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Verschiedene: Die Gartenlaube (1881)


gestattet, in dem Gräfe und Unzer’schen Geschäftslocale das interessante Portrait des großen Philosophen, von dem auch eine photographische Nachbildung (L. E. Gottheil, Königsberg) existirt, in Augenschein zu nehmen. Auch wir verdanken die Möglichkeit einer Reproduction des interessanten Bildes nur der Freundlichkeit der Herren Dreher und Stürtz.




Noch einmal „Wintergärten im Freien“. Unsere Leser werden sich freuen, zu erfahren, daß es Wintergärten im Freien, die Carus Sterne in Nr. 9 der „Gartenlaube“ so anziehend schildert, bereits giebt, wenn auch nicht so häufig, wie man wünschen möchte. Man findet sie in kleinen Stadtgärten oder in immergrünen Abtheilungen von Park- und Volksgärten. Praktische Anleitung dazu finden wir in verschiedenen Gartenbüchern und Zeitschriften, unter anderm schrieb unser Mitarbeiter H. Jäger schon vor vierzig Jahren in die „Allgemeine Garten-Zeitung“ von Otto und Dietrich einen Artikel über diesen Gegenstand, wie er auch in verschiedenen späteren Schriften auf denselben zurückkommt. Auch der ersten Frühlingsblumen wird dort ausführlich gedacht. Wer aber sehen will, wie viele Frühlingsblumen zu solchen Gärten geeignet sind, der besuche den Frühlingsgarten „Siebenbergen“, auf einer Insel des Aueparkes in Kassel!

Leider sind unsere derartigen Gärten wegen Mangels an immergrünen und großblätterigen Sträuchern nicht so vollkommen, wie in England und in andern wärmern Gegenden. Erträglich bestellt ist es hiermit nur im südwestlichen Deutschland, wo der Kirschlorbeer, der portugiesische Lorbeer, die Rhododendren und die Stechpalmen unbedeckt sich gut halten. Im Winter 1880 erfroren diese und andere Pflanzen auch in dem milden Baden-Baden. Für den Wintergarten im Freien tragen wir hier noch nach: die herrliche Frühlingshaide (Erica herbacea), die oft schon im Februar blüht, die japanische Quitte (Cydonia japonica) mit großen meist feuerrothen Blumen, die daurische Alpenrose (Rhododendron davuricum) mit röthlichen Blumen und die japanesischen Forsythia viridissima und suspensa mit großen gelben Blumen. Die frühblühende von Bienen umschwärmte Sohl- oder Saalweide, die „Palme“ des Palmsonntags in Süddeutschland, dürfte auch nicht fehlen. Die erwähnte Petasites (Tussilago) fragrans wird des Wohlgeruchs wegen bei uns in Töpfen gezogen, weil sie im Freien nicht zur Geltung kommt.




Die Briquettagebauten in Lothringen. Der Bezirk Deutschlothringen besitzt ein hochinteressantes, wahrscheinlich vorhistorisches Bauwerk, das in der gelehrten Welt heute noch so gut wie unbekannt sein dürfte. Es ist dies der sogenannte Briquettagebau im Seillethal, Kreis Chateau-Salins, zwischen Vic und Marsal. Gräbt man daselbst durch den etwa drei bis vier Meter tiefen Alluvialboden, so stößt man auf ein ungefähr ein bis zwei Meter dickes Ziegelsteinmauerwerk, das in einer Ausdehnung von mehreren Quadratkilometern als eine ungeheure Decke den unergründlichen Sumpfboden des Seillethales überspannt. An Massenhaftigkeit dürfte das Bauwerk über die ägyptischen Pyramiden zu stellen sein, und es ist nicht unwahrscheinlich, daß durch entsprechende Nachgrabungen noch weitere solcher Ueberreste entdeckt werden. Vielleicht sind sie auf keltischen Ursprung zurückzuführen. Nach Vertreibung der Kelten durch die Gallier mögen Letztere die vorgefundenen Bauwerke erweitert und in feste Zufluchtsorte, von Cäsar Oppida genannt, umgewandelt haben, die in Friedenszeiten nicht bewohnt wurden, in welchen aber zur Zeit der Kriegsgefahr Greise, Weiber, Kinder und Heerden Unterkommen und beim unglücklichen Ausgang eines Feldzuges die sich flüchtenden Krieger das letzte Asyl fanden. Diese Zufluchtsorte müssen bei der früher noch viel stärkeren Versumpfung des Seillethales geradezu uneinnehmbar gewesen sein. Historisch steht fest, daß auch die Römer den Briquettagebau theilweise benutzt haben, um die 40 bis 50 Jahre nach Christi Geburt angelegte Straße von Metz über Grigy, Ars-Laquenexy, Bazoncourt, Pange, Remilly, Bisping, Marsal, Saarburg, Zabern nach Straßburg durch die Sümpfe des Seillethales hinwegzuführen.

