Seite:Die Gartenlaube (1883) 348.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
verschiedene: Die Gartenlaube (1883)

Ausstellungen erheben ließen, so will ich damit dem Werthe des Ganzen durchaus keinen Abbruch thun. Es versteht sich, daß derartige Arbeiten sich beim ersten Wurfe nicht in der Vollkommenheit darstellen können, wie etwa die Toussaint-Langenscheidt’schen „Unterrichtsbriefe“ in der dreißigsten Auflage.

Ich komme nun auf ein schon mehrfach erwähntes höchst empfehlenswerthes Lehrmittel zur Erlernung fremder Sprachen zurück, nämlich auf die von F. Booch-Arkossy im Verlage von Breitkopf und Härtel unter Mitwirkung nationaler Gelehrten herausgegebene „Bibliothek ausführlicher Lehr- und Lesebücher der modernen Sprachen und Literaturen nach Robertson’s Methode“.

Wie bereits erwähnt, setzt diese vortreffliche „Bibliothek“ bei ihren Schülern größere Vorkenntnisse als die Toussaint-Langenscheidt’schen „Unterrichtsbriefe“ voraus und sie ist eigentlich für den Unterricht an „höheren Lehranstalten“ bestimmt und berechnet; doch können freilich auch „gebildete Selbststudirende“ dieses Lehrmittel mit gutem Erfolge benutzen, indem sie sich des in dem „Supplement“ zu jeder Sprache erschienenen „Schlüssels“ oder der Lösung der Aufgabe zur Verbesserung der von ihnen gemachten Fehler bedienen.

Erschienen sind in dieser „Bibliothek“ bisher die folgenden Sprachen: Französisch, Englisch, Italienisch und Spanisch.

Eine in demselben Verlage als Theil der „Bibliothek ausführlicher Lehr- und Lesebücher der modernen Sprachen“ erschienene „Neugriechische Grammatik“ von mir schließe ich natürlich hier ebenso von der Besprechung aus, wie oben meine „Deutschen Sprachbriefe“; aber ich glaube, rein sachlich und zum Nutzen unserer Gymnasialzöglinge, in Bezug auf die oben berührte Frage über das Kennen und Können einer erlernten Sprache auf das in dem Vorwort meiner „Neugriechischen Grammatik“ Ausgesprochene hinweisen zu dürfen und zu müssen.

Alt-Strelitz. Dan. Sanders.     




Blätter und Blüthen.

Für Mütter. Die Bewahrung ihrer Kinder vor der Diphtherie bildet mit Recht die Hauptsorge einer Mutter. Vergeblich sucht man nach einem absolut sicher wirkenden Mittel gegen diese Krankheit, sollte aber auch, was mehr als fraglich ist, in Zukunft ein solches Specificum gefunden werden, ohne Milhülfe der Eltern kann es seine volle Wirkung nie entwickeln. Ist die Krankheit vollkommen ausgebrochen, sind Kehlkopf und Luftröhre schon ergriffen, der kleine Patient erschöpft und verfallen, so bleibt für ein Gegenmittel ebenso wenig Aussicht auf Erfolg, wie bei einem eingenommenen im Körper schon verbreiteten Gifte, z. B. Arsenik.

Dem Feinde den Eintritt zu verwehren und ihn an der Pforte zu bekämpfen, giebt uns die Natur als Hülfe einige wichtige Winke. Die Diphtherie ist verbreiteter, als man anzunehmen pflegt, doch gelangen vielfach Erkrankungen bei einem widerstandsfähigen Organismus unbemerkt zur Abheilung.

Nicht zu selten wird ein Kind zu dem Arzte geführt, weil ihm beim Schlucken das Getränk aus der Nase fließt, eine Gaumensegellähmung ist vorhanden, welche auf eine vorausgegangene Diphtherie schließen läßt, etwas Halsweh vor einer Woche war die einzige Erscheinung. Noch öfter fehlt aber sogar diese Lähmung und zwar vorzüglich bei älteren Kindern und Erwachsenen, und hinter geringen Schmerzen beim Schlucken argwöhnt Niemand den tückischen Feind. Nach einigen Tagen erkranken kleine Familienmitglieder, Niemand erräth die Ursache, die Ansteckung erfolgte, und ist dies mit die häufigste Uebertragung von diesen leichteren als Halskatarrh gedeuteten Fällen. Die Erkrankung wird schwerer durch den in den Räumen jetzt gehäuften Ansteckungsstoff und die geringere Widerstandsfähigkeit jüngerer Kinder. Bei diesen sind die Gewebe blutreicher, lockerer, die Organe enger, und die Ausbreitung erfolgt leichter auf die rückwärts gelegenen Theile: Kehlkopf und Luftröhre. Zwei wichtige Lehren ergeben sich hieraus für die Kinderstube.

