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Verschiedene: Die Gartenlaube (1881)

Von den Königsbergern wurde der Ort nach altgriechischer Sitte Stoa Kantiana benannt, als jedoch die Universität in ihr neues Gebäude auf Königsgarten übersiedelte, verschloß man die Halle mit einfachem Lattenwerk, und erst das hundertjährige Jubiläum der „Kritik der reinen Vernunft“ (vergl. „Gartenlaube“ 1881, Nr. 19) gab Veranlassung zur Begründung einer Grabcapelle, welche am 19. Juni dieses Jahres feierlich eröffnet wurde.

Ehe aber die Gebeine Kant’s in dieser Capelle, welche an dem östlichen Ende der Stoa Kantiana liegt, beigesetzt wurden, entbrannte zunächst unter den Königsberger Gelehrten die Streitfrage über die Identität jener Gebeine. Als nämlich am 22. Juni 1880 das verfallene Grab Kant’s geöffnet wurde, fand man in demselben zerstreut die Theile eines männlichen Skelets und die bekannte Tafel mit der Inschrift: „Cineres mortales immortalis Kantii“, während der Sarg vollständig vermodert war. Unmittelbar unter dieser Tafel stieß man indessen auf ein zweites, ebenfalls männliches Skelet. Nun wußte man aber, daß Professor Knorre aus Königsberg gleich nach dem Tode Kant’s den Kopf des Verstorbenen in Gyps abgeformt hatte, und da die Abgüsse dieser Form bis jetzt noch wohlerhalten sind, so verglich man dieselben mit den beiden ausgegrabenen Schädeln. Die peinliche wissenschaftliche Untersuchung ergab mit Bestimmtheit, daß der zweite der beiden ausgegrabenen Schädel der echte Kant’sche sei, und so wurde denn das zweite Skelet in der Kant-Capelle beigesetzt.

Betreten wir die Ruhestätte des Weisen von Königsberg, so erblicken wir links vom Eingange derselben in dem mit schwarzen und weißen Marmorfließen getäfelten Flur den Scheffner’schen Stein; unter ihm liegt in doppeltem Zinksarge das Skelet Kant’s. Hinter dem Grabsteine erhebt sich auf einem Postamente die Büste des Todten, in weißem carrarischem Marmor von Professor Siemering ausgeführt, während die Hintere Wandfläche der Capelle einen würdigen Abschluß findet durch die von dem Königsberger Künstler Neide grau in grau auf Leinwand gemalte Copie des berühmten Raphael’schen Bildes „Die Schule von Athen“ Die Büste Kant’s ist derart angebracht worden, daß sie zwischen den beiden Hauptfiguren des Gemäldes, zwischen Plato und Aristoteles, sichtbar wird. An der dem Eintretenden gegenüberliegenden Wand grüßen uns die letzten Worte jenes allgemein bekannten Passus aus der „Kritik der praktischen Vernunft“: „Zwei Dinge erfüllen das Gemüth mit immer neuer und zunehmender Bewunderung und Ehrfurcht, je öfter und anhaltender sich das Nachdenken damit beschäftigt: Der bestirnte Himmel über mir und das moralische Gesetz in mir.

Königsberg ist durch die Stiftung der Kant-Capelle einer Pflicht der Pietät gegen seinen großen Mitbürger in anerkennenswerther Weise nachgekommen, Deutschland aber schuldet dem edlen Tobten noch immer die Erfüllung einer weit größeren Pflicht: es hat danach zu streben, daß die Resultate der mühevollen geistigen Arbeit Kant’s mehr und mehr zum Eigenthum der breitesten Volksmassen werden. Hoffen wir, daß man an maßgebender Stelle im deutschen Reiche dieser Pflicht sich endlich bewußt werde!




