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Verschiedene: Die Gartenlaube (1881)

viel du vermagst, zu ihrem Schutze bei!“ – Es ist ein ungewöhnlicher, ganz außerordentlicher Genuß, den uns dieses Buch bereitet, und wir legen es nur aus der Hand, um, wie schon Viele gethan, Weib und Kinder herbeizurufen und die Freude an demselben mit ihnen zu theilen. Wir merken gar nicht, wie viel wir lernen, während wir dem Naturforscher, der hier mit vollster Beherrschung seines reichen Stoffes zum Dichter geworden ist, von Gruppe zu Gruppe seiner sechs Vogelschicksalsbilder folgen. Sie treten ja alle selbst vor uns auf, diese gefiederten Lieblinge der Kinder und aller guter Menschen; sie erzählen uns ihre Erlebnisse, und wir lauschen sowohl ihrem traulichen Geplauder, wie auch ihren bitteren Klagen über feindselige Begegnung von Seiten ihres eigenen Geschlechts und noch mehr über das Böse, das sie zu erdulden haben von dem „ungefiederten Zweibein“, dem Menschen. Bald erquickt uns dabei das Harmlose und Sinnige ihres geselligen Treibens; bald erfüllt uns der Anblick ihrer Verfolgungen, Mißhandlungen und Quälereien das Herz mit Wehmuth und mit Zorn. Und wie nahe die Parallele zwischen dem Menschen- und Vogelleben auch liegt, so verläßt den Verfasser doch keinen Augenblick der Ernst der Wahrheit; nie verfällt er in Spielerei, und kein einziger der oft sehr geschwätzigen Vögel spricht etwas anderes, als er in jedem bestimmten Fall sprechen würde, wenn er die menschliche Sprache reden könnte. Nirgends findet sich ein Verstoß gegen die Vogel-Logik, und jedes dieser gefiederten Thierchen spricht, wie ihm der Schnabel gewachsen ist.

Wir können hier auf die einzelnen Stücke nicht näher eingehen, sondern deuten nur kurz ihren Inhalt an. Im ersten Stück, im „Elfenprinzeßchen“, wird die Kukuksfrage, welche auf dem letzten internationalen Bachstelzentage am Menzalahsee auf der Tagesordnung stand, durch das Erlebniß in einer Bachstelzen-Wochenstube illustrirt. – Das zweite Stück, „Eine Künstlerlaufbahn“, wird trotz des heiteren Stieglitzenlebens mit dem lieblichen Spiel „Zweigleinvermiethens“ zu einem sehr düsteren Bilde durch die Erzählung des schicksalreichen Fritz Stieglitz, der uns erst die Abscheulichkeit des mörderischen Singvögelfangs mit dem Schlaggarn und dann die Peinigung der begabtesten Sänger durch die Dressur zum „Komödianten“ schildert. – Im dritten Stück, „Die Rache der Kleinen“, wird ein frecher Spatz in ein Schwalbennest eingemauert; die praktischen Lehren der Schwalbenschwiegermutter über den Nesterbau werden vom Schwalbenschwiegersohn nicht beachtet, und so stürzt sein zu naß geklebtes Nest auf den Boden, ein Beweis, daß auch die Vögel nur durch Schaden klug werden. – Das vierte Stück heißt: „Ein Winterkindelbier an der Roßtrappe“. Weil Frau Kreuzschnabel Krünitz schon um Neujahr das erste Mal ausbrütet, so kann Herr Krünitz zu einer Sylvester- und Kindtaufsfeier zugleich einladen und gewährt uns so den Genuß eines prachtvoll geschilderten Wintervergnügens der eingeladenen Vogelgesellschaft.

