Seite:Die Gartenlaube (1881) 135.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1881)

Gerne preist der Landsknecht die Vorzüge seines Standes. „Des Knaben Wunderhorn“ hat uns ein derartiges Lied aufbewahrt, von welchem wir die bezeichnendste Strophe wiedergeben:

„Beim Bauern muß ich dreschen
Und essen saure Milch.
Belm König trag ich volle Fleschen (Flaschen),
Beim Bauern groben Zwilch.
Beim König tret ich ganz tapfer ins Feld,
Zieh daher als ein freier Held,
Zerhauen und zerschnitten (in geschlitzter Tracht).“

Leider sind uns von den meisten Liedern nur Bruchstücke, vielfach auch nur die Angaben des „Tones“ , das heißt der Melodie, nach welcher sie gesungen wurden, überkommen.

Selbst der wackere Frundsberg dichtet nach der Schlacht von Pavia, dem Ehrentage seines ruhmreichen Lebens, ein Liedlein, welches er sich auf seinem Schlosse Mindelheim vierstimmig mit Instrumenten vortragen läßt, dessen letzter Vers aber zur Genüge zeigt, wie man die Verdienste des alternden Helden belohnt:

„Kein Dank noch Lohn
Davon ich bring’,
Man wiegt mich ring (gering)
Und ist mein gar
Vergessen; zwar
Groß Noth und G’fahr
Ich bestanden hau,
Was Freude soll ich haben
     dran?“

Ob das schöne Soldatenlied:

„Kein sel’ger Tod ist in der
     Welt,
Als wer vor’m Feind erschlagen
Auf grüner Haid’, im freien
     Feld
Darf nit hören groß Weh-
     klagen!“

dieser oder einer späteren Zeit entsprungen vermögen wir nicht anzugeben.

Die Namen der Obristen und Hauptleute, welche Kaiser Max bei seiner Schöpfung unterstützt, sind uns zumeist verloren gegangen. Der Franzose Brantome hält es für eine Schande, viel von Ihnen zu schreiben, „weil so viele Geschichten von ihnen reden“. – Franz von

Der Fähndrich.
Originalzeichnung von Adolf Neumann

Sickingen, der sowohl für die deutsche, wie auch für die französische Krone oft Landsknechte anwarb, darf doch den eigentlichen Landsknechtsführern nicht zugerechnet werden; denn als kleiner Dynast führte er sowohl die Fehde gegen Worms, wie auch gegen Trier, Hessen und Pfalz auf eigene Faust und Rechnung. Frundsberg dagegen Schärtlin, Conrad von Bemelberg, seiner hessischen Abstammung halber „der kleine Heß“ genannt, Sebastian Vogelberger sowie die Gebrüder Jacob und Ma Sittich von Ems können als Urbilder echter Landsknechtsobristen gelten. Des tapfern Claus Seidensticker’s, Hauptmanns und Profoßen, erwähnen wir deshalb, weil er der Urahne des durch seine vortrefflichen Lehrbücher verschiedener Sprachen in dem Gedächtnisse vieler Leser gewiß fortlebenden Philologen Seidensticker ist. Bei der Erstürmung Roms war er der Erste, welcher die Mauer erstieg.

Sowohl der Hang zu Abenteuern und gutem Solde wie das verderbliche Werbesystem hat das Landsknechtswesen Jahrhunderte lang fortwuchern lassen. Streng genommen, erhielt es sich in seinen Resten noch bis auf unsere Zeit; denn noch vor wenigen Jahren sahen wir manch deutschen Gesellen, dem außer persönlicher Tapferkeit allerdings nur wenig Gutes nachzurühmen sein mochte, sich auf fremden Schlachtfeldern verbluten. Die Schweizerlegion des Krimkrieges und die berüchtigte Fremdenlegion Algiers enthielten verhältnißmäßig ebenso viel deutsches Element, wie die nordamerikanischen Heere während des großen Bürgerkrieges. Wir sind weit davon entfernt, letztere Streiter mit den gewöhnlichen Soldknechten der Schweizer und der Fremdenlegion vergleichen zu wollen, können jedoch nur wünschen, daß die Volkskraft in Zukunft dem heimathlichen Boden erhalten bleiben und die auch jenseits des Oceans erprobte deutsche Kriegstüchtigkeit sich nur zum Schirm und Schutz des eigenen Vaterlandes bewähren möge.




