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Verschiedene: Die Gartenlaube (1879)

der Sultan von Djokjokarta halten; sonst tragen alle im Dienst der holländischen Regierung stehenden eingeborenen Soldaten holländische Uniformen, wobei sie seltsamerweise barfuß gehen.

Sowie der Kris, gehört auch der Sonnenschirm (Pajung) zu dem Costüm der Javaner. Da dieselben großen Werth auf Titel und äußere Abzeichen legen, so hat die holländische Regierung als Abzeichen für die verschiedenen Rangstufen des Adels und der Beamten in den sogenannten Fürstenländern, und auch in den anderen Residenzschaften, verschieden bemalte Pajungs vorgeschrieben. Goldene Pajungs dürfen nur der Susuhanan und der Sultan tragen.

Das Hauptnahrungsmittel der Javaner ist der Reis. Sie nehmen gewöhnlich täglich nur zwei Mahlzeiten ein, des Mittags und des Abends. Früh Morgens wird nichts gegessen, sondern nur ein Ausguß von heißem Wasser auf getrocknete Kaffeeblätter oder auf eine geringe Sorte zerstoßenen Kaffees getrunken. Gewöhnlich aber kauft sich der Javaner, wenn er zur Arbeit geht, in einem am Wege stehenden Warong (Garküche) Eßwaaren und Obst, wofür er selten mehr als zwei bis drei Cents bezahlt. Der große Warong ist das Kaffeehaus, der Verkaufsladen für Eßwaaren und die Herberge. Hier entfaltet sich fast immer ein buntes Volksleben und findet man den ganzem Tag über eine zahlreiche Gesellschaft von Javanern, die sich lachend und scherzend unterhalten, und häufig führen hier die herumziehenden javanischen Schauspieler und Tänzerinnen ihre Stücke auf. Die einfachste Form der Warongs sind zwei große Körbe, die mit einem Bambusstock über die Schultern getragen werden und Eßwaaren und Früchte enthalten. Gewöhnlich befindet sich in dem einen Korbe ein Ofen zum Kochen des Reises und Wassers. Zu dem in Dampf gekochten trockenen Reis, der mit einer aus verschiedenen Gewürzen und Cocosmilch bereiteten gelben Sauce (Kari) übergossen wird, werden kleine gesalzene Fische, mit Tamarinden gebratenes Hühnerfleisch nebst einer Menge von Zuspeisen, z. B. spanischem Pfeffer, gegessen. Als große Delikatesse gelten dicke gebratene Käferlarven und die geflügelten Termiten. Die prachtvollen Obstsorten, die während der verschiedenen Zeiten des Jahres reifen, spielen eine wichtige Rolle im Lebensunterhalte der Javaner. Die einzigen künstlichen Getränke sind Aufgüsse von Kaffeeblättern, geringen Kaffeebohnen und Ingwer, sowie der aus den zuckerhaltigen Säften der Palmen bereitete Palmwein (Tuak). Da der Koran den Javanern den Genuß geistiger Getränke verbietet, so ist das Laster der Trunksucht unter den geringen Leuten ganz unbekannt, und wenn auch die vornehmen Javaner durch ihren Umgang mit Europäern sich dem Genusse von Wein hingeben, so beobachten sie dabei doch die größte Mäßigkeit. Aber ein noch furchtbareres Laster als die Trunksucht, nämlich das Opiumrauchen, richtet viele Leute zu Grunde, und gar häufig sieht man Javaner, die diesem Laster fröhnen, fast zum Skelet abgemagert einhergehen.

Sehr interessante Gebräuche lernen wir bei den Hochzeitsfeierlichkeiten der Javaner kennen. Wie im ganzen Archipel, besteht auch auf Java die Sitte des Brautkaufs; wenn jedoch der Bräutigam kein Vermögen besitzt, so muß er bei seinem künftigen Schwiegervater längere oder kürzere Zeit in Dienst treten. In der Regel knüpfen sich zwischen den Eltern oder Verwandten schon früh über die spätere Verheiratung ihrer Kinder Verhandlungen an. Bei der Verlobung ist der Bräutigam höchstens fünfzehn und die Braut zehn Jahr alt, doch erfolgt die Verheiratung erst einige Jahre später. Als Verlobungspfand giebt der Vater des Bräutigams einen Ring, einige Kleidungsstücke und Leckereien. Einige Tage nach der Uebersendung des Verlobungspfandes erfolgt die des Kaufpreises der Braut und des Geschenkes für die Eltern der Braut. Bei wohlhabenden Javanern besteht das letztere in einem oder mehreren Büffeln, Geflügel, Reis, Früchten und kupfernen Küchengeräthschaften; bei ärmeren Leuten beschränkt es sich auf einige Früchte. Wenn die Braut das älteste oder jüngste Kind ihrer Eltern ist, so werden die Hörner des Büffels mit Gold und Silber verziert und um den Nacken des Thieres wird ein Lappen von geblümtem Seidenzeug gebunden. Gleichzeitig senden die beiderseitigen Eltern an ihre Verwandten und Freunde Geschenke von Eßwaaren und lassen Einladungen zu den bevorstehenden Hochzeitsfeiertichkeiten, die mehrere Tage dauern, ergehen. Die Gebräuche bei Hochzeiten sind im östlichen und westlichen Java verschieden.

