Seite:Die Gartenlaube (1879) 868.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1879)

angeschlagen werden, oder horizontal liegen. Ein vollständiges Gamelang-Orchester fordert ungefähr vierundzwanzig Spieler, die mit ihren Instrumenten am Boden sitzen und ohne Noten spielen.

Sowie wir im häuslichen Leben der Javaner überall den Einfluß fremder Völker erkennen, so hat sich auch das sociale Leben in Folge der langen Berührung mit den Hindu und seit der Annahme des Islam vielfach verändert. Die früheren gesellschaftlichen Einrichtungen haben die Holländer, die gegenwärtig im Besitz von ganz Java sind, so weit es die Umstände erlauben, unangetastet gelassen, und die Javaner stehen auch jetzt noch unter der Leitung ihrer eigenen, von Seiten der Regierung angestellten oder anerkannten Fürsten, die schon von Alters her eine Lehnsherrschaft ausübten.

Ganz Java, mit Ausnahme der sogenannten Fürstenländer Surakarta und Djokjokarta, ist in Residenzschaften eingetheilt, in welchen ein europäischer Beamter unter dem Namen Resident die oberste Behörde ist; ihm stehen wieder einige Assistent-Residenten und Controlleurs zur Seite, deren Zahl von der Anzahl der Districte, in welche die Residenzschaft zerfällt, abhängt. Damit aber die Befehle der europäischen Beamten sicherer dem gemeinen Manne mitgetheilt werden können, ist in jedem der Districte ein adeliger Javaner, der den Titel Regent führt, von Seiten der holländischen Regierung angestellt, der alle Befehle des an seinem Platze wohnenden holländischen Beamten empfängt und durch javanische Unterbeamte der Bevölkerung bekannt machen läßt. Die Zahl dieser Regenten auf Java beträgt etwa sechszig, die nach der Größe ihrer Districte ein monatliches Gehalt von 400 bis 1200 Gulden beziehen und überdies noch große sonstige Einkünfte haben.

Der Regent ist eine sehr wichtige Person und übt den größten Einfluß auf die niederen Volksclassen aus. In den Augen der Javaner sind diese Vorsteher Fürsten, aber in Wirklichkeit sind sie von der holländischen Regierung angestellt, besoldet und gänzlich abhängig, werden wie holländische Beamte betrachtet und können daher versetzt und pensionirt werden. Im Allgemeinen wählt man als Regenten die directen Nachkommen der früheren Fürsten, aber das Amt ist keineswegs erblich; nur durch Eifer, Gewissenhaftigkeit und Kenntnisse sich auszeichnende Personen werden damit betraut, und es können daher sogar Javaner von niedrigerer Abkunft zu einer solchen Stellung gelangen. Viele der Regenten sind wohlgestaltete Leute und zeichnen sich durch Intelligenz und Bildung vor dem gemeinen Javaner aus. Gegen Europäer sind sie kriechend höflich, gegen ihre eigenen Landsleute aber hochtrabend und herrschsüchtig; dieselben dürfen ihnen nur in gebückter Haltung oder am Boden kriechend nahen, und diese Unterwürfigkeit verlangt der Regent sogar von seinen eigenen Kindern und nächsten Verwandten.

In seiner Lebensweise hält der Regent die Mitte zwischen derjenigen der Europäer und der seiner Landsgenossen. Er bewohnt ein großes steinernes Haus, vor dem ein mit Waringi-Bäumen beschatteter Platz liegt, wo die Javaner, mit über einander geschlagenen Beinen am Boden sitzend, auf seine Befehle harren. Sein Haus nebst den Wohnungen seiner zahlreichen Dienerschaft und den Pferdeställen liegt in einem von Mauern umgebenen Garten. Die Wohnräume, und besonders die Veranda, auf der er sich Tags über aufhält und Audienz ertheilt oder Gäste empfängt, sind theils mit javanischen, theils mit europäischen Möbeln sehr geschmacklos ausgestattet. An den Wänden der Pandoppo hängen zahlreiche Gemälde und kostbare Waffen, und von der Decke große Ampeln. Da die Regenten glauben, daß sie Alles aufbieten müßten, um ihren Untergebenen gegenüber standesgemäß aufzutreten, so scheuen sie auch keine Kosten sich schöne Wagen, Pferde, kostbare Waffen aller Art anzuschaffen. Doch sehr oft übersteigt die Kauflust die verfügbaren Geldmittel, und die Folge ist eine große Schuldenlast, welche sehr häufig von der holländischen Regierung übernommen wird, um nicht das Ansehen der Regenten beim niederen Volke zu schmälern.