Schiller’s Leben von Heinrich Düntzer. (Leipzig, Fues’ Verlag.) Heinrich Düntzer gehört zu den berufensten Interpreten unserer klassischen Dichter. Nicht nur durch seine werthvollen gelehrten Arbeiten, sondern auch – und vielleicht in noch höherem Grade – durch seine populär gehaltenen biographischen Werke aus dem Gebiete der deutschen Literaturgeschichte hat er sich ein dauerndes Verdienst um die Hebung jener Schätze erworben, welche der Mit- und Nachwelt in den Werken und im Leben unserer Literaturkoryphäen so reichlich geboten wurden. So ist auch sein soeben erschienenes „Leben Schiller’s“ ein dankenswerthes Geschenk an die deutsche Nation. Das mit sechsundvierzig Illustrationen und fünf Beilagen geschmückte Werk begleitet die Lebens- und Strebenswege unseres genialen Dichters von dessen erstem Eintritt in die Welt bis zu jenem verhängnißvollen Maimorgen, der uns den erhabensten unter den deutschen Poeten entriß, in immer geistvoll erläuternder und vielfach auf die zunächst einwirkenden Zeiteinflüsse hindeutender Weise. Düntzer geht hier mit jener feinen psychologischen Spürkraft, die zu den vornehmsten Eigenschaften des echten Dichterbiographen gehört, den geheimsten Entwickelungsfäden in Schiller’s Leben und Dichten nach, und so erschließt er uns manchen neuen, theilweise überraschenden Blick sowohl in die Seele des edlen Meisters von Weimar, wie in die Werkstätte von dessen dichterischem Schaffen. Ohne auf die Einzelnheiten des auch äußerlich sehr geschmackvoll ausgestatteten Buches hier näher eingehen zu können, beschränken wir uns auf obigen kurzen Hinweis und geben dem von uns freudig willkommen geheißenen Werke die besten Wünsche mit auf den Weg zum Herzen des deutschen Volkes.




Die vier Ebner’schen Waisen, für welche wir in unserer Nr. 17 einen Aufruf erließen, konnten jetzt dank der durch uns angeregten Mildthätigkeit aus Italien in ihre deutsche Heimath zurückkehren und wurden auf Rechnung der zu ihrer Versorgung verpflichteten Gemeinde bei ihren Verwandten untergebracht. Indem wir hiermit denjenigen unter unsern Lesern, welche den Kindern durch menschenfreundliche Spenden die Heimkehr ermöglichten, unseren wärmsten Dank sagen, fühlen wir uns verpflichtet, auch dem „Deutschen Hülfsverein in Neapel unsere dankbare Anerkennung für die Bereitwilligkeit auszusprechen, mit welcher er die Beförderung der Waisen nach Deutschland ebenso umsichtig wie liebenswürdig leitete und überwachte. Der genannte Verein, welcher sich die Aufgabe gestellt hat, unterstützungsbedürftigen Deutschen in Süditalien nach Möglichkeit helfend zur Seite zu stehen, sei hiermit der Aufmerksamkeit unserer wohlthätigen Landsleute aus das Beste empfohlen! Wer sein Scherflein beisteuert zur Milderung deutschen Elends im Auslande, vollführt ein wahrhaft patriotisches Werk. Die Adresse des Vereins lautet einfach: „Deutscher Hülfsverein in Neapel“.

D. Red.




Die Gärtnermaid.

Nun blühn die Rosen wieder,
So wie vergangnes Jahr;
Der Sprosser schlägt im Flieder;
Vom Dache singt der Staar;

5
Im Glashaus und im Garten

Muß ich der Blumen warten,
So wie vergangnes Jahr.

Manch Kränzlein muß ich winden,
So wie vergangnes Jahr;

10
Manch Sträußlein muß ich binden

Für manches Liebespaar –
Das kann ich nur mit Schmerzen,
Das kann ich nicht von Herzen,
So wie vergangnes Jahr.