Blätter und Blüthen.

Vermißte. (Fortsetzung von Nr. 41, Jahrgang 1880):

30) Ernst Altel, 1845 zu Glatz in Schlesien geboren, Schriftsetzer, zu Anfang 1877 zu Frankfurt am Main in Condition, ist von dort verschwunden und seitdem für seinen einzig noch lebenden Bruder verschollen.

31) Ein Bruder sucht seine zwei Schwestern: Emilie und Mathilde Bils, Töchter des 1853 zu Königsberg in Preußen verstorbenen Premierlieutenants bei der Artillerie und Zeichenlehrers Friedrich Bils. Erstere war um 1866 in Stellung beim Hofconditor Kranzler in Berlin, letztere in einem Mehlgeschäft am Potsdamer Thor daselbst. Der Bruder begiebt sich Ende März nach Amerika.

32) Georg Burdach, Seemann, 1856 in Berlin geboren, fuhr den 2. September 1874 mit einem Kauffahrtschiff nach Savannah, war 1876 wieder in Hamburg, wo er eine Sendung von den Seinigen, die er seitdem ohne Nachricht gelassen hat, in Empfang nahm.

33) Der Knabe Heinrich Gräwe, Sohn des Chaussee-Arbeiters Wilhelm Gräwe zu Colonie, geboren am 22. März 1867, hat sich am 15. September vorigen Jahres aus dem Hause seiner Eltern entfernt und ist bis jetzt noch nicht zurückgekehrt. Derselbe ist mittler Statur, hat bleiche Gesichtsfarbe, längliches Gesicht, blonde Haare und war bekleidet mit einem gestreiften, braunen Sommer-Buckskin-Anzuge, grauer Klappmütze und Schuhen.

34) Rudolph Greifzu aus Elberfeld, Bildhauer und etwa dreißig Jahre alt, der einzige Ernährer seiner alten Mutter, einer Wittwe, ist am 18. Mai 1878 von dieser in Liebe und Frieden geschieden, um in Stuttgart Beschäftigung zu suchen. Er versprach, gleich nach seiner Ankunft dort an sie zu schreiben, aber es ist von dort keine Nachricht, weder von ihm, noch über ihn, eingelaufen, und alle Nachforschungen nach ihm sind bis jetzt erfolglos gewesen.

35) Christian Rudolf Griem, Zimmermann, 1849 in Trittau in Holstein geboren, wanderte im Mai 1870 nach Nordamerika, wohnte bis Mitte 1870 in Philmont, Columbia C., St. New-York, wollte von da nach Südamerika, ist aber seitdem verschwunden.

36) Gottfried Hammer, geboren in Böhlitz bei Mutzschen in Sachsen, lebte zu Simferopol im russischen Gouvernement Taurien, von wo er bis 1875 seine Schwester in der Heimath unterstützte. Seitdem verschollen.

37) Paul Otto Hanns, Sohn der Wittwe Hanns in Meißen, jetzt im fünfundzwanzigsten Jahre stehend, hat 1872 als Tischlergeselle seine Wanderschaft angetreten, kam über Leipzig in das nördliche Deutschland und die Rheingegenden, hat unter Anderem in Hildesheim, Wolfenbüttel, M.-Gladbach und Dortmund in Arbeit gestanden und seiner Mutter im März 1876 zum letzten Mal von Elberfeld aus geschrieben. Hier, wie im folgenden Jahre in Sangerhausen, hat er sich zum Militärdienst gestellt

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1881). Leipzig: Ernst Keil, 1881, Seite 135. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1881)_135.jpg&oldid=- (Version vom 14.9.2022)