Jeder Halsschmerz bei Erwachsenen, vor Allem auch bei den Dienstleuten, ist streng zu beobachten, und Kinder sind während dieser kurzen Zeit von den Kranken fern zu halten, Küssen hauptsächlich zu meiden. Eine mehrmals täglich stattfindende Besichtigung der hinteren Theile der Mundhöhle (Mandeln) muß eine gleichmäßige Röthung, Freibleiben von weißen Punkten und Streifen ergeben. Auswaschen (nicht herunterschlucken) mit chlorsaurem Kaliwasser (eine Messerspitze auf eine Tasse Wasser) einige Male am Tage ist rathsam (vergl. „Gartenlaube“ 1877, S. 35). Zweitens gebietet uns die leichtere Abheilung in den älteren Jahren, schon weil das Kind dann durch Inhaliren und Gurgeln mehr selbstthätig sein kann, mit allen Mitteln es bis zur Schule vor der Ansteckung zu behüten. Mit der Schule beginnt die Hauptquelle der ansteckenden Krankheiten. Hier nun müssen wir auf eine Unsitte hinweisen, welche immer mehr um sich zu greifen droht, nämlich die frühzeitige Theilnahme der Kinder an den Spielschulen. Selbst dreijährige, sehr oft aber vierjährige Kinder werden zur Entlastung der Mutter in Räumen bis zu dreißig Kindern zusammengesteckt, welche den allgemeinen Anschauungen von Schulhygiene auch nicht im Geringsten entsprechen. Unter solchen Umständen muß sich eine ansteckende Krankheit auf Alle übertragen, wie bei Masern und Keuchhusten leicht nachzuweisen ist. Zu vielfachen Uebeln, z. B. Kurzsichtigkeit und Rückgratsverbiegung legt die Spielschule oft den Keim. Ein Kind gehört bis zum fünften Jahre in das Haus, so lange muß es individuell behandelt werden, sollen nicht frühreife geistige Mißgeburten die Folge sein. Wind und Wetter gebieten außerdem die größte Berücksichtigung bei einem so zarten Organismus. Die ärmere Bevölkerung wird leider öfter durch Erwerbung des täglichen Brodes gezwungen, ihre Kinder in Kinderbewahranstalten vor diesem Alter unterzubringen, diese sind dann aber meistens in den Händen von älteren Personen, die nicht selten eine gewisse Kenntniß der Krankheitsanfänge besitzen, doch wäre auch hier eine Besichtigung der Mundhöhle täglich beim Eintritte eine wenig zeitraubende Bemühung. Dr. Taube.     




Ein alter Portrait-Steckbrief. Die „Gartenlaube“ brachte in Nr. 15 einen interessanten Artikel über das Verbrecher-Album der Berliner Polizei, dessen Inhalt nach man vermuthen könnte, als wäre die Verfolgung von Verbrechern vermittelst deren Bildniß eine Errungenschaft der Neuzeit. Da dürfte es wohl für Manchen von Interesse sein, zu erfahren, daß bereits das Alterthum eine solche Art der Verfolgung gekannt hat, wie es aus einer Quelle erwiesen werden kann, welche bei den Studien über die allgemeine Culturgeschichte mehr zu Rathe gezogen werden sollte, als es bisher geschehen ist. Aus einer Notiz im Talmud geht nämlich hervor, daß es während der Kaiserzeit in Rom ein beliebtes Mittel war, einem Verbrecher durch Anschlag seines Bildes an die Thore Roms auf die Spur zu kommen.