Im hellsten Glanze strahlt das fünfte Stück: „Eine Vogelsymphonie“, welche eine Vergleichung von Beethoven’s Pastoralsymphonie mit dem Gesange der schönstimmigsten Singvögel aufstellt und mit einem Lobe der berühmten Nachtigall im „Ring der Nibelungen“ schließt. – Von erschütternder Tragik ist das letzte Stück: „Eine Straußenjagd“. Vor unseren Augen wird der König der Wüste mit seinem Volke von der wilden Habgier zu Tode gehetzt. Man reißt aus den noch zuckenden Leibern die prächtigen Federn, welche einst von den Helmen der alten Römer und der Ritter des Mittelalters weheten – „die noch heute von Deinem Hute nicken, verehrte Leserin! – Bist Du nicht reizend – auch ohne den blutigen Schmuck?“ So schließt das Buch.

Sollen wir uns vielleicht entschuldigen, daß wir unseren Lesern mit Baldamus’ „Vogelmärchen“ keine sogenannte „Novität“ empfehlen, sondern ein Werk, das nicht mehr ganz neu ist? Wir halten dafür, daß es zur Pflicht der Presse gehört, das Publicum auch aus solche Werke aufmerksam zu machen, die es bei der Ueberfülle des Büchermarktes übersehen und deren wahren Werth es nicht erkannt hat. Das Neueste ist bekanntlich nicht immer das Beste. Außerdem können wir nur wünschen, daß Baldamus seine Märchenmappe, wie er es versprochen hat, recht bald noch einmal öffne.

F. Hfm.




Meyer’s Fach-Lexika. Mit jedem Jahre gewinnt im deutschen Publicum das Conversationslexikon an Terrain. Aus den Lesezimmern der Bibliotheken bahnte es sich den Weg in die nunmehr zahlreich vorhandenen Lesehallen verschiedenartigster Vereine, ja sogar in viele Restaurants der Großstädte ist es heute gedrungen, und es bildet hier neben guter Zeitungslectüre ein nicht zu unterschätzendes Zugmittel. Es wäre grundfalsch, zu behaupten, daß diese große Verbreitung der encyklopädischen Literatur in der Verfluchung der modernen Bildung ihre Stütze habe. Gerade die Tiefe des heutigen Wissens und die Vielseitigkeit des menschlichen Könnens zwingen selbst den Gelehrtesten, in vielem Fällen zu dem Conversationslexikon seine Zuflucht zu nehmen; denn ein Mann, der, wie einst Aristoteles, das gesammte Wissen seiner Zeit in sich vereinigte, wäre heutzutage eine unmögliche Erscheinung. Die bis jetzt erschienenen Conversationslexika sind aber sämmtlich viel zu theuer, um Volksbücher im weitesten Sinne des Wortes zu werden und somit die denkbar größte Verbreitung zu erlangen.

Diesem Uebelstande wußte nunmehr das bewährte „Bibliographische Institut in Leipzig wenigstens theilweise abzuhelfen, indem es die Herausgabe von „Meyer’s Fach-Lexika“ veranstaltete. Die Verlagshandlung dieser encyklopädischen Novität ging von der zutreffenden Annahme aus, daß der Berufsmensch außer seinem Fache noch Eins, meist seiner Pflichtthätigkeit Entgegengesetztes treibt, daß, um Beispiele anzuführen, der Jurist sich vielleicht mit der schönen Kunst beschäftigt, der Philolog dem Gartenbau als einer Liebhaberei obliegt und der Mechaniker philosophischen Studien nachgeht. Für diese, gewiß sehr zahlreiche Classe von Menschen werden Fach-Lexika des Gartenbaues und der Blumenzucht, der Philosophie oder der bildenden Künste willkommene Nachschlagebücher sein und thatsächlich den Mangel eines allgemeinen Conversationslerikons ersetzen. Außerdem aber giebt es Wissenschaften und Künste, welche in unseren Schulen nicht gelehrt werden und welche dennoch ein Gebildeter wenigstens in allgemeinen Umrissen kennen muß und mit denen er, sozusagen, tagtäglich in Berührung kommt, wie z. B.: die Volkswirthschaft, die moderne Zeitgeschichte, die öffentliche Gesundheitspflege, das Theaterwesen etc. Ueber alle diese Gebiete des Handels und Wandels, des privaten und staatlichen Lebens, der reinen und angewandten Wissenschaft sollen nun die obenerwähnten Fach-Lexika Belehrung und Auskunft ertheilen.

