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Verschiedene: Die Gartenlaube (1879)

die Sonne bis zu der erforderlichen Temperatur steigert, und daß die Keimentwickelung der früher oder später gelegten Eier erst mit dem Eintritt der nöthigen Wärmegrade beginnt und somit die zur vollen Entwickelung des kleinen Huhns erforderliche Wärmesumme auf alle Eier gleichzeitig oder doch fast gleichzeitig wirkt.

Dazu kommt aber noch eine Analogie, welche für das Verständniß dieser Erscheinungen wie für die naturwissenschaftliche Erkenntniß im Allgemeinen von hohem Interesse ist.

Sicherlich haben viele Leser bereits an die Aehnlichkeiten der geschilderten Fortpflanzungsweise mit derjenigen mancher Reptilien, der Echsen, Schlangen und Schildkröten gedacht. Die Uebereinstimmung ist vielfach überraschend. Nicht blos das Ausscharren von Eiergruben, das Aufschichten und Bedecken der Eier mit Sand oder Erde etc., sondern auch Form und Structur der Eischale und das übergroße Dotter ist diesen Hühnern mit den genannten Reptilien, besonders mit den Krokodilen gemeinsam. Nun steht aber bekanntlich die ganze Classe der Vögel bezüglich ihres inneren Baues und ihrer embryonalen Entwickelung den Reptilien sehr nahe und verehrt in den Echsen ihre Ahnen. Ist uns doch in dem Solenhofer lithographischen Schiefer die Urlithographie eines Reptilienvogels aufbewahrt worden: der echsen- oder saurierschwänzige Urvogel, Archaeopteryx lithographica, zeigt einen aus zwanzig langen und dünnen Wirbeln gebildeten Eidechsenschwanz, mit je zwei seitlich an jeden Wirbel angesetzten starken Schwanzfedern. Dieser Eidechsenvogel, vielleicht oder wahrscheinlich nicht einmal der erste Vogel, kam mit den Saurierahnen V. Scheffel’s


Brutstätten von Talegalla-Hühnern.
Originalzeichnung von A. Goering.

„zu tief in die Kreide, und da war es natürlich vorbei“. Für diese Stammverwandtschaft der Vögel mit großen und kleinen Eidechsen bildet die Fortpflanzungsweise der Großfuß-Hühner einen nicht unwichtigen Beleg.




Clotilde.

Novelle von L. Herbst.

(Schluß.)


10.

Des Winters letzter Schnee war geschmolzen, und warme Frühlingslüfte liebkosten die Erde. Auch Clotildens Häuschen umwehten sie, das in einer Vorstadt Dresdens lag. Die Sonne, welche die Blumen ihres Gartens erweckte, schien auch in die Fenster ihres Hauses. Aber weder Frühlingslüfte noch Sonnenschein konnten drinnen die kalten Schatten vertreiben, die der Winter zurückgelassen hatte. Auf den drei Gesichtern, die gelegentlich durch die klaren Fensterscheiben in die grünende Welt hinausblickten, lag ein trüber, schwerer Ernst.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1879). Leipzig: Ernst Keil, 1879, Seite 441. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1879)_441.jpg&oldid=- (Version vom 21.5.2018)