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Verschiedene: Die Gartenlaube (1879)

deutschen Regierung soll es außerdem gestattet sein, in jedem Hafen nach eigenem Ermessen alle für die deutschen Kriegsschiffe und deren Besatzungen nützlichen Einrichtungen und Anordnungen zu treffen. Die Samoaregierung ist ferner damit einverstanden, daß die deutsche Regierung an den Ufern des Hafens von Saluafata Gebäude zwecks Lagerung von Kohlen und anderen Bedarfsgegenständen für die deutschen Kriegsschiffe und deren Besatzungen errichtet. Es soll der deutschen Regierung auch zustehen, auf dem Lande, wo die Stationsgebäude errichtet werden, ihre Flagge aufzuziehen, jedoch soll die Oberhoheit der Samoaregierung über den Hafen von Saluafata dadurch in keiner Weise geschmälert und beeinträchtigt werden, andererseits aber verspricht diese auch nichts zu thun, wodurch die der deutschen Regierung in diesem Artikel gewährten Rechte irgendwie werthlos gemacht oder beeinträchtigt werden können, wie durch diese Rechte der Hafen von Saluafata den Kriegs- oder Handelsschiffen derjenigen Nationen, welchen die Samoaregierung ihre Häfen offen hält, nicht verschlossen werden soll. Die Regierung von Samoa darf jedoch in Bezug auf diesen Hafen und seine Ufer keiner anderen Nation gleiche Rechte, wie die der deutschen Regierung gewährten, bewilligen. Es soll den deutschen Kriegsschiffen ferner unbenommen sein, auch in alle anderen Plätze, Häfen und Gewässer Samoas einzulaufen daselbst zu ankern, Bedarf einzunehmen und Schäden auszubessern nach Maßgabe etwaiger zwischen den beiderseitigen Regierungen zu vereinbarender Gesetze, und verspricht die Samoaregierung hierdurch ferner, daß sie keiner andern Nation in irgend einer Weise irgend welche Vorrechte vor der deutschen Regierung in Bezug auf den Hafen von Apia und dessen Ufer bewilligen will, sondern daß die deutsche Regierung auch in dieser Beziehung mit anderen Nationen immer gleichberechtigt sein soll.

Die Gerichtsbarkeit über deutsche Angehörige kann nur unter deutscher Mitwirkung vollzogen werden, wie überhaupt jegliche Maßregel, welche deutsche Interessen berührt, nur unter Zustimmung der Reichsregierung getroffen werden kann.

Ich habe bei diesem Vertrage länger verweilt, da er auf nicht kurze Zeit hinaus die Grundsätze unserer Colonialpolitik bestimmt und als politischer Präcedenzfall beachtenswerth erscheint. Es werden hiernach dem deutschen Reiche alle Vortheile des Colonialhandels gewährt, ohne uns Pflichten aufzuerlegen, welche mit einem Colonialbesitz verbunden sein würden. Weder den Aufruhr unterjochter Völkerschaften haben wir zu befürchten, noch werden die ränkesüchtigen Umtriebe concurrirender Nationen unserem Colonialhandel in den Südsee-Inseln ernstere Gefahren bereiten. Nicht stützt sich der Vertrag auf die politische Herrschaft gegenüber unterjochten Völkerschaften, sondern mit Hülfe der unsererseits dargebrachten Handelsvortheile ist er bestrebt, die deutschen Handelsbeziehungen zu erweitern und uns eine durch gegenseitige Interessen gewährleistete herrschende Stellung in fernen Küstenländern zu sichern. Mit solchen Meistbegünstigungsverträgen kann Deutschland sich noch halbe Continente erschließen, ohne bedenkliche Verpflichtungen zu übernehmen.

Unter Beihülfe des deutschen Consuls für die Samoa- und Tonga-Inseln, Herrn Theodor August Ludwig Weber, hat der Capitain der deutschen Corvette „Ariadne“, Karl Bartholomäus von Werner, im Namen des deutschen Kaisers außer mit den Tonga- und Samoa-Inseln mit noch anderen unabhängigen Inselgruppen, den Ellice-Inseln, der Jaluit- und Ralickgruppe und den Duke of York-Inseln, ziemlich gleichlautende Verträge abgeschlossen. Auf den letzteren wurden die Häfen Makada und Mioko käuflich erworben und auf Jaluit die Kohlenstation angelegt.

Die Namen der Schöpfer dieser Verträge, der Herren Capitaine von Schleinitz, Werner, Knorr und Hassenpflug, sowie derjenige des Herrn Consul Weber, verdienen dem deutschen Volke bekannt zu sein und von demselben geachtet zu werden.

Sehen wir uns nach diesen einleitenden Bemerkungen unsere ersten colonialen Errungenschaften etwas genauer an, um uns über Land und Leute, Klima und Producte, Handelsverhältnisse und sociale Zustände der Inselgruppe zu unterrichten!