Vollständiges Licht über Alter, Zweck und Ausdehnung des Briquettagebaus können nur systematisch ausgeführte Nachgrabungen verbreiten. Letztere würden ohne Zweifel ein interessantes und reichhaltiges Material liefern, da einerseits der feste Unterbau das Versinken der im Laufe der Jahrhunderte angesammelten Gegenstände verhinderte, während dieselben andererseits durch die Seille bei ihren alljährlich mit ziemlicher Regelmäßigkeit eintretenden Ueberschwemmungen mit einer schützenden Bodenschicht bedeckt wurden. Zweck dieser Zeilen ist, berufene Archäologen für dieses Bauwerk zu interessiren und sie zu veranlassen, dasselbe zum Gegenstande ihrer Forschungen zu machen.

L.




Max Maria von Weber, einer unserer ältesten Mitarbeiter, ausgezeichnet durch große Fülle des Wissens wie durch den seltenen Vorzug einer künstlerisch feinfühligen Darstellungsgabe, gehört seit dem zweiten Osterfeiertage zu den Todten. Auf einem Spaziergange in der Nähe Berlins – der letzten Stätte seines Wirkens – plötzlich vom Herzschlag ereilt, beschloß er allzu früh sein thätiges Leben. Als Sohn des allbekannten Tondichters Karl Maria von Weber 1822 zu Dresden geboren und auf der dortigen Polytechnischen Schule ausgebildet, widmete er sich dem Eisenbahn-Ingenieurfache und wirkte nach langjährigen Reisen in Europa und Afrika in hohen und einflußreichen Fachstellungen, zuerst im sächsischen, dann im österreichischen, zuletzt im preußischen Staatsdienste. Seine Tüchtigteit und seine Kenntnisse auf technischem, wirtschaftlichem und administrativem Gebiete bewährten sich in seinen verantwortungsvollen Aemtern auf’s Glänzendste.

Schriftstellerisch hat Weber sich mannigfach bethätigt. Unter seinen zahlreichen, dem Felde der Eisenbahntechnik angehörigen Werken erwähnen wir hier nur seine „Schule des Eisenbahnwesens“. Weithin bekannt geworden ist Weber’s im Verlage der „Gartenlaube“ erschienenes Lebensbild seines Vaters: „Karl Maria von Weber“ (1864 bis 1866), ein in musikliebenden Kreisen mit Recht geschätztes Werk, gleich bedeutsam durch den Reichthum eines geistvollen Inhalts wie durch die Wärme einer stets lichtvollen Darstellung. Speciell den Lesern unseres Blattes bekannt und werth geworden ist Weber aber durch seine zahlreichen Artikel aus dem Gebiete der Biographie – wir erinnern nur an die Aufsätze über Karl Maria von Weber und Robert Stephenson –, der Reiseliteratur und des Eisenbahnwesens.

Durch das Band herzlicher Freundschaft mit dem edlen Schöpfer der „Gartenlaube“, unserem theuern Ernst Keil, verbunden, stand er seit dem Jahre 1855 mit nimmer müder, stets kampf- und schaffensfreudiger Feder in den Reihen der Unsrigen, und bis zuletzt bekundeten seine werthvollen Beiträge zu unserem Blatte jene echt feuilletonische Ader, welche Fülle des Inhalts mit Frische der Form verbindet. Ein leuchtendes Beispiel hierfür war noch eine seiner letzten Schilderungen, jene mit so einmüthigem Beifall aufgenommene kleine Erzählung aus dem Eisenbahnleben. „Um eines Knopfes Dicke“. Unsere Leser werden mit uns dem treuen Freunde der „Gartenlaube“ ein freundliches Andenken gewiß nicht versagen. Die Reihen unserer Streiter von der alten Garde lichten sich mehr und mehr – um so wehmütiger gemahnt uns jede neu gerissene Lücke: Max Maria von Weber’s Hingang bedeutet uns einen der schmerzlichsten Verluste.




 Sehnsucht.

Die Sehnsucht winkt mir aus des Himmels Blau;
Sie flüstert in der Lüfte mildem Wehen;
Die Blumen duften sie im Morgenthau;
Leis’ klingt sie aus der Nachtigallen Flehen.

Die Sonne glüht sie scheidend noch in’s Thal;
Im Waldesdunkel rauschen sie die Quellen;
Mit goldnem Griffel schreibt der Mondesstrahl
Sie zitternd auf des stillen Seees Wellen.