Auch beim Namengeben der Kinder beobachten die Javaner besondere Gebräuche. Das Kind bekommt nicht den Namen der Eltern, sondern diese nehmen vielmehr den Namen des Kindes an und geben ihren frühern Namen auf. Bekommt z. B. ein Knabe den Namen Sariman, so nennt sich der Vater desselben Pak- oder Pa-Sariman, das heißt Vater von Sariman, oder die Mutter Bok-Sariman, das heißt Mutter von Sariman. Die Eltern sind von dieser Zeit an nur unter diesem Namen im Dorfe bekannt. Die Geburt weiterer Kinder bringt keine Veränderung, denn die Eltern behalten den Namen des Erstgeborenen. Nur der Tod desselben in jugendlichem Alter giebt eine Veranlassung zur Aenderung des Namens. In Mitteljava nimmt der Vater dann seinen alten Namen wieder an, während in Ostjava der Name des zweiten Kindes angenommen wird, oder der Vater behält den Namen des ersten Kindes, wenn keine Kinder mehr vorhanden sind. Oft wird auch der Name der Kinder bei Krankheiten verändert. Ferner nehmen Flüchtlinge einen anderen Namen an, um der Polizei zu entgehen oder Beamte bei Erhöhung oder Erniedrigung des Ranges.

Dieses „Karang-Anak“, das heißt das Sichnennen nach seinem Kinde, ist aber nicht bei Javanern der höheren Stände in Gebrauch. Diese legen sich gewöhnlich bei ihrer Verheirathung oder bei Annahme eines Amtes einen Namen bei, der aus zwei Kawiwörtern zusammensetzt ist. Nehmen sie später einen höheren Rang ein, so wechseln sie den Namen wieder, oder wenn sie den Rang verlieren, so gehen sie auf den Kindernamen zurück.

Unsere Kenntniß des Lebens der Javaner würde aber unvollständig sein, wenn wir nicht auch eine kurze Schilderung der Volksbelustigungen gäben.

Von allen Bewohnern des malayischen Archipels besitzen nur die Javaner ein eigenartiges Schauspiel und eigene Musik, und auch hierin ist wieder der Einfluß der Hindu ganz unverkennbar. Bei den theatralischen Aufführungen, den Wajangs, treten anstatt Personen nur mißgestaltete Puppen auf, wobel der Vorzeiger die javanischen Heldensagen recitirt. Es giebt verschiedene Arten von Wajangs, die nicht nur in den Formen der Puppen, sondern auch in ihrer ganzen Anlage und musikalischen Begleitung sich unterscheiden. Das Wort Wajang bedeutet Schatten, in Bezug auf die Puppen, deren Schatten sich auf erleuchteten Schirmen zeigt. Die Vorstellungen finden gewöhnlich in der Veranda oder unter einer besonderen Halle statt und dauern die ganze Nacht hindurch. Auf ein gegebenes Zeichen wird der Recitator von der Musik der Gamelang unterbrochen; er selbst muß zuweilen singen. Da die Wajangspieler gewöhnlich weder lesen noch schreiben können, so müssen sie die Sagenstoffe von anderen erlernen; sie erhalten für ihre Vorstellungen gewöhnlich keine Belohnungen, sondern außer der Verköstigung müssen die Bewohner des Dorfes für sie die Frohndienste verrichten und die Steuern zahlen. Die Wajangspieler in den größeren Städten können meist lesen und schreiben und die in den Stücken vorkommenden Kawiwörter erklären.

Eine andere Art dieser theatralischen Aufführungen sind die Topeng-Vorstellungen, bei welchen anstatt der Puppen Menschen handelnd auftreten. Das Wort Topeng bedeutet Maske. Man unterscheidet zwei Arten von Topeng-Vorstellungen. Die eine derselben, der Topeng dalang, wird immer nur in der Veranda des Hauses gegeben, und dabei recitirt der Leiter die javanische Geschichte, die Vorstellungen bei dem Topeng barangan oder babakan geben reisende Künstler an den Straßen oder in den Warongs. Bei der ersten Art der Topeng-Vorstellungen werden die Masken aus leichtem und feinem Holze geschnitten und sorgfältig bemalt. Die Augen sind schwarz, groß und rund, mit gebogenen Augenbrauen, dile Nasen sehr groß und von allerlei sonderbaren Formen; die Zähne nach dem javanischen Geschmack geschliffen und gefärbt. Die Hauptdarsteller sind auf verschiedene Weise aufgeputzt. Die Frauen tragen um den Hals eine Schärpe von Kattun oder Seide.

Die Topeng-Vorstellungen in Batavia sind aber meist nur Possenspiele, und bei denselben werden häufig Chinesen, Priester oder sogar holländische Polizisten persiflirt.

Keine Wajang- oder Topeng-Vorstellung oder irgend welche Festlichkeit ist für den Javaner ohne Musikbegleitung denkbar. Das große javanische Orchester trägt allgemein den Namen Gamelang und besteht aus verschiedenen Saiten-, Blas- und Schlaginstrumenten, deren Zusammenstellung je nach dem Charakter der Festlichkelt verschieden ist; die wichtigsten Instrumente sind mehrere große Metallbecken, welche in verschiedener Größe entweder an einem Gestell hängen und durch einen hölzernen, mit Zeug umwickelten Klöppel

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1879). Leipzig: Ernst Keil, 1879, Seite 867. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1879)_867.jpg&oldid=- (Version vom 21.5.2018)