Seite:Die Gartenlaube (1878) 851.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1878)


von der Natur angewiesen ist: auf dem des Unterrichts und der Erziehung. Tausende von Lehrerinnen unterrichten in Deutschland an öffentlichen Schulen; die Stadt Berlin hat deren allein dreihundert angestellt; an vielen Privatanstalten wirken fast ausschließlich weibliche Lehrkräfte. Wer kann die Zahl derjenigen nennen, die in Familien privatim Unterricht ertheilen oder die alljährlich hinaus in die Fremde ziehen um dort zu lehren oder zu lernen? Da ein großer Procentsatz aller weiblichen Lehrkräfte, sofern sie nicht den schönsten Frauenberuf als Gattin und Hausfrau vorziehen, sich die unterrichtliche Thätigkeit als wirkliche Lebensaufgabe gestellt hat, so knüpfte sich an die Frage der „Lehrerinnen“ der naheliegende Gedanke einer Altersversorgung derselben. Wenn größere Commmunen mit den Pensionsverhältnissen der Lehrer auch die der Lehrerinnen geregelt haben, so konnte doch die Mehrzahl der Letzteren auf Grund ihrer Privatstellungen nicht mit gleicher Ruhe in die Zukunft blicken. Da traten fast gleichzeitig, gewissermaßen aus der geschilderten Sachlage herausgewachsen zwei Ideen an die Oeffentlichkeit, die beide die Altersversorgung der Lehrerinnen und Erzieherinnen im Auge hatten: die „Allgemeine deutsche Pensionsanstalt“, ein unendlich segensreiches Unternehmen, welches seinen Mitgliedern eine sich nach den gezahlten Beiträgen normirende Pension sichert, und die „Feierabendhäuser“.

Dem überaus rührigen „Verein deutscher Lehrerinnen und Erzieherinnen in Berlin“ gebührt das Verdienst, die Idee zur Gründung eines Feierabendhauses zuerst öffentlich angeregt zu haben (ein entsprechender Paragraph wurde bereits im März 1875 in die Statuten aufgenommen), und es ist besonders der Energie und Aufopferung der langjährigen Lehrerin an der königlichen Augusta-Schule, Fräulein Jeanne Mithène, zu danken, daß die anfänglich für „abenteuerlich“ erklärte und viel bestrittene Idee Wurzel fassen und sich in so herrlicher Weise verwirklichen konnte. In Folge eines Aufrufes flossen dem Unternehmen von allen Seiten Gelder zu; zwei im Concertsaale des Opernhauses veranstaltete Matinéen brachten einen Reinertrag von 6000 Mark; ein Ehepaar schenkte zur Feier seiner silbernen Hochzeit dem Vereine 3000 Mark, ein in dem großen Festsaale des Rathhauses 1876 abgehaltener Bazar, an dessen Spitze ein Ehrencomité unter dem Vorsitze des Stadtverordnetenvorstehers Dr. Straßmann in aufopfernder Weise thätig war, ergab einen Ueberschuß von 38,000 Mark, sogar aus England kamen namhafte Spenden, darunter eine Summe von 17,000 Mark.

Nachdem der Verein durch allerhöchsten Erlaß vom 29. März 1876 die Rechte einer juristischen Person erhalten, konnte um so eher mit dem Bau des Feierabendhauses vorgegangen werden, als dem Curatorium von drei Seiten Grundstücke zum Geschenk angeboten worden waren, unter denen das von dem Stadtverordneten J. H. L. Schultze gebotene nach vielfachen Erwägungen gewählt wurde. Am dritten Osterfeiertag 1878 wurde der erste Spatenstich gethan und die Ausführung so schnell gefördert, daß im August dieses Jahres die Richtung vorgenommen werden konnte. Das Gebäude, welches am 1. Juni 1879 seiner Bestimmung übergeben werden soll, liegt auf einem fünfthalb Morgen großen Grundstück an der Victoria- und Brückenstraßenecke des Dorfes Steglitz, das von Berlin in wenig Minuten mit der Eisenbahn zu erreichen ist. Der Bauplan, welcher von dem Baumeister Fr. Koch herrührt, ist in der trefflichsten Weise dem Zwecke des Hauses gerecht geworden. Letzteres hat eine Frontlänge von 35,84 Meter, bei einer Tiefe von 12,54 Meter, und besteht aus Keller und Erdgeschoß (Parterre), zwei Etagen und Bodenräumen. Die feuersichere, aus Trägerwellblech construirte Treppe führt vom Keller bis zum Dache und ist dort von allen Seiten feuersicher eingeschlossen und eingedeckt. Jede der zukünftigen Bewohnerinnen erhält ein geräumiges freundliches Wohnzimmer nebst unmittelbar daran stoßendem Schlafzimmer.