In ihrer Kleidung huldigen sie einem sonderbaren Geschmack, indem sie sich zum Theil auf europäische, zum Theil auf javanische Weise kleiden. Außer der mit breiten Goldborden versehenen kurzen Jacke und den nach europäischem Schnitt gemachten und ebenfalls mit goldenen Galons verzierten Hosen nebst europäischen Schuhen tragen sie Kopftuch und Sarong vom feinsten Stoff, und in der Rückseite des Gürtels steckt ein Kris, dessen Scheide und Griff reich vergoldet oder sogar mit Diamanten eingelegt sind. Sie fahren gewöhnlich in einem mit vier schönen und schnellen Pferden bespannten Wagen, vor und hinter welchem zahlreiche uniformirte Diener reiten. Sobald der große Sonnenschirm mit seinem vergoldeten Knopf irgendwo sichtbar wird, müssen sich alle auf dem Wege gehenden Javaner zu Boden werfen und die Reiter von ihren Pferden steigen und so lange am Boden liegen bleiben, bis der Regent vorbeigefahren ist.

Uebrigens sind sie, wie bemerkt, im Allgemeinen gebildete Leute, welche lesen und schreiben können und außer der holländischen Sprache oft noch Französisch und Englisch verstehen. Für die Erziehung ihrer Kinder sorgt schon seit vielen Jahren die holländische Regierung; dieselbe schickt besonders intelligente darunter sogar zur Ausbildung nach Holland. Der große Nutzen und die politische Tragweite dieser Maximen treten unverkennbar hervor; denn nur durch tüchtige und der Regierung treu ergebene Regenten kann die Herrschaft der Holländer auf Java erhalten und befestigt werden, und nur durch eine so ausgezeichnete Verwaltung, wie sie die Holländer auf Java eingeführt haben, war es möglich, die Bevölkerung zur Arbeit zu erziehen und die von der Natur so reich ausgestattete Insel in ein blühendes Culturland umzuwandeln.




Dämonen.

Von E. Werber.

(Schluß.)

Am späten Abend war ich bei Suhra. Sie saß in einem kleinen Gemache, welches ganz mit rosenrother Seide behangen war. Goldgestickte Pantöffelchen bekleideten ihre Füße, die, über einander gelegt, auf einem seidenen Kissen ruhten. Ich hatte ihr mein junges Leben geschildert, meine Kindheit, meine Jünglingsjahre mit den furchtbaren Seelenleiden, auch die Wirkung ihres Bildes. Alles hatte ich ihr erzählt, nur von Theresa hatte ich nicht gesprochen. An jenes heilige Wesen, das vielleicht in derselben Stunde mit hoher Liebe meiner gedachte, wagte ich nicht zu rühren. Als ich meine Erzählung geschlossen hatte, bat ich:

„Und nun, Suhra, sagen Sie mir, was soll aus mir werden?“

„Maurus – ich kann die Deine nicht werden, Du hast eine Braut.“

Das Wort durchzuckte mich. „Jenes Wesen verehre ich zu sehr, als daß ich es länger täuschen dürfte,“ erwiderte ich. „Ich liebe Theresa nicht, ich liebe Dich!“

„Du willst sie mir opfern?“

„Suhra, Du hast grausame Worte! Kann ich dafür, daß Du mein ganzes Wesen entzündet hast? Kann ich dafür, daß ich das Schöne vom Häßlichen unterscheide? Kann ich dafür, daß ich zu lieben glaubte, ehe ich Dich sah? Verlangst Du von mir, daß ich mich der Philosophie zuschwöre, wenn das Glück mit goldenem Hammer an meine Thür klopft? Verlangst Du, daß ich mich von Dir wende, nachdem Du gesagt: ‚In der Wüste will ich wohnen’?“

Ich lag zu ihren Füßen, ergriff ihre weißen Hände und vergrub mein Gesicht darin.

„Maurus!“ sagte sie weich, und da ich aufblickte, lag eine Verführung in ihrem Auge, über der ich erschrak. Es war mir einen Augenblick, als befände ich mich nicht auf der Erde und nicht einem menschlichen Wesen gegenüber. Es schwindelte mir und ich rief:

„Suhra, mit diesem Blicke könntest Du einen Menschen in den Tod und in die Verdammniß reißen! Wer bist Du?“

Sie legte ihre Hände, die nach Rosen dufteten, mir auf die Augen und sagte: „Frage nicht so ungestüm!“

Da fragte ich noch einmal fester: „Suhra, wer bist Du?“

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1879). Leipzig: Ernst Keil, 1879, Seite 868. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1879)_868.jpg&oldid=- (Version vom 21.5.2018)