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Verschiedene: Die Gartenlaube (1883)

deren Schläuche bald bauchartig geformt sind, bald eine verlängerte Gestalt aufweisen; bei einigen sind sie kaum fingerstark, bei anderen so groß, daß sie mehr als ein halbes Liter Wasser fassen, welches verschiedene Insecten anzieht, die darin meist ihren Tod finden – daher auch die Bezeichnung „Insectenfressende Pflanzen“. – Immer aber haben sie denselben Bau und die Form eines deckelartig geschlossenen, urnenartigen Schlauches, der namentlich bei der am längsten bekannten Art, dem Kannenträger von Ceylon (Nepenthes destillatoria L.) mit gelblich grünen, fünfzehn bis zwanzig Centimeter langen Kannen von der Stärke eines Daumens, an die Blüthen des Osterluzei (Aristolochia Sipho L.), der bekannten Schlingpflanze mit den mächtig großen Blättern, und vielleicht auch an einen hängenden gedeckelten Sack erinnert, welcher an jeder Seite einen in der Längsrichtung mehr oder weniger hervortretenden, an den Rändern gefranzten Kamm, die „Flügel“, trägt. – Die Farbe der Kannen ist doch eine ganz andere, als die der einfachen Blätter; gewöhnlich ist sie grünlichgelb und mehr oder weniger rosa oder braunroth marmorirt.

Die Blumen erscheinen erst bei ziemlich bejahrten Pflanzen in den Blattwinkeln; sie sind eigentlich ziemlich unbedeutend und klein und bilden zusammen eine lange cylinderförmige Traube von gelbgrüner Farbe. Sie sind diöcisch, das heißt eine Pflanze trägt immer nur weibliche, eine andere nur männliche Blüthen, weshalb man sie künstlich befruchten muß, wenn man Samen gewinnen will, was für eine bequeme und sichere Vermehrung nothwendig ist.

Der Kannenträger von Ceylon ist ein kletternder Strauch, der in unseren Gewächshäusern etwa zwei bis drei Meter hoch wird. Von stärkerem Wuchs ist Nepenthes Raffleziana Jacq., eine prachtvolle Art mit großen, grünlichgelben, rothgefleckten Schläuchen, die bald eiförmig ausgebaucht, bald dütenförmig erscheinen; sie sind 25 bis 30 Centimeter lang und 4 bis 6 Centimeter breit; ihre Kannen sind flügelartig, gefranzt, und der Deckel ist etwas gestielt.

Nepenthes Morganiae, „Frau Morgan’s Kannenträger“, ist wahrscheinlich eine in Nordamerika gezogene Varietät von Nepenthes madagascariensis und erhielt ihren Namen zu Ehren der Frau Morgan in New-York, einer der eifrigsten und freigebigsten Beschützerinnen des Gartenbaues in der neuen Welt. Die Firma James Veitch u. Sons in London erhielt von Amerika die Pflanze und hat sie zum Verkauf vermehrt. Diese erwarb sich auf der internationalen Ausstellung in Manchester 1881 eine Medaille erster Classe als Preis für neue Einführungen.

Die größte aller bis jetzt bekannt gewordenen Arten der Kannenpflanze ist jedenfalls Nepenthes Rajah. Sir J. D. Hooker hat sie vor Kurzem in „Transaction of the Linnaean Society“ beschrieben und hinzugefügt: „Diese wundervolle Pflanze wird sicher großes Aufsehen erregen und muß in dieser Beziehung neben die bekannte Riesenblume Rafflesia Arnoldi gestellt werden; auch müssen die Botaniker an den Nutzen erinnert werden, welchen in ihrem Vaterlande die in den Krügen angesammelte Feuchtigkeit den wandernden Forschern gewährt.“ Sie stammt vom Mount Kaina Balu auf Borneo, wo die Herren Veitch und Burbidge in beträchtlicher Höhe Samen dieser Art sammelten, den sie der Firma James Veitch und Sons in London zusandten. Aus diesem sind die Pflanzen entstanden, welche in der Versammlung der „Royal Horticultural Society“ in London eine Medaille erster Classe als Preis für besonders schöne Einführungen erhielten.

