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Verschiedene: Die Gartenlaube (1882)

mit Matten aus grünen Cocosblättern hübsch ausgekleidet. Man legt den Todten hinein, und die Menge stimmt die letzte leidvolle Todtenklage an, womit zwar der Schmerz, aber keineswegs die Festlichkeit ihr Ende findet. Die letztere, welche von nun an zunächst einen Charakter der Freude trägt, ist so mannigfach und nimmt so lange Zeit in Anspruch, daß es hier zu weit führen würde, sie zu beschreiben. Ich will daher nur kurz anführen, daß zu Ehren des hohen Verstorbenen bald von Männern, bald von Weibern feierliche Tänze abgehalten werden, die sich wochenlang an mehreren Abenden wiederholen, daß man ferner Tage hindurch früh und Abends förmliche Trommelconcerte hört und daß man schließlich zum Andenken an den Todten eine Art Monument errichtet. Dasselbe besteht aus einem hohen buntbemalten, mit farbigen Blattpflanzen decorirten Gestell oder Stacket, an dem in symmetrischer Vertheilung Cocosnüsse, Yams, Bananen, imitirte Ringe, Muschelgeld und die Schädel der verzehrten Schweine aufgehangen werden. Sie legen Zeugniß ab von den Gastereien, welche die nächsten Erben zum Besten gaben.

Aber auch damit sind die Todtenfeierlichkeiten noch nicht zu Ende; denn noch nach vielen Monaten werden dieselben mit Tänzen und Schmausereien wiederholt, und dann stellt man zugleich den inzwischen ausgegrabenen und buntbemalten Schädel des Todten aus, der übrigens in keiner Weise Gegenstand einer religiösen Verehrung ist.

Frauen werden mit demselben Pompe wie Männer begraben, was allein schon zur Genüge für die Gleichstellung spricht, welche das weibliche Geschlecht gegenüber dem männlichen genießt, und diesem Naturvolke wiederum zur Ehre gereicht. Mit ärmeren Leuten, um dies noch zu erwähnen, wird es in Neu-Britannien, obwohl keine Classen-Begräbnisse bestehen, ganz wie bei uns gehalten: sie finden ohne große Ceremonien und Feierlichkeiten ihre letzte Ruhestätte, wenn auch hier jeder an der Leiche Mittrauernde seinen geringen Tribut in einem Stückchen Muschelgeld erhält, den einzufordern selbst Häuptlinge sich nicht für zu gering erachten.

     Matupi, Neu-Britannien.




Ein Doppelfest in Wilhelmshaven.

Der 16. September dieses Jahres war ein denkwürdiger Tag für unsern nordischen Kriegsport Wilhelmshaven. Schon vom frühesten Morgen an durchwogte eine dichtgedrängte Menschenmenge die laubgeschmückten, reichbeflaggten Straßen der Stadt, und Aller Gesichter, ob Hoch oder Niedrig, Jung oder Alt zugehörig, zeigten denselben Ausdruck freudiger Erwartung. Galt es doch, das Andenken eines um die gesammte Seestreitmacht und den hiesigen Kriegshafen hochverdienten Mannes zu ehren: das Denkmal, das die dankbare Marine ihrem ersten Oberbefehlshaber, sozusagen Begründer, dem Prinzen Adalbert von Preußen gesetzt, sollte feierlich enthüllt werden.

Schon am Tage zuvor war Prinz Heinrich, welcher bekanntlich der Marine als Lieutenant zur See angehört und den sein erlauchter kaiserlicher Großvater mit dem Ehrenamte seiner Vertretung bei der Enthüllungsfeier des Denkmals betraut, in Wilhelmshaven eingetroffen und hatte – warm von der Bevölkerung begrüßt – sein Absteigequartier im Stationsgebäude, der Wohnung des derzeitigen Chefs der Nordseestation, Contre-Admirals Berger, genommen.

Gegen elf Uhr Morgens begann der Aufmarsch der Truppen, Matrosen und Soldaten des Seebataillons, die in zwei langen Reihen rechts und links vom Denkmale, das am Südende der breiten Adalbert-Straße, mit der Front gegen den Friedrich-Wilhelm-Platz, errichtet ist, Aufstellung nahmen. Dem Denkmale gegenüber versammelte sich das Officierscorps, eine stattliche Schaar, deren Anzahl noch durch die Officiere und Cadetten des Tags zuvor auf hiesiger Rhede eingetroffenen Geschwaders vermehrt wurde. Seitwärts davon war der Kriegerverein postirt, während im Rücken der Statue die übrigen Vereine, sowie die Schüler des Gymnasiums und der Volksschulen sich ausbreiteten. Für bevorzugte Privatpersonen, darunter die zahlreich erschienenen Vertreter der Presse, fanden sich Plätze in dem formirten Vierecke reservirt. Unmittelbar hinter den Mannschaften aber erhoben sich die Tribünen für die Damen der Garnison, die in ihrem bunten Schönheitskranze einen ebenso anmuthigen, wie wirkungsvollen Abschluß des bewegten Gemäldes bildeten. Und um diese weite lebende Mauer drängte und wogte eine gewaltige Menschenfluth, die mit jedem neu ankommenden Extrazuge und Vergnügungsdampfer sich mehr anstaute, während eine helle, strahlende Sonne ihren leuchtenden Schein über die ganze festliche Scene warf.

