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Verschiedene: Die Gartenlaube (1879)

gewesen war, und berief ihn von Neuem in die ehemals innegehabte Stellung. Die Unterhandlungen aber zerschlugen sich, und wir wissen nur, daß er sich darauf im Herbste 1846 einige Zeit in Graz aufhielt. Dort erreichte ihn eine ehrenvolle Einladung der Directoren des Hamburger Stadttheaters, Mühling und Cornet, seine neueste zur Aufführung angenommene Oper „Die Hochländerin“ selbst einzustudiren und zu dirigiren.

Am 9. October 1846 reiste er von Graz ab; am 14. Vormittags traf er in Hamburg mit hochgespannten Hoffnungen ein.

Diese sollten nicht getäuscht werden. Am 16. November wurde die Oper, deren Scenerie auf den Wunsch der Direction in den Kaukasus verlegt worden war, „sowohl des höheren Interesses wie der brillanteren, ungewöhnlicheren Costüme wegen“, zum ersten Male mit außerordentlichem Beifall aufgeführt, der auch die Wiederholungen begleitete; am 23. feierten Künstler und Kunstfreunde den Geburtstag des Meisters durch ein solennes Festesten.

Es war die letzte glänzende Ovation, die dem Greise dargebracht wurde. Denn wie alles in der Welt, gingen auch diese schönen Tage von Hamburg zu Ende, und das Vaterland bot dem müden Alten keine Stätte, wo er in ehrenvoller Muße dauernd die Ruhe finden konnte, deren er jetzt so sehr bedurfte. Keine deutsche Bühne engagirte, des berühmten Vaters willen, die Tochter, an der sein Herz hing, deren musikalische Ausbildung jetzt der Hauptzweck seines Lebensabends war. Er mußte, achtundsechszig Jahre alt, im September 1848 nach den russischen Ostseeprovinzen übersiedeln, da seine Tochter ein Engagement als erste Sängerin am Theater zu Riga gefunden hatte. Nicht als Capellmeister, wie die meisten seiner Biographen behaupten, sondern nur als Begleiter seiner Tochter hat er dort verweilt. Da sah man den alten Herrn des Abends im Parterre des Theaters sitzen und aufmerksam den Opernvorstellungen folgen. In seinen Erinnerungen lebten freilich andere Gestalten, als er sie jetzt über die immerhin kleine Provinzialbühne schreiten sah.

Sein Schaffenstrieb war noch nicht erloschen. In Riga hat er die „Hochländerin“ völlig umgearbeitet, den zweiten und dritten Act der ersten Bearbeitung verschmolzen und einen neuen dritten Act componirt. Er mochte wohl selbst fühlen, daß dies seine letzte Arbeit sei, denn als er die neue Composition den Seinigen vortrug, brach er in einem plötzlichen Anfalle von Gefühlsweichheit, wie sie ihm sonst nicht eigen war, bei der Stelle: „Nun laßt mich sterben! Nun ist Alles gut,“ in Thränen aus.

Das Jahr 1849, so reich an stürmischen Erschütterungen für sein Vaterland und insbesondere seine Heimath, setzte seinem Dasein ein friedliches Ziel. Ohne daß er eigentlich krank war, nahmen seine Kräfte ab, am 14. December 1849 erlag er rasch und schmerzlos einem Schlagfluß. Auf dem katholischen Kirchhofe der Moskauer Vorstadt in Riga wurde Kreutzer bestattet; sein Grab liegt nicht innerhalb der Grenzen Deutschlands, doch wird es gehütet von der treuen Gesinnung eines edeln deutschen Volksstammes. Und wie das Lied von dem, „der den Tod im heil’gen Kampfe fand,“ singt, so darf man auch von Kreutzer sagen: er „ruht auch in fremder Erde im Vaterland“.

Dem Todten ward allgemeiner und unbestrittener, als jemals dem Lebenden, der Zoll hohen Ruhmes zu Theil. Zwar seine Opern sind vergessen, mit einziger Ausnahme des „Nachtlagers von Granada“, aber in seinen Liedern lebt Kreutzer fort, als wenn nicht Menschenalter verflossen wären, seit sie dem frischen Born seines Genius entquollen. Das macht, er hat sie geschöpft aus dem nie versiechenden Jungbrunnen echt deutschen Volksthums. Als er zuerst im Jahre 1817 den Frühlingsliedern seines schwäbischen Landsmannes Uhland Melodien unterlegte, feierte er mit diesen einen Triumphzug durch ganz Deutschland, und seine schlichten, tiefempfundenen, mächtig ergreifenden Männerchöre erklingen heute noch so frisch und froh, so fromm und gefühlswarm, wie vor fünfzig Jahren.

Wie viele Hunderte und aber Hunderte von Festen hat sein „Tag des Herrn“ stimmungsvoll eingeleitet, wie viele Tausende von Herzen haben in patriotischer Begeisterung geschlagen, wenn der Chor ertönte: „Dir möchte’ ich diese Lieder weihen“, welch unzähliger Menge jugendfrischer Gesellen hat Kreutzers „Frühlingsandacht“ oder „Die Capelle“ mit einem Hauch der Poesie ihre fröhlichen Landpartien verklärt!

