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Verschiedene: Die Gartenlaube (1879)

oder die armen Teufel, die auf den Ertrag des Gewerbes angewiesen sind, gehen nach wenigen Monaten wiederum zum Fange hinaus. Diesmal nehmen sie nur ein kleines Springgarn mit, welches sie bei Wassertümpeln im abgelegenen Gebüsche ausspannen, um die Vögel vom Neste wegzufangen. Auch der Leimruthe oder der Drahtfalle bedienen sie sich zu diesem Zwecke. Man kennt sehr wohl die Vögel, welche ihre Jungen in der Gefangenschaft aufziehen, wie die Amsel, das Schwarzplättchen, der Distelfink und besonders die Nachtigall.

Es gehören aber noch besondere Kunstgriffe dazu, die Alten zur Ernährung der Jungen in der Gefangenschaft anzuhalten. Nicht allein bei den Arten, sondern auch bei den Individuen treten hier große Widersprüche zu Tage. Das eine Amselpaar z. B. füttert seine Jungen; ein anderes läßt sie zu Grunde gehen. Es wird versichert, daß das Schwarzplättchen sich sehr schnell an den traurigen Wechsel gewöhne und namentlich, wenn es Mehlwürmer erhält, sofort an die Fütterung gehe. Die gefangenen Meisen dagegen, so wird behauptet, wären im Stande, ihren Jungen die Köpfe einzuhacken. Jedenfalls hat man es hier mit Untersuchungen und Beobachtungen zu thun, für welche unsere Vogelsteller nicht die geeignetsten Geister sein dürften.

Die Thätigkeit des Vogelstellers ist unbedingt ein Stück Thierquälerei, das wird dem Leser nach vorstehender Schilderung in vollem Umfange klar sein. Dieser Umstand aber genügt, um uns mit Befriedigung auf die Maßregeln blicken zu lassen, welche unser deutscher Reichstag zum Schutze der Vögel getroffen hat, auch wenn damit ein weiteres Stück Romantik unter das Strafgesetzbuch gestellt wurde. Ist doch schon so Manches, was einst „noble Passion“ war, dem vernichtenden Urtheil einer fortgeschrittenen Humanität bis auf die letzte Spur erlegen.

Auf der Schwelle der Reformationszeit: Scholastische Studien.
Nach dem Gemälde von W. Lindenschmit.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1879). Leipzig: Ernst Keil, 1879, Seite 740. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1879)_740.jpg&oldid=- (Version vom 21.5.2018)