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Verschiedene: Die Gartenlaube (1880)


Der Teufel im Kreuztopp, ein Seitenstück zum „Teufel im Großtopp“ (vergl. Jahrg. 1878, Nr. 27). „Wir waren auf der Reise von Honolulu nach Bremen und befanden uns etwa einen Grad nördlich des Aequators, wo wir in Windstille mit Regen und veränderlichen Winden einige Tage herumtrieben. Der Capitain hatte am Vormittage in seiner Kajüte geschrieben; die Thüren standen weit offen, und das Schiff ging nur träge, von flauem Winde getrieben, durch's Wasser.

Unter anderen Curiositäten hatten wir auch einen Affen an Bord, welcher durch ein Seitenfenster den Capitain beim Schreiben beobachtet hatte. Als nun dieser auf einige Minuten die Kajüte verläßt, um einmal auf Deck zu gehen, springt der Affe in die Kajüte, taucht seine Pfote in das große geschliffene Tintenfaß und bemalt, indem er stets wieder frisch eintunkt, nicht allein die Schreiberei des Capitains, sondern auch die weißlackirten Wände der Kajüte; es sah abscheulich aus. Als der Capitain nach einiger Zeit in die Kajüte tritt, sieht er die Bescheerung. Der Missethäter springt durch die Hinterthür auf Deck, der Capitain mit einem Stocke ihm nach; gerade wie das Thier auf dem Railing ist, um sich in den Kreuztopp zu flüchten, schlägt jener zu. Der Affe fällt über Bord und versinkt sogleich vor Aller Augen in's Meer. Wir suchen Längsseit von vorn nach hinten, um eine Spur von ihm zu entdecken – vergebens; der Affe ist fort, 'versoopen', wie wir Alle sagten.

Es war zwei Tage später, gerade acht Uhr Abends; der Himmel war mit dicken Wolken überzogen, und die leichten Segel wurden eingenommen. In den Kreuztopp wurden zwei Mann geschickt, um das Oberbramsegel festzumachen, voran ein Irländer, der ziemlich gut und oft sehr drollig Plattdeutsch sprach. Wie er unter den Mars kommt, fliegt ihm ein Knäuel Kabelgarn an den Kopf, worauf ein schwerer Marlpfeim bei ihm vorbeisaust und mit großem Gepolter auf Deck dicht vor den Füßen des Steuermanns hinfällt. Dieser schimpft auf die Beiden im Kreuztopp, indem er denkt, es hat einer von ihnen den Marlpfeim fallen lassen, jedoch in demselben Augenblicke kommt eine schwere Klopfkeule auf Deck geflogen, der Irländer und sein Camerad hinterdrein; sie hatten nicht soviel Zeit, die Strickleiter hinunter zu gehen, sondern hatten sich am Backstag auf Deck gelassen. Der Steuermann schimpft und will sie wieder hinaufjagen, doch der Irländer sagt mit vor Angst bebender Stimme: 'No, Sir, Se känen mi dotschlaan, ick ga nich rup; de Düwel is in'n Krütztopp.' Mittlerweile hatten wir Anderen eine Gruppe gebildet, und die Beiden wurden verlacht; zwei beherzte holsteiner Jungen wollten hinaufgehen, um das Segel festzumachen. Sie haben kaum den Mars erreicht, da regnet es förmlich Knäuel Schiemansgarn, Bekleidungs- und Klopfkeulen, Rollen von Platting und Schmarting, zuletzt eine Wurst; dann hört es auf und ein heftiger Krach im Mars beschließt diese Vorstellung.

Die beiden Holsteiner sind schon wieder bis auf den Railing retirirt; wir stehen alle mit offenen Mäulern. Inzwischen war auch der Capitain auf Deck gekommen und hatte die Teufelswirthschaft vernommen. Er geht darauf in die Kajüte, kommt mit einem Blaufeuer auf Deck und beleuchtet den Kreuztopp gerade in dem Augenblicke, wie der Knall geschieht. Aller Augen folgen der Beleuchtung, und siehe da, unser Affe springt die Stengwandten hinan. Wir alle lachten, und Manchem fiel ein Stein vom Herzen. Jetzt gingen zwei Mann hinauf und machten das Segel bei bengalischer Beleuchtung fest, ohne jedoch des Affen habhaft zu werden, der das Stengstag hinunter in den Großtopp ging; wir ließen ihn ruhig laufen. Jeder zerbrach sich aber den Kopf darüber, wie der Affe nach zwei Tagen in den Kreuztopp gekommen war.

Darüber sollte uns der Steward Auskunft geben, nachdem er am andern Morgen die Wurst als eine aus seiner Fleischkammer gestohlene erkannte.

