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Verschiedene: Die Gartenlaube (1881)

und es wird uns versichert, daß täglich bei gewöhnlicher Bodenbeschaffenheit fünf bis sechs Kilometer Graben ausgeschossen werden.

In einiger Entfernung hinter dieser Colonne vollzieht sich die Versenkung des Kabels, indem dasselbe von dem tief zur Erde, in einer gekröpften hintern Achse hangenden Verlegungswagen, mittelst einer einfachen Vorrichtung während des Vorrückens des Wagens abgewickelt und je nach der örtlichen Verschiedenheit entweder zunächst neben dem Graben ausgelegt oder sogleich auf die Sohle desselben versenkt wird. Um der beim Abrollen des Kabels eintretenden ziemlich bedeutenden Spannung entgegenzuwirken, müssen die Wagen sich in schlangenförmiger Bahn bewegen. Das abgerollte asphaltirte Kabel wird zum Graben hinübergetragen und ohne Spannung versenkt. Unmittelbar darauf erhält es zum Schutz gegen Sonne etc. eine Decke von circa zehn Centimeter steinfreier Erde oder Sand. Die Zuschüttung des Grabens und die Wiederherstellung der Straße werden von der zweiten Erdarbeiter-Colonne bewirkt.

Dort, wo Brückenmauerwerk durchschnitten ist, kann die Zufüllung des Grabens selbstredend erst nach geschehener Wiederaufmauerung des Bauwerkes erfolgen. Die hierzu erforderlichen sachverständigen Arbeiter und die Materialien, als Kalk, Cement etc., werden nach Maßgabe des Bedarfs mitgeführt.

Eine zeitraubende, schwere Arbeit giebt es dort, wo der Straßenkörper durch das Mauerwerk von Brücken, Wasserdurchlässen und ähnlichen regelmäßig wiederkehrenden Baulichkeiten unterbrochen wird. Hier muß das Kabel im oder unter diese Mauer verlegt werden. Erhebliche Hindernisse bieten die zu überschreitenden großen Wasserläufe. Wo Brücken vorhanden und diese es gestatten, schließt sich das Kabel dem Mauerwerk an, ist dieses aber nicht statthaft, so werden Flußkabel von einer der Stärke des Stromes, seinem Eisgange und der auf ihm sich bewegenden Schifffahrt entsprechenden Beschaffenheit verwandt. Mittelst Prahmen, Fähren oder Dampfschiffen wird die Verlegung bewirkt.

Von größter Wichtigkeit bei der Anlage unterirdischer Linien ist die gute Verlöthung und Verbindung der einzelnen Kabeltaue beziehentlich Kabeladern mit einander. Löthstellen, welche nicht auf das Sorgfältigste hergestellt worden sind, verlieren mit der Zeit ihre Isolationsfähigkeit und sind eine Quelle dauernder Uebelstände für den Betrieb der Linie. Auch hier sind die Unternehmer den Aufgaben gerecht geworden, und einige vortrefflich, geschulte Leute, bei Felten und Guilleaume aus der englischen Guttapercha-Compagnie führen diese schwierige Arbeit mit größter, gleichmäßiger Sorgfalt aus.

Nach Fertigstellung jeder Löthstelle wird dieselbe auf Isolationsfähigkeit untersucht und sowohl hierzu, wie zur Untersuchung der Leitung auf Arbeitsfähigkeit wird ein Untersuchungswagen mitgeführt. Ein Feldtelegraphenapparatsystem ermöglicht die unausgesetzte telegraphische Verständigung mit dem nächsten Telegraphenamt, dessen dauernde Mitwirkung bei den elektrischen Messungen nicht entbehrt werden kann.

Sind die Messungen vorgenommen, ist die Isolationsfähigkeit geprüft und auch die bis dahin zum Zwecke der Ausführung dieser Untersuchungen freigebliebene siebente Ader der Isolirschicht umgeben, so wird das Ganze mit einer Muffe, der sogenannten Löthmuffe, umhüllt, und damit ist die Herstellung der Löthstelle beendet.