Punkt zwölf Uhr kam Prinz Heinrich mit seinem Gefolge die Adalbert-Straße herab und betrat den kleinen blumengeschmückten Pavillon, dem verhüllten Denkmal gegenüber. Nach ihm thaten dies noch der Chef der Admiralität von Stosch, der Oberpräsident der Provinz Hannover, von Leipziger, der militärische Begleiter, Freiherr von Seckendorff und der als Vertreter seines Souverains erschienene oldenburgische Präsident, Erdmann. Sodann schritt der Präses des Comités, Vice-Admiral Batsch, in den freien Raum zwischen Pavillon und Denkmal und verlas in längerer Rede ein Lebensbild des verewigten Prinzen. Es möge uns vergönnt sein, nur wenige Daten daraus hervorzuheben.

Wie tief die Liebe zur See und zum gesammten Seewesen im Prinzen gewurzelt, das zeigt schon seine im Jahre 1842 unternommene und über Jahr und Tag dauernde Reise nach Brasilien mit der sardinischen Fregatte „San Michele“. Eine von dem Prinzen selber verfaßte und ihrer Zeit, wenn auch nur leider in wenigen Exemplaren im Druck erschienene Beschreibung dieser Reise offenbart ihres Autors reges Interesse und intimes Verständniß für alle seemännischen Angelegenheiten. Von seinem königlichen Vetter, Friedrich Wilhelm dem Vierten, im Jahre 1848 an die Spitze der soeben gegründeten Marine gestellt, war er dem neuen Beruf fortan mit Leib und Seele ergeben. Seinen unablässigen Bemühungen gelang es, den schwachen Lebensodem der jungen Seestreitmacht zu immer kräftigerem Athemzuge anzufachen und sie im tapferen, nie ermüdenden Kampfe gegen die widerstrebendsten Verhältnisse zu stets größerer Machtentfaltung emporzuheben. Von ihm ging zuerst der Gedanke der Gründung einer Nordseestation aus, und seinem rastlosen Wirken nach diesem Ziele hin verdankt „Wilhelmshaven“ seine Entstehung. Auch die Colonisationsfrage schwebte seinem weit blickenden Geiste als eine ihrer Lösung entgegenharrende und in ihrer Wichtigkeit nicht zu unterschätzende vor. So war der ihm anvertrauten Waffe bis zuletzt das höchste Interesse des Prinzen Adalbert gemidmet, und mit seinem Hinscheiden verlor die Marine einen alle Zeit getreuen Führer und Förderer.

Nachdem Admiral Batsch geendet, nahm der Chef der Admiralität, Minister von Stosch, seine Stelle ein. In kurzer, freier Ansprache beleuchtete er den Grundgedanken der dankbaren Anerkennung, aus dem das Denkmal hervorgegangen, und nachdem er dasselbe feierlich der Stadt Wilhelmshaven in ihrem Vertreter, dem Bürgermeister, übergeben, bat er Prinz Heinrich, im Namen Seiner Majestät des Kaisers das Zeichen zur Enthüllung geben zu wollen.

Auf einen Wink des Prinzen sank unter brausendem Musiktusch und begeisterten Hochrufen der Versammelten die Hülle und zeigte die weit über lebensgroße, auf dunklem Marmorpostament sich emporhebende Bronzefigur des Prinz-Admirals. In der bekannten bequemen und doch festen Haltung steht sie aufrecht da, in die frühere Parade-Uniform der See-Officiere, Frack und Epaulettes etc. gekleidet, mit unbedecktem Haupte, die linke Hand auf den Säbelgriff gestützt, in der rechten ein Fernrohr tragend. In geradezu frappirender Aehnlichkeit tritt die Gestalt des Prinzen Adalbert in ihrer ganzen Eigenart und in treuer Lebenswahrheit dem Beschauer entgegen. Der Sockel zeigt auf der einen breiten Front das prinzliche Wappen; rechts und links an den Seitenwänden, von erhabenen Kränzen umgeben, den Geburts- und den Sterbetag des Dahingeschiedenen (den 29. October 1811 und den 6. Juni 1873) und auf der zweiten Hauptfront die Widmung: „Ihrem verewigten Oberbefehlshaber, dem Prinzen Heinrich Wilhelm Adalbert von Preußen, in dankbarer Erinnerung die kaiserliche Marine.“

Nachdem Prinz Heinrich unter den Klängen des Preußenmarsches und gefolgt vom gesammten Officiercorps das Denkmal

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1882). Leipzig: Ernst Keil, 1882, Seite 700. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1882)_700.jpg&oldid=- (Version vom 29.10.2017)