Am Himmel leuchtet sie die Sternenpracht
Geheimnißvoll in sommernächt’ger Stunde,
Doch grüßt sie mich mit ihrer ganzen Macht
Erst aus des Menschenauges tiefem Grunde.

  Liddy Richter.





Kleiner Briefkasten.

F. G. in Triest. Hoho! Sie werfen sich ja in die Brust wie ein Spanier, Liebster. Von einer Redaction, die, wie die unsrige, mit Manuscripten – darunter recht viel unwillkommene Gäste – wahrhaft überschwemmt wird, kann kein billig Denkender verlangen, daß sie eingesandte Beiträge, die nicht eiliger Natur sind, von heute auf morgen erledige. Eine Lagerungsfrist von zwei bis drei Wochen ist für solche Einsendungen wahrlich ein nicht lang bemessener Termin. Kühlen Sie also Ihr Müthchen und – warten Sie! Woher sollten wir die Zeit nehmen, wenn wir alle unbilligen Wünsche in dem ungenirten Stile des Ihrigen erfüllen sollten? Und nicht nur eilige Entscheidung über Annahme oder Ablehnung des Manuscripts wollen Sie, nein, auch den „Abdruck in der nächsten Nummer“. Sie verwechseln den Geschäftsgang von Tageblatt-Redactionen mit den durch die Natur der Sache gebotenen Gewohnheiten im Bureau der „Gartenlaube“. Haben Sie ganz vergessen, daß wir vierzehn Tage bis drei Wochen zur technischen Herstellung einer Wochennummer gebrauchen? Mit Ihrer Forderung bezüglich der nächsten Nummer sieht es also etwas windig aus, lieber Herr.

H. Ke. in Brünn. Das von Dr. Kalthof herausgegebene „Correspondenzblatt für kirchliche Reform“ (Berlin, C. Barthel’sche Buchhandlung) erscheint monatlich einmal. Der Abonnementspreis beträgt für’s Jahr, incl. Zusendung, zwei Mark pränumerando.

V. in Mainz. Ihr Arzt hat Ihnen gerathen, Ihrer Nerven wegen das Tabakrauchen aufzugeben, und nun fragen Sie uns, ob Sie wenigstens die von Nicotin befreiten Cigarren der Firma Dr. R. Kißling und Compagnie in Bremen rauchen dürften? Ja, so fragen Sie doch Ihren Arzt! Was wir zufällig wissen und Ihnen mittheilen können, ist einzig soviel, daß Personen unserer Bekanntschaft, welche die gewöhnlichen nicotinhaltigen Cigarren nicht vertragen, solche von dem am stärksten auf den Organismus wirkenden Bestandtheil des Tabaks befreite Cigarren mit Behagen und Genuß rauchen. Natürlich wäre es das Einfachste, wenn Jemand, der keinen Kaffee oder keinen Tabak vertragen kann, diese beiden das geschwächte Nervensystem zu stark erregenden Genußmittel sofort aufstecken wollte. Aber das geht bekanntlich nicht so leicht, wie es aussieht, da der Mensch eben ein Gewohnheitsthier ist und sich daher sozusagen selber hintergehen muß, um sich mittelst coffeinfreien Kaffees, nicotinfreier Cigarren und ähnlicher „Phantasie-Artikel“ eine goldene Brücke zu bauen, über die er, ohne äußerlich die alte, liebgewonnene Gewohnheit aufzugeben, zur Beruhigung der Nerven zu gelangen vermag. Für Viele mag ein solches Vorgehen eine zeitweise Erholung des Organismus sein, für Andere einen Uebergang zu voller Enthaltsamkeit in der betreffenden Richtung erleichtern, ohne daß diese Mittel etwas von dem abschreckenden Charakter jener anderen besäßen, mit denen man den Kindern die Mutterbrust, den Trinkern die Flasche zu verleiden sucht, Aloe, Asafötida, Brechweinstein und wie diese Ekelstoffe sonst heißen. Die nicotinfreien Cigarren werden vielmehr auch aus edlen und wohlschmeckenden Tabakssorten dargestellt, und es liegt bei der genannten Bremer Fabrik die Garantie wirklicher Nicotinbefreiung vor; man kann vermuthen, daß sie angesichts des drohenden Tabaksmonopols, welches eine gute Cigarre nahezu unerschwinglich machen dürfte, eine besondere Bedeutung als Entwöhnungsmittel erlangen werden.



Verantwortlicher Redacteur Dr. Ernst Ziel in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1881). Leipzig: Ernst Keil, 1881, Seite 320. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1881)_320.jpg&oldid=- (Version vom 26.4.2023)