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Verschiedene: Die Gartenlaube (1879)

sondern jede der zahlreichen dortigen Kirchen betheiligte sich mit ihrem besonderen Heiligen. Die Kapuziner pflegten hierbei die erste Rolle zu spielen, indem sie ihren Heiligen auf einem prächtig geschmückten thurmartigen Gerüste umherführten, welches die Höhe der sehr hohen Häuser Palermos überragte.

Hierdurch wird es allerdings begreiflich, daß die Palermitaner vor dem Beginne des Festes dasselbe auch in seinen heutigen, beschränkteren Verhältnissen für eines der Weltwunder erklären, die man nothwendiger Weise gesehen haben müsse, nach Beendigung des Festes aber regelmäßig versichern, man habe eigentlich Nichts gesehen, da man das Fest, wie es früher gewesen, nicht geschaut habe.




Der Sclavenbefreier William Lloyd Garrison.


Unter den Männern, welche in der nordamerikanischen Union dem entsittlichenden Institute der Negersclaverei den Kampf auf Tod und Leben ankündigten und diesen Kampf unter den schwierigsten Verhältnissen mit unbeugsamer, eiserner Energie in Wort und That fortsetzten, nimmt der am 24. Mai dieses Jahres zu New-York verstorbene William Lloyd Garrison einen der hervorragendsten Plätze ein. Nicht immer ist den Kämpfern der Freiheit das Glück so hold, daß sie den Sieg der Sache, für die sie ihre besten Kräfte einsetzten, erleben; William Lloyd Garrison aber war es vergönnt, noch in voller Manneskraft erfüllt zu sehen, was das Hauptstreben seines opfermuthigen Lebens ausmachte: die Befreiung der Neger in dem weiten Gebiet der Vereinigten Staaten von den Fesseln der Sclaverei und ihre bürgerliche Gleichstellung mit der weißen Race.

Garrison wurde nach Einigen am 12. December 1804, nach Anderen am 10. December 1805 in dem Städtchen Newburyport im Staate Massachusetts geboren. Da er seinen Vater, der als Schiffscapitain vielfach mit dem Handel nach Westindien beschäftigt war, schon in früher Jugend verlor, so sah sich seine Mutter, die, um nur das tägliche Brod zu verdienen, häufig außerhalb des Hauses arbeiten mußte, gezwungen, ihre Kinder frühzeitig zu fremden Leuten zu geben.

Ein solches Loos traf denn auch William Lloyd, den zweitgeborenen Sohn, der mit seinem neunten Lebensjahre bei einem Schuhmacher zu Lynn in die Lehre trat. Diese Beschäftigung war jedoch weder körperlich noch geistig für den strebsamen Knaben zuträglich, der deshalb auch bald nach seinem Geburtsorte zurückkehrte, wo er die Gemeindeschule besuchte, seinen Unterhalt aber sich durch Holzsägen und Botendienste erwarb. Obschon der junge Garrison früh das elterliche Haus verließ, so blieben doch die ersten Eindrücke und die religiösen Lehren, welche er von seiner frommen, einer Baptistensecte angehörenden Mutter empfangen hatte, für alle Zeit seinem auf das Ernste und Hohe gerichteten Geiste eingeprägt. Ein fleißiges Lesen der Bibel hatte ihn so mit diesem Buche vertraut gemacht, daß er dasselbe fast auswendig wußte.

Nach verschiedenen mißglückten Versuchen, einen bestimmten Berufszweig zu ergreifen, fand er bei einem gewissen Ephraim W. Allen, dem Herausgeber der „Newburyport Gazette“, dauernde Beschäftigung als Buchdruckerlehrling. Er zeichnete sich hier durch Ordnung und Fleiß aus und erwarb sich durch Privatstudium reiche Kenntnisse; bald schrieb er für verschiedene Tagesblätter gern gelesene Artikel und redigirte kurze Zeit ein eigenes Blatt in Newburyport. Im Jahre 1827 ging er nach Boston, wo sich ihm für seine Thätigkeit ein weiteres Feld öffnete und wo er als Buchdrucker und Journalist neue Erfahrungen sammelte. Allein schon im nächsten Jahre verließ er Boston und gab mit einem Freunde zu Bennington im Staate Vermont eine Zeitung heraus, in welcher er für die Idee des allgemeinen Friedens eintrat und die Negersclaverei bekämpfte.

