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Verschiedene: Die Gartenlaube (1880)


sein. Es erklärt dies, weshalb die gewiß auch von manchen anderen Seiten in Angriff genommene Idee erst so spät zur Vollendung gereift ist. Um nur eine dieser Schwierigkeiten zu berühren, mag erwähnt werden, daß gerade die geeignetsten und für diese Art von Kunstarbeit unentbehrlichen Materialien, die Perlmutter und die in glühend tiefen Pfauen- und Kolibrifarben schillernden Stücke aus der Irismuschel (Haliotis) die Metalllösung nicht vertrugen und alle Schönheit darin einbüßten. Wie der Erfinder diese und viele andere Schwierigkeiten überwunden hat, ist sein Geheimniß und gehört nicht hierher.

Als das neue Institut alle Mittel des Erfinders verschlungen hatte, kam der amerikanische Krieg, und Corvin war froh, als Correspondent der „Augsburger Allgemeinen Zeitung“ und der „Times“ in die neue Welt gesandt zu werden. Nach einem bewegten Leben in Amerika kehrte er als Special-Correspondent nordamerikanischer Zeitungen wieder nach Europa zurück, erst nach Berlin, dann nach Frankreich, um den Amerikanern den Siegeszug der deutschen Armee zu schildern.

Erst nach dem französischen Kriege tauchte in Corvin die alte Lieblingsidee wieder auf. Im vorigen Jahre endlich waren die letzten Schwierigkeiten besiegt, und Corvin fand in dem Besitzer einer großen galvanischen Anstalt, J. P. Kayser Sohn in Crefeld, den rechten Mann für die künstlerische Ausbildung und die industrielle Verwerthung der Erfindung.

Das Corvin-Niëllo ist von großer Schönheit; die mit der Metallfläche wundervoll harmonirenden Muster scheinen kaum mehr eingesetzt, sondern mit dem Farbenschimmer der Perlen, Schmetterlingsflügel und Kolibris auf das Metall selbst gemalt und eingeschmolzen zu sein. Von großer Wichtigkeit ist dabei die Verbindung der genannten Firma mit den berufensten Meistern des Kunstgewerbes, die von wahrhafter Schönheit durchdrungene Muster für diese des höchsten Farbenreizes fähige Technik gezeichnet und der zu verzierenden Fläche angepaßt haben, wobei die Verbindung der in allen Regenbogenfarben schimmernden Irismuschel mit dem schwarzen Schildpatt einerseits und mit den verschiedenen Metalllüstern andererseits den höchsten decorativen Reiz entfaltet. Obendrein gestattet das Verfahren auf die einfachste Weise die vielseitigste Verbindung mit allen möglichen anderen decorativen Hülfsmitteln. So kann der Kupferniederschlag, in welchem das Muster eingebettet liegt, versilbert, vergoldet, darauf von neuem gravirt und in der mannigfachsten Weise gefärbt werden, um einen neuen Farbenton hineinzubringen, oder er kann mit Reliefs aller Art verziert werden, wenn statt der Niederschlagsform mit ebenem Boden eine solche mit eingravirten oder gegossenen Reliefformen gewählt wird.

Von der Vielseitigkeit der Anwendungsweise wird es einen Begriff geben, wenn ich erwähne, daß die Firma J. P. Kayser trotz der Neuheit dieses Industriezweiges bereits alle möglichen Luxusartikel mit derartigen Incrustationen in den Handel bringt, Tischplatten, Vasen, Schalen, Album- und Buchdeckel, Einlagen für Möbel und Kästchen aller Art, Kaminverzierungen, kurz alles Geräth, was irgendwo eine ebene Fläche darbietet. Es handelt sich hier nicht um Imitationen und Surrogate, wie in unsern Oeldrucken, imitirten Gobelins u. dergl. m., sondern um eine in ihrem Kunstwerth und ihrem Farben- und Lichtzauber mindestens den ältern Kunstwerken ebenbürtige Technik, sodaß das billigere Erzeugniß im Stande ist, das theuerere zu übertreffen. In dieser Richtung kann die Erfindung Corvin’s nicht warm genug anerkannt und begrüßt werden, da sie auch dem Minderbegüterten erlaubt, sein Auge an mustergültigen schimmernden Ornamenten auf den Gegenständen seiner täglichen Umgebung zu erfreuen, und den Farbensinn der in solcher Umgebung heranwachsenden Kinder zu bilden.

C. St.




Danksagungsfest in der Union. Im Novembermonat, gewöhnlich am letzten Donnerstage desselben, feiern die Vereinigten Staaten ihr Friedens-, ihr Ernte-Dankfest und nennen es „Thanksgiving-day“. Schon am Tage vor dem Feste ziehen bis spät in die Nacht hinein Schaaren von vorsorglichen Hausherren aller Stände, vom Gelehrten an bis herab zum Arbeiter, auf den Markt, um ihre Einkäufe zu besorgen. Auf morgen richtet jedermann nun seine Gedanken, auf morgen, auf die grüne Oase in der Welt der Arbeit, den Tag der Liebesspenden, des Dankes, des Genusses.

