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verschiedene: Die Gartenlaube (1880)


wackere Zimmermeister Dietz, der im Jahre 1873 die Zimmerarbeiten für die Wiener Weltausstellung besorgt hatte, ist schon seit mehreren Jahren todt. In seinem Testamente hatte er in wahrhaft fürstlicher Weise eine Reihe von Wohlthätigkeits-Instituten bedacht; das Findelkinderasyl hat er durch sein Legat geradezu vor dem Untergange gerettet. Darum sei denn auch in Ehren seiner Erwähnung gethan.

Fahren wir von Hütteldorf eine Station weiter, so sind wir in Weidlingau. „In Weidlingau, da ist der Himmel blau“, singt der Barde des Wiener Orpheums, und ganz Wien singt es mit ihm. Dann noch eine Station weiter, und wir sind in Purkersdorf. Um mit der Eisenbahn hierhin zu gelangen, dazu bedarf es schon einer halben Stunde. Dafür gehört Purkersdorf zu den schönsten Ortschaften des Wienthales; es steckt tiefer in den Bergen des Wienerwaldes, als Hütteldorf, und liegt daher auch malerischer. In historischer Beziehung wäre zu bemerken, daß der freundliche Ort vor zweihundert Jahren viel von den Türken zu leiden hatte, die im Jahre der Belagerung Wiens hier die Kirche zerstörten und auch sonst wie Vandalen hausten.

Noch stärker als die Westbahnstrecke wird die Südbahnstrecke von den Wienern während des Sommers frequentirt. Es sind wahrhaft kolossale Menschenmassen, welche die Südbahn täglich mit erstaunlicher Präcision befördert. Da geht es, die kleineren Stationen nicht mitgerechnet, nach Liesing, mit einer ebenfalls beliebten, sehr exportfähigen Bierbrauerei, nach Mödling, Baden, Vöslau etc. Mödling ist die jüngste Stadt des Reiches; daß es Stadt geworden, hat es zu nicht geringem Theile der Energie seines schneidigen Bürgermeisters Schöffel zu verdanken. Mit Mödling verbunden ist die kleine, aber überaus malerische Ansiedelung „Klause“, die eine wahrhaft romantische Verbindung mit dem womöglich noch romantischeren Brühl (Vorder- und Hinterbrühl) bildet. Die Fürsten Liechtenstein, die hier ausgedehnte Besitzungen haben, waren von jeher darauf bedacht, durch eine wahrhaft großartige Munificenz die romantische Natur dem Publicum möglichst bequem zugänglich zu machen. Sie haben Wege gebaut und die bewaldeten Berge zu großen Parkanlagen mit wunderbaren Spaziergängen eingerichtet. Das Bildchen Kirchner's giebt, so klein es ist, doch recht wohl einen Begriff von den hier zusammengedrängten Naturwundern.

Einen der hervorragendsten Plätze unter den Sommerfrischen der Wiener, wenn nicht den hervorragendsten, nimmt die Stadt Baden ein, die von Wien aus mit der Eisenbahn in einer Stunde zu erreichen ist. Die Anzahl der Sommergäste hier ist mit zehntausend nicht zu hoch angegeben. Diese Beliebtheit verdankt Baden seinen warmen, schwefelhaltigen und sehr heilkräftigen Quellen, deren Existenz nachweisbar schon den Römern bekannt war. Der Ort wurde bereits vor vierhundert Jahren zu einer Stadt erhoben, ist in stetigem Aufblühen begriffen, hat eine wohlhabende Bürgerschaft und erfreut sich als Bad einer internationalen Beachtung. Im Sommer wird es, trotz der nicht unbeträchtlichen Entfernung von der Hauptstadt, fast als eine Vorstadt von Wien betrachtet, an das es die verschiedenartigsten Interessen und nahen Beziehungen knüpfen. Eine eingehende Schilderung Badens, das in historischer, culturgeschichtlicher, balneologischer und landwirthschaftlicher Hinsicht so viel des Interessanten aufweist, liegt nicht in der Tendenz dieses Aufsatzes, der ja nur ungefähr andeuten soll, wo Wien sich im Sommer eigentlich befindet – zum Theil also, und nicht zum schlechtesten, in Baden.

Das letzte Bild auf unserem heutigen Tableau zeigt den Lesern Kalksburg, das zu dem ferneren Umkreise der Gegenden des Wienerwaldes gehört und das, obschon es nicht direct an der Eisenbahn liegt, doch von der Stadt aus in einer Stunde erreicht werden kann. Kalksburg ist ein uralter Ort und hat schon, wie ich im guten Glauben einem „verläßlichen Führer“ nacherzähle, im zwölften Jahrhundert seine Rolle gespielt. Gegenwärtig wird das finstere Mittelalter nur durch eine bekannte Jesuitenschule repräsentirt, die hier von den im Jahre 1855 eingewanderten Jesuiten errichtet worden ist und die sich insbesondere in den klerikalen Kreisen einer sehr lebhaften Beachtung und Unterstützung zu erfreuen hat.

