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verschiedene: Die Gartenlaube (1880)


lusitanischer Abkunft sind, können sie keine ihrer altgermanischen Tüchtigkeit entsprechende Stellung in Brasilien einnehmen. Von außen kann die Hülfe nicht kommen. Eine Gefahr des Verlustes ihrer germanischen Eigenart, ein Aufgehen im fremden Elemente, wie es unter den Deutschen in anglosächsischen Ländern zu Tage tritt, ist bei der großen Verschiedenheit des lusitanischen und germanischen Volkscharakters nicht zu befürchten, im Gegentheil, die Deutschen werden – wie Silveira Martins dies auch in einer seiner Reden in Porto Alegre deutlich aussprach – befruchtend auf das Geistesleben des jetzt in Brasilien herrschenden Elementes einwirken und demselben im Kampfe um die höchsten Güter der Menschheit voranschreiten, und auf diesem Wege werden sie der Liebe und der Sympathien ihres deutschen Stammlandes stets theilhaftig sein.

Obgleich sich die deutschen Colonisten oben im Gebirge in großen Schaaren auf den Weg gemacht hatten, um Silveira Martins in Porto Alegre ihre Huldigungen darzubringen, waren doch mehrere von Deutschen bewohnte Städte und Ortschaften nicht vertreten – sie wollten den großen Bürger in ihren eigenen Mauern empfangen und hatten zu diesem Zwecke gleich Porto Alegre ein glänzendes Festgewand angethan.

So gestaltete sich die Reise des Volkstribunen zu einem wahren Triumphzuge, den natürlich die nativistische und jesuitische Presse auf alle Weise lächerlich und sogar verdächtig zu machen sucht, der aber für die Zukunft der Deutschen in Südbrasilien von hoher Bedeutung werden wird, denn er hat den brasilianischen Staatsmännern gezeigt, daß es durchaus nicht in der Absicht der Deutschen und Deutsch-Brasilianer liegt, einen Staat im Staate bilden zu wollen und dadurch die allgemeine Ordnung zu gefährden, sondern daß sie sich voll und ganz an ihr schönes Vaterland anschließen werden, sobald man ihnen nur Gerechtigkeit widerfahren läßt.

Alfred Waeldler.




Blätter und Blüthen.


„Halt!“ (Mit Abbildung S. 69.) Wann wird dieser Commandoruf der vorwärtsstrebenden Zeit auch da erschallen, wo es am nöthigsten ist? Wie viele Jahre kämpfen schon die erleuchteten Männer, denen das wahre Wohl des Volkes am Herzen liegt, gegen Erbschaften der Vergangenheit, die in unseren Tagen kein Existenzrecht mehr haben! Es ist durch das öffentliche Wort in der Presse wie in Versammlungen mit Zahlen dargethan, wie viel dem Volkswohlstand durch die übermäßig vielen Feiertage geschadet wird, wie die Landwirthschaft darunter leidet, wie der kleine Handwerker dadurch zurückkommt. Man hat Vergleiche angestellt zwischen Landstrichen mit diesem Hemmschuh der Boden- und Lebenscultur, und solchen ohne denselben; der Erfolg hat mit deutlichen Zahlen gesprochen. Man hat sogar auf der einen Seite vorherrschend Reinlichkeit, Ordnung und Wohlstand und auf der andern das Gegentheil gefunden, namentlich wo, wie in manchen stark confessionell gemischten Bevölkerungen, das Nebeneinander solcher verschiedener Orte den Vergleich erleichterte. Mit nicht geringerem Eifer sind die Gefahren und offenbaren Nachtheile der Wallfahrten, besonders der weiten und massenhaften, für Wohlstand und Sittlichkeit erörtert worden. Aber wohin sind alle diese Belehrungen und Ermahnungen geflogen? Das Uebel ist nicht geringer, ja hier und da sogar ärger geworden, je nachdem der Bildungsgrad, der Wille und der Einfluß der Geistlichkeit sich zu der Bewegung stellt, die man heutzutage „Culturkampf“ nennt.