Und „Thanksgiving-day“ bricht an! Oftmals in all der Pracht, dem sonnigen Glanz der so unsagbar schönen Zeit, die man in Amerika mit Indianer-Sommer bezeichnet; häufiger noch kühl, stürmisch, sogar rauh. Aber was kümmert das Jung und Alt! An dem Tage feiert die ganze Union ihr schönstes Fest im Jahr. Wie für den Deutschen Weihnachten das Band der Liebe ist, welches sich um alle Mitglieder der Nation schlingt, so ist „Thanksgiving-day“ das Bindemittel für Amerika und seine Kinder. An dem Tage giebt es kein Rechnen, kein Knausern, da schenkt man mit vollen Händen, da sollen sich Alle freuen, da werden viele Thränen getrocknet, viele Augen wiederum feucht, wenn sie sehen, wie durch kleine Gaben so reiche, so segensvolle Erfolge erzielt sind.

Am Morgen pilgert Alles zur Kirche, um dort dem Geber aller Gaben zu danken. Die Prediger haben an dem Tage vollständige Freiheit sich Text und Inhalt zu wählen, und da ist es wohl nicht zu unnatürlich, daß sie das mit hinein in ihre Predigten verflechten, was ihre Herzen, die Herzen Aller in dem Lande der Freiheit am meisten bewegt, die Politik. Besonders in Jahren, wo die Präsidentenwahl stattfindet, wird dieses Thema so viel wie möglich in neutraler Weise erörtert. Es macht einen eigenthümlichen Eindruck, wenn in dem Gott geweihten Hause, das zum Erntefest mit den Früchten des Herbstes, den Erzeugnissen der Felder geschmückt ist, auf dessen dunkelrothen Polstern und Teppichen die gelben Strahlen der Herbstsonne spielen, der Geistliche, nachdem er seinen Tribut in Dankesworten gezahlt hat, plötzlich zu der Politik übergeht.

Das erste Mal verletzte mich diese Art zu predigen; das zweite Mal war ich nicht mehr überrascht, und später – fand ich es natürlich, und so erscheint es auch wohl den Tausenden, die eine mit Politik gewürzte Predigt hören.

In New-York speist man gewöhnlich um sechs Uhr Abends zu Mittag; nicht so am „Thanksgiving-day“; da wird gar häufig die Stunde abgeändert, und um ein Uhr oder um zwei Uhr setzt man sich zum heitern, frohen Mahl nieder. Gäste finden sich selten dazu ein, da Jeder dasselbe gern im engsten Familienkreise verlebt. Aber wer unverheirathete Freunde hat, vergißt dieselben nicht.

Die Mahlzeit besteht nun mit unbedeutenden Variationen in: Fleischsuppe, die aber häufig fehlt, da man den Suppen in Amerika nicht hold ist, dem köstlich gebratenen Truthahn nebst Cranberries (Preißelbeeren), Mais, Tomatos, Kartoffeln, Macaroni und Austerpastete. Alles dieses steht bereits auf der Tafel, der Hausherr schneidet und legt vor; die Dame des Hauses vertheilt die anderen Dinge. Niemand bedient sich selbst; dann werden die Ueberreste abgeräumt und mit den Desserttellern zugleich ein mächtiger „Mincepie“ und Gefrorenes hingesetzt. Der Pie ist eine Art Blätterteig, zwischen dessen zwei Platten entweder Obst oder das gehackte, mit Rosinen und Branntwein zubereitete Fleisch gefüllt wird.

Zuweilen erscheint auch ein prächtiger „Plumpudding“, doch bleibt dieses Gericht mehr für Weihnachten aufgespart. – Kein Bettler wird abgewiesen, man bewirthet ihn nicht etwa nur mit einem Stück Brod, sondern auch mit Pie und Truthahn.

Doch nicht nur im engsten Familienkreise feiert man mit Essen, Trinken und durch heitere Spiele dieses echte Volksfest. Auch in den Waisenhäusern, in den Krankenanstalten, in jedem öffentlichen oder privaten Institute, ja selbst in den Gefängnissen und Zuchthäusern giebt es für den Tag keine Arbeit, aber eine extra gute Mahlzeit. Es ist natürlich, daß man auch nicht jener Classe vergißt, die man in New-York mit dem Namen „Straßenaraber“ bezeichnet; das sind die kleinen Knaben, die, ohne Heimath, ihre Tage mit dem Verkauf von Zeitungen und Stiefelwichsen hinbringen und von denen so viele die Nächte auf den Stellen des Trottoirs lagern, wo aus den Druckereien der heiße Dampf den Schnee weggethaut hat, oder unter einer Treppe, bis der wachthabende Polizist sie aufstöbert und fortschickt. In den letzten Jahren ist eine große Besserung für die armen kleinen Burschen eingetreten, da ein eigenes Haus zur Aufnahme für die Zeitungsjungen erbaut wurde. Dort finden sie gegen geringen Preis Bad, Schlafstätte und Essen.

