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Verschiedene: Die Gartenlaube (1880)


Waldstein (gest. 1638) vom Kaiser in den Grafenstand erhoben wurde, bis zur Evidenz bewiesen.

Der Nürnberger Rath mochte es mit der vornehmen böhmischen Sippe nicht verderben. Er schrieb deshalb unter dem 31. Januar an Rector (Nicolaus Taurello) und Pfleger der Akademie (Görg Roggenbach):

„Es ist unser meinung gar nit gewesen, daß es für eine relegation gehalten, sondern was diesfalls geschehen, das ist ihm selbst zum besten und dahin angesehen gewesen, damit er den leuten, welche er mit den fürgezogenen Handlungen beleidigt, mit dem förderlichsten aus den Augen kommen und ferner unrecht verhütet werden möcht. Dieweil er dann für sich selbst erbietig ist, sich nach abzahlung seiner schulden nicht weiter in die Läng daselbst aufzuhalten, wollen wir ihn nicht allein des weitern arrests entlassen, sondern auch das auferlegte Hinwegziehen begehrtermaßen zu seiner freien gelegenheit gestellt haben.“


Ein Verhör des Studiosus Wallenstein vor Pfleger und Rector der Schule zu Altdorf.
Originalzeichnung von C. Röhling.


Da nun am 17. März der Handel mit seinem Famulus zu Ende getragen wurde, so können wir annehmen, daß Waldstein, wie auch Murr angiebt, Anfangs April 1600 von Altdorf abgezogen ist. Die Nürnberger Herren mögen froh gewesen sein, des wilden Gesellen ledig zu werden, in Altdorf aber wird man trotz des nur siebenmonatlichen Aufenthaltes seiner um desto länger gedacht haben, als er zwanzig Jahre später begann mit so gewaltiger Hand in die Geschicke Deutschlands einzugreifen. Der blutige Kampf unter Nürnbergs Mauern zwischen den zwei größten Kriegsfürsten damaliger Zeit rief der Altdorfer Universität das Andenken Waldstein’s auch noch auf andere Art zurück.

Bei der Anwesenheit Gustav Adolf’s in Nürnberg kam eine ziemlich große Anzahl Altdorfer Professoren, unter ihnen auch der damalige Rector Dr. Nößler, nach Nürnberg, um den König zu sehen. Bei der Rückkehr nach Altdorf wurden sie von Kroaten angegriffen, vier von ihnen niedergehauen, mehrere verwundet, fünfzehn aber in’s Friedländische Lager geführt, von wo aus sie sich mit einer großen Summe Geldes „ranzioniren“ mußten. Den Mediciner Dr. Nößler aber behielt Wallenstein als Arzt bei seiner Armee, beschenkte ihn zwar mit einer goldenen Kette, im Uebrigen mußte er ihm aber bis nach Lützen folgen, wo es Nößler, wahrscheinlich im Trubel des Rückzuges, gelang, nach Altdorf zu entkommen. Allzuschlecht aber muß es ihm im Friedländischen Dienst nicht ergangen sein; denn er brachte 500 Goldgulden nach Altdorf heim. Aus dem lateinischen Schreiben, welches Nößler im September 1632 an die Altdorfer Universität sendet und in welchem er die Grundzüge einer Bittschrift hinsichtlich seiner Befreiung mittheilt, geht deutlich hervor, daß Nößler es für gut hält, Wallenstein an seine Altdorfer Studentenzeit zu erinnern. Nößler räth der Universität, zu schreiben, „man habe zu Wallenstein’s Gnade und Milde die Hoffnung, daß auch Nößler demnächst freigelassen werde, was die Universität als ein Zeichen seines alten besondern Wohlwollen gegen dieselbe betrachten wolle.“

Wallenstein war in seinen jüngeren Mannesjahren von stattlichem und einnehmendem Aeußeren. In der Liechtenstein’schen Bildergallerie in Wien befindet sich ein Portrait – unseres Wissens von van Dyk 1626, wahrscheinlich nach seiner Rückkehr von Italien gemalt – welches Wallenstein im besten Mannesalter darstellt. Wir erblicken auf demselben nichts von dem schwermüthigen, meist finsteren Ausdrucke der späteren Bilder; goldbraunes Haar umrahmt ein gesundes Antlitz, aus welchem uns ein großes, mächtiges Auge entgegenstrahlt. So erklärt sich wohl die leidenschaftliche, bis zu Liebestränken sich versteigende Neigung seiner ersten, sehr reichen, aber weit älteren Gemahlin,

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1880). Leipzig: Ernst Keil, 1880, Seite 265. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1880)_265.jpg&oldid=- (Version vom 20.8.2021)