Seite:Die Gartenlaube (1882) 820 a.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1882)

Zwanglose Blätter. Beilage zur Gartenlaube Nr. 49, 1882.




Hauswirthschaftliches.

Wir betreten heute das engabgegrenzte und doch so vielseitige Gebiet des menschlichen Schaffens, auf welchem die zarte Hand unserer Frauen ordnend schaltet und waltet. Gegenüber dem großartigen und geräuschvollen Treiben, welches aus den modernen Fabriken uns entgegentönt, gegenüber den mit Millionen Capital arbeitenden Gesellschaften für öffentliche Culturzwecke, wie Gasbeleuchtung und Verkehrswesen, und gegenüber den staatlichen Unternehmungen aller Art zur Förderung der Volkswohlfahrt, bildet die Hauswirthschaft der Einzelnen mit ihrem nur nach wenigen Hunderten oder Tausenden von Mark zählenden Jahresbudget eine äußerst winzige Erscheinung auf dem weiten Plane der menschlichen Culturarbeit. Ein verschwindend kleiner Tropfen in dem breit dahinbrausenden Strome der Menschheit ist ja die um den häuslichen Herd versammelte Familie. Und doch, wie bedeutungsvoll ist ihr Wohlergehen für das große Ganze; werden nicht in ihrem Schooße die Kräfte erzeugt, welche die Blüthe und den Nierdergang der Völker bewirken? Kein Wunder also, daß auch im entgegengesetzten Sinne jedes einzelne Haus an den Fortschritten der Zeit mehr oder weniger theilnehmen muß, daß es im Kleinen demselben Umgestaltungsproceß unterworfen ist, den wir im Leben der Gesammtheit wahrnehmen. Von Jahrhundert zu Jahrhundert, von Jahrzehnt zu Jahrzent verändert sich die Physiognomie der Hauswirthschaft, unmerklich fast, aber stetig dem großen Gesetze des Werdens und Vergehens folgend. So hielt das harte Eisen den siegreichen Einzug in unser Haus, um den zerbrechlichen Thon zu verdrängen; so verstummte in der traulichen Kammer das schnurrende Spinnrad, um durch die rasselnde Nähmaschine ersetzt zu werden; so fluthen die Wogen des Fortschritts allezeit hinein auch in das stille Reich der Hausfrau. Dahin ist die glückliche Zeit, da die Neuvermählte an Allem festhalten durfte, was sie im elterlichen Hause erlernt; die guten alten Hausgeräthe brechen entzwei, und vergebens gehen wir heute auf den Markt, um sie durch Ihresgleichen zu ersetzen. Ueberall tritt uns Neues entgegen. Es glänzt und es schimmert wohl, wird es aber auch wirklich im Haushalte nützen? Die Anpreisungen der Händler klingen ja berückend, aber jeder von ihnen schreit aus vollster Brust: „Ich führe die beste Waare!“ – Da wird wohl unseren Frauen ein gewissenhafter Führer bei ihren Einkäufen, ein Rathgeber, der in schlichten Worten ihnen die Vorzüge der im Handel neu auftauchenden Artikel erklärt, nicht unwillkommen sein.

In diesen „Zwanglosen Blättern“ wird er sich von Zeit zu Zeit vernehmen lassen und dabei stets im Auge behalten, daß es seine Pflicht ist, nicht das Interesse des Verkäufers, sondern das des kaufenden Publicums in erster Linie zu vertreten, nicht Reclame zu machen, sondern die Aufmerksamkeit der Leser und Leserinnen der „Gartenlaube“ auf gute und nützliche Gegenstände zu lenken. In diesem Sinne beginnen wir heute unsere erste Wanderung durch die Verkaufsstätten der für den Haushalt bestimmten industriellen Erzeugnisse.


1. Ein empfehlenswerther Petroleumlampenbrenner.

Wie stolz können wir auf die Hausbeleuchtung unserer Tage sein! Nur vom Hörensagen kennen wir noch den rußenden Kienspan, mit dem unsere Vorfahren ihre Gemächer erleuchteten, und nur zu untergeordneten Beleuchtungszwecken machen wir von den funzelnden Talg- und Wachslichtern Gebrauch. Viel heller als die früher so hoch gepriesenen Rüböllampen strahlt heute in unsern Zimmern das aus dem Schooß der Erde gewonnene Petroleum, und auf dem Horizonte unserer Hoffnungen und Wünsche taucht sogar schon die elektrische Hauslampe auf.

Fig. 1.

Wissen wir aber auch wirklich die großen Wohlthaten der neuesten Erfindungen zu würdigen? Verstehen wir alle Vortheile, die sie uns bieten, mit richtigem Verständniß auszunützen? Für die große Masse des Volkes müssen diese Fragen leider verneinend beantwortet werden. Wir wollen dem Publicum nicht etwa einen Mangel an Begeisterung für das neue elektrische Licht vorwerfen; thatsächlich braucht es sich bis jetzt um dasselbe nur noch wenig zu bekümmern und kann es der Fürsorge der Fachmänner ruhig überlassen. Und doch scheinen die Meisten sich mehr um jenes Licht der Zukunft zu sorgen, als um die Petroleumlampe, an welcher sie doch jeden Abend arbeiten, nähen, lesen und schreiben.