Die Samoa- oder Schiffer-Inseln liegen zwischen 13° 27’ bis 14° 22,5’ südlicher Breite und 169° 28’ bis 172° 48’ westlicher Länge von Greenwich, im Mittelpunkte Polynesiens, auf dem Wege von San Francisco nach Auckland, von Panama nach Sydney und von Valparaiso nach China und Japan. Die ganze Gruppe besteht aus acht größeren und fünf kleineren Inseln. Die ersteren, sich von Osten nach Westen erstreckend, heißen Manua, Olosega, Ofu, Tutuila, Upolu, Manono, Apolima und Savaii. Am Ostende von Upolu liegen die vier kleineren Inseln Nuutele, Nuulua, Fanuatapu und Namua, am Ostende von Tutuila die Insel Anuu. Die größten Inseln der Gruppe sind Savaii mit 659, und Upolu mit 335 Quadratkilometer. Die übrigen sind wesentlich kleiner und nehmen, die eben erwähnten beiden Inseln eingerechnet, zusammen einen ungefähren Flächeninhalt von etwas über 1086 Quadratkilometer ein. Savaii ist die größte, aber auch die am wenigsten fruchtbare und bevölkerte Insel. Oestlich von ihr liegt Upolu, die reichste, fruchtbarste und schönste aller dieser Eilande.

Zahlreiche erloschene vulcanische Schlünde ziehen sich auf dem hohen Bergrücken der Insel in einer Linie fort, aber dergestalt ist hier Alles mit dem üppigsten Pflanzenwuchs ausgestattet, daß, als Capitain Dana vom Rande des 710 Meter hohen Kraters Tafua in dessen Schlund hinabblickte, sein Auge nirgends den Boden erreichen konnte, da mächtige, oft über 35 Meter hohe Bäume ihn beschatteten und das Gestein überall unter einer dichten Pflanzendecke verschwand. Die Bergabhänge sind im mittleren Theile der Insel schroff und eckig, von tiefen Thälern durchfurcht, oder sie stehen wie steile Mauern da, über die sich zahlreiche, kleine Wasserfälle hinabstürzen; im westlichen und östlichen Theile dagegen sind die Abhänge flacher, die Ufer sanfter und wellenförmig; auch versickern hier die Bäche häufig in dem porösen Gestein und sprudeln dann am Ufer wieder hervor.

Der wichtigste Platz der Insel und überhaupt der ganzen Gruppe ist zur Zeit der unweit Mulinu, dem Sitze der samoanischen Regierung, belegene Hafenort Apia.

Durch den immer mehr sich vergrößernden Handel und die zunehmende Schifffahrt haben sich rings um die Bucht von Apia eine Anzahl Fremder angesiedelt, deren Häuser und Magazine den Strand umsäumen und dem Platze, namentlich vom Hafen aus, ein ganz stattliches Ansehen geben. In Wirklichkeit ist im Umkreis von 4 Kilometern alles Land fremdes und überwiegend, wenn nicht fast ausschließlich, deutsches Eigenthum. Apia ist ferner der Centralpunkt des Handels, wo sich alle Waarendepots und Einrichtungen für die industrielle deutsche Thätigkeit befinden.

Der Haupthandel liegt in den Händen der deutschen Firmen Joh. Ces. Godeffroy u. Sohn und Ruge, Hedemann u. Comp. Die englischen Interessen sind sehr vertheilt; die amerikanischen vertritt das Haus D. S. Parker u. Comp.

Das Land auf Upolu, und besonders das um Apia ist von den Bevollmächtigten der Herren J. C. Godeffroy auf das Genaueste vermessen worden. Die kartographische Anstalt von L. Friederichsen u. Comp. in Hamburg hat für diese Zeichnungen das ausschließliche Eigenthumsrecht erworben. Wir haben es also der Güte dieser geachteten und rührigen Firma zu danken, daß wir der heutigen Nummer der „Gartenlaube“ eine Skizze des gegenwärtig für uns so interessanten Hafens beigeben können, und wollen nicht unerwähnt lassen, daß die dem deutschen Reichstage vorgelegte, mit zahlreichen Originalkarten versehene Denkschrift, den Freundschaftsvertrag mit den Samoa-Inseln betreffend, in diesem Verlage erschienen und durch denselben käuflich zu beziehen ist.

Als es sich beim Abschluß des Vertrages mit Samoa für die deutschen Bevollmächtigten darum handelte, einen Hafenplatz, zunächst einen Kohlenhafen, zu erwerben, verfiel man in richtiger Würdigung der einschlagenden Verhältnisse auf die acht Kilometer südöstlich von Apia gelegene Bucht Saluafata.

Die Gegend von Saluafata ist eine der schönsten in Upolu. Das Meer bildet hier eine weite Bucht, die von Hügeln und Bergen umkränzt wird. In derselben liegen kleine Inseln, gekrönt mit Gebüsch und Cocospalmen, unter welchen in Frieden die Gebeine der Häuptlinge dieses Landestheiles in gemauerten Mausoleen ruhen. Einzelne Felsen, die dem Meere entsteigen, und Riffe, über welchen es sich weißschäumend bricht, verbunden mit dem grünen, hohen, gebirgigen Hintergrunde von Solosolo, verleihen dem Ganzen ein höchst malerisches Aussehen. Saluafata gehört zu den besseren Häfen der Gruppe; hinter den vorliegenden Riffen bietet er vollständig sichere Ankerplätze, ist für Segelschiffe benutzbar, hat stets frischen Passat und vortreffliches Trinkwasser. Hinter Saluafata liegt eine große Ebene, auf welcher sich der Plantagenbau vorzugsweise entwickelt.

Südöstlich von Upolu liegt die drittgrößte Insel Tutuila, deren höchster Berg sich 772 Meter über den Meeresspiegel erhebt.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1879). Leipzig: Ernst Keil, 1879, Seite 568. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1879)_568.jpg&oldid=- (Version vom 21.5.2018)