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Verschiedene: Die Gartenlaube (1882)

Räuberfamilie hocherfreut war, zu einem Festtage für die glücklichen Sieger.

Es soll an jenem Tage hoch hergegangen sein in der nahe gelegenen Hirtencsarda. Leider war ich nicht dabei und kann daher der wackern Reiter Kunst und Gewandtheit beim sporenklirrenden Tanze nicht als Augenzeuge schildern, als ich aber Pista, vergnügt schmunzelnd, seinen „Freund“ Sandor besteigen und Beide über die Steppe der Csarda zueilen sah, fielen mir unwillkürlich die nachfolgenden Strophen eines einst viel gesungenen, heute fast vergessenen Liedes bei:

„Ohne Sattel, ohne Bügel,
Ha, wie hin der Csikos braust!
Rößlein, Rößlein, hast du Flügel,
Daß du so von hinnen saust?

Und es geht dem Wind zur Wette –
Haar und Hemd im Fluge weht,
Doch das Rößlein kennt die Stätte,
Wo es schnaubend stille steht.

Tief im Wald ist eine Schenke,
Rauch und Citherspiel darin,
Und an die mit Lust ich denke,
Schaffet dort mit regem Sinn.

Springt hinauf und springt hinunter
Mit dem Krüglein in der Hand,
Und wie sie ist keine munter
In dem ganzen Ungarland.

Rißa, Rißa, muntre Dirne,
Hörst du nicht den Peitschenknall?
Streich das Haar dir von der Stirne,
Laß’ die durst’gen Gäste all!

Denn dein Janos kommt geflogen –
Horch, schon braust’s zum Wald herein.
Auf, Zigeuner, rührt den Bogen!
Heissa! Tanz und Ungarwein!“

 F. Schifkorn.




Die Krankheiten des Bieres.

Eine mikroskopische Brauerstudie.
Von Valerius.

Vor etwa zehn Jahren erschien in einer der bekanntesten Brauereien Londons ein Gelehrter und bat um Erlaubniß, die in dem Etablissement zur Biererzeugung benutzte Hefe untersuchen zu dürfen. Man kam diesem damals sonderbar erscheinenden Wunsche gern entgegen, und der aus Paris zugereiste Chemiker stellte in Gegenwart des Directors der Brauerei sein Mikroskop auf, um die Untersuchung an Ort und Stelle auszuführen. Zunächst wurde ihm ein wenig von der Hefe überreicht, welche zur Bereitung von Porter diente, und nach kurzem Blick in das Mikroskop erklärte der Fremde unumwunden, daß der mit dieser Hefe fabricirte Porter schon seit längerer Zeit viel zu wünschen übrig lasse. Die Leiter der Brauerei waren über dieses abfällige Urtheil nicht wenig erstaunt, gaben aber schließlich zu, daß der Vorwurf der Wahrheit entspreche und daß man erst am vorhergehenden Tage beschlossen habe, die fragliche Hefe nicht mehr zu benutzen. Hierauf wurden andere Hefesorten und verschiedene Biere mikroskopisch geprüft, und der Gelehrte, welcher dieselben gar nicht gekostet hatte und von jeder Biersorte nur einen Tropfen zur Untersuchung nahm, gab über die Beschaffenheit der fraglichen Getränke das treffendste Urtheil ab. Er sagte den erstaunten Brauern, dieses Bier sei gut, jenes aber so schlecht, daß es weggeschüttet werden müsse, dieses wiederum zeichne sich durch säuerlichen Geschmack aus, und jenes halte sich gar nicht auf Flaschen. Nachdem der Fremde die nöthigen Erklärungen über die Merkmale, an welchen man kranke Hefe und verdorbenes Bier unter dem Mikroskop zu erkennen vermöge, abgegeben hatte, wurde das Vertrauen der praktischen Fabrikanten immer stärker und die Unterhaltung freier und offener.

I. Hefe-Arten in ihrer Entwickelung.       II. Krankheitsfermente des Bieres.

Als er aber am nächsten Tage in der Brauerei wieder erschien, fand er die Herren bereits mit mikroskopischer Prüfung ihrer Rohstoffe etc. beschäftigt und erfuhr, daß man nunmehr beschlossen habe, zu allen Bieren frische Hefe zu verwenden.

Dieser Vorfall ereignete sich fast unmittelbar nach dem letzten deutsch-französischen Kriege, und L. Pasteur – dies ist der Name des Pariser Chemikers – war damals auf einem Rachezuge gegen Deutschland begriffen, da er sich vorgenommen hatte, in dem Brauereiwesen, dem unbestreitbar echt deutschen Gewerbe, eine neue Aera zu eröffnen. Die hohen Hoffnungen des genialen Mannes sind bis jetzt nicht in Erfüllung gegangen, und auf ihre vollständige Befriedigung wird er wohl umsonst bis an das Ende seines für die Wissenschaft und Menschheit sehr verdienstvollen Lebens warten müssen, aber ohne praktischen Erfolg sind seine Bemühungen keineswegs geblieben; denn nicht durch seinen Deutschenhaß, wohl aber durch seine früheren meisterhaften Arbeiten über die Natur der Gährungserscheinungen war Pasteur, wie kein Anderer, dazu berufen, auf diesem Gebiete der Brauerkunst Licht und Klarheit zu verbreiten.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1882). Leipzig: Ernst Keil, 1882, Seite 80. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1882)_080.jpg&oldid=- (Version vom 14.9.2022)