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Verschiedene: Die Gartenlaube (1880)

Blätter und Blüthen.


Nach gethaner Arbeit ist gut ruhen. (Vgl. das Bild auf S. 485.) Ein launiges Lied singt: „’s giebt kein schönres Leben, als das Räuberleben“ etc. Diese Behauptung ist ebenso gewagt, wie man ein Recht hätte, dafür zu setzen: „’s giebt kein schönres Leben, als das Künstlerleben“. Wer je in einer Malerstadt gelebt, je eines der alljährlich stattfindenden Künstlerfeste mitgefeiert hat, die in übermüthig ungebundener Laune eine Fülle lustiger Ideen mit jenem geläuterten Geschmack zu verkörpern wissen, welcher zu den Ausbildungszielen des Künstlers gehört, der wird eine Empfindung haben, daß in des „Künstlers Erdenwallen“ etwas ganz besonders Beneidenswerthes steckt. Worin es liegt? Nun – zunächst im Berufe selber. Es giebt gewiß keinen höheren Reiz, als den, welcher dem künstlerischen Schaffen und Gestalten innewohnt, welcher mit dem Bewußtsein der Herrschaft über die Welt der Formen, der Farben, der Klänge verbunden ist. Die Stunden hohen geistigen Aufschwungs, wie solcher der künstlerischen Befähigung frei zu Gebote steht, während er den weniger bevorzugten Sterblichen erst durch das Kunstwerk vermittelt wird – diese Stunden tragen nicht nur ihren Zauber in sich selbst; sie hinterlassen auch bei dem arbeitsmüden Künstler ein Gefühl tiefster Befriedigung, einen Nachklang von fröhlicher Stimmung, der die Muße desselben verklärt.

Davon wissen die Freunde des Künstlers, davon wissen die Wirthe in den Gegenden zu berichten, welche das lustige Malervölkchen auf Sommerfrische oder zu Naturstudien sammeln. Davon erzählt auch unser heutiges Bild, das uns in das Malerland Italien, in die Gegend von Rom führt, von dessen deutscher Malercolonie seinerzeit Ernst Eckstein den Lesern der „Gartenlaube“ eine farbige Schilderung gegeben hat (vergl. 1878, Nr. 32). Feierabend im Atelier! Verlassen steht die Staffelei; die Freunde sitzen beisammen um das frugale Mahl, welches ein feueriger Tropfen südlichen Rebenblutes würzt; die gute deutsche Pfeife dampft, und die italienische Laute klingt unter den Fingern ihres offenbar lyrisch angehauchten Besitzers, und mit entsagungsvollem Lächeln blickt der die Palette säubernde Schüler auf den muntern Gesellen, welcher der Ueberzeugung praktisch Ausdruck geben zu wollen scheint, daß die vollen rothen Lippen der jungen Modellsteherin noch zu etwas Besserem gut seien, als um mit Pinsel und Farbe auf grundirter Leinwand verewigt zu werden. Ein Kuß in Ehren – wer will’s verwehren?




Ein Aufruf an die gesammte deutsche Nation ist am 5. Juni in der Berliner geographischen Gesellschaft berathen worden. Die Opferwilligkeit der Deutschen soll in Anspruch genommen werden für Zwecke, denen sie schon früher ihre Theilnahme in rühmlicher Weise zugewandt hat, für – Forschungen an beiden Polen unserer Erde, in den arktischen und antarktischen, jenen nördlichen und südlichen Polarzonen, die seither Millionen an Werth und Tausende von Menschenleben verschlungen haben. Diesem Uebel soll nunmehr entgegengetreten werden. Man will sich nämlich nicht mehr mit der bloßen Entdeckung der Configuration von Land und Meer begnügen. Es soll vielmehr der Schlüssel zu den meteorologischen und anderen Geheimnissen gesucht werden, deren Lösung alle Menschen praktisch und theoretisch berührt. Dieser Schlüssel liegt in jenen hohen Breiten des Nordens und Südens, und von Deutschland aus hat sich der Gedanke und der Plan verbreitet, denselben aufzusuchen, die civilisirten Nationen zu einer internationalen Junta zusammenzurufen, um zu berathen, in welcher Weise der gefaßte Plan ausgeführt werden soll.

Die Wichtigkeit des Planes tritt mahnend hervor bei Erwägung der großen Verluste, welche schon deutsche Schiffe allein in nur sechs Jahren erfahren haben. Von 1873 bis 1878 gingen 1005 Schiffe mit einem Gesammtinhalt von 225,554 Register Tons und 2204 Menschenleben verloren. Der Verlust der anderen Nationen wird diese Zahlen wohl noch übersteigen. Alle diese Verluste aber würden bei besserer Kenntniß der meteorologischen Vorgänge unserer Atmosphäre sehr wesentlich verringert worden sein.

