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Verschiedene: Die Gartenlaube (1882)

Und die Luft begann zu strahlen;
Hallend that sich auf das Thor,
Und auf goldenen Sandalen
Trat der schöne Gott hervor.

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      Nun verbannt, ihr Südbewohner,

Unter unser Wolkengrau,
Fern dem Lande der Ioner
Und dem ew’gen Himmelblau,
Ach! verlort ihr selbst die schöne

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Mitgift der Natur, die Töne.

Um eu’r Theuerstes betrogen,
Wie so still ihr auf den Wogen
Lautlos eure Kreise zieht!
Bei dem feuchten Nebelschauer

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Ringt, zu lindern eure Trauer,

Sich aus eurer Brust kein Lied.

      Selig ist, wem des Gesanges
Trost ein milder Gott verlieh!
Ob ihm Weh das Herz zerwühle,

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Ob es juble – der Gefühle

Jedes wird ihm süßen Klanges
Auf dem Mund zur Melodie.
Aber wehe, wenn das schnöde
Schicksal ihm sein Bestes raubt!

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In des Daseins Winteröde

Steht er mit gebeugtem Haupt,
Und die Freude, die wie stummer
Gram an seiner Seele nagt,
Gäb’ er gerne für den Kummer,

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Den er sonst im Lied geklagt.
Adolf Friedrich Graf von Schack.

Das Denkmal der deutschen Burschenschaft.

Die Geschichte der Burschenschaft gehört für alle Zeit zu den glänzendsten Blättern der deutschen Geschichte. Zwar konnte sie nicht unmittelbar politisch wirken, nicht unmittelbar ihre politischen Ziele erreichen; erst eine gewaltige neue That des deutschen Volkes, die Ereignisse des Jahres 1870 und 1871, haben die von allen Patrioten ersehnte Einheit Deutschlands und die ihm gebührende Machtstellung geschaffen. Doch die Burschenschaft ist die Bewahrerin und Pflegerin des deutschen Nationalbewußtseins, des nationalen Einheitsgedankens gewesen; sie hat, den idealen Zug im deutschen Volkscharakter bewahrend, das geistige patriotische Leben erhalten, mit welchem der Boden für das politische Leben gewonnen wurde; sie hat die Entwicklung des letzteren erst möglich gemacht und angebahnt.

Im Januar 1881, bei der zehnjährigen Gedenkfeier der Wiederaufrichtung der deutschen Kaiserwürde, hat auch Fürst Bismarck selbst es geradezu und ausdrücklich anerkannt, „daß unsere deutschen Universitäten in schwierigen und an Hoffnung armen Zeiten dem nationalen Gedanken treu geblieben sind, daß sie ihn uns für günstigere Gelegenheit lebendig erhalten und entwickelungsfähig überliefert haben“.

Das burschenschaftliche Wartburgfest von 1817 war nicht allein eine Feier nationaler Befreiung und ein Protest gegen Tücke und Verrath, es war das erste deutsche Nationalfest, es war – wie es der Festtheilnehmer Professor Fries treffend bezeichnet – das helle Morgenroth eines schönen Tages, der über unser schönes Vaterland heraufkam. Und die Aufgabe der deutschen Burschenschaft ist auch mit den großen Ereignissen von 1870 und 1871 nicht erloschen; noch jetzt und immerdar gilt es, in der akademischen Jugend patriotische Begeisterung, den Sinn für das Edle und Große, einen gesunden Idealismus bei frischer Jugendlust zu pflegen und so dem Staate und öffentlichen Leben wackere, freidenkende Männer zuzuführen, die mit wissenschaftlicher Bildung Liebe zu Vaterland und Volk und festen Charakter verbinden. Wahr und schön hat diese hohen Verdienste der Burschenschaft Albert Traeger in seinem trefflichen Gedichte: „Zum October-Jubiläum auf der Wartburg“, das in der „Gartenlaube“ 1867 (Seite 664) erschien, in der Schlußstrophe hervorgehoben:

