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Verschiedene: Die Gartenlaube (1879)

Wasservögeln und aus Deutschland eingeführten Schwänen. In einem umzäunten Theil des Parkes sind Hirsche und Büffel, selbst ein Thiergarten ist da mit nahezu vierzig wilden Thieren, Wölfen, Bären und Raubvögeln. Unter den fremden Vögeln gewahrt man auch den Meister Spatz, der sich, aus Deutschland importirt, hier eingebürgert hat. Hinter dem Wohnhause des Gouverneurs ist ein Ruhepark für die Invaliden, während der große mit einzelnen Baumgruppen bepflanzte Platz zwischen jenem Gebäude und dem „Hauptquartier“ zu dem „Antreten“ der alten Soldaten und zur Abhaltung von Belustigungen dient; auf dem hier befindlichen Orchester spielt zweimal täglich die Home Band.

In der Gesellschaftshalle, welche man im südlichen Theil neben den Baracken erbaut hat, finden, namentlich an den langen Winterabenden, Concerte und Theatervorstellungen bei freiem Entrée für die Invaliden statt und die Home hat selbst einen Theaterclub, der die Vorstellungen giebt. Billards und Kegelbahnen bieten ebenfalls Gelegenheit zur Zerstreuung. Gegenwärtig erbaut die Home aus eigenen Mitteln zwischen der Kirche und dem Hauptquartier eine große Musik- und Theaterhalle, welche 3000 Plätze fassen soll.

Ein allezeit sehr frequentirtes Haus ist das, in welchem sich die „Home Store“ und die „Postoffice“ befinden. Die Store ist ein Verkaufsladen, in dem die Invaliden sich mit allen nur denkbaren Bedarfsartikeln versehen können; die Postoffice, ein vollständiges Postamt, bietet den Einwohnern der Home große Erleichterung im Verkehr mit der Außenwelt.

Wie die Verwaltung auch für das geistige Wohl der Invaliden sorgt, zeigt die Einrichtung einer Schulanstalt, in der schon mancher weniger Gebildete es so weit brachte, daß er noch draußen in der Welt sein Fortkommen fand. In dem „Hauptquartier“, dem Amtsgebäude für die Verwaltung, befinden sich die Bibliothek und das Lesezimmer, die erstere reich ausgestattet mit meist englischen und deutschen Werken, mit kostbaren Gemälden und Bildern aller Art und wissenschaftlichen Sammlungen. Den Grund zur Bibliothek legten die Erben des General Putman. Ein Lieutenant Putman fiel als Votontair in der Schlacht bei Appomatox; die trauernde Mutter schenkte dessen reichhaltige Bibliothek der „Soldatenheimath“ bei Dayton und hat seitdem die Anstalt immer von Neuem mit reichen Geschenken bedacht. Durch anderweitige namhafte Beiträge, z. B. vom General Thomas, ist die Bibliothek allmählich eine große und ihrem Inhalt nach recht gediegene geworden. In dem Lesezimmer liegen alle tonangebenden Zeitungen und Journale der Vereinigten Staaten in englischer und deutscher Sprache aus, und die Deutschen sind daher gewöhnlich von Allem, was jenseit des Oceans, in der alten Heimath sich ereignet, wohl unterrichtet.

In dem Lesezimmer liegt auch das Fremdenbuch auf. Für Jedermann ist täglich, mit Ausschluß des Sonntags, der Besuch unentgeltlich gestattet; an Besuchern fehlt es fast nie. Bei festlichen Gelegenheiten vermitteln vier große Eisenbahnwaggons den Verkehr zwischen Dayton und der Home auf einer schmalspurigen Bahn bei einer Fahrzeit von zehn Minuten.

In Anbetracht der großen Zahl Deutscher, die nach harten Kämpfen des Lebens und des Krieges hier ein sorgenfreies Asyl gefunden, die vielleicht noch Freunde und Bekannte, welche an ihrem Schicksal Antheil nehmen, in Deutschland haben, glauben wir, daß diese Beschreibung der amerikanischen Soldatenheimath manchem Leser der „Gartenlaube“ willkommen sein wird.

Hermann Ludwig.



Blätter und Blüthen.