Um diese Zeit hatte die Agitation gegen das Institut der Sclaverei neuen Inhalt gewonnen und größere Dimensionen angenommen. Theils an die gleichzeitigen Bestrebungen der englischen Abolitionisten Wilberforce, Clarkson und Anderer sich anlehnend, welche damals gerade die Aufhebung der Sclaverei in Westindien anstrebten, theils durch die immer dreister auftretende Reaction der südlichen Sclavenhalter in’s Leben gerufen, bildeten sich in verschiedenen Theilen der nordamerikanischen Union Abolitionistenvereine. Der Quäker Benjamin Lundy namentlich hatte durch eine Reihe von Vorlesungen und durch sein in Baltimore erscheinendes Blatt „Der Genius der allgemeinen Emancipation“ an vielen Orten eine nahezu religiöse Schwärmerei für die Sache der allmählichen Emancipation der Sclaven geweckt, und er war es auch, der den feurigen Garrison bestimmte, nach Baltimore zu kommen und an der Redaction des „Genius“ theilzunehmen. Kaum dort angelangt, schrieb Letzterer die zündendsten Artikel, in denen er nicht mehr, wie Lundy es gethan, die allmähliche, sondern die sofortige und zwar unentgeltliche Freigebung der Negersclaven verlangte. Bei einer besondern Gelegenheit schilderte Garrison die verabscheuungswürdigen Folgen der Sclaverei in so grellen Farben, daß er sich eine Gefängnißstrafe zuzog. Dies trug sich folgendermaßen zu:

Ein dem Herrn Francis Todd in Newburyport zugehöriges Schiff kam nach Baltimore und nahm eine Ladung von Sclaven an Bord, um dieselben nach New-Orleans zum Verkaufe zu bringen. Alle die erschütternden Scenen, welche bei diesem Menschenhandel zu Tage traten, machten auf Garrison’s Gemüth einen solchen Eindruck, daß er die unter seinen Augen vorgenommene Verpackung und Versendung der armen Schwarzen mit der grausamsten Art von „Seeräuberei“ auf eine Stufe stellte und den Schiffseigenthümer, sowie alle bei dem schmachvollen Handel betheiligten Personen in Lundy’s „Genius“ als „verabscheuungswerthe Händler mit Menschenfleisch“ brandmarkte. Natürlich rief er dadurch den Zorn der Sclavenhalterpartei in hohem Grade wach; die von ihm angegriffenen Personen aber verklagten ihn wegen „gröblicher und boshafter Schmähung“, und er wurde, da er die ihm vom Gerichte auferlegte Geldstrafe und die Unkosten des Processes nicht zahlen konnte, zu einer längeren Gefängnißstrafe verurtheilt. Nachdem er einige Wochen diese Strafe erduldet, erhielt er seine Freiheit wieder, indem ein der Emancipation günstig gesinnter, wohlhabender Kaufmann in New-York, Herr Arthur Tappan, für den Rest der Strafe mit Geld aufkam.

Garrison schied, wie dies gewöhnlich bei Personen zu geschehen pflegt, die ihrer innersten Ueberzeugung halber eine Kerkerhaft erduldet, keineswegs niedergebeugt oder entmuthigt aus dem Gefängnisse, sondern ging nur mit um so größerem Eifer an das einmal unternommene Werk der Negerbefreiung. Er begab sich zunächst nach Washington City, der Hauptstadt der Union, und machte dort bekannt, daß er demnächst ein eigenes Antisclavereiblatt gründen werde. Sein Proceß in Baltimore hatte überall in den Vereinigten Staaten das größte Aufsehen erregt, und so waren die gegen die Sclaverei gerichteten Vorträge, welche er in mehreren Städten des Nordens der Union hielt, zahlreich besucht. Im Herbste 1830 finden wir Garrison wiederum in Boston, wo er bemüht war, die Geistlichen der verschiedenen Religionssecten für seine Ideen zu gewinnen, allein kein einziger dieser Herren wagte es damals, mit Entschiedenheit für die Emancipation der Neger in die Schranken zu treten; nur einige wenige sprachen zu Gunsten des Planes, Negercolonien außerhalb der Vereinigten Staaten zu gründen. Gegen diese Ansicht, die er selbst zwar früher einmal getheilt hatte, trat aber Garrison jetzt mit der größten Entschiedenheit auf. Am 1. Januar 1831 erschien sein Blatt „Der Befreier“ (The Liberator). Die Sinnsprüche, welche dieses Journal auf der Titelseite trug, kennzeichneten dessen Richtung und Inhalt, sie lauteten: „Unser Vaterland die Welt, alle Menschen unsere Landsleute“, und „Keine Gemeinschaft mit den Sclavenhaltern“.

Umsonst suchte Garrison längere Zeit in Boston nach einem öffentlichen Locale, um dort in freier Rede für seine Ansichten einzutreten; Niemand wagte es, zu diesem Zwecke seine Räumlichkeiten herzugeben, nur der sogenannte „Verein der Ungläubigen“, der sich an keine veralteten religiösen Dogmen band, gewährte ihm seine Halle. Von dieser Zeit an sagte sich auch Garrison von allem kirchlichen Sectenwesen los, ohne jedoch seine eigene strengreligiöse Ueberzeugung aufzugeben. In der ersten Nummer des „Liberator“ kam unter Anderem folgender Passus vor: „Auf

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1879). Leipzig: Ernst Keil, 1879, Seite 472. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1879)_472.jpg&oldid=- (Version vom 21.5.2018)