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Verschiedene: Die Gartenlaube (1882)

Tage, dem Haupttage, holte, wie auch jezt noch, die Gilde die ihr von dem Großherzoge Friedrich Franz dem Ersten verliehene sehr werthvolle Standarte ab und zog hierauf nach dem nahe in schönstem Holze gelegenen Brunnen. Hier wurde zunächst das Frühstück eingenommen, und dann folgte ein Sport der eigenthümlichsten Art. Ein Theil der Gilde begab sich, mit Schußwaffen versehen, zu Fuß nach dem dem Brunnen nahe gelegenen Dorfe Slate. Hier wurde nun alles lebende Vieh, das in den Dorfstraßen zu erreichen war, erbarmungslos niedergeschossen: Hühner, Enten, Gänse und selbst Schweine führte man als Jagdbeute heim. Natürlich wurde alles erlegte Vieh gut bezahlt.

Nach diesem Jagdabenteuer hielt man auf dem Brunnen Tafel, bei der es immer sehr heiter herging, am Nachmittage aber wurde ein anderer Sport ausgeführt: Die Gildenbrüder nahmen auf dem Felde, mit Flinten versehen, in einem großen Kreise Aufstellung, in dessen Mitte eingefangene Hasen ausgesetzt und geschossen wurden.

Von diesem Vergnügen nach dem Brunnen zurückgekehrt, hielt man Appell und Revision des Anzugs ab, und wurden die hierbei vorgefundenen Mängel des Anzugs etc. fast immer mit dem Ausspruch: „Wir fehlen Alle mannigfaltig“ humoristisch abgethan.

Nun erfolgte der Rückmarsch, abwechselnd durch das Wecker- und Neue Thor, in die Stadt nach dem Bruch’schen Hôtel, wo die am Morgen in Slate gemachte Jagdbeute verzehrt wurde. Die Häuser an den hierbei zu durchziehenden Straßen waren auf das Glänzendste mit sinnreichen Transparenten versehen und illuminirt.

Wenn nun auch heute noch die Gilde einige liegende Gründe als Eigenthum besitzt und hieraus kleine Einkünfte bezieht, so ist doch, wie aus dem Mitgetheilten erhellt, die Mitgliedschaft mit bedeutenden Kosten verknüpft. Daher können denn auch nur die besser situirten Einwohner der Stadt diese Mitgliedschaft erwerben; es sind übrigens meist ältere Herren, die der Gesellschaft angehören; denn da die Zahl 33 nicht überschritten werden darf, müssen die Aufnahme Suchenden immer so lange warten, bis ein Mitglied ausgeschieden ist.

Zu dem Eigenthum der Gilde gehört unter Anderem auch eine kleine Baumgruppe von 33 Linden, unmittelbar vor dem Kreuzthore gelegen und Herzogslinden genannt. Jedes Mitglied hat seine eigene Linde, und jede dieser Linden ist mit einem Blechschilde versehen, welches den Namen ihres Besizers trägt. Bei Beerdigung eines verstorbenen Gildenbruders geleiten die Brüder in voller Uniform die Leiche zu den Herzogslinden, wo der Todte unter seine Linde getragen wird; hier wird alsdann die Weihrede gehalten.

Trotz ihrer theilweise rohen Gebräuche, haben die alten Gesellschaften, in deren Reihe die oben besprochene gehört, für uns moderne Menschen etwas um so Fesselnderes und Rührenderes, und so dürfte auch das hier über die Parchimsche Dreiunddreißiger Gilde Gesagte nicht ganz des Interesses entbehren.


Die Weihnacht des alten Junggesellen. (Abbildung Seite 849.) So weit kann es kommen, daß Hund und Katze an Kindesstatt angenommen werden, wenn ein Einsamer unter den Menschen keinen Freund mehr findet. Das Bild, das uns diesen Ausspruch abnöthigt, wurde nicht zum Scherze aufgestellt; es kann mit recht ernsten Augen betrachtet werden. Unwillkürlich legen wir uns die Frage vor: Ist es nicht eine Gedankenlosigkeit, in jedem „alten Junggesellen“, in jeder „alten Jungfer“ eine lächerliche Erscheinung zu sehen? Ja, ist es nicht geradezu herzlos, Menschen, die vom ersehnten Erdenglücke ausgeschlossen sind, ohne Prüfung, ob sie’s verschuldet oder nicht verschuldet, durch das ganze Leben mit dem Allerschwersten, mit Verhöhnung im Unglück, zu verfolgen? Wer selbst noch kein Trennungsweh erfahren, oder wer sich sicher in seinem Kreise fühlt, vergißt zu leicht, daß das Lebensglück schon so oft den beiden unerbittlichsten Feinden zum Opfer fiel: der Untreue und dem Tode unserer Lieben. Und Menschen, die, wie unser Junggeselle, durch so bitteres Weh in liebeleere Ehelosigkeit getrieben worden sind, verfolgt man mit dem Niederdrückendsten und Verbitterndsten: mit dem Fluche der Lächerlichkeit. Kein Wunder, wenn ein so Verfolgter endlich das Thier, das seine Wohlthat mit Treue und Anhänglichkeit lohnt, den Menschen vorzieht.

Aber der Christbaum, brennt er auf unserem Bilde nur für Hund und Katze? Sicherlich nicht! Solche Einsame schmücken sich ernste Stunden oft gar sinnig aus. Wir kannten einen solchen Alten – der feierte, seit den Tagen seiner Abgeschlossenheit, die Weihnacht still für sich getreu fort, wie einst in seinem Elternhause. Am Baume brannten so viel Lichter, wie er todte Lieben beweint hatte. Wenn er nun so allein vor dem leuchtenden Bäumlein saß, stiegen die Bilder seiner theuern Todten alle vor ihm auf; alle standen sie wieder um den Tisch, und alles Weh zwischen einst und jetzt war verschwunden vor den Freudenstrahlen all der lieben Augen. Wie aber dann ein Lichtlein um das andere erlosch, so versank ihm eine Gestalt um die andere, und war das letzte Licht verglommen, dann umgab ihn wieder die alte Einsamkeit, und die Weihnacht des alten Junggesellen hatte ein Ende.



