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Verschiedene: Die Gartenlaube (1882)

Heimath. Deutschlands Säugethiere und Vögel. Verlag von Theodor Fischer in Kassel“ zur Erhaltung der Wasseramsel sagen:

„So lange im Gebirge Krystallwellen über Kiesgrund rieseln, schaumbenetztes Felsgestein das bemooste Haupt aus der Strömung erhebt, geschwätzige Mühlen aus den Erlenwäldchen hervorschauen und die muntere Forelle aus der Stromschnelle emporspringt, so lange soll auch der Wasserschwätzer einstimmen in das Murmeln und Klingen hier oben und seine belebende Erscheinung der Gebirgsnatur Anmuth und Reiz verleihen.“ -


4. Haustaube.

Unter den Vögeln wird endlich noch unsere Haustaube angeklagt, sie fliege auf das Feld und suche dort ihre Nahrung. Das bestehende Gebot des Einsperrens der Haustauben zur Zeit der Aussaat der Feldfrüchte im Frühjahre und Spätherbste beruht auf der Annahme, daß die Tauben im Felde dem Landwirthe nicht unbeträchtlichen Schaden zufügen. Neuerdings haben sich von verschiedenen Seiten Stimmen gegen diese Maßregel erhoben, und die Opposition stützt sich auf die Behauptung, daß die Tauben durch Vertilgen einer Menge von Unkrautsamen beträchtlichen Nutzen stiften, die Fruchtkörner dagegen verschmähen oder doch wenigstens zur Zeit der Aussaat nur solche Saatfrüchte wegpicken, welche auf der Oberfläche der Aecker frei liegen bleiben, somit dort nicht aufkeimen können und ohnehin verloren sind.

Dagegen[s 1] läßt sich nun Manches einwenden. Untersuchen wir zunächst die Kröpfe der Tauben zur Ernte- und Saatzeit! Wir brauchen sie nicht einmal aufzuschneiden, sondern nur von außen aufmerksam zu befühlen, denn schon bei dieser Untersuchung erkennt man deutlich die Erbse, die Gerste, den Hafer und anderes Fruchtkorn zwischen den Fingern. Schlachtet man gar die Taube, so findet man den untrüglichsten Beweis in den unverdauten Fruchtkörnern des Kropfinhaltes. Namentlich fällt die Taube über die Frühjahrssaat her, weil ihr das Feld zu jener Zeit noch wenig oder keine andere Nahrung bietet. Was nun aber das Vertilgen des Unkrautsamens betrifft, so fällt diese Thätigkeit der Tauben nur zum geringsten Theil in die Saat- und Erntezeit für Feldfrüchte, vielmehr hauptsächlich in die Sommermonate, wo die Früchte des Feldes noch stehen und den gefräßigen Vögeln für sich und ihre Bruten keine andere Nahrung draußen erreichbar ist, als der Same des weitverbreiteten Unkrauts auf den Feldern auf Triften und Wiesen. Uebrigens reicht oft dieses Futter zur erwähnten Zeit nicht aus, und eine Folge davon ist das häufig vorkommende Verhungern der Nestlinge auf den Taubenschlägen, oder auch an sehr kühlen Tagen das Erstarren derselben, da sich sowohl das Männchen wie das Weibchen zugleich um Futter bemühen müssen und hierdurch die nothwendige Erwärmung der Brut zu lange unterbrochen wird. Aufmerksame Taubenzüchter helfen darum bei derartigen Anlässen durch Füttern auf dem Schlage nach. Auch an gelinden Wintertagen und im Frühjahre vor der Früchte-Aussaat eignen sich die Tauben Unkrautsamen an.

Ferner wird die Behauptung, daß die auf der Oberfläche des Bodens den Tauben zur Beute werdender Fruchtkörner doch verloren wären, durch die Erfahrung hinfällig, daß bei günstiger Witterung noch viele derselben zum Keimen gelangen können. Außerdem aber picken die Tauben die Fruchtkörner aus der Erde heraus, auch wenn sie zum Theil bedeckt sind und nur ein wenig hervorschimmern. Welche Emsigkeit aber die Taubenschnäbel auf einem frischbesäeten Acker entwickeln, ist jedem Landwirth zur Genüge bekannt. Gewöhnlich schaaren sich viele derselben zusammen und befallen als scharfsichtige Auskundschafter in stärkeren oder schwächeren Flügen die Saatäcker. Während der Sämann hier den Samen ausstreut, beeilen sich dort die dreisten Vögel, die lockenden Körner aufzulesen. Wo die Sämaschine nicht zugleich mit der Ausstreuung der Früchte auch die Unterarbeitung derselben bewerkstelligt, vermögen die Tauben sehr empfindlichen Schaden anzurichten.

Schließlich fallen sie sogar zur Erntezeit über die gemähten Garben und Erbsenschoten her und picken eifrig den Inhalt aus Aehren und Hülsen. Doch soll diese letztere Unart nicht in die Wagschale fallen.

