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Verschiedene: Die Gartenlaube (1879)

Blätter und Blüthen.


Wintertrost.

Im Verblassen und Entfärben
Siecht dahin die welke Au,
Und der Wald, gefaßt zum Sterben,
Ragt umflort in’s Nebelgrau.

Flücht’ge Vogelschaaren ziehen
Nach des Südens Sonnenflur;
Ein Verlassen und Entfliehen
Geht erschreckt durch die Natur.

Nebelhauch und Abenddämmern
Hüllen Wiese, Berg und Wald.
Einer Mühle fernes Hämmern
Friedlich noch herüberschallt.

Doch kein Lichtschein ist zu schauen
Auf den Feldern kahl und weit;
Und im Herzen banges Grauen,
Schreit’ ich durch die Einsamkeit,

Bis ein Glanzstreif aus der Ferne
Durch der Parknacht Dunkel fließt
Und gleich einem guten Sterne
Mich mein heimisch Dach begrüßt.

Froh mich kündend, schallt mein Rufen
Hell zu meiner Lieben Ohr,
Und mit freud’ger Hast die Stufen
Flieg’ ich zum Gemach empor.

Sei gegrüßt mir, trautes Stübchen,
All ihr Aeuglein blank und frisch,
Ros’ge Mädchen, braune Bübchen
Um den lichtbestrahlten Tisch!

Nimm dahin mit Sturmgebrause,
Rauher Nord, des Sommers Pracht!
Hier im glückgeborgnen Hause
Ist ein neuer Lenz erwacht.

Hülle die erstarrte Erde
Mondenlang in Schnee und Eis!
Hier am traulich warmen Herde
Regt sich fröhlich Lust und Fleiß.

Märchenträume, Zauberwonne
Spinnen uns in lichte Pracht,
Und des Christbaums Freudensonne
Strahlt durch unsre Winternacht.

Julius Lohmeyer.




Vogelschutz und Frauenschmuck. In einer kürzlich in Berlin begründeten Zeitung für Frauen ist wörtlich Folgendes zu lesen „Allen wohlmeinenden Thierschutzbestrebungen zum Trotz sind Vögel zum Hutschmuck leider mehr als je Mode. Nicht nur die zierlichen Colibris, der elegante Paradiesvogel, nein, ganze Volièren fremdartiger bunter Vögel liegen in den Schaukästen unserer Modistinnen. Vogelfamilien tragen die Damen auf den Hüten, und eine sehr distinguirte Modekönigin der vornehmsten Kreise macht ihre diesjährigen Antrittsvisiten mit zwei grünen Inseparables auf ihrem kühngesetzten Rubenshute.“

Es ist staunenswerth, mit welcher Hartnäckigkeit diese Unsitte immer wieder auftaucht. Vor Jahren schon erließ ich in meiner Zeitschrift „Die gefiederte Welt“ einen Aufruf an die deutschen Frauen und Jungfrauen, in welchem ich darauf hinwies, daß es weder schön noch geschmackvoll sei, Vogelbälge auf dem Hut zu tragen; ich wandte mich zugleich an Herz und Ehre mit der Mahnung, daß sie es nicht zugeben sollten, wenn der Mode wegen muntere, herzige und zugleich überaus nützliche Thierchen des Lebens beraubt würden. Diese Worte fanden weithin in der Presse ein Echo, und außer allen kleinen und großen Zeitungen geißelten jene Modethorheit namentlich die Witzblätter in Wort und Bild. Julius Stettenheim in den „Berliner Wespen“, Rudolph Löwenstein im „Kladderadatsch“, Sigmund Haber im „Ulk“, R. Schmidt-Cabanis in der „Berliner Montagszeitung“ kämpften wacker gegen jene Sünde wider die Natur. Selbst Zeitschriften anderer Sprachen, wie „L’Acclimatation“ in Paris, „Land and Water“ und „The Country“ in London und viele andere stimmten ein. So schien denn der Hutschmuck mit Vogelkörpern ein- für allemal abgethan.