Ein Vermittler zweier Literaturen. Ueber die Stimmung des gesammten Auslandes gegen Deutschland uns eine glücklichere Gestaltung unserer nationalen Verhältnisse haben und die Jahre 1866 und 1870 gründliche Belehrungen gegeben. Mit peinlicher Ueberraschung haben wir damals täglich wahrgenommen, daß es unter den großen und kleinen Völkern Europas, den civilisirten und halbcivilisirten, kein einziges gab, das uns eine wirklich sympathische Regung, ja nur den guten Willen zu freundlichem Verständniß entgegenbrachte. Als die Haupt- und Grundursache dieser Entfremdung muß eine Lücke in der Bildung aller jener Völker bezeichnet werden, eine wahrhaft staunenswürdige Unkenntniß unserer Geschichte und Literatur, unseres Lebens und Wesens. Hier liegt zu einem großen Theil der Schaden, und nur da, wo er einigermaßen geheilt und ausgeglichen ist, werden sich friedliche und freundliche Beziehungen zu uns allmählich gestalten können. Daß davon nicht blos unsere politische Weltstellung abhängt, wie sie als Ideal der Zukunft uns vorschwebt, sondern auch die Förderung aller großen Cultur- und Humanitätsaufgaben der Menschheit, braucht dem Denkenden nicht erst gesagt zu werden.

Sehr ernste Gründe haben wir also, dem Studium deutscher Sprache, der Kenntnißnahme deutschen Geistes jenseits unserer Reichsgrenzen mit Aufmerksamkeit zu folgen. In England, Frankreich und Italien ist damit bereits ein hoffnungsreicher Anfang gemacht; zur Genüge weiß man bei uns, daß dort von mehr oder minder gut ausgerüsteten heimischen Gelehrten und Schriftstellern eine zwar noch leise, aber stetige Bewegung nach dieser Richtung hin unterhalten und gefördert wird. Neu aber dürfte vielen unserer Leser die Mittheilung sein, daß seit einiger Zeit auch in dem uns ferner liegenden Spanien ein nachdrückliches Wirken zu besserem Verständniß Deutschlands eröffnet wurde, und daß wir dasselbe einzig und allein dem Talent und ausdauernden Eifer eines deutschen Landsmannes zu danken haben, Wer in den letzten Jahrzehnten auf irgend einem Beobachtungsposten von den bemerkenswerthen Erscheinungen des deutschen Büchermarktes Notiz zu nehmen hatte, wird sich des schnellen Aufeinanderfolgens von fünf Gedichtsammlungen erinnern die unter den Titeln „Spanischer Romanzenstrauß“, „Klänge aus Andalusien“, „Wunder Sevillas“, „Hesperische Blätter“, „Immortellen aus Toledo“ in der zweiten Hälfte der sechsziger Jahre in Leipzig erschienen waren. Ein anscheinend unerschöpfliches Füllhorn schüttete hier mit seltener Spendelust seine in Originaldichtungen und Uebertragungen bestehende Gaben vor uns aus, die sämmtlich der Kennzeichnung und Verherrlichung des spanischen Landes, seines Volksthums und seiner Poesie dienten.

Es war natürlich, daß eine so begeisterte und so überaus fruchtbare Hingebung an eine bei uns wenig cultivirte Specialität die Aufmerksamkeit auf den bis dahin unbekannten Verfasser lenkte, und nicht gering war die Verwunderung, als man erfuhr, daß er keineswegs in Spanien, sondern mitten unter uns in seiner rheinländisch-deutschen Heimath lebe und diese niemals für längere Dauer verlassen habe. Im Jahre 1861 hatte Dr. Johannes Fastenrath, ein Sohn wohlhabender Eltern, als dreiundzwanzigjähriger Auscultator den preußischen Justizdienst verlassen, um sich fortan ganz seinen idealen Neigungen widmen zu können. Einer Reise nach Italien folgte im nächsten Jahre eine viermonatliche Wanderung durch das romantische Land des Cid, die bestimmend für seine fernere Lebensbahn wurde. Die Wunder Spaniens eroberten für immer das Herz des jugendlichen Dichters, und von dorther brachte er alle jene Eindrücke, alle jene nationalen Stoffe und Geistesproducte mit, die er dann in der Heimath zu deutschen Schöpfungen gestaltet, im Geiste und in den Formen spanischer Dichtung poesievoll verarbeitet hat.

Während aber in Deutschland die Darbietungen Fastenrath’s doch nur von einer verhältnißmäßig nicht großen Schaar ästhetischer Feinschmecker gewürdigt wurden, empfanden natürlich die urtheilsfähigen Spanier den vollen Werth seiner beharrlichen Propaganda für den Genius ihres Landes. Als er 1869 zum zweiten Mal nach Spanien kam, sah er sich dort als hochgefeierten Mann. Er wurde mit hohen Orden decorirt; es wurden ihm von Akademien und Gemeinderäthen verschiedener Städte Begrüßungsadressen überreicht, ihm zu Ehren Festbankete veranstaltet und von den namhaftesten Vertretern der spanischen Literatur seine Schriften gelobt und empfohlen.

