Seite:Die Gartenlaube (1882) 781.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1882)

Brandschatzungen und Contributionen. Er schildert, wie grausam man namentlich seine Bauern in Neustetten behandelt habe; obgleich dieselben unschuldig waren, habe man sie bis auf acht Mann erschlagen und die Hinterbliebenen durch Brandschatzungen an den Bettelstab gebracht. Er, Götz, habe sich den weiter von dem Erzbischof beabsichtigten Mißhandlungen und Plünderungen seiner Bauern widersetzt und sich dadurch den Zorn Seiner erzbischöflichen Gnaden zugezogen.

Nach erfolgtem Schriftenwechsel erließ die Commission des schwäbischen Bundes ein Interlocut oder Beweiserkenntniß, wodurch sie den Ritter Götz mit seinem Gegenbeweis zuließ.

Mit der Beweisaufnahme, welche am 25. October 1533 begann, wurde Wolfgang Gröninger, ein Rechtsgelehrter in Cannstadt, „als der Sachen geschickt und verständig“, beauftragt. Er ließ über die von Götz vorgelegten fünfundzwanzig Urkunden verhandeln und vernahm eidlich die von ihm namhaft gemachten dreiunddreißig Zeugen.

Durch diesen Gegenbeweis wurde Götz der Klage von Kur-Mainz gegenüber vollständig entlastet. Es wurde bewiesen, daß er keine Wahl hatte, als sich entweder zum Hauptmann der aufständischen Bauern herzugeben oder sich von denselben umbringen zu lassen, und daß er weit entfernt, eine solche Stellung zu suchen, vielmehr die größten Anstrengungen gemacht habe, derselben zu entgehen. Es wurde namentlich festgestellt, daß er nach verschiedenen Orten geschrieben habe, um entweder Vertheidigungsmannschaft für seine Burg zu bekommen oder anderwärts für sich und die Seinen eine Zuflucht zu finden.

In letzterer Beziehung wurde ein Umstand festgestellt, welcher ein schweres Verschulden von Götz’ Hausfrau verräth, welche übrigens Dorothea hieß und nicht Elisabeth, wie sie Goethe genannt hat. Götz hatte in seiner Noth auch nach Heidelberg an den Pfalzgrafen um Zuflucht geschrieben, und Dieser hatte ihn sofort durch einen Eilboten eingeladen, zu kommen. Diesen Brief hatte nun Frau von Berlichingen in Empfang genommen und unterschlagen. Götz würde, wenn er den Brief erhalten hätte, ohne Zweifel dieser Einladung Folge geleistet haben und dadurch all jenem Mißgeschick entgangen sein, welches den Rest seines Lebens getrübt hat. Die Schwiegermutter war schuld daran. Sie hatte der Tochter zur Unterschlagung gerathen, „man könne doch nicht in die Welt ziehen und Schloß und Hab und Gut dem Verderben preißgeben“.

Der Zeuge Veit Werner sagt, die Schwiegermutter habe ihm das Alles gestanden. Sie habe hinzugefügt: „Wäre wohl möglich, so ich Das nit gethan, mein Tochtermann Götz wäre in sollichen Unfall nimmer gekommen.“

„Sie weinte sehr,“ sagt der Zeuge, „sie besorgte, wo Götz das erführe, er würde sie über die Burgmauer hinauswerfen.“

Ritter Götz von Berlichingen.
Nach dem Originalölbilde vom Jahre 1535,
im Besitze von Friedrich Wolfgang Götz Graf von Berlichingen-Rossach.

Das hat nun zwar Götz nicht gethan, aber er hat nie wieder ein Wort mit ihr gesprochen.

Endlich wurde festgestellt, daß Götz sich nach Kräften bemüht habe, Excesse der Bauern zu verhüten.

In Ermangelung weiteren Beweises berief sich Kur-Mainz auf die Augsburger Urfehde von 1530, worin Götz selbst sich „als Mithelfer und Hauptmann bei der bäurischen Empörung“ bekannt habe. Die Gerichtscommission ließ jedoch diese Urfehde als Beweismittel nicht gelten.

Soviel über die Klage von Kur-Mainz!

Weniger günstig lag die Sache hinsichtlich der Klage des Klosters in Amorbach. Hier mußte Götz selbst zugestehen, daß er von dem Kloster herrührendes Silberwerk und Geschmeid gekauft und seiner Frau geschenkt habe. Die Frau Dorothea hatte dem Kloster dasselbe angeboten gegen eine Lösungssumme, welche jedoch das Kloster zu hoch fand. Götz entschuldigte sich damit, daß dieses Werk als Beute unter das gemeine „Gepöfel“ (Pöbel?) gerathen sei, womit es also wenigstens für das Kloster unter allen Umständen verloren und der Verschleuderung preisgegeben sei – eine schwerlich zureichende Ausrede.

Endlich am 31. Januar 1534, acht Jahre nach Niederschlagung des Bauernaufstandes, fällte die Commission des schwäbischen Bundes, bestehend aus Wilhelm von Knöringen, Reichserbmarschall von Pappenheim und Bürgermeister Neithart (aus Ulm), alle drei „gemeine Bundeshauptleute“, das Urtheil.

1. In der Klagsache von Kur-Mainz wurde für Götz auf den Eid erkannt,

„daß er, Götz, unsern gnädigsten Herrn den Cardinal und Erzbischof zu Mainz, an und in Seiner Kurfürstlichen Gnaden Kellereien, Schlössern und anderem, nicht beschädigt noch geplündert, noch Kurfürstlichen Gnaden und den Ihrigen sonst einigen Schaden zugefügt, solches auch zu thun weder geheißen noch befohlen, sondern allermaßen und nicht anders, denn wie er, Götz, in seinen eingebrachten Entschuldigungsschriften dargethan, gehandelt habe.“

Den Eid hat Götz durch seinen Anwalt geleistet. Darauf ist Kur-Mainz abgewiesen worden.

2. In der Klagsache des Prälaten zu Amorbach dagegen wurde Götz verurtheilt, daß er demselben alles Silberwerk und Geschmeide, und was solchem und seinem Gotteshaus entwendet worden und er, Götz, an sich gebracht hat und das er eidlich zu inventarisiren habe, in ziemlichen Werthe einzulösen gestatte; wenn aber er und seine Hausfrau von solchen Kleinoden verkauft oder veräußert hätten, soll er, Götz, den Prälaten nach billigem Werth und Geld entschädigen.

Da die Sachen längst nicht mehr vorhanden waren, so ist die Differenz durch eine von Götz gezahlte Abfindung ausgeglichen worden. So scheint es; denn die Acten geben darüber keine Auskunft.




Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1882). Leipzig: Ernst Keil, 1882, Seite 781. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1882)_781.jpg&oldid=- (Version vom 11.9.2022)