Wenige Jahre später schrieb Herr Aug. F. Wiener in London, daß die abscheuliche Mode, Vogelbälge als Damenschmuck zu benutzen, abermals im Anzuge sei, denn die Bälge von besonders farbenprächtigen Vögeln wie Königspirolen, Klippenhühnern, rothen Tangaren etc. seien bereits vier- bis fünffach im Preise gestiegen, und die Bestätigung giebt nun allerdings der Eingangs erwähnte Bericht. In welchem Umfange die Vögel für diesen Zweck hingemordet werden, erweist sich aus einer Mittheilung des Herrn Dr. E. Rey, nach welcher eine Leipziger Putzwaarenhandlung 32,000 Bälge von Colibris, 800,000 Bälge von Wasservögeln, 300,000 Paar Flügel von Schnepfen etc. in einer Sendung erhalten hatte. In einer Londoner Sportzeitung war eine Zuschrift aus Südamerika veröffentlicht, welche hervorhob, daß nicht allein die europäischen Damen kaltherzig und rücksichtslos genug seien, bunte Vögel lediglich für den Zweck ihres Putzes massenhaft tödten zu lassen, sondern daß diese Unsitte auch unter den Negerinnen allgemein eingerissen sei.

Der Schutz der Sing- und Schmuckvögel unserer einheimischen Fluren ist seit Jahrzehnten so wichtig erachtet worden, daß ihn nicht allein zahlreiche angesehene Männer in allen Ländern Europas erwägen und berathen, sondern auch viele hundert Vereine mit auf ihre Fahne geschrieben haben, ja daß er bereits mehrfach den deutschen Reichstag beschäftigt hat. Sollten gefühl- und einsichtsvolle Frauen denn einer solchen Angelegenheit nicht die leidige Modesucht nachstellen können? Sollten edle Frauen es wirklich wünschen oder auch nur ruhig mit ansehen, daß alljährlich tausende harmloser Vogelleben vernichtet werden, blos damit ihre Leichen als Schmuck benutzt werden können? So fragt man wohl unwillkürlich – und man findet als Antwort die traurige Thatsache, daß dieser Putz immer wieder von Neuem Mode wird.

Neuerdings beginnt auch der Thierschutz einig gegen die Erneuerung der alten Unsitte zu kämpfen. Herr J. F. C. Kühtmann in Bremen, der Begründer und Vorsitzende des „Allgemeinen deutschen Reichsbunds zum Schutz der Thiere“, legt mir als Sachverständigem eine Frage vor, welche ich hier öffentlich beantworten will. Dieselbe lautet:

„Es ist eine vielverbreitete Meinung, daß diese Modenarrheit nicht allein gar bedeutsam zur Verringerung der Vögel beitrage, sondern daß sie zugleich eine scheußliche Thierquälerei einschließe. Man lasse, so heißt es nämlich, die massenweise lebendig gefangenen Vögel Hungers sterben, weil ihr Gefieder nur dann den eigenthümlichen Glanz und Schmelz der Farben behalten soll. Wie verhält sich dies?“

