. M. 4.50; von dem Gesangverein des Dorfes Einberg bei Coburg, Betrag für ein Faß Bier, welches den Sängern gespendet war und auf dessen Genuß dieselben zum Besten der armen Hinterbliebenen verzichteten, M. 6; H. B. Triest 1 Gulden ö. W. = M. 1.70; W. Schl. in Frankfurt am Main M. 10; Familie Sallandt in Burgsteinfurt in Westfalen M. 30; „Die Spieler des Würfelspiels, sie gaben diese Spenden“, aus Stendal M. 6.50; Ertrag eines Concertes des „Liedertafel“ zu Hoya an der Weser durch Carl Meyer M. 45.30; F. W. in Hamburg M. 3; bei Anlaß des Jubiläumsfestes des fünfzigjährigen Bestehens des königl. sächsischen Polytechnicums zu Dresden von den Studirenden dieser Hochschule gesammelt M. 640; Vom Gesangverein „Liederkranz“ zu Iserlohn, Ertrag eines Concertes, M. 60.75.

Die Redaction.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1878). Leipzig: Ernst Keil, 1878, Seite 504. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1878)_504.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)