Balduin Möller.




Fortschritte der Neuzeit in der Bienenzucht.
Ein volkswirthschaftliches Capitel.[1]


Wenn Gärten, Felder, Wiesen und Wälder in vollstem Blüthenschmuck prangen und das Auge des sinnigen Beschauers mit Wohlgefallen auf dieser Herrlichkeit ruht, so denkt er wohl nur in seltenen Fällen daran, daß diese Millionen lieblicher Blüthen sehr werthvolle Schätze bergen, Schätze, die, wenn gehoben, ganz respectable Summen repräsentiren, die gleichsam so nebenbei am Wege liegen, weil Niemand das geringste Eigenthumsrecht daran geltend macht, und die von Jedermann, wer nur Lust und Befähigung dazu hat, eingeheimst werden können. Eine Erinnerung an dieselben dürfte dankenswerth für Viele sein, welche unter dem Drucke der schlechten wirthschaftlichen Verhältnisse unserer Zeit sich gern durch eine Nebenbeschäftigung den harten Kampf um’s Dasein erleichtern möchten.

Die reichen Schätze, welche wir im Auge haben, sind die oft winzig kleinen Nektartröpfchen, die sich meistens tief versteckt in den Blüthenkelchen finden und welche allein durch die kleine fleißige Biene zusammengetragen und von ihr alljährlich zu vielen tausend Pfunden Honig und Wachs verarbeitet werden.

Schon im grauen Alterthume kannte und schätzte man diese köstlichen Producte der Bienenzucht, und gar bald hatte man es herausgefunden, daß es bequemer und vortheilhafter war, wenn man, anstatt mit vieler Mühe und Gefahr Honig und Wachs aus den Felsenspalten und hohlen Bäumen zu holen, die Bienen in geeignete Wohnungen brächte und auf ihre Behandlung die gehörige Sorgfalt verwendete. Bei der verhältnißmäßig geringen Mühe, welche die Wartung und Pflege der Bienen beansprucht, und bei der großen Einträglichkeit derselben war es kein Wunder, daß sich die Bienenzucht schon in früher Zeit eines hohen Aufschwunges erfreute.

Die alten Römer lösten aus ihrer von Sclaven geleiteten Bienenwirthschaft im Verhältniß höhere Erträge, als aus allen anderen Unternehmungen auf landwirthschaftlichem Gebiete; nicht minder unsere alten deutschen Vorfahren, bei denen Honig und Wachswaaren von jeher sehr geschätzte und gesuchte Artikel gewesen sind. Seit dem Dreißigjährigen Kriege gerieth jedoch in Deutschland die Bienenzucht für lange Zeit in Verfall. Besonders nachtheilig wirkten die sich immer mehr verändernden Bodenculturverhältnisse. Viele Waldstrecken fielen unter den Schlägen der Axt; die Wälder wurden besser durchforstet; Anger und Wiesen, bisher vielfach nur zur Weide benutzt, wurden in Aecker verwandelt, diese wieder sorgfältig von honigenden Unkräutern reingehalten und mehr mit Hackfrüchten bestellt etc. Das alles schmälerte die Bienenweide, und wenn auch mit der Zeit dieser Ausfall durch den Anbau sehr gut honigender Pflanzen, wie Raps, Esparsette etc., überreichlich ersetzt wurde, so erwies sich doch die Ausnutzung der Weide in althergebrachter Betriebsweise als unzulänglich, um einträglich genug zu erscheinen. Indeß wie der Menschengeist immer und überall mit den gegebenen Verhältnissen zu rechnen und da neue Bahnen aufzusuchen weiß, wo die alten ausgetreten worden sind, so geschah es auch bei der Bienenwirthschaft.

Den ersten und wichtigsten Schritt vorwärts, der die Grundlage aller weiteren Fortschritte auf dem Gebiete der Bienenwirthschaft bildete, that der katholische Pfarrer Dr. Dzierzon. Er kam auf den sehr glücklichen Gedanken, die Bienen ihren Bau derart einrichten zu lassen, daß man ohne irgend welche Nachtheile für sie den Wachsbau in gesonderten Tafeln (Waben) dem Bienenstocke beliebig entnehmen und wieder einfügen konnte.

Diese Beweglichkeit des Bienenbaues – der Wachswaben – ermöglichte es, ohne viel Umstände den Ueberschuß recht starker Stöcke an Bienen sowie junger Brut schwächern Stöcken zuzutheilen, wodurch diese schnell zur größtmöglichen Ausnutzung der Honigquellen fähig werden. Ebenso war es jetzt eine Kleinigkeit,

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verschiedene: Die Gartenlaube (1880). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1880, Seite 494. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1880)_494.jpg&oldid=- (Version vom 20.8.2021)
  1. Vergl. die früheren Artikel über den Gegenstand in „Gartenlaube“ Jahrg. 1855, S. 78; 1857, S. 440, 458; 1861, S. 638; 1866, S. 382; 1868, S. 596.
    D. Red.