So ist es denn gewiß ein schöner und wohl berechtigter Gedanke, daß die Sängerschaft des Landes, dem Kreutzer zunächst durch seine Geburt angehört, daß der Badische Sängerbund beabsichtigt, der allgemeinen Anerkennung, Verehrung und Dankbarkeit für den vaterländischen Tondichter Conradin Kreutzer, insbesondere für seine unvergänglichen Verdienste um den deutschen Männergesang durch Errichtung eines Denkmals in seiner Geburtsstadt Meßkirch einen dauernden Ausdruck zu geben. Die Stadtgemeinde Meßkirch hat zu diesem Zwecke den erheblichen Beitrag von tausend Mark gezeichnet, und von vielen Seiten ist dem Sängerbunde nachhaltige Mitwirkung zu dem beabsichtigten Werke in Aussicht gestellt. Es wäre erfreulich, wenn alle Männergesangvereine Deutschlands, der Aufforderung des Badischen Sängerbundes folgend, zu Gunsten des Kreutzer-Denkmals Gesangsaufführungen und Concerte mit Benutzung Kreutzer’scher Tonschöpfungen veranstalten wollten. [1]

Möchte auch dieser Versuch, Kreutzer’s Leben und Wirken zu schildern, dem lobenswerthen Unternehmen förderlich sein!

Friedrich von Weech.




Erinnerungen an Java.

Von Dr. Fr. Traumüller.

1. Pflanzen- und Thierleben auf der Insel.


Unter den vielen Inseln des malayischen Archipels, welche der Aequator wie einen Kranz von Smaragden durchschneidet, können nur wenige in Bezug auf Naturschönheiten mit Java sich messen; ja, von manchen Reisenden wird Java für das interessanteste und schönste Land der Erde erklärt. Diese Auszeichnung verdankt die Insel der wunderbaren Ueppigkeit und Mannigfaltigkeit ihrer Vegetation, mit der sie von den Küsten bis zu den höchsten Spitzen ihrer vulcanischen Kegelberge reich geschmückt ist, sowie der vielgestaltigen Thierwelt, die ihre Wälder und Fluren belebt.

Java besitzt alle Bedingungen für einen üppigen Pflanzenwuchs, nämlich fruchtbaren Boden, Wärme und Feuchtigkeit, dazu eine mannigfach gegliederte Oberfläche. Die flache Nordküste besteht zum größten Theil aus Schwemmland; die Südküste dagegen ist felsig und steil. Die Mitte der Insel wird von etwa hundert bis zu 3600 Meter emporragenden Vulcanen durchzogen, von denen gegenwärtig etwa achtundzwanzig thätig sind. Nirgends in der Welt findet man auf einem verhältnißmäßig so kleinen Raume (2313 Quadratmeilen) eine so große Anzahl thätiger und erloschener Feuerberge beisammen. Die thätigen Vulcane Javas liefen gegenwärtig nur lose vulcanische Auswürflinge, wie Bomben, Lapilli, Sand und Asche; manche hauchen nur Wasserdampf und verschiedene Gase aus. Aeltere Lavaströme haben in Folge ihrer Verwitterung einen sehr fruchtbaren Boden geliefert und sind jetzt mit dem üppigsten Grün bekleidet.

Das Klima ist in den verschiedenen Höhen und in der östlichen und westlichen Hälfte der Insel verschieden. Es ist zwar im Allgemeinen sehr warm und feucht, aber die Gluthhitze der Küstenstrecken wird durch die kühlen Seewinde gemäßigt. Aus meinen während einer vierthalbjährigen Hauslehrerthätigkeit in Batavia angestellten Thermometer-Beobachtungen ergab sich als höchste Temperatur 35° C. Mittags um ein Uhr und die niedrigste 19° C. des Morgens um sechs Uhr; die mittlere Tagestemperatur für Batavia schwankt zwischen 24,8 ° C. und 26, 7 ° C. Das Klima der Niederungen ist im Allgemeinen sehr gleichmäßig, und

  1. Um den Plan eines Kreutzer-Denkmals auch unserseits rechtzeitig zu befürworten und so die Realisirung desselben zu des Tondichters hundertstem Geburtstage fördern zu helfen, haben wir den obigen Artikel nicht, wie anfangs geplant wurde, zu Kreutzer’s hundertstem, sondern schon zu seinem neunundneunzigsten Geburtstage zum Abdruck gebracht. Der Hauptausschuß des Badischen Sängerbundes bittet, die für das Kreutzer-Denkmal in Meßkirch bestimmten etwaigen Beiträge an seinen Bundespräsidenten, Herrn G. Hammetter in Müllheim (Baden), einzusenden.
    D. Red.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1879). Leipzig: Ernst Keil, 1879, Seite 788. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1879)_788.jpg&oldid=- (Version vom 21.5.2018)