Aus allen diesen Beobachtungen ergiebt sich nun die wohlberechtigte Forderung: wer Tauben zum Vergnügen oder zur Befriedigung des Gaumens oder auch zum Zweck des Handels züchtet, der muß sich das Opfer des vierzehntägigen Fütterns und Einsperrens seiner Pfleglinge ruhig gefallen lassen, hier hat das Sonderinteresse vor dem allgemeinen zurückzutreten. Natürlich richtet sich die Schutzmaßregel nach Ort und Verhältnissen. Unseres Wissens erachtet man z. B. in Sachsen, wo die Sämaschine den praktischstes Vortheil gewährt, gegenwärtig das Einsperren der Tauben für unnöthig.

Aber außer den genannten werden noch andere Einwände gegen dieses Einsperren der Tauben erhoben, von thierschutzvereinlicher Seite ist es als thierquälerischer Act bezeichnet worden. Zu einer derartiges Anschauung kann aber doch nur ausgeprägte Sentimentalität sich verirren. Die Taube ist auf dem Schlage geboren, er ist ihre Zufluchtsstätte bei Verfolgungen, ihr Schutzort bei tobenden Wettern, ihre Schlafkammer und das anheimelnde Plätzchen, wo sie die Tagesruhe hält und verdaut. Hier wird geruckst, und hier erfolgt die Paarung, hier wird der Kampf mit den Rivalen ausgefochten und die große Gemeinschaft zu Aus- und Einflügen gebildet. Die Entbehrung des Ausflugs auf kurze Zeit wird ja unstreitig von den die Freiheit gewohnten Tauben empfunden, aber sie geben sich bei guter Pflege und Fütterung alsbald auch mit einem längeren Aufenthalte im Schlage zufrieden. Müssen doch die Tauben im Winter bei tiefem Schnee und anhaltendem Frost wochen-, ja monatelang eingesperrt bleiben, warum also sollte gerade das Einsperren zur Frühjahrs- und Herbstaussaat eine besondere Qual für sie sein?

Hiermit beschließen wir unsere Betrachtungen über die „Populären heimischen Vögel auf der Anklagebank“. Wir fordern keine unbedingte Schonung und Hege für die Vögel und beweisen das gerade durch diese Abhandlungen in der Beurtheilung der Dohle, der Krähe und des Sperlings. Es leitet uns nur das Bestreben, das Verhalten der Menschen in ihren mannigfachen Interessen gegenüber der Thierwelt in maßvolle Grenzen zurückzuführen und der hierauf bezüglichen Gesetzgebung die gewissenhafteste Grundlage gerechter Abwägung und exacter Forschung zu bieten.


Anmerkungen Wikisource

  1. Vorlage: Dagen



Deutsche Asphaltwerke.

Von Alfred Schütze.

Etwa eine halbe Stunde von Hannover entfernt liegt im Westen der Stadt auf einem dichtbelaubten Hügel das Bad Limmer. Mitten unter den alten Buchen und Eichen sprudelt noch heute die Schwefelquelle empor, deren Heilkraft man einstmals in weitem Umkreise schätzte, aber schon seit langer Zeit hat der Besuch des Bades nachgelassen, sodaß es gegenwärtig nur noch Spaziergängern aus der Stadt Hannover als freundlicher Zielpunkt ihrer Wanderungen gilt. In den vierziger Jahren wohnte hier auf „Limmer Brunnen“ ein alter, ausgedienter Soldat Namens Henning. Er betrieb die kleine Gastwirthschaft des Curhauses und benutzte die viele freie Zeit, die ihm aus Mangel an Gästen sein Beruf ließ, zu Streifereien durch die nächste Umgegend.

Bei einer solchen Gelegenheit fand er auf der Höhe des Velber Berges Spuren eines Gesteins, dessen starker Petroleumgeruch wohl seine Aufmerksamkeit erregt haben mochte. Henning wandte sich mit seinem Funde an das Polytechnikum zu Hannover, hörte dort, daß er ein Asphaltlager entdeckt habe, und verstand später, diesen glücklichen Zufall in höchst gewinnbringender Weise für sich zu verwerthen. Bald bildeten sich Gesellschaften, welche die mächtigen Asphaltlager ausbeuteten und das gewonnene Rohmaterial in Fabriken verarbeiteten. So entstand hier eine neue deutsche Industrie, welche schnell genug erstarkte, um dem Auslande erfolgreiche Concurrenz machen zu können.

Heute sind in unseren großen Städten bereits zahlreiche Straßen mit Asphaltpflaster belegt, die Wagen rollen geräuschlos und mit außerordentlicher Leichtigkeit über die ebene Fläche, und ebenso nimmt auch der Fußgänger mit Vorliebe seinen Weg auf der dunklen, elastischen Bahn. Auch bei den Bauten findet Asphalt vielfache Verwendung, besonders da, wo es sich um Schutz gegen andringende Feuchtigkeit handelt.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1882). Leipzig: Ernst Keil, 1882, Seite 812. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1882)_812.jpg&oldid=- (Version vom 29.8.2023)