Es richteten sich daher schon lange die Blicke der Meteorologen aller Länder nach den höchsten geographischen Breiten, wo sehr wahrscheinlich der Ausgangspunkt jener wirbelartigen Luftströmungen zu suchen ist, die oft plötzlich, und ohne daß Vorbereitungen getroffen werden können, über das Meer und die Länder der gemäßigten Zone daherbrausen, vernichtend und zerstörend, was die menschliche Cultur aufgebaut hat.

Diese Vorgänge zu erforschen, ihr Entstehungsgebiet mit einer Reihe fester, wissenschaftlicher Stationen zu umgeben, ihr Vorgehen, Ankommen und Verschwinden zu registriren und in erweiterter Kenntniß daraus Grundgesetze der praktischen Wetterkunde abzuleiten, das ist allein schon eine Aufgabe, welche die höchste – auch pecuniäre – Bedeutung für den Wohlstand der ganzen Menschheit hat. Darum hatte die Berliner „Gesellschaft für Erdkunde“ es übernommen, für die Realisirung dieser sehr bedeutsamen Ideen mit ihrem Einflusse einzutreten und den Appell an die deutsche Nation von Berlin aus ertönen zu lassen.

An der Spitze der Agitation stehen keine geringeren Männer, als der berühmte Führer der „Gazelle“ auf der ersten wissenschaftlichen deutschen Erdumseglung, Capitain zur See Freiherr von Schleinitz, und der kenntniß- und erfahrungsreiche Director der deutschen Seewarte in Hamburg, Professor Dr. Neumayer.




Die drollige Randbemerkung Friedrich's des Großen, mit welcher derselbe das Ersuchen des Ichthyologen Marcus Elieser Bloch um behördliche Beihülfe zur Herausgabe einer Naturgeschichte der Fische abweisend beschied – wir theilten dieselbe im Artikel über die Berliner Fischerei-Ausstellung, Nr. 25 dieses Jahrgangs mit – gelangte, wie uns ein Verwandter Bloch’s, Herr Richard Lesser in Leipzig, schreibt, in der erweiterten Form folgenden Cabinetsschreibens an den Bittsteller:

„Seiner Königlichen Majestät von Preußen, Unser allergnädigster Herr, lassen den Doktor Bloch, auf seine allerunterthänigste Anzeige vom 25. dieses, und in Ansehung des darin gethanen Antrages, hierdurch zu erkennen geben, daß es nicht nöthig ist, von denen Cammern eine Liste von den Fischen zu erfordern, denn das wissen sie schon aller Weges, was es hier im Lande vor Fische giebet, das sind auch durchgehends dieselbe Arthen von Fischen, ausgenommen im Glatzischen, da ist eine Arth die man Kaulen nennet, oder wie sie sonst heißen, die hatt man weiter nicht, sonsten aber sind hier durchgehends einerley Fische, die man weiß und kennet: Und darum ein Buch davon zu machen, würde unnöthig seyn, denn kein Mensch wird solches kauffen: die zugleich mit eingereichte Kupfer-Abdrücke, von einigen Fischen, erfolgen hierbei wieder zurück.

     Potsdam, den 27. Martz 1781.

Friedrich.“

So ist der Text, dessen Handschrift sich im Besitz des Herrn Lesser befindet, auch 1856 in den 3. Theil des 27. Bandes der „Oeuvres de Frédéric le Grand“ aufgenommen worden.–

Diese Ablehnung des Bloch’schen Gesuches war aber, wie Herr Lesser weiter berichtet, nur eine anfängliche, denn der König erließ am 13. November 1781 an sämmtliche Kriegs- und Domänen-Kammern, auch Deputationen, mit Ausschluß Schlesiens, die Verfügung, dem Doctor Bloch zur vollständigen Ausarbeitung der ökonomischen Naturgeschichte das Verzeichniß der Namen aller Fische in den Gewässern der königlichen Provinzen zuzufertigen und diesem Verzeichnisse instructive Bemerkungen beizufügen. Auch findet sich im Staatsarchive das französische Originalschreiben des Doctor Bloch vom 12. Mai 1782, in welchem derselbe dem Monarchen über den glücklichen Fortgang seines Werkes Bericht erstattet und die Erlaubniß nachsucht, sich für den Illustrator seines Werkes einige Exemplare des Sterlets beschaffen zu dürfen, welche ihm auch gewährt wurde. In den Mühlenteich bei Küstrin, wie in den Gierland-See im pommerschen Amte Colbatz hatte der König nämlich seit dem Jahre 1774 mit großer Mühe und vielen Kosten den Sterlet aus Rußland verpflanzen lassen, der sich übrigens bis heutigen Tages in beiden Gewässern erhalten hat.