Es wird im Tractat Aboda Sara erzählt, daß (um’s Jahr 138 bis 140) auf Anstiften eines römischen Staatsbeamten ein junges Mädchen aus angesehener Familie nach Rom gefangen fortgeführt und in ein Schandhaus geschleppt wurde, ein Vorkommniß, das zur Kaiserzeit nicht zu den Seltenheiten gehörte. Ihrem Schwager, dem so hoch gefeierten R. Meir, gelang es, den Wächter des Hauses zu bestechen und seiner Schwägerin zur Flucht zu verhelfen. Als dies herauskam, wurde das Bildniß R. Meir’s an Roms Thore angeschlagen und dabei ausgerufen: „Wer den Mann, dessen Bild hier befestigt ist, sieht, soll ihn gefangen nehmen!“

Dieses Referat, über dessen hohes Alter kein Zweifel besteht und das wenigstens für seine Zeit die besprochene Art der Verfolgung constatirt, dürfte für die Culturgeschichte von hohem Interesse sein. S.     




Die Perlen des Paradieses.

In Edens blumenreichem Garten stand
Auf heil’ger Erde, in dem Wundersand,
Ein Springquell ganz umkränzt von tausend Blüthen,
Die in der Sonne wie Demanten sprühten.
Und eine hohe Palme schirmt den Born,
In den aus einem silberweißen Horn
Ein Geist drei kleine feine Perlen hauchte.
Ein Fischlein fing sie auf, das niedertauchte,
Und dann im Grund der Quelle schnell verschwand,
Die mit dem Weltmeer in Verbindung stand.
Als es geschah, da sang ein Vogel leise
Auf dem Erkenntnißbaum die selt’ne Weise:
„Das was dem Fisch ein guter Geist beließ,
Das bleibt dem Menschen nur vom Paradies:
Die erste Perle, die das Horn gegeben,
Das ist die Tugend, die man soll erstreben.
Die zweite, die der Fisch uns gern verhehlt,
Das ist die Weisheit, die der Erde fehlt.
Die dritte aber, die der Engel weihte,
Das ist die Liebe, die gebenedeite,
Durch die im Traum wir Eden wiederschau’n
Und eine Brücke uns zum Himmel bau’n.“
 Franz Siking.     


Kleiner Briefkasten.

Ein alter Abonnent in Z. Ihre Anfrage, ob es nicht schon irgendwelche Abbildungen der in Nr. 18 der „Gartenlaube“ gerühmten Basreliefs giebt, welche das Monument der Jeanne d’Arc in Orleans schmücken, haben wir dem Verfasser des betreffenden Aufsatzes mitgetheilt und darauf folgende Antwort erhalten: „Es giebt ein hübsches Album, betitelt ‚Orléans. Monument de Jeanne d’Arc, Statue et Bas-reliefs‘, das nicht nur die letztere, sondern auch eine Ansicht der Stadt, der Kathedrale und der Rue-Jeanne-d’Arc enthält; Herausgeber und Verleger ist Buchhändler Fortin in Orleans. Aber obgleich dies Album nur von Orleans zu beziehen ist, ist es doch durchweg, selbst den Einband inbegriffen, ein Werk deutschen Kunstfleißes, das in Leipzig hergestellt wird. Herr Fortin schickt die Originalphotographie an Herrn Lithograph Emil Pinkau in Leipzig; dieser gravirt sie auf Stein und vervielfältigt sie nun durch Abdruck mit sechs verschiedenen Tönen. Diese vortrefflich ausgeführten lithographischen Nachahmungen der Photographie kommen dem Kupferstich ziemlich nahe. Ebenfalls von Herrn Pinkau rühren die zahlreichen Albums ‚Versailles, Tours, Angers‘ etc. her, die von den reisenden Engländern, Amerikanern, Italienern und – Deutschen in Frankreich als französische Kunsterzeugnisse gekauft werden. Das überrascht Sie? Mich nicht.“

Geben Sie also Ihre Bestellung dem ersten besten Buchhändler auf, und er wird Ihnen das „Album von Orleans“ kommen lassen.




  manicula Dieser Nummer ist Nr. 6 unserer „Zwanglosen Blätter“ beigelegt.



Unter Verantwortlichkeit von Dr. Friedrich Hofmann in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1883). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1883, Seite 348. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1883)_348.jpg&oldid=- (Version vom 3.1.2024)