Letzteres hat einen Ofen mit Kochvorrichtung, ersteres einen Heizofen. Zu gemeinschaftlicher Benutzung dienen ein Gesellschaftssaal, der sowohl von dem Corridor wie auch direct vom Garten durch einen Vorbau zugänglich ist, eine große Kochküche, Wasch- und Spülküche, Roll- und Plättstube, Badezimmer etc. Verschiedene Zimmer sind für Besuche etc. reservirt. Zwei Stuben nebst Küche im Kellergeschoß sind für den Portier respective Hausverwalter bestimmt. Das in allen seinen Theilen massive Gebäude (mit Verblendsteinen und Terracotta in den Façaden) ist mit Dampf-Wasserleitung versehen, durch welche ein vorzügliches Brunnenwasser nach den betreffenden Räumen, Sprenghähnen im Garten etc. geführt wird. Die Hinterfront des Gebäudes liegt nach dem schönen schattigen Garten, während die Vorderfront weit hinaus in das Land blickt und reizende Perspectiven nach Lichterfelde mit seinen dunkeln Parks und Prachtbauten eröffnet. Das „Feierabendhaus“ soll zunächst dreiunddreißig Damen eine gastliche Stätte und für den Lebensabend eine freundliche Heimath gewähren. Die herrliche, gesunde Lage des Hauses, das eine vortheilhafte Vereinigung des Land- und Stadtlebens ermöglicht, seine innere Einrichtung, die Fürsorge eines umsichtigen und uneigennützigen Curatoriums geben die sicherste Gewähr zur Erreichung des Zweckes.

Wir kommen schließlich zur Beantwortung der auch für weitere Kreise nicht unwichtigen Frage: Wer findet in dem Hause Aufnahme? Die Antwort lautet: Jede deutsche Lehrerin oder Erzieherin im In- oder Auslande (ohne Unterschied der Confession), die ein durch das Curatorium noch zu bestimmendes Eintrittsgeld zahlt. Mitglieder des „Vereins deutscher Lehrerinnen und Erzieherinnen“ erhalten naturgemäß den Vorzug. In wie weit das Feierabendhaus den Bewohnerinnen Verpflegung respective Unterstützungen zu bieten vermag, ist noch eine Frage der Zukunft und hängt von den Vermögensverhältnissen des Unternehmens ab; ebenso ist man im Princip noch nicht darüber einig, ob gemeinschaftlicher Tisch oder Einzelbeköstigung vorzuziehen sei. Zunächst bedarf jede Dame eines jährlichen, wohl nicht bedeutenden Zuschusses, und hier könnte die Eingangs erwähnte „deutsche Pensionsanstalt“ mit ihrer Rente eintreten, ja beide Unternehmungen sind überaus geeignet, sich gegenseitig zu unterstützen und zu ergänzen. Das Ideal ist jedenfalls die freie Aufnahme und Verpflegung möglichst vieler würdiger Lehrerinnen und Erzieherinnen, die nicht mehr fähig sind ihr Amt zu verwalten. Die Verwirklichung dieses Ideals erfordert natürlich entsprechende Geldmittel, und es bedarf gewiß nur des Hinweises auf diese Sachlage, um das Interesse für das Ganze in weiteren Kreisen zu wecken und zur Betheiligung zu veranlassen.

Tausende unserer deutschen Frauen und Mütter verdanken den wesentlichen Theil ihrer Bildung der hingebenden Thätigkeit einer Lehrerin; möchte sie diese Gelegenheit zur Ausübung der schönsten und seltensten Tugend, der Dankbarkeit gegen diejenigen, die einst „über ihre Seelen wachten“, nicht ungenützt vorbei gehen lassen!

Gustav Schubert.