Es liegen uns bereits neun derartige Bände der Meyer’schen „Fach-Lexika“ vor, welche sämmtlich einzeln zu beziehen sind: das Staatslexikon von Dr. jur. Karl Baumbach, das Lexikon der Physik und Meteorologie von Dr. E. Lommel, das Militär-Lexikon von J. Castner, das Lexikon der deutschen Geschichte von Dr. H. Brosien, biographisches Künstler-Lexikon von Dr. H. A. Müller, Lexikon der angewandten Chemie von Dr. O. Dammer, Lexikon der Handelsgeographie von Dr. K. E. Jung, Lexikon der Geschichte des Alterthums von Dr. Z. Peter und das Lexikon der Allgemeinen Weltgeschichte von Dr. R. Hermann.

Hoffentlich werden sie sich alle einer günstigen Aufnahme von Seiten des Publikums zu erfreuen haben; wir wünschen dies der Verlagshandlung von Herzen; denn ihr redliches Bestreben hat eine derartige Aufnahme sicherlich verdient.




Was ich gesungen von meinem Jungen.

Aber, aber, kleiner Wicht!
      Seine Strümpfchen ißt man nicht;
      Die läßt ruhig man an seinen
      Runden, kleinen Strampelbeinen.

Auch, mein lieber kleiner Wicht,
      Hampelmänner ißt man nicht.
      Freut sich nur, wenn ihre Glieder
      Lustig zappeln auf und nieder.

Auch Papiere ißt man nicht.
      Ueberhaupt, Du kleiner Wicht,
      Giebt’s zwar mancherlei, indessen
      Ist nicht alles da zum Essen.

Ei, was bei dem Lampenscheine
      Ich da hinten seh’!
      Stehn da nicht zwei kleine Beine
      Grade in die Höh’?

Ja, es sind zwei kleine Beine,
      Und, sieh doch nur an!
      Das sind unserm Jungen seine,
      Denn er hängt daran.

Aber Junge! Welcher kleine
      Schalk und Schelm und Schuft
      Streckt denn so zwei kleine Beine
      Abends in die Luft?

Hermann Schults.

Kleiner Briefkasten.

A. Z. in Budapest. Zu spät! Sie finden denselben Stoff schon in Balduin Groller’s Novellenbuche: „Junges Blut“ (Leipzig, Ed. Wartig’s Verlag) behandelt. Lesen Sie gefälligst das lustige, elegant geschriebene Buch! Es dürfte Sie nicht gereuen.

Eine Rügianerin. Wiederholen Sie Ihre Anfrage unter Angabe Ihrer vollen Adresse sowie des Alters der von Ihnen als majorem bezeichneten Person.

Dr. B. D. in Kattowitz. Die in unserem Artikel „Die Wasserversorgung der schwäbischen Alb“ (vergl. Nr. 37 dieses Jahrganges!) erwähnte Denkschrift des königlich württembergischen Ministeriums des Innern: „Die öffentliche Wasserversorgung im Königreich Württemberg“ ist durch jede Buchhandlung zu dem Preise von 15 Mark zu beziehen. Das Werk ist im Verlage der E. Greiner’schen Verlagsbuchhandlung in Stuttgart erschienen.

Edison’s elektrische Lampe. Vergleichen Sie unseren Artikel über die elektrische Ausstellung in Paris (Nr. 43 dieses Jahrganges!).

„Ein Hildesheimer Turner“. Jenny: „Buch der Reigen“ und „Deutsche Turnzeitung“.

Ein Alt-Elsässer. Nicht verwendbar!



Redacteur: Dr. Ernst Ziel in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
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