Die Cultur derselben ist weder einfach noch leicht. Nach einem Bericht von Thomas Moore in den „Verhandlungen des internationalen botanischen Congresses von 1867“, in Uebersetzung wiedergegeben in Th. Rümpler’s ausgezeichnetem „Illustrirtem Gartenbau-Lexicon“ (Berlin 1882. P. Parey), ist sie aber im Grunde dieselbe wie die der tropischen Orchideen im feuchten Warmhause. Man zieht sie nämlich in faseriger Haide-Erde mit dem dritten Theile Quarzsand und etwas Lehmerde, die aber durchaus kalkfrei sein muß. Die Haide-Erde soll nicht gesiebt, sondern in hasel- bis wallnußgroßen Stücken angewendet werden. Der Wasserabzug in den Töpfen ist mit der größten Sorgfalt herzustellen, und stellt man letztere in Schalen mit Wasser, das in jeder Woche zwei- bis dreimal erneuert werden muß. Im Winter, also von Mitte October bis in den März, läßt man sie ohne Schalen stehen und begießt die Pflanzen, welche man bis dahin sehr stark bewässert hatte, mit Wasser, welches wenigstens die Lufttemperatur des Hauses zeigt, nur sehr sparsam. Die Wärme des Hauses und seiner Luft wechselt von 15 bis 20° R., je nach der Jahreszeit.

Obwohl die Kannenpflanzen sich leicht durch Stecklinge vermehren lassen, so ist do<h die einfachste Fortpflanzungsweise die durch Aussaat der Samen, die man, ohne sie zu bedecken, in Schalen mit fortwährend feucht zu haltender Haide-Erde ausstreut. Die Temperatur muß 20° R. betragen. Ein oder zwei Monate nach dem Aufgehen werden die Pflänzchen in Schalen mit Sand auf sandiger Haide-Erde aus einander gepflanzt (pikirt) und mit einer Glasscheibe zugedeckt. Die Temperatur des Hauses muß jedoch in den Culturen fortwährend in oben angegebener Höhe, die Luft aber sehr feucht gehalten werden. Es stellt sich dabei gern eine Fadenalge ein, welche sich stark vermehrt und die Pflänzchen tödtet; sobald man sie bemerkt, muß man sofort die jungen Pflanzen ausheben, möglichst reinigen und in durchaus frische, aber durchwärmte Erde setzen.




Blätter und Blüthen.

Die Elsässer’sche Schulbank. In rastlosem Bestreben, die Kinderhygiene zu fördern, herrscht unter Aerzten und Technikern ein für die Sache selbst höchst erfreulicher Wetteifer, und ganz besonders ist es die Schulbank, an deren Verbesserung noch unermüdlich gearbeitet wird. Auch der Eisengießereibesitzer Karl Elsässer hat nach dieser Richtung hin so viel Nützliches geschaffen, und seine Schulbankfabrik zu Schönau bei Heidelberg widmet sich ganz speciell einer so vollkommenen Herstellung dieses früher so gering geschätzten, jetzt als höchst wichtig erkannten Möbels, daß es nicht mehr als billig ist, diese Schulbänke kurz zu schildern. Wir stehen hier nicht nur vor zufällig erfundenen Neuerungen, vor einzelnen Verbesserungen, sondern vor der Verkörperung von Grundsätzen, nach welchen zunächst sämmtliche Anforderungen an eine Schulbank systematisch erörtert wurden. Als erster Grundsatz wurde angenommen, daß sechs bis sieben Nummern von Bänken in richtigen Abstufungen zu construiren sind, um allen Bedingungen für die Größenverhältnisse der verschiedenen Altersclassen zu entsprechen. Sodann ist es Haupterforderniß, daß sie gleichmäßig für das Sitzen, wie für das freie, ungezwungene Stehen, das Ein- und Austreten sich eignen. Beim Sitzen sind wieder für das Schreiben (oder Zeichnen) und für das Lesen verschiedene Einrichtungen zu treffen.

Es muß also der für das Arbeiten nöthige geringste Abstand (Minus-Distanz), das ist das Ueberragen der Vorderkante des Tisches über die Vorderkante des Sitzes, sich leicht in einen größeren Abstand (Plus-Distanz) umwandeln lassen, bei der jene beiden Kanten genügenden Raum frei lassen, um das Aufstehen und Austreten zu ermöglichen. Dies hat man bisher dadurch zu erreichen gesucht, daß man, da Sitz und Tisch meist fest mit einander verbunden sind, die Tischplatte zum Vor- und Zurückschieben einrichtete. Elsässer hat das dadurch erreicht, daß die vordere Tischplattenhälfte sich in die Höhe schlagen läßt und damit zugleich aus einer wenig geneigten Schreibfläche zu einem steileren Lesepulte wird.