Der Verfasser sah noch im vorigen Jahre eine solche Wallfahrt, an deren Spitze sechs Mädchen von zehn bis zwölf Jahren auf einem Stangengerüstchen eine buntgeputzte Marien-Statuette trugen. Sechs Stunden weit mußten die armen Kinder in Hitze und Staub ihre Last tragen, und warum? Die kleine Madonna macht alljährlich auf diese Weise die Reise zu der großen wunderthätigen Madonna eines Klosters, um von dieser die Kraft zu erlangen, nach ihrer Heimkehr ebenfalls die Wunder verrichten zu können, die der Gläubige von ihr mit Recht glaubt fordern zu können. Am andern Tage kehrten die Kinder vom langen Wege sichtlich sehr angegriffen, zurück mit ihrer Madonnen-Puppe, die ihre frische Wunderkraft doch vor Allem den sechs Mädchen hätte zu Gute kommen lassen sollen, aber davon war nichts zu spüren. Tiefe Trauer und Erbitterung regt sich im Herzen bei einem solchen Anblicke in unserer so furchtbar ernsten Zeit. Gegenwart und Mittelalter noch immer neben einander – ja, nicht selten Arm in Arm! Und doch muß dem Vorwärts der Zeit der Sieg werden – und nachdrücklicher, als es dem „Halt!“ auf unserem Bilde gelingt. Denn hat das Dampfroß „Chronos“ auch dieses Commando dem Stücke Mittelalter der Gegenwart, das vor der Schranke harrt, mit augenblicklichem Erfolge zugerufen – die Männer der Kutte wissen, daß „die Zeit“ vorübergeht und die Schranke wieder fällt – und der „Bittgang“ erreicht doch sein Ziel. Uns bleibt keine Genugthuung, als die, die fromme Gesellschaft zu mustern und die Ueberzeugung zu gewinnen, daß von allen unseren Lesern sich kein Einziger ihr anschließen wird.




Noch einmal die „Douglas-Tanne“. In unserer Nr. 1 dieses Jahrganges theilten wir Einiges über die Douglas-Tanne mit; es wird unsere Leser interessiren zu erfahren, daß von diesem Baume bereits eine beträchtliche Zahl von Exemplaren in Deutschland wächst.

Das älteste derselben steht in dem Garten des Herrn John Booth zu Klein-Flottbeck bei Altona und ist einen Meter über der Erde 54 Centimeter stark, bei einer Höhe von circa 22 Meter. Der Baum wurde 1831 als zweijähriger Sämling gepflanzt, ist also jetzt 50 Jahre alt. Ein ähnlich großes Exemplar steht zu Jägerhof bei Stralsund, kleinere, circa 15 Jahre alte Exemplare finden sich im botanischen Garten zu Marburg und in einem Privatgarten bei Schmiedeberg im Riesengebirge. Jüngere Bäume, jedoch untermischt mit einigen von gleichem Alter, gedeihen in größeren Pflanzungen zu Iserbrock bei Altona und zu Oslebshausen bei Bremen.

Herr John Booth ist der Erste gewesen, der mit besonderer Wärme die Douglas-Fichte, wie dieselbe richtiger genannt wird, für Deutschland als Forstbaum empfahl; ferner scheint man sich am Harz und im Riesengebirge lebhaft für die Cultur dieses Nadelholzes zu interessiren, denn der Corvettencapitain z. D. von Saint-Paul zu Fischbach, Kreis Hirschberg, ein als Adjutant des Prinzen Admiral Adalbert vielgereister und erfahrener Seemann, läßt seit mehreren Jahren den Samen dieses Baumes in Oregon und am Columbiastrom sammeln und importirt denselben bei uns.

Im vorigen Jahre z. B. wurden durch diesen Herrn über hundert Pfund Samen beschafft und im ganzen Lande an etwa die gleiche Zahl Forstbesitzer und andere Interessenten abgegeben. Viele Hunderttausende von jungen Douglas-Fichten harren, aus dieser Saat stammend, unter der schützenden Decke unseres heimathlichen Schnees der Frühjahrssonne, um sich zu neuem Wachsthum wecken zu lassen. Auch in diesem Jahre hat Herr von Saint-Paul, wie wir hören, wieder größere Quantitäten Samen, besonders für den Märkischen Forstverein, sammeln lassen, auf dessen Veranlassung ausgedehnte systematische Anbau-Versuche gemacht werden. Uebrigens ist der Samen nicht so theuer, wie wir neulich mittheilten, sondern kostet nur etwa vierzig Mark das Pfund; an den Märkischen Forstverein überläßt Herr von Saint-Paul den Samen sogar für siebenzig Mark das Kilogramm.

Wir können nur wünschen, daß bei dem lebhaften Interesse, welches jetzt überall der Aufforstung zugewendet wird, dieser raschwüchsige Nutzholzbaum reichlich Verwendung finde.