Der Affe war, als er über Bord fiel, wirklich untergetaucht, jedoch durch den Sog (Strudel oder Wirbel, den das Schiff beim Segeln erzeugt) dicht am Schiffe festgehalten und hinten unter der Gellung des Hecks wieder aufgekommen, was wir von Deck natürlich nicht bemerken konnten; darauf hatte er sich wohl an den Ketten, die am Steuerruder befestigt sind, angeklammert und war so auf das Ruder und durch den Rudertrichter an Deck gekommen. Ueber dem Ruder war ein sogenanntes Ruderhaus und in demselben, gerade über dem offenen Rudertrichter eine Abtheilung, worin der Steward, weil es da stets kühl war, leicht in der Hitze verderbende Sachen, unter Anderem auch einige Mettwürste, aufbewahrte. Eine Thür mit einem kleinen Fenster ging nach hinten hinaus, und durch dieses Fenster, das er einschlug, war der Affe wahrscheinlich mit der gestohlenen Wurst in der Dunkelheit auf Deck entschlüpft. Hierauf hatte er aus dem Wasserfaß getrunken, was er überhaupt öfter that, wenn er Durst hatte, denn die Wasserpumpe fanden wir am andern Morgen auf dem Quarterdeck, wo er in den Kreuztopp gestiegen sein mußte. Im Topp stand eine Schiemanskiste, in welcher einige Marlpfeime, Bekleidungs- und Klopfkeulen, sowie Knäuel mit Kabel- und Schiemansgarn zum etwaigen Gebrauch stets vorräthig waren, und in dieser Kiste hatte sich der Affe häuslich niedergelassen. Aus seiner Ruhe gestört, warf er alles in der Kiste Befindliche den Heraufkommenden entgegen, zuletzt auch die Wurst, schlug den Deckel der Kiste mit furchtbarer Gewalt zu, als er sah, daß er keine Munition mehr hatte, und floh weiter. Nach drei Tagen erst wurden wir seiner habhaft; halb verhungert, wie er war, wurde er zur Strafe an eine Kette gelegt, zum großen Aerger des Steward, der ihn lieber gleich geköpft hätte für die Schmutzerei in der Kajüte, die er reinigen mußte. Der Irländer mußte jedoch die ganze Reise mit seinem 'Düwel im Krütztopp' herhalten.

Sie sehen also, daß der Teufel nicht allein im Großtopp in Gestalt eines Papageien, sondern auch im Kreuztopp in der eines Affen spuken kann.

C. Sch…z.“




Zu den für die Jahre 1881 und 1882 in Aussicht genommenen internationalen Polarerforschungen. Ende April 1879 hatte der zweite internationale Meteorologen-Congreß in Rom eine Separat-Conferenz auf den 1. October desselben Jahres in Hamburg anberaumt, damit durch dieselbe Vorschläge (Wilczek-Weyprecht) zur systematischen wissenschaftlichen Erforschung der Polar-Gebiete berathen würden. In Folge dessen waren Einladungen an Regierungen, Gesellschaften und Private, von denen man Interesse für die Sache erwarten konnte, ergangen, jedoch war zur Bedingung gemacht, daß die Theilnehmer sich, als Delegirte von ihren resp. Regierungen oder Gesellschaften, mit Instructionen von denselben versehen lassen möchten.

Am 1. October 1879 erschienen mit bestimmten Zusagen von ihren Absendern in den Räumen der deutschen Seewarte in Hamburg: Professor Buys-Ballot, delegirt von Holland, Capitain Hoffmeyer für Dänemark, Professor Lenz für Rußland, Professor Mascart für Frankreich, Professor Mohn für Norwegen, Capitain von Schleinitz für Deutschland, Lieutenant Weyprecht für Oesterreich sowie auch für den Grafen Wilczeck, endlich Dr. Wijkander für Schweden. Unter Vorsitz des ebenfalls anwesenden Professor Neumayer, des Directors der „Deutschen Seewarte“ in Hamburg, begann die Conferenz ihre Verhandlungen und erwählte in erster Linie aus den Herren Mohn, Weyprecht und Wijkander eine Commission zur Ausarbeitung eines Programm-Entwurfes, der in Kürze darthun solle, in welcher Weise man mit Bezug auf Meteorologie, Erdmagnetismus, Hydrographie, mathematische Geographie und die physikalischen Naturwissenschaften im Allgemeinen einheitlich vorzugehen gedenke.

Die in der Conferenz gefaßten Entschlüsse mußten vor dem Druck allen Mitgliedern unterbreitet werden und sind daher erst jetzt durch Programme in engsten Kreisen bekannt geworden. Diese Beschlüsse gehen nun dahin, daß an bestimmten, innerhalb der Polarregionen liegenden Stationen Observatorien zu errichten sind, die mindestens während eines Jahres Beobachtungen in den vorher angeführten Wissenschaften anzustellen haben, und zwar hat man für die Nordbreite: Spitzbergen, Nord-Cap, Novaja-Zemlja, Lena-Mündung, Point-Barrow, einen Punkt im amerikanischen arktischen Inselarchipel, Upernivik und Jan Mayen, oder einen Punkt der Ostküste Grönlands, in Aussicht genommen, für die Südbreite: Süd-Georgieninsel, Kergueleninsel, Auckland oder Campbellinsel und Ballenyinsel.