Diese fleißigen, in nichts als Lumpen gekleideten Zeitungsjungen und die Stiefelputzer erhalten am „Thanksgiving-day“ ebenfalls ihre Truthühner, ihr Gefrorenes und ihre Pies. Hunderte von Zuschauern strömen in die Gebäude, wo die Liebesmahle für die armen Kleinen stattfinden, und ergötzen sich an dem guten Appetit und der verständigen Art, wie sich diese kleinen, von der Straße aufgelesenen Knaben geberden.

Auch in den Missionshäusern werden die Armen bewirthet: in einem derselben in New-York wurden am Danksagungsfeste mehr als dreihundert Teller aufgestellt und zuerst die Kinder, später die draußen stehenden Erwachsenen gesättigt. Die Anzahl der Geschenke für diese Mahlzeit war enorm. Auf den Tischen standen sechszig Truthühner, und in eben solcher Unmasse Rinderbraten, Schinken, Zungen, Hühner, Gänse etc. Dazwischen sah man Pasteten, Kuchen, Brod und Biscuit; Pyramiden von Früchten und Zuckerzeug füllten die noch leeren Flächen aus.

Mit Singen, Gebet und Ansprache werden diese öffentlichen Speisungen eingeleitet, und von Minute zu Minute füllen sich die mit Buchsbaum und frommen Sprüchen geschmückten Räume, durch die man die armen, elenden Kinder zu den weiß gedeckten Tischen führt, mehr und mehr. Damen und Herren machen die Bedienung und suchen, so viel wie möglich, die reichen Liebesspenden zu vertheilen. An diesem Tage der Liebesspenden sieht man erst mit Erschrecken, welch eine Armuth in dem so wohlthätigen New-York herrscht.

Am nächsten Tage ist Alles wieder beim Alten; die Maschinen rasseln; die Dampfpfeifen stoßen ihre gellenden Töne aus; die Geschäfte sind geöffnet, und das industrielle Leben läßt sein Räderwerk auf’s Neue in einander greifen. Langsam schwindet die Erinnerung an den schönen Ruhetag aus dem Gedächtniß, bis wieder ein Jahr vergangen und abermals die Union ihn begrüßt, ihren „Thanksgiving-day“!

Clara Hance.




Für Volksschulen. Unter den Staaten, welche sich bestreben, die Lage der Volksschulen zu verbessern, und zur Hebung der Volksbildung keine Opfer gescheut haben, nimmt neben Baden und Sachsen das Großherzogthum Hessen die erste Stelle ein. Als Anfangs 1873 die hessische Regierung dem unter den Volksschullehrern herrschenden Nothstande ein Ende zu machen suchte, wurde das neue Besoldungsgesetz auch in der „Gartenlaube“ erwähnt und Hessen, im Vergleiche mit vielen anderen Staaten, als Eldorado für Lehrer bezeichnet. Seitdem hat sich die Nothwendigkeit ergeben, eine abermalige Revision der Gehaltssätze vorzunehmen, die seit vorigem Jahre dem Lande manche tüchtige Kraft verschafft und dem befürchteten Lehrermangel abgeholfen haben. In erster Linie kamen die Minimalgehalte von 400 Gulden (700 Mark) und die Unterschiede hinsichtlich der Gehaltssätze zwischen Gemeinden unter und über 2000 Seelen in Wegfall und bestimmte das neue Gesetz in Artikel 1: Der geringste Gehalt eines definitiv angestellten Lehrers an Volksschulen soll in Gemeinden bis 10,000 Seelen 900 Mark, und in Gemeinden von 10,000 und mehr Seelen 1200 Mark betragen, wobei Vergütungen für Ertheilung von Unterricht in der Fortbildungsschule nicht eingerechnet werden. Jeder angestellte Lehrer hat bei gewissenhafter Dienstführung nach 10jähriger Amtszeit einen Gehalt von 1050 Mark, nach 15jähriger Dienstzeit 1150 Mark, nach 20 Dienstjahren 1225 Mark und nach 25jähriger Dienstzeit 1300 Mark zu beanspruchen; das Dienstalter berechnet sich von der ersten Verwendung nach bestandener Schlußprüfung an. Für Gemeinden über 10,000 Seelen mit 3 bis 6 Lehrerstellen an Volksschulen sind folgende Durchschnittsgehalte vorgesehen worden: Gemeinden mit 3 Lehrerstellen 950 Mark, Gemeinden mit 4 Stellen 1066 bis 1200, Gemeinden

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