Seite:Die Gartenlaube (1880) 268.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1880)

gleichzeitig und neben einander zeigen. Die Lampe wurde deshalb, wie bei dem ersten Versuche, zwei Meter hoch über dem Boden zwischen einem unterirdischen Melonenhause und einem ebenfalls unterirdischen Gewächshause mit Rosen, Lilien, Erdbeeren und anderen Gewächsen angebracht. Der ungefähr einen Meter breite und sieben Meter lange Bodenraum zwischen diesen beiden Häusern wurde mit Kästen besetzt, in denen frühe Pflanzen (Senf, Erbsen, Bohnen, Kartoffeln etc.) gesäet oder gepflanzt waren, während niedrige Mauern an den beiden offenen Seiten des Zwischenraumes kalten Winden den Zutritt abschnitten. Auch hier war die Wirkung unverkennbar und konnte leicht deutlicher gemacht werden, wenn einzelnen Pflanzen, ohne ihren Platz zu verändern, durch Beschattung das elektrische Licht entzogen wurde; sie blieben gegen die Nachbarn entschieden zurück. Besonders sichtbar war die vortheilhafte Wirkung auf die blühenden Pflanzen, und hierbei scheint besonders die von dem elektrischen Bogen ausgehende Strahlungswärme mitzuwirken. Aus diesem Grunde glaubt Siemens, daß das elektrische Licht mit Nutzen angewendet werden könnte, um Obstspaliere, Baum- und Küchengärten gegen den Einfluß der Nachtfröste, besonders zur Zeit der Blüthenentfaltung und des Fruchtansatzes zu schützen. Natürlich wird es darauf ankommen, ob die Kosten für solche Anlagen nicht zu groß werden. Die Siemens’sche Lampe (= 1400 Kerzen) erfordert zum Betriebe einen Gasmotor von drei Pferdekraft, Siemens gedenkt aber die erforderliche mechanische Kraft künftig durch eine Turbine zu gewinnen. Solche Gärten, die an einem raschlaufenden Flusse oder gar an einem Wasserfalle liegen, würden das Licht beinahe umsonst gewinnen können.

Schreiber dieser Zeilen fürchtet aber, daß solche Träumereien von bei elektrischem Lichte gezogenen Blumen und Früchten nur unter dem trüben Himmel Englands reifen konnten und nur für die Polarnacht Bedeutung haben. Bei elektrischem Lichte gezogene Melonen, Pfirsiche und Erbsen im Winter zu speisen, möchte ja einen besonderen pikanten Beigeschmack haben, aber dem Wohle der Gesammtheit werden solche Treibhauskünste wenig dienen. Mit einigen Schmauchfeuern, welche künstliche Wolken erzeugen, kann man einen Baumgarten oder Weinberg sicher zehnmal wirksamer gegen Nachtfrost schützen, als mit einigen Dutzend elektrischer Lampen. (Vergl. Gartenlaube 1874, S. 45.)

Aber von dem großen Interesse, welches heutzutage Jedermann an den Experimenten mit dem elektrischen Lichte nimmt, strahlt natürlich ein gut Theil auf diese Treibhauskünste, und es hat einen äußerst prickelnden Reiz, nicht blos das Gaslicht, sondern auch gleich die Sonne zu ersetzen, sie gleichsam zu pensioniren und in Ruhestand zu versetzen.

Uebrigens könnte man diese Versuche auch auf gewisse Thiere ausdehnen, die des Sonnenlichtes für ihr Wohlbefinden ebenso wie die Pflanzen bedürfen. Die meisten Thiere unterscheiden sich bekanntlich von den grünen Pflanzen dadurch, daß sie sich nicht wie diese direct von der Luft und den Mineralstoffen des Bodens ernähren können, dafür aber auch des Lichtes als einer nothwendigen Lebensbedingung nicht bedürfen, vielmehr jahrelang, ja zeitlebens, wie die Grottenthiere, im Finstern existiren können. Aber man hat in der Neuzeit auch grüne Thiere entdeckt, die, den grünen Pflanzen, welche der Sonnenstrahlen als der vornehmsten Lebensbedingung bedürfen, entsprechend, mit demselben Farbstoff (Chlorophyll) erfüllt sind, und deren Ernährung eine durchaus pflanzenartige ist. Schon längst hatte man an mehreren Meeresküsten grüne Plattwürmer (Planarien) gefunden, die augenscheinlich das Licht aufsuchen und sich im seichten Wasser auf der Oberfläche des weißen Sandes sonnen. Der Naturforscher P. Geddes hat im Herbste des Jahres 1878 den Lebensproceß dieser Thiere an der Küste von Roskoff in der Bretagne genauer beobachtet, nachdem es ihm aufgefallen war, daß sie im Aquarium stets die Lichtseite aufsuchen. Er beobachtete sie nunmehr im Sonnenschein und sah von ihrem Körper eine Gasentwickelung ausgehen, die derjenigen vom Laube einer besonnten grünen Meeresalge durchaus nichts nachgab. Um das abgeschiedene Gas genauer zu untersuchen, brachte er sie unter eine ganz mit Wasser gefüllte Glasglocke und erhielt nach einem einzigen Tage Sonnenschein ein ganzes Probirglas voll Gas. Ein glimmendes Zündhölzchen erglühte darin mit lebhaftem Glanze; es war also vorwiegend Sauerstoffgas, 43 bis 52 Procent, wie genauere Analysen ergaben. Das Verhalten dieser Thiere war somit demjenigen der Pflanzen sehr ähnlich, und die weitere Untersuchung ergab, daß die Plattwürmer auch Stärkemehl unter dem Einfluß des Lichtes in ihrem Körper erzeugen. Ja, es ist nicht unmöglich, daß sich dieselben zum größern Theil und hauptsächlich auf diese Weise ernähren, indem sie sich die Sonne in den Leib scheinen lassen; denn sie konnten des Lichtes nicht lange ohne Schaden entbehren. Nachdem sie den Transport von Roskoff nach Paris glücklich überstanden hatten, starben sie innerhalb zwei bis vier Tagen sämmtlich, wenn man sie im Dunklen hielt, während sie im zerstreuten Tageslichte fortfuhren, die Kohlensäure zu zerlegen, und mindestens zwei Wochen am Leben blieben. Es würde nun, meine ich, nicht uninteressant sein, in größeren Aquarien grüne Plattwürmer zu halten und sie mit elektrischem Lichte zu beleuchten. Wenn sie, wie das sehr wahrscheinlich ist, den verschmälerten Strahl aufsuchen und dort wie die Wasserpflanzen einen feinen Gasstrom erzeugen, so würde das ein interessantes Schaustück für die Besucher abgeben.