Werfen wir nur einen Blick auf die Art und Weise, in welcher das Publicum Lampen einkauft. Worauf wird da vor Allem geachtet? Ohne Zweifel prüft man in den allermeisten Fällen die äußere Form derselben und überlegt sich, ob ihre Größe und ihre künstlerische Ausführung den jeweiligen Anforderungen entsprechen. Dagegen wäre wohl nichts einzuwenden, wenn nicht dabei der wichtigste Theil der Lampe, der Brenner, unberücksichtigt bliebe. Der Brenner! Du liebe Zeit! Um den kümmert man sich erst, wenn die Lampe zu Hause schlecht brennt, und im Laden da sieht man höchstens nach, ob man einen Flach- oder einen Rundbrenner erhält. Ja, man weiß es wohl, aber ist in der Regel zu nachlässig daran beim Einkauf zu denken, daß der Brenner gerade den wichtigsten Theil der Lampe bildet. Von dem Brenner hängt es ab, ob die Lampe hell oder röthlich-dunkel brennt; von dem Brenner hängt es ab, ob die Lampe viel oder wenig Petroleum bei demselben Lichteffect verbraucht, und an dem Brenner liegt gerade oft genug die Schuld, daß die Lampe plötzlich explodirt und schweres Unheil über die Familie hereinbricht. Möchte doch dieser Brenner dem Publicum bald zu größeren Ehren gelangen! Nun, wir wollen versuchen, hierzu nach Kräften beizutragen, indem wir einen anerkannt vorzüglichen Petroleumbrenner dem weiten Leserkreise der „Gartenlaube“ vorführen.

Fig. 2.

Die Firma Schuster und Baer in Berlin hat sich seit Jahren in anerkennenswerther Weise bemüht, gute Brenner für alle Sorten Petroleum in den Handel zu bringen, und ihr verdanken wir auch die seit längerer Zeit so allgemein bekannt gewordenen „Patent-Kosmos-Brenner“. Neuerdings ist es den beiden strebsamen deutschen Industriellen gelungen, den genannten Brenner noch bedeutend zu verbessern und auf diese Weise selbst den schwierigsten Ansprüchen des Publicums zu genügen. „Patent-Reform-Kosmos-Rundbrenner“ ist der volle Name dieser neuesten Erfindung, welche durch die anseitigen Abbildungen unseren Lesern veranschaulicht wird. Auf den ersten Blick unterscheidet sich dieser jüngste Brenner durch kein besonderes Merkmal von seinen älteren uns wohlbekannten Geschwistern. Bei genauerer Betrachtung finden wir jedoch an ihm folgende Eigenthümlichkeiten.

Zunächst sehen wir auf der Fig. 1, daß die Dochthülse (b) von einem metallenen Ring (d) umschlossen wird, welcher mit dem für die Cylindereinfassung bestimmten oberen Theile (a) des Brennermantels fest verbunden ist. Dieser Brennermantel läßt sich bekanntlich behufs Reinigung des Brenners von eingefallenen Dochtschnuppen abschrauben, und alsdann folgt ihm auch der Ring (d), welcher mit ihm sozusagen ein Stück bildet. Bei den gewöhnlichen Lampen tritt die atmosphärische Luft durch die Oeffnungen des Netzgitters (c) in das Innere des Brenners und strömt längs der Dochthülse (b) zur Flamme. Bei dem vorliegenden Brenner gelangt die Luft jedoch zunächst in die von den Wandungen des Mantels und des Ringes (d) gebildete Kammer und erst, nachdem sie hier erwärmt worden, strömt sie durch kleine (bei i angebrachte) Oeffnungen in den zwischen dem unteren Theil des Cylinders und der Dochthülse (b) liegenden Raum und trifft hier die äußere Seite der Flamme.

Fig. 3.       Fig. 4.

Die Anbringung dieses Ringes bildet schon eine bedeutende Verbesserung des Brenners; denn durch ihn erhält der Cylinderkniff einen festeren Halt, was bei den gewöhnlichen Brennern in der Regel nicht der Fall ist. In Folge dessen wird aber bei ihnen der Mantel oft eingedrückt oder verbogen, und der Cylinder geräth in eine schiefe Stellung, durch welche eine übel riechende, rußige oder röthliche Flamme hervorgerufen wird. Außerdem verhütet der Ring das Hereinfallen der Dochtschnuppen in das Innere des Brenners. Wir wissen aber, daß diese Dochtschnuppen sich in Petroleumlampen oft entzünden und hierdurch manchmal sogar eine Explosion derselben hervorgerufen wird.

Die Zuführung einer vorgewärmten Luft zu der äußeren Seite der Flamme erhöht endlich die Helligkeit des Lichtes und ermöglicht, daß nicht nur das Petroleum, sondern auch schwere Mineralöle wie Solaröl, Paraffinöl, Kerosin, Oelheimer Petroleum etc. zur Speisung verwendet werden können.

Fig. 5.

Zu diesem Zwecke wird noch bei dem „Patent-Reform-Kosmos-Brenner“ durch einen besonderen Canal (Fig. 2) dem Inneren der Flamme Luft zugeführt. Dieser Canal ist in der Mitte des Brenners so angebracht, daß die für den Luftzutritt bestimmten Oeffnungen (e) unmittelbar über dem Vasenringe des Oelbehälters liegen, während die oberste Oeffnung desselben (e’’) in gleicher Linie mit der Dochthülse, also in der Mitte der Flamme, ausmündet.

Um schließlich ein etwaiges Rückschlagen der Flamme durch den Boden des Brenners in den Oelbehälter zu verhüten, ist an dem unteren Theile des ersteren ein besonderer Verschluß angebracht worden. Er besteht aus zwei Metallplättchen, von denen das obere (Fig. 3) an den Rändern gezackt und das untere (Fig. 4) in der Mitte durchlöchert ist. Die aus den Petroleumdämpfen in dem Brenner sich bildenden Oeltropfen fließen hier auf die obere Platte nieder, füllen die Zwischenräume der

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1882). Leipzig: Ernst Keil, 1882, Seite 845. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1882)_820_a.jpg&oldid=- (Version vom 11.9.2022)