Gleichzeitig mit diesen Untersuchungen in den arktischen und antarktischen Regionen will das internationale meteorologische Comité dahin wirken, daß während dieser Beobachtungsepoche die schon bestehenden magnetischen und meteorologischen Stationen möglichst umfangreich ihre Beobachtungen ausführen, und daß auch provisorische Stationen dort, wo dieselben nothwendig erscheinen, eingerichtet werden; gleichfalls sollen die Schiffe der Kriegs- und Handelsmarine der verschiedenen seefahrenden Nationen um möglichst regelmäßige Beobachtungen der meteorologischen Elemente während dieser Zeit ersucht werden.

Vor Schluß der Conferenz wurde durch die Wahl eines Präsidenten in der Person des Herrn Professor Neumayer die Constituirung einer internationalen Polar-Commission vollzogen, um die Möglichkeit zu bieten, zur Ausführung der einzelnen Beschlüsse, so weit die Initiative dazu bei der Commission liegt, vorgehen zu können. Da die einzelnen Mitglieder als Delegirte der respectiven Regierungen, Gesellschaften etc. mit Bezug auf ihre Befugniß zwar während der Conferenz keine bindenden Zusagen abgeben konnten, wohl aber constatirten, daß in maßgebenden Kreisen überall der Wille obwalte, bei genügender Betheiligung die Durchführung der gefaßten Beschlüsse mit in die Hand zu nehmen, so steht uns also für die kommenden zwei Jahre ein Unternehmen in Aussicht, wie es auf dem Gebiete der Welterforschung einzig dasteht. Und was Deutschland nicht außer Acht lassen sollte: es steht zum ersten Male bei einem derartigen internationalen Vorgehen ein Deutscher an der Spitze.

R. H.




Edison’s Lampe. Während die Tageszeitungen einerseits begierig auf jede in amerikanischen Zeitungen auftauchende Nachricht über neue Erfindungen Edison’s losstürzen und oft den unverantwortlichsten Unsinn eines Spaßvogels oder schlechtunterrichteten Reporters nachdrucken, beeilen sie sich ebenso kritiklos, die oft nur von neidischen Concurrenten im Ingenieurfache ausgehenden Bemängelungen ihren Lesern aufzutischen. So ist auf den Jubel über das „Licht der Zukunft“ sofort wieder das Geschrei und Verdammungsurtheil gefolgt: die Erfindung sei keinen Heller werth, der Erfinder sei ein Renommist, ein Speculant etc. Wer seine Mitwelt mit so epochemachenden Erfindungen überrascht hat, wie Edison, der kann nun einmal dem Geschrei der Reclame ebenso wenig wie dem mißgünstiger Nebenbuhler entgehen. Wir aber freuen uns, constatiren zu können, daß unsere reservirende Anmerkung zu dem Artikel über Edison’s elektrische Lampe in Nr. 5 der „Gartenlaube“ sich als unnöthig herausgestellt hat, daß diese „Lampe der Zukunft“ keine so ephemere Erfindung ist, wie gewisse Correspondenzen sehr durchsichtigen Ursprungs uns glauben machen möchten.

Im Berliner „Mikroskopischen Aquarium“ ist seit vierzehn Tagen eine solche Lampe in Thätigkeit und hat alle Tage verschiedene Stunden ihr prachtvolles Licht leuchten lassen, ohne daß der Papierkohlenbügel, wie sich unser wissenschaftlicher Gewährsmann überzeugte, die geringste Abnutzung und Zerstörung zeigte. Wenn nun auch nicht anzunehmen ist, daß die Papierkohle in alle Ewigkeit aushält, so ist ein eventueller Ersatz doch immer viel billiger, als der bisher alle paar Stunden nöthige der Jabloschkoff’schen Kerzen und ähnlicher elektrischer Leuchtvorrichtungen. Die Hauptschwierigkeit besteht darin, daß die Glaskugel nach der Erneuerung des „Dochtes“ von Neuem ausgepumpt werden muß, aber auch diese Operation ist so einfach, daß man bei allgemeiner Einführung der neuen Lampe für die Erneuerung wahrscheinlich nicht mehr als eine Mark zu zahlen haben würde. Auch versteht es sich ja wohl von selbst, daß der Kohlenbügel noch widerstandsfähiger hergestellt werden wird; ist doch keine Erfindung gleich vollkommen und der Nothwendigkeit wie Möglichkeit einer Verbesserung enthoben. Ein großer Fortschritt aber wird ohne Zweifel darin bestehen, daß dieses Princip jede Feuer- und Explosionsgefahr absolut ausschließt, was für manche Industriewerkstätten, Kohlengruben u. dergl. gewiß einen nicht hoch genug anzuschlagenden Vorzug bedeutet.

D. Red.



Verantwortlicher Redacteur Dr. Ernst Ziel in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1880). Leipzig: Ernst Keil, 1880, Seite 136. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1880)_136.jpg&oldid=- (Version vom 21.8.2021)