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Verschiedene: Die Gartenlaube (1880)


umgeben hatte. Viele dieser letzteren waren schon gleich nach seiner Thronbesteigung von ihm weggeräumt worden, und dieses Loos bedrohte auch die Akademie der Wissenschaften, nachdem Leibniz, ihr erster Präsident, am 14. November 1716 die Augen geschlossen hatte.

Ihr Fortbestehen verdankte sie allein dem Generalchirurgus Holzendorf, dessen Urtheil bei dem Könige von Gewicht war. Auf die Erklärung desselben, daß die Akademie für die Bildung brauchbarer Militärärzte nützlich sei, sah der König davon ab, diese aufzuheben, und beschränkte sich darauf, aus einem Theile der ihr zugewiesenen Gelder, im Jahre 1717, die mit ihr verbundene sogenannte „Anatomiekammer“ zu stiften. Die Akademie bestand daher weiter und setzte auch die Herausgabe ihrer schon erwähnten, unter dem Namen „Miscellanea Berolinensia“ alljährlich erscheinenden Gedenkschriften fort. Wie sehr der König das Institut nach wie vor verachtete, und wie er keine Gelegenheit vorübergehen ließ, mit ihm und seinen Mitgliedern Spott und Hohn zu treiben, geht schon aus der Weise hervor, wie er die während seiner Regierung zweimal erledigte Stelle des Präsidenten dieser gelehrten Gesellschaft neu besetzte.

Die Douglas-Tanne.
Zeichnung von H. Heubner.

Nach dem Tode von Leibniz war der Staatsminister Baron von Printzen zum Ehrenpräsidenten der Akademie ernannt worden. Wirklicher Präsident aber wurde Jakob Paul Gundling. Wenige Mittheilungen über diesen sonderbaren und, wenn man will, merkwürdigen Mann genügen, um darzuthun. wie tief die Akademie durch die Ernennung Gundlings zum Nachfolger von Leibniz in ihrer Würde gekränkt wurde.

Gundling, ein jüngerer Bruder des bekannten Halleschen Juristen und Philosophen Nikolaus Hieronymus Gundling, wurde am 19. August 1673 zu Hersbruck geboren, studirte zu Altdorf, Helmstädt und Jena, machte hierauf eine Reise durch Holland und England und erhielt 1705 eine Anstellung als Lehrer der Geschichte und anderer Wissenschaften an der Ritter-Akademie zu Berlin. Auch er hatte, gleich seinem Bruder Nikolaus Hieronymus, gründliche Studien, namentlich historische, gemacht und war ebenfalls Verfasser einer Anzahl von Schriften, die für weniger reich an Geist als an Gelehrsamkeit gehalten wurden.

Als Friedrich Wilhelm, nicht lange nach seiner Thronbesteigung, das Bedürfniß fühlte, Jemanden in seiner Nähe zu haben, der ihm aus den Zeitungen referiren, wie auch ihn gelegentlich über historische, politische und statistische Verhältnisse informiren könne, schlug der General von Grumbkow hierfür Gundling vor. Derselbe nahm diese Stelle an, hätte aber unendlich viel weiser gethan, sie abzulehnen, da er hierdurch in Verhältnisse und Umgangskreise gerieth, für die er weder körperlich noch geistig im mindesten angelegt war.

Auf seiner äußeren Erscheinung, wie auf seinem ganzen Wesen lag nämlich der Stempel des Komischen in dem Maße ausgeprägt, daß er der Umgebung des Königs, welche fast ausschließlich aus Officieren höheren und niederen Ranges bestand, mehr oder weniger lächerlich erscheinen mußte. Seine Figur war lang, mager und eckig; sein unschön geformtes Gesicht hatte, wenn er heiter war oder lachte, den Ausdruck eines Weinenden, reizte aber, so oft er sich erzürnte oder verdrießlich war, unwiderstehlich zum Lachen. Bei seinem gespreizten Gange mit vornübergebeugtem Haupte, erschien er in allen Bewegungen steif und ungelenk. Seine Stimme klang hölzern; seine Sprechweise war pedantisch und schwerfällig. Hierzu kamen Eitelkeit und Selbstüberschätzung mit Bezug auf sein Wissen und seine Bedeutung als Gelehrter.

Diese Beschreibung haben Zeitgenossen, welche Gundling persönlich kannten, von seinem Auftreten und seiner äußeren Erscheinung hinterlassen.

Wie wunderbar dem Könige das Aussehen und ganze Wesen seines neuen Zeitungsreferenten zuerst auch vorkommen mochte, zumal wenn er ihn mit den stattlichen, kräftigen und wohlgewachsenen Officieren seiner Umgebung verglich, deren Haltung gerade zu jener Zeit im höchsten Maße jene specifische „Strammheit“ zeigte, welche den preußischen Officier immer von dem jeder anderen europäischen Armee unterschieden hat und noch jetzt unterscheidet, so hatte Gundling doch, vielleicht eben dieses Contrastes wegen, in der ersten Zeit ihres Zusammenlebens etwas eigenthümlich Anziehendes für ihn. Er schenkte ihm sein Wohlwollen, ernannte ihn zum Hofrath, später zum Geheimen Kriegsrath, zum wirklichen Geheimrath, zum Präsidenten der Akademie der Wissenschaften, wie schon bemerkt wurde, und sogar zum Freiherrn.

Freilich war mit diesen Rangerhöhungen nicht zugleich auch eine verhältnißmäßige Vermehrung seines Einkommens verbunden, da der König hinsichtlich der Gehälter seiner Beamten sich immer viel sparsamer zeigte, als bei der Verleihung von bloßen Titeln und titulären Würden. Er selbst schätzte diese letzteren am geringsten, verstand aber sie gut zu verwerthen, indem er die Liebhaber

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1880). Leipzig: Ernst Keil, 1880, Seite 17. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1880)_017.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)