Eine neue Sehenswürdigkeit des baierischen Hochgebirges. Die langgedehnte unzugängliche Schlucht, durch welche der Leutaschbach bei Mittenwald zur Isar hervorbricht und die bis jetzt meist als Leutaschklamm in den Büchern und Karten angeführt war, ist seit wenigen Wochen in ihrem schönsten Theile zugänglich gemacht worden. Niemals hat sie eines Menschen Fuß betreten. Die Mittenwalder Bürger selbst, durch deren Aufopferung der finstere Wasserschlund jetzt auf bequemem Steg durchschritten werden kann, waren höchlich erstaunt über die von ihnen betreffs der Wildheit und Größe dieser Klamm gemachten Entdeckungen. Erschütternd wirkt namentlich der etwa hundert Fuß hohe Gesammtsturz des Leutaschbaches, der in Schaum aufgelöst in dem nächtlichen Tobel aufschmettert. Dieser Schlund, der von nun ab mit Recht Mittenwalderklamm genannt werden soll, gehört zu den allerersten Schaustücken der Hochalpen des deutschen Reiches. Die Mittenwalderklamm ist von dem Ort, der ihr den Namen gegeben und den jetzt wegen der Oberammergauer Spiele so viele Reisende berühren, kaum eine Viertelstunde entfernt. Niemand sollte bei gegebener Gelegenheit den Gang dorthin verabsäumen; ja, ohne Uebertreibung gesagt, diese Naturscene ist eine eigene Reise werth. Namentlich sei auch auf den überaus malerischen Rückblick zum steilen Karwendelgebirge aufmerksam gemacht, welches den Felsenspalt zu sperren scheint. Der Wasserfall an und für sich ist einer der bedeutendsten in den Kalkalpen.

H. N.




Kleiner Briefkasten.

Ch. D. in B. Auf Ihre Anfrage bezüglich der Curmethode des italienischen Grafen Cesare Mattei, welche noch immer so viele Gläubige findet, diene Ihnen Folgendes zur Antwort: In ärztlichen Kreisen verhält man sich meistens ablehnend gegen die Mattei’sche Curmethode, ja bezeichnet sie sogar für durchaus bedenklich, wie denn auch der Centralverein der homöopathischen Aerzte Deutschlands auf seiner letzten Wanderversammlung gegen jede Gemeinschaft mit der Elektro-Homöopathie des Mattei entschieden Verwahrung eingelegt hat. Besonderes Verdienst um die Klärung der Frage hat sich ein Dresdener Medicinalrath erworben, indem er bei mehreren angesehenen Aerzten Italiens directe Erkundigungen über den Grafen Mattei und seine Curmethode eingezogen hat. Es gingen ihm auf seine Anfragen aus Bologna, Rom und Legnano Mittheilungen zu, welche ergeben, daß der Graf Mattei ein Curpfuscher gewöhnlichster Art ist, der in Italien bereits seit lange als solcher erkannt worden. Ein Aufsatz in der „Gazetta d’Italia“ vom 28. Januar dieses Jahres sagt bei Besprechung einer bereits in mehrere Sprachen übersetzten Schrift des Grafen Mattei über Elektro-Homöopathie: „Das Werk ist mit solchen Verkehrtheiten angefüllt, daß man schamroth werden muß, wenn man daran denkt, daß sich im neunzehnten Jahrhundert noch gebildete Leute finden, welche dieser Sache Glauben schenken.“

A. N. in Tr. Wir bedauern, Ihnen nicht dienen zu können. Uebrigens bleiben anonyme Gesuche grundsätzlich unberücksichtigt.

F. E. in Thun. Die Zusammensetzung des Roob Laffecteur ist bekannt und besteht im Wesentlichen aus Sarsaparille-Extract.

A. K. in B. Evangelische Diaconissinnen-Anstalten bestehen bekanntlich in Kaiserswerth, Dresden, Ludwigslust, Berlin, Stuttgart. Wenden Sie sich an die Ihnen zunächstgelegene, und Sie werden auf Ihre Anfrage gewiß sofort genügende Auskunft erhalten.

Alter Abonnent aus Zabern. Dr. R. in B. ist nicht zu empfehlen. Brieflich können Sie überhaupt nicht behandelt werden.



Verantwortlicher Redacteur Dr. Ernst Ziel in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1880). Leipzig: Ernst Keil, 1880, Seite 496. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1880)_496.jpg&oldid=- (Version vom 20.8.2021)