Ein Unterrichtsmittel für Schule und Haus. Alljährlich in den jetzigen Tagen, wenn die Sonne einen immer kleineren und kürzeren Bogen am Himmel beschreibt, beschlich unsere Urahnen und andere Bewohner höherer Breiten das unheimliche und bange Gefühl, daß sie wohl eines Tages ganz ausbleiben könnte, wie in jenen dem Pole näheren Ländern, von denen man Kunde haben mochte. Aengstlich beobachtete man ihren Lauf in den kürzesten Tagen, und wenn man dann nach dem 22. December die ersten Spuren eines neuen Wachsthums des Lichtes wahrnahm, so feierte man weit und breit, vom Nilstrom bis Island, das Fest der neuverjüngten, neuerstarkenden Sonne, welche ihren Feind, den Geist der Finsternis, siegreich nach schwerem Kampfe niedergeworfen hat und sich allmählich neu erholt. Auch uns im der Erkenntniß der Natur weit Fortgeschrittenen, die wir wissen, daß kein böses Princip die Sonne bedroht und daß der Wechsel der Tageslängen von der Beständigkeit des Winkels herrührt, den die Erdachse gegen die Erdbahn bildet, ist wie ein altes Ahnenerbgut jenes beängstigende Gefühl in den November- und Decembertagen geblieben, und wie von einem drückenden Alp befreit athmen wir erst wieder auf, wenn der kürzeste Tag vorüber ist. Bemerken wir auch noch nichts von der Zunahme der Tage, so sind wir dessen doch gewiß, und für unser Gefühlsleben beginnt das neue Jahr schon mit der Geburt Christi, welches die alten Kirchenväter wohlweislich mit dem Julfeste der Nordeuropäer, mit den Geburtsfesten der Sonnengottheiten (Osiris und Mithras) der Aegypter und Perser auf dieselbe Zeit setzten. Darum kann ich mir für das Weihnachtsfest von Familien, in denen sich heranwachsende Kinder befinden, kaum ein sinnigeres Geschenk denken, als einen zweckmäßig eingerichteten Globus, mittelst dessen der Familienvater seinen Kindern unsere Beziehungen zu Sonne und Mond klar und anschaulich deutlich machen kann. Solche Experimente sind nicht allein in hohem Grade anziehend und geisterweckend, sondern auch wichtiger und nothwendiger, als man glauben möchte. So bequem sich nämlich die wichtigsten Ereignisse unseres Kalenderjahres an einem gut eingerichteten Globus zeigen lassen, so schwer wird es Jedermann, sie ohne denselben klar zu begreifen, und ich sage nicht zu viel, wenn ich behaupte, daß selbst die Mehrzahl unserer Gebildeten, aus Mangel eines solchen Lehrmittels, keine völlig klare Vorstellung von dem Wechsel der Jahreszeiten in den verschiedenen Zonen besitzt. Es ist das nur zu natürlich, denn früher war der Preis eines wohleingerichteten Globus für nicht sehr bemittelte Familien und kleinere Schulen ein oft unerschwinglicher. In neuerer Zeit ist das durch die Bemühungen des Geographischen Institutes in Weimar anders geworden, denn dieses stellt für den Preis von 23 bis 24 Mark Erdgloben mit Mond her[WS 1], welche die ebenso viele Hunderte kostenden Lunarien vollkommen ersetzen und fast Alles zu lehren gestatten, was man an den kostbarsten Instrumenten dieser Art deutlich machen kann. Diese Globen unterscheiden sich im Farben- und Schriftdruck kaum von den besten, die es giebt; die Billigkeit ist durch eine sehr zweckmäßige Vereinfachung der Aufstellung und Verbindung mit Sonne und Mond erreicht, welche der Chef des Instituts Herr Arnd erdacht hat. Die durch große Leichtigkeit sich auszeichnende Erdkugel ist nämlich einfach auf einen starken Draht befestigt, der ihre schräge, immer denselben Winkel bildende Achse darstellt, um den sie sich, gleichsam frei im Raume schwebend, dreht. Der in prächtigem Reliefdruck hergestellte Mond ist vermittelst eines äußerst sinnreich am Fuße des Globus angebrachten Drahthalters um die Erde drehbar, und die Sonne wird durch eine kleine, auf jeder Cylinderlampe zu befestigende Hohlspiegelkammer vorgestellt.

Mit diesem einfachen und billigen Apparate lassen sich nun, abgesehen von der bei den größeren Exemplaren sehr weitreichenden geographischen Benutzbarkeit des Globus, unter Anderem, folgende Naturvorgänge veranschaulichen, wozu eine vom Regierungsrath A. Steinhauser in Wien verfaßte, ausgezeichnet klar geschriebene Globuslehre genaue Anleitung giebt: 1) der Verlauf von Tag und Nacht auf der ganzen Erde, 2) die Entstehung der Jahreszeiten und der mit ihnen wechselnden Tag- und Nachtlänge, 3) die Lichtgestalten (Phasen) des Mondes, welche sich bei seiner Umdrehung sehr deutlich darstellen; 4) Auf- und Untergangszeiten des Mondes, 5) Sonnenfinsternisse, bei denen sich sehr schön Kern- und Halbschatten unterscheiden lassen, welche die Landstriche bezeichnen, in denen die Finsterniß total oder partial erscheint, 6) die Mondfinsternisse. – Wir erinnern uns kaum, jemals ein günstigeres Verhältniß zwischen zweckmäßiger Ausführung, Leistungsfähigkeit und Preis bei einem Unterrichtsmittel gesehen zu haben, als hier, und möchten Lehrern und Familienvätern die Anschaffung dieses so zeitgemäßen Weihnachtsgeschenkes angelegentlich empfehlen.

C. St.





Unsere Bilder. (Seite 841 und 849.) In diesen Tagen der fröhlichen, seligen Weihnachtszeit, wo Lichter strahlen und Herzen jubeln, bringt auch die „Gartenlaube“ der Festesstimmung ihren Tribut dar. Unsere Bilder zeigen uns „der Menschen zwiespältig Geschick“, wie der Christabend den Einen feiernd in der traulichen Enge beglückenden

Anmerkungen (Wikisource)

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1878). Leipzig: Ernst Keil, 1878, Seite 851. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1878)_851.jpg&oldid=- (Version vom 25.3.2018)