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Verschiedene: Die Gartenlaube (1882)

vorwärts – und schwer schlug ein Körper gegen die Prellsteine des Abhanges.

Der Rappe flog in toller Flucht davon – sein Herr war plötzlich sehr still geworden: nur in der Brust hob es sich krampfhaft, und Blut strömte aus einer klaffenden Stirnwunde. –

Nach einer längeren Weile, als fern herüber ein Pfiff ertönte, das Signal des Eilzuges, welcher eben die nächste Station passirte – dieses Zuges, der gen Süden geht und ein glückselig Paar mit sich führte, da schwankte eine Trage, auf der ein Todter lag, an dem Friedhofe von Sunditten hin. Und dasselbe weiche Mondlicht webte um ein hohes Kreuz und um das Antlitz des Todten.




Aus der fränkischen Schweiz.

Von B. Florschütz. Mit Abbildungen von R. Püttner.

Riesenburg. Adler-Steine. Sophien-Höhle. Rich. A. Püttner.

Uns grüßen seltsam geformte, phantastisch in den blauen Himmel emporragende Felsen, mächtige Steinwände, gespalten und zerklüftet, vielfach mit freundlichem Grün umkleidet und gekrönt von altersgrauen Burgen und Ruinen, die sich in krystallenen Wässern spiegeln – uns grüßen weite Felsdome in kühner und gigantischer Wölbung, wie von Riesenhänden erbaut, und dann wieder wunderbare Höhlen mit ihrem schauerlichen Dunkel, die tief hineindringen in das Innere der Berge und in gewaltigen Draperien ihre Stalaktiten über unsere Häupter gezogen haben. Wir sind in der fränkischen Schweiz, in jenem Eldorado für Alle, deren Herz empfänglich ist für romantische Naturschönheit, in jener unerschöpflichen Fundgrube für den Mann der Wissenschaft, der seltenen Pflanzen nachgeht oder den mannigfachen Fossilien, welche als stumme Zeugen längst untergegangener Entwickelungsperioden die Bergrücken bedecken, oder den mehr oder weniger versteinerten Knochen der großen Säugethiere, des gigantischen Mammuth, des furchtbaren Höhlenbären und -Löwen, welche um unberechenbare Zeiten später auf dem ursprünglich meerbedeckten Boden gewandelt und in längst verschollenen Vorzeiten wieder ausgestorben sind. Ist ja doch auch für den Anthropologen – besonders seit den epochemachenden Entdeckungen der menschlichen Höhlenwohnungen in den dortigen Flußthälern durch Herrn Dechanten Engelhardt – unser Terrain zu einem der wichtigsten und interessantesten Forschungsgebiete geworden. Aber man braucht nicht Gelehrter zu sein, der seinem Wissensdrange fröhnen will, oder ein Schwärmer für pittoreske Partien und zerfallene Burgen – schon der einfache Reiz des wirklich Schönen in der Natur, verbunden mit der herrlichsten Luft, welche durch die tiefen Thäler mit ihren saftigen Matten und ihren rauschenden, grünen Forellenbächen weht, muß jeden Besucher sich zum dauernden Freunde machen und hat schon manchen siechen Körper gekräftigt und manches umdüsterte Gemüth einem frohen und verständigen Leben wiedergegeben.

Die fränkische Schweiz bildet einen kleinen, zwischen Bayreuth und Erlangen gelegenen und durch seine Naturschönheiten wie wenig andere Gegenden Deutschlands ausgezeichneten Theil des in Baiern gelegenen fränkischen Jura, eines umfangreichen, nicht zu hohen Gebirgplateaus, welches in einem großen Bogen nach Osten bis in die Nähe Regensburgs sich erstreckt und nach Norden mit seinen äußersten, grotesk gestalteten Ausläufern am Main, an der coburger, der „sächsischen“ Grenze endet. Die bedeutendste Erhebung dieses nördlichen Endes, welches uns hier allein interessirt, hat eine Höhe von 530 Metern über dem Meere und ist im Allgemeinen von außerordentlicher Plattheit mit einzelnen Bergkuppen oder Buckeln, die nur wenig emporragen, aber meist mit den bizarrsten Felsbildungen bedeckt sind. Der porösen Natur des Gesteins nach ist das Plateau außerordentlich trocken und wasserarm. Ortsnamen, wie z. B. Dürrenwasserlos, deuten schon auf diesen Mangel hin, welchem die Einwohner der auf der Hochebene nur spärlich verstreuten Ortschaften durch die Anlage von Cisternen („Hülben“) abzuhelfen suchen. Trotzdem kann bei günstiger Witterung dem mit Steinen besäten Kalkboden eine vortreffliche Ernte abgewonnen werden, und habe ich auf weite Stunden hin

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1882). Leipzig: Ernst Keil, 1882, Seite 528. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1882)_528.jpg&oldid=- (Version vom 21.8.2023)