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Verschiedene: Die Gartenlaube (1882)

und darum bei Gelegenheit auch sicher ein Menschenleben nicht schonen würde, auf’s grimmigste hassen. Fast bedauerte ich im Augenblicke, auf den vorhin vor mir Geflohenen nicht geschossen zu haben; hielt ich diesen doch jetzt ganz unbedingt für den Baum- und Thiermörder in einer Person.

Noch strahlten des sterbenden Rehes Lichter unter ihren langen beschattenden Wimpern mit feuchtschimmerndem, tiefdunklem

Mutterreh in der Schlinge.
Nach der Natur gezeichnet von Guido Hammer.

Glanze mich an, als plötzlich unter den letzten Athemzügen, die sich seiner wehen Brust entrangen, auch die perlenschwarze Pracht des herrlichen Auges erlosch und im Brechen sich mit smaragdenem Schein bedeckte – dem Verkünder des eingetretenen Todes.

So lag es denn endlich regungslos vor mir, die nun verwaisten Kälbchen aber, denen ich bisher wenig Aufmerksamkeit geschenkt, riefen noch immer klagend nach der vermißten Versorgerin. Doch ich konnte mich ihrer nicht weiter annehmen; denn ich würde sie nur dadurch verscheucht haben, während sie, ruhig gelassen, möglicher Weise bei der todten Mutter aushielten, bis ich Hülfe gebracht haben würde. Deshalb gab es nun für mich keinen Aufenthalt mehr; im Fluge kehrte ich nach dem Forsthause zurück, hier Meldung meiner Erlebnisse abzustatten.

Nachdem das geschehen, eilte ich mit gleicher Beschleunigung zur Trauerstätte zurück, diesmal begleitet von meinem Freunde, des Försters Sohne, und dem Gehülfen. Dort angekommen, trafen wir wirklich die Kälbchen, jetzt wieder dicht an die verendete Mutter getreten, noch vor, doch wichen dieselben bei unserem Nahen scheu zurück und deckten sich seitab in die hohen Schmalen. Sie nicht umkommen zu lassen, mußten wir die armen Dinger nun doch nothgedrungen zu fangen suchen, und als dies gelungen war, lenkten wir, schon um ihretwillen, sofort unsere Schritte wieder heimwärts, der Gehülfe das todte Reh auf der Achsel tragend, wir beiden Anderen je ein Junges im Arme. Dabei versäumten wir aber nicht, die Stelle des Holzdiebstahls zu berühren, was dem Gehülfen darum sehr wichtig erschien, weil er dort einige Spuren zur Ermittelung des Thäters zu finden hoffte;

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1882). Leipzig: Ernst Keil, 1882, Seite 649. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1882)_649.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)