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Verschiedene: Die Gartenlaube (1883)

No. 26.   1883.
Die Gartenlaube.

Illustrirtes Familienblatt.Begründet von Ernst Keil 1853.

Wöchentlich 2 bis Bogen. 0 Vierteljährlich 1 Mark 60 Pfennig. – In Heften à 50 Pfennig.


An unsere Leser und Freunde!

Mit dieser Nummer schließt das zweite Quartal dieses Jahrgangs unserer Zeitschrift.

Es ist unsern Lesern bekannt, daß vor wenigen Wochen die Bestrebungen unseres Blattes im Reichstage von gegnerischer Seite einer feindseligen Kritik unterzogen wurden, es ist ihnen aber auch bekannt, daß die „Gartenlaube“ bei dieser Gelegenheit in der deutschen Volksvertretung eifrige Vertheidiger gefunden. Die hohe Anerkennung, welche uns die Redner der liberalen Parteien zu Theil werden ließen, bestärkt uns von Neuem in dem unerschütterlichen Entschluß, an unserem alten Programm festzuhalten und Alles daran zu setzen, daß die „Gartenlaube“ ein Volks- und Familienblatt im besten Sinne des Wortes bleibe. Den Einfluß, welchen uns die ungemein große Verbreitung unserer Zeitschrift verleiht, werden wir in gewissenhaftester Weise nur dazu benutzen, um in der Nation den Sinn für wirklich edle und patriotische Ziele und jene freiheitlichen Bestrebungen kräftigen zu helfen, welchen Deutschland seinen Aufschwung und seine Größe verdankt.

Indem wir uns von den Kämpfen der wechselnden Tagespolitik nach wie vor fern halten, werden wir nicht verfehlen, auf alle jene großen Fragen der Gegenwart einzugehen, welche tief in das Volks- und Familienleben eingreifen, und es soll unsere Aufgabe sein, nach dieser Richtung hin aufklärend und belehrend zu wirken.

So werden wir, um einige Beispiele anzuführen, während des bevorstehenden Quartals die brennende Frage der Unterrichtsreform beleuchten und namentlich darauf dringen, daß zwischen den Lehrern, Eltern und Aerzten ein einmüthiges Zusammengehen zur Bekämpfung der Schulkrankheiten erzielt werde.

Ferner bietet uns die Hygiene-Ausstellung in Berlin reiche Gelegenheit, unsere Leser mit der „Gesundheitspflege in der Familie“ vertraut zu machen, und schließlich werden wir in unserem Blatte ein erhebendes Bild der muthigen Streiter entrollen, die in Siebenbürgen seit Jahren für das Deutschthum so unerschrocken kämpfen.

Diesen Artikeln wird sich eine Reihe anderer aus den Federn der besten populären Schriftsteller Deutschlands anschließen, und schon in einer der nächsten Nummern gedenken wir unsern Lesern die ersten Abbildungen der Landschaften am Congo nach den Originalaufnahmen des Dr. Pechuel-Loesche vorzulegen.

Was den novellistischen Theil anbetrifft, so gelangt im nächsten Quartal der überall mit so großem Beifall aufgenommene Roman „Gebannt und erlöst“ von E. Werner in einigen Nummern zum Abschluß, und diesem wird dann eine spannende Novelle

„Ueber Klippen“ von Friedrich Friedrich

folgen. Außerdem werden wir noch einige kleinere Erzählungen veröffentlichen, wie: „Guadalupe“ von C. Biller, „Heiße Stunden“ von Wilhelm Kästner und „Das heilig’ Dirnd’l“ von H. Villinger.

Für einen geschmackvollen und gediegenen Illustrationsschmuck werden wir stets zu sorgen wissen.

Die Redaction der „Gartenlaube“. 




Das alleinige Recht der     
Dramatisierung vorbehalten.

Die Hochzeitsreise.

Humoreske von Zoë von Reuß.
(Schluß.)

Als der Vicewirth, Herr Nährkorn, die Stubenthür hinter sich zugezogen hatte, nahm Frau Nährkorn das rothblaugewürfelte Regendach der Apfelhökerin von drüben zur Hand. Diese hatte es nämlich heute Abend beim Nachhausegehen zur schleunigen Ausbesserung abgegeben. Denn es hatte der Oeffnungen mancherlei, durch welche Sonne, Mond und Sterne auf die Apfelkörbe schienen, wenigstens scheinen konnten, wenn sie nämlich zur Regenzeit nicht gewöhnlich mit Wolken bedeckt wären. … Nach einer Viertelstunde war die Arbeit beendet, aber Frau Nährkorn noch immer harrend allein. Die Untersuchung des Geheimnisses oben nahm den Gatten über Erwarten lange in Anspruch. Um sich das Warten zu versüßen, sah Frau Nährkorn in die „Anzeigen“. Weil aber das Lesen eine gar mühselige und langwierige Beschäftigung ist, so ward die würdige Frau bald müde – wie Alles im kleinen Hinterstübchen: der Kater, der leise auf’s Sopha geschlichen war und Herrn Nährkorn’s Platz eingenommen hatte, der Vogel im Bauer, der das goldgelbe Köpfchen zwischen die Federn duckte, und die Flamme im Ofen, die ihr Prasseln und Zanken eingestellt hatte und ganz friedfertig geworden war. Nur die Wanduhr war noch mobil, ihr ebenmäßiges Ticktack klang in der allgemeinen Stille

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1883). Leipzig: Ernst Keil, 1883, Seite 413. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1883)_413.jpg&oldid=- (Version vom 6.1.2024)