Erklärlicher Weise giebt es bei der Erlegung von Schmuckvögeln in großer Anzahl arge Thierquälerei, selbst wenn dieselbe gar nicht beabsichtigt wird. Man muß sich nur die Verhältnisse vergegenwärtigen, um dies zu ermessen. Wo die Vögel schaarenweise in Netzen gefangen werden, kann man sie, selbst wenn viele Hände thätig wären, doch nur nach und nach abbalgen und zubereiten. Mit der Fütterung und Verpflegung der vorläufig am Leben bleibenden wird man sich nicht viel aufhalten. Auch ist es ja bequemer für den Balger, wenn an jedem Morgen schon so und so viele todt daliegen, anstatt daß er sie greifen und erwürgen muß. Das Letztere geschieht ziemlich buchstäblich durch Zusammenpressen der Brust vermittelst der Finger, seltener durch Einstoßen eines Federkiels in den Hinterkopf, wie bei uns die lebend gefangenen Krammetsvögel, auch Lerchen und andere getödtet werden. Das erstere Verfahren ist aber mühsam und zeitraubend, das letztere schädigt und beschmutzt leicht den Balg – deshalb zieht man es wohl vor, die Vögel verhungern zu lassen. Ein Vogelfänger, der lange Zeit in den Tropen gelebt, machte mich darauf aufmerksam, daß man die Vögel immer so rasch wie möglich tödten müsse, weil sie sonst durch Umhertoben das Gefieder nur zu leicht ruiniren. Am prächtigsten, sagt er, bleiben die Bälge vergifteter Vögel; sie bieten zugleich einen Vortheil, der im Tropenklima geradezu unschätzbar ist, den nämlich, daß die Körper sich, wenn das Gift Arsenik war, so lange vortrefflich erhalten, bis die Zeit zum Abbalgen vorhanden ist. Darum wird dieses gräuliche Gift, sei es im Trinkwasser, in darin eingeweichten Sämereien, Früchten oder sonstiger Nahrung, im umfassendsten Maße angewendet.

Sollten nach Kenntnißnahme dieser Thatsachen unsere deutschen Frauen und Mädchen noch immer nicht auf den Hutschmuck der Vogelbälge verzichten wollen?! [1]

Dr. Karl Ruß.




Im Anschluß an den Artikel über Java bedarf es an dieser Stelle noch einiger erklärender Worte als Ergänzung, um den Leser über die auf unserer Illustration, Seite 789, zusammengestellten Pflanzenformen zu verständigen. Zur Linken des Beschauers erhebt sich über jungen Cocospalmen der Wipfel einer Akazienart. Die Cocospalmen schließen zwei anders geartete Gewächse ein, den fiederblätterigen Brodfruchtbaum und rechts von ihm den Pisang, während über ihnen in der Ferne die Wipfel von Pinangpalmen ragen, dazwischen die wuchtigere Masse eines Waringinbaumes. Rechts vom Flusse folgen einander Bambus und der zierliche Bau einer größern Cocospalme, den Hintergrund füllen hier Pandanen und Pisang, während unten im Vordergrunde Farnkräuter und Gräser wuchern. Diese Andeutungen dürften genügen, das Bild zu erklären.




Berichtigung. Irrthümlich ist gelegentlich des Artikels über das Reichs-Postmuseum in Nr. 45 sowohl im Text, wie in der erklärenden Anmerkung zu dem Bilde auf S. 756 die Abbildung des Briefes von Cicero an Rufus als „Brief der Korkyräer an das Orakel zu Dodona“ bezeichnet, was wir hierdurch berichtigen.




Kleiner Briefkasten.

A. S. 25 in Rostock. Wenden Sie sich an das Nachweisungsbureau des „Vereins deutscher Lehrerinnen in England“: London, 12 Wyndham Place, Bryanston-Square!

Abonnent in Dorpat. Geben Sie Ihre Adresse an! Sollen wir denn immer und immer auf’s Neue, den anonymen Fragestellern gegenüber, diese Forderung wiederholen?

C. S. in Stettin. Befragen Sie dort eine buchhändlerische Autorität!

Rd. P. in L. Auf die Einsendung von Gedichten ist – wie auch schon oft genug gesagt wurde – die einzige Antwort: Abdruck oder Vernichtung. Letzteres war das Loos Ihres „Vergißmeinnicht!“



Verantwortlicher Redacteur: Dr. Ernst Ziel in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
  1. Wir dürfen wohl eine zweite Frage anfügen: Wie viel sind die Männer werth, welche eine solche sträfliche Thorheit in ihrer Familie dulden?
    D. Red.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1879). Leipzig: Ernst Keil, 1879, Seite 792. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1879)_792.jpg&oldid=- (Version vom 21.5.2018)