Da kam das Jahr 1870 und machte die gewaltige Kluft offenbar zwischen Deutschland und den anderen Nationen Europas, und als warmherziger Patriot erkannte Fastenrath, daß es seine Pflicht sei, von seiner besonderen Stellung aus für eine bessere Aufklärung über sein Vaterland etwas Eingreifendes zu unternehmen. Vielleicht hatte ihn sein bekanntes Buch „Die deutschen Helden von 1870“ auf den Gedanken gebracht; genug, seit 1873 sehen wir den deutschen Schriftsteller mit der Abfassung eines von ihm spanisch geschriebenen Werkes beschäftigt, das unter dem Titel „La Walhalla y las glorias de Alemania“ („Die Walhalla und die Berühmtheiten Deutschlands“) in Madrid erscheint und von welchem bereits vor Kurzem der fünfte Band ausgegeben wurde. In diesem Buche wird den Gebildeten der iberischen Halbinsel, die ihre Kenntniß Deutschlands bisher nur aus vielfach trüben französischen Quellen schöpften, von ihrem deutschen Freunde alle große Arbeit, alles Kriegs- und Friedensheldenthum seiner vaterländischen Geschichte von Arminius bis auf die jüngste Gegenwart in einer Reihe feuilletonistisch gehaltener Briefe und Artikel vorgeführt, die sämmtlich vorher in den angesehenstes Madrider Journalen abgedeckt wurden.

Wenn man weiß, daß die spanischen Schriftsteller an dem Verfasser rühmen, er schreibe die bilderreiche Sprache des Cervantes besser, als die Mehrzahl der Eingeborenen, so läßt sich die Anziehungskraft ermessen, die seine glänzenden, von inniger Wärme beseelten Schilderungen zunächst auf die angeregteren Schichten der Bevölkerung üben. Wir haben es daher für wichtig gehalten, von der Absicht und dem glückliche Emporsteigen dieses Werkes inmitten der sogenannten lateinischen Völker Notiz zu nehmen. Die Wirkung wird nicht sofort in einem handgreiflichen Umschwunge der Gesinnung gegen Deutschland sich offenbaren, aber es ist doch mit der verdienstvollen Arbeit Fastenrath’s ein Flugsamen von geschichtlicher Tragweite und unberechenbarer Keimkraft ausgeworfen. Denn abgesehen von dem immerhin nicht geringen Umfange des spanischen Sprachgebiets darf wohl mit Sicherheit erwartet werden, daß das Buch mit der Zeit auch durch Uebersetzungen bei verwandten romanischen Völkern sich Eingang verschaffen wird. Wo aber für das große Ziel der Völkerversöhnung die geeigneten Wege gebrochen werden, da werden alle wahren Deutschen freudig zustimmen. Was ihnen durch den Gang ihrer Cultur im Blute liegt, die unbefangene Würdigung anderer Nationen, das ist es, was diese letzteren gleichfalls sich aneignen müssen, wenn das Humanitätsprincip des Jahrhunderts zu einem dauerhaften Siege gelangen soll.




Schutz der Kuhställe gegen Fliegen. Allbekannt ist, welch schwere Pein für Rindvieh, Pferde etc. im Sommer die Fliegen sind. Viele Landleute wissen, daß die Schwalben unter die fleißigsten und geschicktesten Insectenjäger gehören, wissen auch, daß diese gern in Viehställen nisten und die Gastfreundschaft reichlich belohnen, indem sie flugs den Ort von den kleinen geflügelten Quälgeistern säubern. Sehr wenig bekannt jedoch dürfte bei deutschen Bauern und Viehzüchtern die Methode sein, durch welche man in Oesterreich, z. B. auf den ungarischen und galizischen Gütern des Erzherzogs Albrecht, den Schwalbennestbau und damit die Herculesarbeit der Stallreinigung befördert. Man bringt da nämlich unter der Decke, besonders über Krippen und Raufen, Brettchen an, welche Schwalben zum Nisten locken, ihnen einen bequemen Anflug bieten und das Futter vor Verunreinigung schützen. – Das wäre ein Gegenstück zu „Gartenlaube“ Nr. 5 und zeigt, wie stärkere Thiere von schwächeren Nutzen ziehen können, hier freilich ohne thierische Geistesthaten.

A. Gpr.


Vermißt. Herr Gustav Ferdinand Arnold Lydtke aus Minden in Westfalen, Königreich Preußen welcher 1860 für verschollen erklärt wurde, von dem man jedoch bestimmt glaubt, vor einigen Jahren Lebensspuren wieder entdeckt zu haben, wird gebeten, für ihn bei dem deutschen Consul Herrn Haupt in Rio de Janeiro, respective der deutschen Gesandtschaft daselbst seit längerer Zeit niedergelegte Briefe von Interesse in Empfang zu nehmen und zu beantworten.



Verantwortlicher Redacteur Dr. Ernst Ziel in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1879). Leipzig: Ernst Keil, 1879, Seite 328. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1879)_328.jpg&oldid=- (Version vom 21.5.2018)