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Verschiedene: Die Gartenlaube (1883)

der Fortschrittspartei, unter Anderen Virchow, Eugen Richter, Ludwig Löwe, von Bunsen, Neßler, Albert Traeger und Rademacher. Von anderen Parteien von Bernuth, von Bennigsen, von Benda, von Maltzahn-Gültz, Dr. Hartmann, Dr. Lieber, die Socialdemokraten Frohme und Rittinghaus, und viele Andere. Ihnen folgten die städtischen Behörden Potsdams und Berlins in Amtstracht, der engere Ausschuß der Genossenschaften und Deputationen derselben aus allen deutschen Gauen. Ferner die Vertreter der Genossenschaftsbank und die Vertreter anderer Banken und gewerblichen Institute, zahlreiche kaufmännische Vereine, dazu die Vertreter der Berliner und auswärtigen Presse in sehr großer Anzahl, Kränze und Palmzweige tragend.

Wieder unterbrach ein Musikcorps die Reihen und diesem folgten Deputationen der Volksbildung-, Handwerker-, Gewerbe-, der politischen und communalen Vereine aus Berlin, Spandau, Charlottenburg, Delitzsch, Stralsund, Magdeburg, Stettin, Burg, Aschersleben, Wittenberg, Tangermünde, Hamburg, Görlitz, Eisleben, Wiesbaden, Lissa, Rudolstadt, Herzberg, Meiningen, Dennstedt, Gardelegen, Frankfurt, Brandenburg, Prenzlau, Kassel, Coblenz, Zeitz, Barmen, Breslau und vielen anderen Orten, um ihrem Begründer und Schöpfer das letzte Geleit zu geben. Delegirte des akademischen Vereins „Marchia“ in vollem Wichs schlossen sich diesen an, und ihnen folgten zahlreiche Berliner Bezirksvereine und sämmtliche fortschrittliche Wahlvereine mit Fahnen und Bannern, welche mit Florstreifen umhüllt waren. Potsdam machte den Beschluß. Darauf schloß sich eine Reihe von Wagen an, deren vordere den Reichs- und Landtagsmitgliedern gehörten.

Von nah und fern waren viele Freunde des Verewigten herzugeeilt, um mit der Potsdamer Bevölkerung ihren Freund und großen Mitbürger scheiden zu sehen. Schweren Herzens sahen sie dem Zuge nach, der ihren Stolz und treuesten Freund hinausführte auf den stillen Friedhof. Als der Zug dort angelangt war, empfing der Schärtliche Gesangverein den Sarg mit dem Liede: „Ueber allen Wipfeln ist Ruh“, und während man den Sarg in die Gruft hinabließ, sprach Hofprediger Rogge den Segen.

Der Bürgermeister Nizze aus Ribnitz, Vorsitzender des engeren Ausschusses der deutschen Genossenschaften, trat an die offene Gruft, dem Verstorbenen ein mit innigem Dankgefühl tiefbewegtes „Ruhe sanft!“ nachzurufen und mit folgenden Worten einen Kranz auf das Grab zu legen: „Du alter, braver Schulze, Du treuester Freund des deutschen Volkes, Du Wohlthäter von Millionen, als Zeichen unbegrenzter Liebe, Verehrung und Dankbarkeit lege ich diesen Kranz auf Dein Grab. Dein Geist leuchte uns auch ferner voran, Deine Asche ruhe in Frieden!“

Hierauf trat Herr Professor Möller an die Gruft, schilderte das Wirken Schulze’s auf dem politischen und volkswirthschaftlichen Gebiete und schloß mit dem Dichterworte:

„Wer den Besten seiner Zeit genug gethan,
Der hat gelebt für alle Zeiten.“

Nach Herrn Professor Möller sprach der Abgeordnete Wißmann aus Wiesbaden den Dank der Stadt Wiesbaden, die Schulze im Reichstage vertreten hat, in schönen, herzlichen Worten aus und legte einen prachtvollen Kranz auf das Grab.