„Gesegnet, deutsche Burschenschaft,
Sei ewig deine Tugend,
Nie fehle unsrer Manneskraft
Das Feuer deiner Jugend!
Und wenn uns die Erfüllung naht,
Fiel noch die letzte Schranke,
Wir sagen: Unser ist die That,
Doch dein bleibt der Gedanke.“

Eben diese warme Anerkennung wurde der Burschenschaft bei Gelegenheit des Jenaer Universitäts-Jubiläums von 1858 zu Theil. „Das deutsche Volk und seine Regierungen,“ urtheilte damals die Presse, „mögen sich glücklich schätzen, daß noch so viel Enthusiasmus in den alten und jungen Burschenschaftern lebt; denn wahrlich, der Tag kann morgen kommen, wo Volk und Regierungen in Deutschland des hohen, hellen Aufschwunges bedürfen, der hier sich als noch in so vielen Herzen vorhanden bekundet hat.“ Zwölf Jahre später kam der Tag, und die deutschen Burschenschafter bethätigten in opferbereitem Patriotismus den hohen, hellen Aufschwung. – Wer gedenkt ferner nicht des im Jahre 1865 zu Jena so großartig gefeierten Jubiläums der deutschen Burschenschaft, – wer nicht der erhebenden Gedächtnißfeier, welche in Begeisterung und Hoffnung für des deutschen Vaterlandes Einheit, Macht und Herrlichkeit die alten und jungen Burschenschafter im Jahre 1867 am fünfzigsten Jahrestage des Wartburgfestes in Eisenach begingen?! Bei dem großen Jenaer Feste von 1865 hatte Professor Scheidler noch die alte Burschenschaftsfahne getragen, aber an dem Wartburgfeste von 1867 konnte er schon nicht mehr theilnehmen,

„Weil, als die Wartburgschaaren
Begrüßt ihr Jubeljahr,
Sein Geist schon heimgefahren
Zur ew’gen Wartburg war.
Und doch war unentwichen
Er stets bei uns auch dort;
Sein Bild ging unverblichen
Mit uns von Ort zu Ort.“

So sang, so fühlte Friedrich Hofmann, der selbst das Erinnerungsfest von 1867 mit zu Stande gebracht hat; so fühlten wir alle bei der Feier des Festes und bei der Rückkehr von demselben. Scheidler, dem Mitbegründer der Burschenschaft, dem Burgvoigt von 1817, ein würdiges Denkmal auf sein Grab zu setzen, war der in diesem Kreise entsprungene, zuerst von mir selbst angeregte Gedanke. Der Ertrag der Sammlung ließ aber eine Erweiterung dieses Planes hoffen. Es bildete sich ein Comité und beschloß statt eines bloßen Grabdenkmals für Scheidler vielmehr ein Denkmal für die drei Begründer der Burschenschaft Scheidler, Riemann und Horn und damit zugleich für die Gründung der Burschenschaft selbst.

Im Verein mit dem Centralausschuß der letztern erließ das Denkmalcomité unter dem 31. Juli 1874 den Aufruf zur Errichtung solchen Denkmals in Jena – in Jena, dem treuen Hort der Geistes- und Lehrfreiheit, in Jena, das in Verein mit dem Musenhof Weimar einst der geistige Mittelpunkt von ganz Deutschland war, durch den genialen Geist Fichte’s die Ideen einer Reform des Studentenlebens, einer vaterländischen Bereinigung zuerst aussprach, im Jahre 1815 die Stätte der ersten Burschenschaft und bald darauf das Centrum und Haupt der deutschen Burschenschaft wurde.

Welchen Anklang dieses erweiterte schöne Project sofort in den akademischen Kreisen fand, bekundet unter Anderem das Schreiben einer süddeutschen Burschenschaft: „Möge dieses Monument als

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1882). Leipzig: Ernst Keil, 1882, Seite 411. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1882)_411.jpg&oldid=- (Version vom 17.3.2023)