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Verschiedene: Die Gartenlaube (1883)

Ende 1879 hatte sich Dr. Pogge erboten, die Führung einer neuen Expedition zu übernehmen, und der Afrikanischen Gesellschaft einen diesbezüglichen Plan unterbreitet. Er wollte abermals nach der Mussumba gehen, dort eine Station in der Reihe der vonder „Internationalen Association“ geplanten Kette von Stationen quer durch Afrika begründen und hoffte bestimmt, alsdann dem ihm beizuordnenden Begleiter die Erlaubniß zur Fortsetzung der Reise nach Norden erwirken zu können. Gern ging die Gesellschaft auf diese Vorschläge des erfahrenen Reisenden ein und wählte zum Begleiter desselben den hierfür wohl vorbereiteten Lieutenant Wißmann, dem die wissenschaftlichen, vor allem die topographischen Arbeiten obliegen sollten. Ende 1880 verließ die Expedition die Heimath und begab sich von Loanda sofort nach dem letzten portugiesischen Orte Malange, um dort die Vorbereitungen für die Reise in’s Innere zu treffen.

Dr. Paul Pogge.  Lieutenant Wißmann.
Nach Photographien auf Holz übertragen von Adolf Neumann.

Ende Mai 1881 waren endlich die erforderlichen Tauschwaaren angekauft, eine Trägerkarawane von gegen 100 Mann und 6 Reitstiere zusammengebracht, ein erfahrener Dolmetsch in der Person desselben Germano engagirt, der Pogge schon auf seiner ersten Reise und dann auch Schütt begleitet hatte. So erfolgte am 2. Juni der Aufbruch. Bis Kimbundo, welches am 20. Juli erreicht wurde, bot die Reise auf oft zuvor begangenen Wegen nichts Bemerkenswerthes. Hier aber erfuhren die Reisenden, daß kriegerische Verwickelungen zwischen den umwohnenden Kioko und ihrem nominellen Oberhaupt, dem Muata Yamwo, ausgebrochen und daß beide Wege zur Mussumba dadurch schwierig, wenn nicht ganz unpassirbar seien. Dieser Umstand in Verbindung mit Buchner’s ungünstigen Erfahrungen, endlich aber höchst verführerische Nachrichten über den von Kimbundo nach Norden führenden Weg bewogen Pogge unter freudiger Zustimmung seines Begleiters zu einer wesentlichen Umänderung des Reiseplanes, zu einem Versuche, eben auf diesem nördlichen Wege, auf dem Schütt gescheitert war, direct einzudringen in das Centrum der unerforschten Südhälfte des Congobeckens.

Diese nördliche Straße wird von Händlerkarawanen seit einer Reihe von Jahren häufig begangen, nachdem Lunda an den Hauptgegenständen des dortigen Handels, Sclaven, Elfenbein und Kautschuk, immer weniger ergiebig geworden. Sie führt in die noch unerschöpften Gebiete zwischen Kassai und Lulua, besonders in das Land der Tussilange, deren Häuptlinge in angenehmem Gegensatz zu dem gewaltthätigen Wesen des erwähnten Muata Yamwo den fremden Händlern die günstigste Behandlung zu Theil werden lassen. Anfangs soll das Entgegenkommen der Tussilange soweit gegangen sein, daß die Händler während ihres Aufenthalts durchaus unentgeltlich verpflegt wurden, in Folge wovon diesem gelobten Lande der Name „Lubuku“ (das heißt in der Sprache der Tussilange „Freundschaft“) beigelegt wurde.

Entscheidend für Pogge’s Entschluß war die zuverlässige Nachricht, daß der angesehenste der Tussilangehäuptlinge, Mukenge, der nahe am Lulua seinen Sitz hat, den bei ihm weilenden Fremden keinerlei Freiheitsbeschränkungen nach Art des Muata Yamwo auferlegt, sondern ihnen gestattet, Excursionen in beliebiger Richtung zu machen.

So brachen denn Pogge und Wißmann, nachdem sich die Mehrzahl ihrer Träger mit dem veränderten Ziel einverstanden erklärt hatte, am 31. Juli nach Norden auf; einige Tagereisen weiter fanden sie Gelegenheit, einen schwarzen Händler, Namens Biserra, als Führer zu engagiren, der bereits einmal zwei Jahre beim Mukenge zugebracht hatte und mit Sprache und Sitten des Landes durchaus vertraut war. Trotz des Widerstrebens der Kioko, die das von ihnen beanspruchte Monopol im Handel mit den Tussilange bedroht glaubten, wußte Pogge die Expedition ungefährdet durch ihr Gebiet zu führen, ebenso durch den nördlichen Theil von Lunda, wo ernste Schwierigkeiten zu gewärtigen waren, da die Unterhäuptlinge des Muata Yamwo strenge Weisung haben, alle zu ihnen kommenden Händler an der Ueberschreitung der Reichsgrenzen zu hindern und sie an den Hof des Oberhäuptlings zu dirigiren.

Nach vierundvierzig Marschtagen wurde am 2. October der Kassai bei Kikassa im Lande der Pende bereits unterhalb der großen Fälle erreicht. In acht Canoes wurde am folgenden Tage die Ueberfahrt der Karawane über den hier in beträchtlicher Tiefe

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1883). Leipzig: Ernst Keil, 1883, Seite 113. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1883)_113.jpg&oldid=- (Version vom 10.12.2023)