15
Ich lehne an der Linde,

So wie vergangnes Jahr,
Ich winde, ach, und binde
Für Tanzsaal und Altar;
Für mich sind keine Kränze

20
Mir blühen keine Lenze,

So wie vergangnes Jahr.

Ach, wenn er kommen müßte,
So wie vergangnes Jahr,
Wo er so innig küßte

25
Mir Augen, Mund und Haar!

Ja, wenn er nicht geschieden,
Wär’ alles noch hienieden,
So wie vergangnes Jahr.

Daß ich ihn einst besessen,

30
So wie vergangnes Jahr,

Das kann ich nicht vergessen,
Und daß er treulos war:
Drum muß ich bitter weinen.
Und nichts will mir erscheinen,

35
So wie vergangnes Jahr.


Die Myrthen will ich gießen,
So wie vergangnes Jahr,
Damit sie blühn und sprießen
Für meine Todtenbahr’.

40
Im Frühling möcht’ ich gehen –

Ich kann ihn nicht verstehen,
So wie vergangnes Jahr.

G. Emil Barthel.





Kleiner Briefkasten.

E. P. in Constanz. Schon in der nächsten Nummer werden wir die längst angekündigte Artikelreihe „Um die Erde“, Beiträge in Wort und Bild von unserem Weltfahrer Rudolf Cronau, mit einem illustrirten Artikel über das Straßenleben New-Yorks eröffnen. Herr Cronau hat, nachdem er die Oststaaten Nordamerikas besucht, in Gemeinschaft mit dem bekannten Schwimmer, Capitain Boyton, eine gefahrvolle und ereignißreiche Bootfahrt auf dem Mississippi, von St. Paul bis St. Louis, glücklich überstanden und wird nicht verfehlen, unseren Lesern mit Stift und Feder darüber Bericht zu erstatten. Cronau’s jüngste Nachrichten datiren aus St. Louis.

M. G. in Sagan. Wir bedauern, von Ihrer Offerte keinen Gebrauch machen zu können. Die Antwort auf eingesandte Gedichte ist, wie schon oft erklärt: Abdruck oder stillschweigende Vernichtung. Correspondenzen über eingesandte Lyrik verbieten sich durch die Masse der in dieser Beziehung an die Redaction gestellten Anforderungen.

F. C. M. in Dessau. In jeder Buchhandlung erhalten Sie die gewünschte Auskunft.

E. H. in Ehrenfeld. Wenden Sie sich in dieser Angelegenheit an einen tüchtigen Rechtsanwalt!

Ein Abonnent in der Rheinprovinz. Einfach: Steglitz bei Berlin.

S. E. M. Die gewünschte Adresse lautet: Amtsgerichtsrath a. D. Theodor Storm in Husum, Schleswig.

B. L. in Lüchow. Karl Weise’s Werke: „Die Braut des Handwerkers“ (Preis 75 Pf.) und „Blumen der Wälder“ (Preis 1 M.) sind bei G. F. Lenz in Berlin erschienen.

I. M. in Bodenbach. Allerdings sind die Beamten dazu berechtigt.

Viola Hortt in Wien, C. R. in Berlin und Franziska. Ungeeignet! Verfügen Sie gütigst über das Manuscript!

Leserin in Thüringen. Wenden Sie sich unbedingt an einen tüchtigen Arzt!

G. J. in Kassel. Sie finden den gesuchten Artikel in Nr. 36 von 1862.

Brrr. in Florisdorf bei Wien. Wurde vernichtet.

M. A. in O. Mit wenigen Ausnahmen in englischer Uebersetzung erschienen und durch jede solide Buchhandlung zu beziehen.

H. und R. in Lübeck. Allerdings – bei Stade.

Alfons in Leipzig. Ganz hübsch, aber wegen allzu starken Vorraths leider nicht verwendbar!

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1881). Leipzig: Ernst Keil, 1881, Seite 504. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1881)_504.jpg&oldid=- (Version vom 8.9.2022)