Kleiner Briefkasten.

L. L. in Sydney. Eine Reihe illustrirter Artikel über das bisher wenig besuchte Yellowstonegebiet von Nordamerika gedenken wir unsern Lesern im nächsten Jahrgange unseres Blattes zu bieten.

Langjährige Abonnentin in Ungarn. Ihre Anfrage, die Seidenraupencocons betreffend, werden wir gern beantworten, bitten Sie jedoch um Wiederholung derselben mit voller Angabe Ihrer Adresse.

Z. in Magdeburg. Den von Ihnen gesuchten Artikel „Der tolle Platen“ werden Sie im Jahrgang 1864 auf Seite 552 finden.

Allein. Wir bedauern: Nein!

Lesekränzchen zu H. in L. Stefanie Keyser ist kein Pseudonym, sondern der wirkliche Name der durch ihre treffliche Erzählung „Der Krieg um die Haube“ bei unsern Lesern so schnell und so allgemein beliebt gewordenen Verfasserin.

W. S. in Z. Sie wünschen zu wissen, wo das Papier zur „Gartenlaube“ angefertigt wird? Das ist kein Geheimniß: in Bautzen und in Einsiedel bei Chemnitz. – Die von Ihnen genannte Fabrik hat uns nie auch nur einen Bogen geliefert.

C. M. in A. Besten Dank für Ihr freundliches Schreiben! Für das Manuscript haben wir leider keine Verwendung.

F. H. in L. Dritte Auflage 1880!

Amaryllis aus Athen. Wir sind in der angenehmen Lage, Ihnen die gewünschte Auskunft ertheilen zu können, und bitten Sie, Ihre Anfrage unter Angabe der vollen Adresse wiederholen zu wollen.

Rettung N. N. Wenden Sie sich persönlich an einen erfahrenen Arzt! Die von Ihnen namhaft gemachten Personen sind Curpfuscher und Schwindler.

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Alter Abonnent aus Hessen in New-York. Die gewünschten Auskünfte und Notizen über Ihre Heimath finden Sie am besten in dem jetzt bei C. Hoffmann in Darmstadt in zweiter Auflage erscheinenden Werke von Dieffenbach: „Das Großherzogthum Hessen in Vergangenheit und Gegenwart. 28 Hefte à 60 Pfennig.“



Für die Wasserbeschädigten des Rheingebietes!

Schwer vom Unglück betroffen wurden die Thäler des Rheins und seiner Nebenflüsse. Die über Mensch und Thier hereinbrausenden Fluthen wuchsen, wie die Zeitungen inzwischen aller Welt gemeldet, in wenigen Tagen zu der Höhe eines Wasserstandes an, wie ihn dieses Jahrhundert in jenen Gegenden noch nicht gesehen. Fast eine Woche lang standen die an den Ufern der Flüsse belegenen Ortschaften und Gemarkungen unter Wasser, sodaß deren Bewohner des schützenden Obdachs beraubt gewesen wären, wenn nicht nachbarliche Fürsorge wenigstens über die erste Noth hinweggeholfen hätte. Noch läßt sich die Größe des durch die Ueberschwemmungen angerichteten Schadens gar nicht überblicken; nur so viel steht fest: die Verheerungen an Gebäuden, Feldern, Vorräthen und Geräthschaften sind ungeheuer; Wein- und Kartoffelernten, die Haupteinkommensquellen der Bewohner jener Flußthäler, sind zu einem großen Theile völlig vernichtet, und so ist der Winter in die durchfeuchteten Wohnungen zahlreicher armer Familien eingezogen als ein unheilvoller Gast; denn Hunger und Elend, Krankheit und Verzweiflung werden ihm auf dem Fuße folgen, wenn nicht wirksame und andauernde Hülfe geschafft wird.

Um diese Hülfe, so viel an uns ist, zu bieten, erklärt sich die mitunterzeichnete Verlagshandlung hiermit zur Empfangnahme von Gaben für die schwer heimgesuchten Brüder am Rhein und seinen Nebenflüssen gern bereit. Ihr Deutsche alle, in Nord und Süd, in Ost und West, gebt mit vollen Händen und freudigen Sinnes!

Die Redaction und die Verlagshandlung der Gartenlaube. 




Nicht zu übersehen!

Mit nächster Nummer schließt das vierte Quartal des laufenden Jahrgangs. Wir ersuchen die geehrten Abonnenten, ihre Bestellungen auf das erste Quartal des neuen Jahrgangs schleunigst aufgeben zu wollen.

Die Postabonnenten machen wir noch besonders auf eine Verordnung des kaiserlichen General-Postamts aufmerksam, laut welcher der Preis bei Bestellungen, welche nach Beginn des Vierteljahrs aufgegeben werden, sich pro Quartal um 10 Pfennig erhöht (das Exemplar kostet also in diesem Falle 1 Mark 70 Pfennig statt 1 Mark 60 Pfennig). Auch wird bei derartigen verspäteten Bestellungen die Nachlieferung der bereits erschienenen Nummern eine unsichere. Die Verlagshandlung. 



Redacteur: Dr. Ernst Ziel in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1882). Leipzig: Ernst Keil, 1882, Seite 852. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1882)_852.jpg&oldid=- (Version vom 10.9.2022)