Der Hauptgrund, weshalb man den oberirdischen Telegraphenbau verlassen und zu dem unterirdischen übergehen zu müssen glaubte, lag bekanntlich, in den vielfachen Störungen, die bei dem oberirdischen System geradezu unvermeidlich waren. Drahtbrüche, u. dergl., wodurch oft tagelang der Betrieb der Leitungen gestört wird, waren unter der Erde nicht zu befürchten, und die Gefahr, daß die Hauptcentren des Verkehrs, Städte wie Berlin, Wien und Paris, mehrere Tage hinter einander vollständig von jedem telegraphischen Verkehr ausgeschlossen waren, wurde beseitigt. Die einzigen Bedenken gegen den Ersatz der oberirdischen Telegraphen durch unterirdische bestanden darin, daß man befürchten mußte, die Auffindung der schadhaften Stellen der unterirdischen Leitungen würde viel längere Zeit in Anspruch nehmen, als dies bei den oberirdischen der Fall ist. Doch seit man Meßinstrumente erfunden, durch deren Anwendung man mit absoluter Bestimmtheit den Ort finden kann, wo das Telegraphenkabel eine etwaige schadhafte Stelle hat, schwanden auch diese Bedenken, und mit Ruhe konnte der Bau in Angriff genommen werden. Einen sprechenden Beweis für die Sicherheit der Meßinstrumente liefert ein in den ersten Tagen der Inbetriebsetzung des Berlin-Kölner Kabels vorgekommener Störungsfall, wo plötzlich der elektrische Strom den Dienst versagte. Man ermittelte durch die zur Stelle befindlichen Meßinstrumente den schadhaften Punkt, und auf telegraphische Anweisung, diesen Ort zu untersuchen, wurde festgestellt, daß an dieser Stelle Kirmeßbuden errichtet waren und zur Befestigung einer derselben ein eiserner Pfahl in die Erde getrieben war, – der das Kabel so unglücklich traf, daß der Strom unterbrochen werden mußte. Innerhalb weniger Stunden hatte man also auf bedeutende Entfernungen die schadhafte Stelle des Kabels festgestellt und den Schaden selbst gehoben. Die Erfahrungen, die seitdem gesammelt worden sind, bestätigen die Zuverlässigkeit des unterirdischen Telegraphenkabels.

Wie schon gesagt, ist im verflossenen Jahre für den Westen unseres Vaterlandes das Werk zum Abschluß gebracht worden, und es bedarf wohl keines Nachweises über die große Bedeutung desselben sowohl für die Interessen des Staates, wie für die der Völker. Wir haben Störungen im Telegraphenbetriebe, wie sie noch bisher sich jeden Winter wiederholten, nicht mehr zu befürchten. Die Nachrichten werden keinen Augenblick mehr aufgehalten; unsichtbar, doch rastlos, wirkend, durchfliegt der elektrische Funke den der Erde anvertrauten Draht, hierhin frohe Nachrichten, dorthin Trübsal bringend, doch zum Heil des Volkes und Vaterlandes nach jeder Richtung hin seine Schuldigkeit verrichtend.

W. Lülling.





Aus der argentinischen Provinz Mendoza.

Reiseskizzen von A. Goering.

Wir befanden uns in der Provinz Mendoza. Je mehr wir uns der am Fuße der Cordilleren liegenden gleichnamigen Hauptstadt nähern, desto häufiger werden die Niederlassungen und desto höher steigen die majestätischen Gebirgsmauern mit ihren ewig in Schnee gehüllten Häuptern empor. Schon aus weiter Ferne, als wir uns noch in der Provinz San Luis befanden, erblickten wir bei Sonnenuntergang den ungemein malerisch geschnittenen Gebirgszug, und mit immer neuer Bewunderung staunten wir das großartige Landschaftsbild an. Wie eine ferne Meeresküste erschien uns aber dieses Gebirge, wenn am frühen Morgen sich eine dichte Nebeldecke über die Ebene breitete; so flach und gleichmäßig lag sie über der Landschaft, daß hier und da größere Baumgruppen und Häuser inselartig aus derselben hervorleuchteten. Schon lange bevor die kühle Morgendämmerung auf der Ebene der wärmenden Sonne gewichen war, strahlten die mächtigen Bergkolosse in hellem Glanze und spiegelten ihre immer wechselnden prächtigen Farben zitternd im Nebelmeer. Wie hingehaucht und schwimmend auf den graublauen Nebelfluthen, erschien eine gewaltige Gebirgswelt gleich einem Märchen, hervorgezaubert durch die allbelebende Sonne. Immer klarer wurden die Formen, und immer deutlicher gestalteten sich die Einzelheiten des großen Gemäldes, bis endlich mit dem vollen Sonnenlicht, welches nun auf die Ebene fiel, der Nebel sich theilte und die ganze großartige Landschaft, wie zur Wirklichkeit geworden, frei vor uns lag.

Die zwischen 1600 und 1700 geographische Quadratmeilen umfassende Provinz Mendoza hat nur ungefähr 80,000 bis 90,000 Einwohner. Das noch uncultivirte Land ist hauptsächlich mit dornigen Mimosenbüschen und verschiedenen Cactusarten bedeckt, welche der Gegend einen höchst eigenthümlichen Charakter verleihen. Auch alle andern hier wachsenden Pflanzen sind knorrig gewachsen und kleinblättrig und haben nirgends das üppige dichte Laubwerk, wie die meisten Pflanzen der Tropenzone. Myrtenartige, niedrige Gewächse bedecken namentlich südlich von der Stadt oft weite Strecken; dann folgen wiederum Mimosenhecken, niedrige und hohe, oft prachtvoll blühende Cactusformen, welche zusammen auf sandigem trockenem Boden ein hier und da undurchdringliches Dickicht bilden. Eben mit solchem Pflanzenwuchse

bedeckte Sanddünen (Mendanos) erheben sich da und dort wie kleine

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1881). Leipzig: Ernst Keil, 1881, Seite 48. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1881)_048.jpg&oldid=- (Version vom 14.9.2022)