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Verschiedene: Die Gartenlaube (1883)

zusammen und richteten ihr Augenmerk auf die Erpeler Ley am Rhein – Remagen gegenüber – während die Patrioten in der Pfalz einer Höhe in den Vogesen, jene in Münster dem Drachenfels im Siebengebirge den Vorzug gaben. Im Allgemeinen brachte man indessen nur eine sogenannte Siegessäule, ähnlich jener droben auf dem Drachenfels, welche den Landwehrkämpfern von 1813 und 1814 gewidmet ist, in Vorschlag. Auch der Gedanke an den Niederwald und seine rebengeschmückte Höhe hat manchem Verehrer des Rheines offenbar nicht ferngelegen.

Am ersten Ostermorgen, im Monat April 1871, schrieb der Verfasser Dieses – damals mit der Pflege der zahlreichen Verwundeten in Wiesbaden und der Verwaltung des freiwilligen Depots für die zweite Armee beschäftigt – für den „Rheinischen Courier“ in Wiesbaden (Nr. 87) die erste öffentliche Anregung und Aufforderung: den Niederwald als Standpunkt für das „Erinnerungsdenkmal an den letzten französischen Krieg“ zu wählen. Jenem Aufrufe entnehmen wir einige Stellen, umsomehr als sie heute wörtlich zur Geltung gekommen sind:

„Die Bewohner des Rheines haben alle Ursache, dem Gefühle des Dankes für die von den Stromufern ferngehaltenen Gräuel des Krieges einen sichtbaren Ausdruck zu geben. Im patriotischen Sinne sollte und müßte der Rhein dem gesammten deutschen Volke, seinen Helden-Feldherren und dem sieggekrönten Heere wohl eine Erinnerungsstätte bereiten, spätere Zeiten und Generationen daran gemahnend, was unsere Brüder in Waffen zu des Vaterlandes Ehre und Wohlfahrt in dem letzten heißen Kampfe gegen Frankreich errungen. Gehört doch jetzt und erst jetzt durch die Erfolge unserer heldenmüthigen Krieger der Rhein ganz und ungetheilt dem deutschen Vaterlande, sind doch erst jetzt seine Ufer sicher vor fremdländischen Drohungen, geschützt vor einem frevelnden Uebergriffe des streitsüchtigen Nachbarvolkes …

Hier, umrahmt von der Buschwaldung, etwa über der Ruine Ehrenfels, neben der Rossel, weithin sichtbar, fände eine Germania als Wacht am Rhein den geeignetsten Platz. Gegenüber dem Eisenbahnknotenpunkte Bingerbrück, über den sich der Strom unseres siegreichen Heeres nach Frankreich ergoß, auf dem rückkehrende verwundete Krieger, die aus Frankreich ausgewiesenen Deutschen und die lorbeergeschmückten Sieger auf ihrem Heimwege den einigenden Mittelpunkt fanden, sollte jenes Denkmal füglich sich erheben. Hier, wo (im Saargebiete), dem Laufe der Nahe folgend, der erste Angriff auf eine deutsche Stadt (Saarbrücken) und auf unser deutsches Heer geschah, hier, wo in der Ferne die neuen Landesgrenzen sich durch die blauen Linien ihrer Berge kennzeichnen, hier, wo bis vor Kurzem drei deutsche Länder ihre Grenzsteine errichtet hatten, die jetzt geeinigt unserem Volke seine Wiedergeburt künden – hier erhebe sich die zu errichtende ‚Wacht am Rhein‘ umrahmt von den lebendigen Thyrsusstäben unserer rheinischen Edeltraube.

Wie drunten die Stromschnellen des Bingerlochs durch das jugendlich frische Ringen und Schäumen des schönsten deutschen Stromes sinnbildlich das Streben des deutschen Volkes nach nationaler Einigung veranschaulichen, so würde ein Standbild gerade an dieser Stelle, am eigentlichen Mittelpunkte des ganzen Stromes, sicher den entsprechendsten Platz finden. Winkt doch von drüben, von Ingelheim herüber als Zeuge früherer Reichsherrlichkeit der Lieblingsaufenthalt unseres großen Kaisers Karl, entquillt doch hier die edelste Gabe des Rheinstromes – der echte deutsche Feuertrank aus rheinischer Rebe. Feiert doch hier der Ober-, Mittel- und Niederrhein seine gemeinschaftlichen Frühlingsfeste in den Pfingsttagen. Hier, im Dufte der Rebenblüthen während des Frühsommers, im reichen Glanze unserer poetischen Weingärten während des Herbstes, wandert der Strom aller Rheinfahrer vorüber, sei es auf den Fluthen des Rheines selbst, sei es über seine aussichtsreichen Stromhügel hinweg. Reichen sich doch hier, bei dem Durchbruche unseres rheinischen Schiefergebirges, die Bewohner von Ober- und Niederrhein die Bruderhand.


Die Aussendung der vier apokalyptischen Reiter. Von Peter von Cornelius.
Nach einem Kupferstich im Verlage von Georg Wigand.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1883). Leipzig: Ernst Keil, 1883, Seite 617. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1883)_617.jpg&oldid=- (Version vom 27.9.2023)