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Verschiedene: Die Gartenlaube (1879)

einig,[1] von Camel bis auf den heutigen Tag. Im Allgemeinen macht die lange dauernde Entwickelung dieser die ganze untere Bauchhöhle ausfüllenden Eier im Thiere die Größe begreiflich. Nach Wallace’s Beobachtung und Untersuchung legt das großköpfige Scharrhuhn etwa alle 13 Tage ein Ei. Aehnliche oder gleiche Angaben über die Zeitdauer der Eierbildung machen Eingeborene, Colonisten und Reisende. Nun kommt aber das Wunderbarste: es scheint nämlich, daß gewisse Scharrhühner gar nicht diese verlängerte Reifezeit für ihre Eier benöthigen, vielmehr zu den allerfruchtbarsten Vögeln gehören und trotzdem wahre Rieseneier legen!



Megacephalon Maleo. Megapodius Fraicineti. Talegalla Lathami.
Großfuß- oder Scharrhühner.
Originalzeichnung von A. Goering.


Dr. Bennett berichtet an die „Proceedings“, daß Dawson von Sava lebende Vögel der Art Megapodius Barnabye, welche man neuerdings als identisch mit der von Niua-fou bezeichnet hat, mitnahm, die an Bord seines Schiffes täglich bis zu ihrem auf der Ueberfahrt nach Sydney erfolgten Tode 2 Eier legten, und daß ein Weibchen sogar 2 bis 4 Eier täglich lege. Und was für Eier! 3 Zoll lang und 1¾ Zoll breit oder 76 (nach Gray sogar 78) Millimeter lang und 44 Millimeter breit, während der Vogel von der Schnabel- bis zur Schwanzspitze 354 Millimeter mißt, wovon nach Abzug der Maße des Schnabels, Kopfes, Halses und Schwanzes, wie ich nach Exemplaren der reichen und schönen Sammlung auf der „Veste Coburg“ constatirt habe, gegen 160 Millimeter Rumpflänge übrig bleibt. Die Eier erreichen also nahezu die Hälfte der Rumpflänge! Dabei findet die rasche Production dieses und vielleicht auch anderer nahe verwandter Arten in den gleichfalls mit großer Bestimmtheit auftretenden Angaben über die bereits erwähnte Höhe der in einer Grube auf Niua-fou gefundenen Eierzahl ergänzende Bestätigung. Und weshalb sollte ein solcher diametraler Gegensatz hinsichtlich der Entwickelungsdauer bei verschiedenen Arten einer Familie nicht vorkommen, welche nach Allem offenbar auf der primitivste Brütversuchsstation der Vogelwelt zurückgeblieben ist, zumal da innerhalb der zum Theil auf einem ähnliche Standpunkte verharrenden Familie der Kukuke nahezu gleiche Gegensätze bezüglich der Entwickelungsdauer der Eier nachgewiesen worden sind? Ueberhaupt hat die ganze Entwickelungsart dieser Vogelfamilie, so abnorm sie auf den ersten Blick erscheint, für den Forscher bei genauerem Zusehen nichts Unverständliches. So ist die außerordentlich langsame Entwickelung der jungen Thiere im Ei augenscheinlich durch deren mit dem gesammten Brütproceß in logischem Zusammenhange stehende, vollkommenere Ausbildung bedingt. Auch das monatelange Liegen- und Frischbleiben der Eier in den primitiven Nestern ließe sich vielleicht als ein Glied der wunderlichsten Kette von Fortpflanzungsverhältnissen nachweisen, sowie das gleichzeitige Ausschlüpfen der Jungen dadurch erklären, daß sich die Brütwärme erst nach und nach in Folge fortschreitender Gährung oder Bestrahlung durch

  1. Es giebt übrigens einen Vogel, der nach Verhältniß der Körpergröße noch größere Eier legt: eine Kiwi-Art – Apteryx Mantelli – in Neuseeland wiegt 4½ Pfund, während das an die großen Schildkröteneier erinnernde Ei 14¼ Unzen (= 28½ Loth) schwer ist. Ein mit Wasser gefülltes Ei meiner Sammlung wog 29½ Loth.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1879). Leipzig: Ernst Keil, 1879, Seite 440. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1879)_440.jpg&oldid=- (Version vom 21.5.2018)