Blätter und Blüthen.

Erwachendes Leben. Zwei Frühlingsbilder (S. 567 und 261). Hier der Fink auf dem Blüthenbaum, welchen Bienen und Fliegen umsummen und Schmetterlinge als fliegende Blumen umgaukeln, eines der Bilder, welche Emil Schmidt so gern und gut der Natur ablauscht, – und dort ein ganz junges Menschenkind auf dem ältesten Thron der Welt, dessen Spielcamerad Kleinjakob ist, der junge Rabe, der seine Belustigungsdienste mit gestuzten Flügeln verrichten muß – eine treffliche Composition von Otto Pilz. Der blühende Baum und der aufblühende kleine Mensch – beider Anblick erfreut das Herz mit schönen Hoffnungsträumen; denn beide blühen der Zukunft entgegen, wo aus der Blüthe die Frucht sich entwickeln soll. Und doch können auch diese Bilder einen Schatten über das sinnende Gemüth hinwerfen, den das Volkslied so lieblich ausspricht:

„Von Rosen erblüht dir
Alljährlich ein Strauß –
Die Liebe blüht einmal;
Dann ist’s mit ihr aus.

Der Lenz muß erscheinen,
Ist der Winter vorbei –
Doch der Mensch hat nur einen
Ureinzigen Mai.“





Die telegrafische Verbindung mit in Bewegung befindlichen Eisenbahnzügen war längst ein angestrebtes Ziel verschiedener Elektriker; denn daß man während einer Eisenbahnfahrt keine Telegramme empfangen und absenden kann, ist ein schon manchmal empfundener Mangel. Wenn ein Fürst mittelst seines nirgends haltenden Jagdzuges eine weitere Fahrt ohne Unterbrechung machen will, so muß das arme Land einen halben oder ganzen Tag vollständig unregiert bleiben, eine vaterlose Waise. Jenes Problem in nun von einem schwedischen Ingenieur G. M. Dalström kürzlich in einer Weise gelöst worden, die allen damit angestellten Proben genügt hat. Es handelt sich dabei um die ununterbrochene Hineinführung der oberirdischen Metallleitung in den sammt dem ganzen Zuge in Bewegung befindlichen Dienstwagen, der den Telegraphenapparat enthält. Diese fortdauernde Berührung mit dem neben dem Bahnkörper herlaufenden Telegraphendraht erreicht nun Dalström einfach dadurch, daß er an der Decke des Dienstwagens eine kupferne Walze auf der Leitungsseite hervortreten läßt, die beständig gegen den Leitungsdraht gedrückt und durch die Reibung an demselben in fortwährende Drehung versetzt wird. Natürlich muß der betreffende Draht so angebracht sein, daß er nur von oben her gehalten wird, sodaß die von unten an denselben durch eine leichte Feder gepreßte Rolle nirgends einem Hinderniß begegnet.

In den mit dieser Vorrichtung auf einer Eisenbahnstrecke in Schweden angestellten Versuchen setzte man auf diese Weise zwei auf demselben Gleise, in gleicher, aber entgegengesetzter Richtung[WS 1] fahrende Züge in Verbindung und konnte so in beständiger telegraphischer Unterhaltung bleiben, obgleich man die übliche Geschwindigkeit einhielt. Ob etwa die im Winter an den Drähten vorkommenden Eisbildungen und größere Geschwindigkeiten diesen Verkehr erschweren, respective unmöglich machen, sollen weitere auf den schwedischen Staatsbahnen anzustellende Versuche feststellen.



Kleiner Briefkasten.

Spanien. Deutschland deckt seinen Bedarf an spanischen Fliegen zum großen Theil aus Rußland. Der Preis ist in den verschiedenen Jahrgängen schwankend; gegenwärtig beträgt derselbe im Grossoverkehr etwa acht Mark pro Kilo.

J. B. in S. und G. in L. Ungeeignet! Verfügen Sie über das Manuscript!

Eine treue Anhängerin in St. Petersburg. Unter Hinzufügung von „Stuttgart“ wird die angegebene Adresse genügen.

R. R. Schwindel!

A. B. in Wilborg. Gedichte werden grundsätzlich nicht zurückgesandt, ebensowenig kleinere Artikel.



Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1880). Leipzig: Ernst Keil, 1880, Seite 268. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1880)_268.jpg&oldid=- (Version vom 20.8.2021)