Während der Gesangverein das „Auferstehen“ sang, schloß sich das Grab über dem Unvergeßlichen, die Menge zerstreute sich ernst und schweigend, und es wurde still auf dem Friedhofe, auf welchem das deutsche Volk einen der besten Männer seiner Vergangenheit und Gegenwart zur Ruhe gelegt hatte.




Der Allgemeine Deutsche Musikverein und dessen historische und ethnographische Ausstellung in Leipzig.

(Mit Originalzeichnungen von Rudolf Cronau.)

1. Tanzmaske der Neu-Irländer. 2. Trommel der Nubier, Ostafrika. 3. Schildkrötenrassel aus Südamerika. 4. Schellengeläute von der Zanzibarküste. 5. Tamburin der Grusier im Kaukasus.

Der bekannte Musikpädagog Louis Köhler in Königsberg stellte vor vierundzwanzig Jahren in Leipzig vor einer glänzenden Versammlung von Tonkünstlern den Antrag, einen Allgemeinen Deutschen Musikverein zu gründen. Derselbe entstand auch unter der Obhut des verstorbenen Redacteurs Dr. Franz Brendel, nach dessen Tode 1868 Professor Karl Riedel das Präsidium übertragen wurde, während Franz Liszt, der ewig jugendliche Großmeister, durch seine warme persönliche Theilnahme und durch Geltendmachen seiner humanen Grundsätze dem Verein jenes Gepräge gab, welches gestattete, den verschiedensten werthvollen musikalischen Richtungen die Arena zu eröffnen und jährlich vor Hunderten von urtheilsfähigen Musikern Tonwerke der Vergangenheit und Gegenwart in Wettstreit treten zu lassen. Bereits zwanzig Tonkünstlerversammlungen hat dieser Musikverein veranstaltet, stets mit einem großen Apparat von Kräften: ein und mehrere Orchester, zwei bis vier Gesangvereine, zwanzig bis vierzig Solisten, mehrere Dirigenten; jedesmal innerhalb vier Tage vier bis sieben Concerte, mündliche Vorträge, Berathungen etc. durchführend, dabei die geselligen Zusammenkünfte nicht vernachlässigend, immer zur Freude der Bewohner jener Städte, die ihn gastlich aufgenommen haben. Ueberall, wo er nur getagt hat, wurde der Wunsch ausgesprochen, ihn bald wieder begrüßen zu dürfen.

So in den Residenzen der kunstliebenden Herrscher Thüringens, deren Einer, Großherzog Alexander von Sachsen-Weimar, das Protectorat übernommen hat, in Weimar, Altenburg, Meiningen, so in Erfurt und Halle an der Saale, in Wiesbaden und Magdeburg, in Baden-Baden und Karlsruhe, in Dessau und in Kassel, in Hannover und nicht am wenigsten in der herrlichen Limmatstadt Zürich, wo man im vorigen Jahre dem deutschen Verein eine wahrhaft glänzende Stätte bereitete und ihm Tage voll Zauber und Herzlichkeit schuf.

Nicht nur für die Tonkünstler, auch für die Laien, unter denen ja so manche Kenner, ist es hochinteressant, einen schnellen Ueberblick über das reiche Productionsvermögen der Gegenwart gewinnen zu können. Berlioz’s (des stets sehnsüchtig nach Deutschland schauenden geistvollen Franzosen) Symphonien, sein mächtiges Requiem, Liszt’s Oratorien und symphonische Dichtungen, Wagner’s gewaltige Schöpfungen bilden die Glanzpunkte der Tonkünstlerversammlungsprogramme und zeigen, daß die einst geschmähte „Zukunftsmusik“ sich nach und nach Bürgerrecht erworben hat und noch lange der Gegenwart und der Zukunft Freude spenden wird. Aber auch die jungen skandinavischen Tonsetzer, an ihrer Spitze Grieg und Svendsen, die Jungrussen Borodin, Rimsky-Korsakoff,

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1883). Leipzig: Ernst Keil, 1883, Seite 356. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1883)_356.jpg&oldid=- (Version vom 3.1.2024)