Für die „Friederiken-Ruhe“ in Sesenheim sind bisher eingegangen: A. Grün, Ertrag einer vor zwanzig Jahren gehaltenen Vorlesung, einschließlich der Zinsen, M. 846; von Möller, früherer Oberpräsident von Elsaß-Lothringen, M. 20; Buchhändler Groß in Heidelberg M. 4; E. M. M. 500; Regierungsrath Ernst in Straßburg M. 5; Regierungsrath Menzel in Colmar M. 5; Professor Dr. Goltz in Straßburg M. 10; Prof. Dr. Regel in Gotha M. 5; Freiherr Dr. v. Oberländer in Straßburg M. 3; Postrath Goldschmidt in Straßburg M. 3; Fräulein Goltz in Straßburg M. 1; Ministerialrath Dursy in Straßburg M. 20; Fr. Geßler in Lahr M. 10; Dr. Kröll in Straßburg M. 20; Banquier Schwarzmann in Straßburg M. 20; Bankdirector Stage in Straßburg M. 10; Kammerpräsident Petersen in Straßburg M. 10; Director Dr. Fischer in Straßburg M. 3; Dr. Henneberg in Gotha M. 5; Justizrath Harseim in Straßburg M. 10; Frau Frölich in Zweibrücken M. 5; Bankdirector Heller in Leipzig M. 5; Oberpostdirector Zschüschner in Straßburg M. 3; Geheimrath Simon in Königsberg M. 10; Frau Stadtrath Simon in Königsberg M. 10; Dr. jur. Simon in Königsberg M. 10; Frau Witte in Berlin M. 5; Franz Simon in Paris M. 16; Rosenberg in Paris M. 16; A. Kohn in Paris M. 1.80; Reichsgerichtspräsident Dr. Simson in Leipzig M. 10; Justizrath Buß in Niederbronn M. 3; Buchhändler Trübner in Straßburg M. 10; Oberlehrer Köhler in Straßburg M. 3; Oberlehrer Zimmermann in Straßburg M. 3; Oberlehrer Merz in Straßburg M. 3; Dr. Landgraf in Heidelberg M. 20; durch Major von Unger von dem literarischen Verein der XIV in Dresden M. 10; Familie Wedekind in Aslar M. 3; ein Goethe-Verehrer in Bonn M. 5; Ferd. Wittich in Darmstadt M. 10; durch Regierungsrath Menzel in Colmar von Lehrern und Schülern der Seminarien und Präparandenschulen M. 27.50; Dr. A. Martin in Berlin M. 2; Dr. E. Martin in Freiburg M. 1; durch Dr. K. Martin und Dr. Holtzmann aus Jena M. 20; Frau Bucherer in Freiburg M. 3; Dr. R. in Straßburg M. 3; Dr. Wagner in Berlin M. 2; Dr. Wegscheider in Berlin M. 1; Dr. Ewald in Berlin M. 1; Dr. Ries in Straßburg M. 3; Student Schlenther in Heidelberg M. 3; Student Benkiser in Heidelberg M. 2; Student Brom in Heidelberg M. 1; Student Ehrismann in Heidelberg M. 2; Student Jolly in Heidelberg M. 2; Student Lanz in Heidelberg M. 1; Dr. Leß in Heidelberg M. 2; Student Müller in Heidelberg M. 1; Student zu Putlitz in Heidelberg M. 1; Professor H. G. in Berlin M. 20; Professor W. Sch. in Berlin M. 20; Max Schnug in Straßburg M. 3; Fräulein Rausch in Straßburg M. 10; Th. W. (?) M. 5; Dr. Pfeiffer in Kassel M. 20; Schulrath Harms in Hamburg M. 20; Hauptmann Meinardus in Straßburg M. 15; Student Kemlein in Straßburg M. 1; Student Düfert in Straßburg M. 1; Notar Bär (?) M. 6; Pfarrer Lucius in Sesenheim M. 3; Oberlehrer Dr. Schädel in Straßburg M. 1. Summa: M. 1875.30.




Kleiner Briefkasten.

C. B. in H. Das „sonst“ in unserem Artikel soll Sie nicht beirren; Sie können die erwähnten Röhren noch heute von der Firma Geißler in Bonn (oder vielmehr „Dr. H. Geißler’s Nachfolger, Franz Müller“) beziehen. Zu den Crookes’schen Versuchen sind nicht gerade Diamanten und Rubinen nöthig; die erwähnte Firma wird Ihnen andere leuchtende Mineralien liefern können, welche weit weniger kostspielig sind.

Ch. D. in Gr.-B. Eine Abbildung der nun glücklich vollendeten Eisenbahn vom Fuß des Aschenkegels bis zum Krater des Vesuvs finden Sie in Nr. 32 des Jahrgangs 1874 der „Gartenlaube“.

Ein Abonnent in Sassendorf. Vor W. B. in B. warnen wir Sie.



Verantwortlicher Redacteur Dr. Ernst Ziel in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
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verschiedene: Die Gartenlaube (1880). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1880, Seite 072. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1880)_072.jpg&oldid=- (Version vom 3.7.2023)