Als dritter Grundsatz wurde aufgestellt, daß das kleinere Kind verhältnißmäßig höher sitzen müsse, um dem Lehrer die Ueberwachnug zu erleichtern und das ihm beschwerliche Bücken zu ersparen. Elsässer erreicht dies durch ein Podium von Holzleisten, welches zugleich die Bildung des Schulstaubs verhindert, indem der Schmutz von den Fußbekleidungen der Kinder durch die Lücken zu Boden fällt, ohne weiter verrieben zu werden. Auch trocknet nasses Schuhwerk auf solchen Podien schneller, und das Reinigen des Fußbodens unter denselben ist wesentlich erleichtert.

Hierin ist ein vierter Grundsatz angedeutet, nach dem Elsässer seine Schulbank construirt. Ihr durchsichtig zierliches und doch sehr festes Gestell berührt den Fußboden möglichst wenig, nämlich nur an vier Punkten, gestattet also sehr bequem, den Fußboden gründlich zu reinigen.

Ein fernerer Grundsatz war, daß auch der Sitz leicht beweglich sein mußte, um die nöthige Plusdistanz beim Aufstehen des Schülers sofort zu erzielen, respective zu vergrößeen. Um das zu erreichen, wurde der Klappsitz mit tiefem (das heißt nahe dem Fußboden liegendem) Drehpunkt hergestellt, der ohne jede Mühe und ohne Zuhülfenahme der Hand seine Dienste thut, ein Sitz, dessen Erfindung man dem Münchener Lehrer Joseph Kaiser zu verdanken hat.

Fernere Anforderungen: Geräuschlose, handliche Thätigkeit, solides, fast unverwüstliches Material, Billigkeit und Raumersparniß durch paarweise Anordnung, freie Beweglichkeit und praktische innere Einrichtung für Tintenfaß etc. sind gleichfalls in der Elsässer’schen Schulbank erfüllt. Sie erleichtert durch ihre Zweckmäßigkeit die Aufsicht und Disciplin in einer Classe sehr wesentlich und verdient daher bei Anschaffung von Schulsubsellien eingehende Prüfung und Beachtung, da sie, nach allen Richtungen hin auf rationellen Principien beruhend, den Anforderungen der Hygiene und den bewährten Erfahrungen der Pädagogen gleich gerecht wird. F.     




Das Händehäufchenmachen oder Pitsche-patsche. (Mit Illustration S. 801.) Dieses Spiel mit den Kindern in ihrem liebenswürdigsten Alter wird wohl in jeder Familie aufgeführt, und zwar zum Ergötzen von Jung und Alt. Von den um den kleinen Liebling herumstehenden Eltern und Geschwistern legt Eins die Hand flach auf den Tisch, die Anderen folgen dem Beispiel nach, bis alle Hände einen hohen Haufen bilden: dann wird immer die zu unterst liegende Hand hervorgezogen und wieder oben darauf gelegt, und das geschieht erst langsam, dann immer geschwinder, bis mit dem Durcheinanderpatschen der Hände das Spiel unter herzhaften Lachen endet. Natürlich erregt der lustige Vorgang allgemeines Interesse in der Wohnstube, wie unser Bild dies vor Augen führt.




Verhütung des Gefrierens der Fenster. Schon öfter ist die Frage aufgeworfen worden, wie das Gefrieren der Fenster zu verhüten sei. Um die Antwort zu finden, ist es nöthig, die Ursache der fraglichen Erscheinung zu erkennen. Die an den Fensterscheiben oft in bewundernswerthen Formen anschießenden Eisblumen bestehen aus feinen Wasserkrystallen. Dieses Wasser rührt von dem in der Luft aufgelösten Wasserdampfe her, der sich bei der Abkühlung der Luft an dem kalten Glase der Fenster verdichtet, indem die Luft um so weniger Wasserdampf in sich aufzunehmen vermag, je niedriger die Temperatur ist. Das Gefrieren einfacher Fenster ist bei sehr kaltem Wetter selbst durch starke Heizung des Zimmers kaum zu verhüten, sobald die Luft im Zimmer sehr feucht ist. Bei Doppelfenstern kann man aber in dieser Beziehung Vorsichtsmaßregeln treffen. In Rußland ist es üblich, Näpfchen mit Kochsalz zwischen die Doppelfenster zu stellen: dies ist insofern wirksam, als das Salz den Wasserdunst der Luft in sich aufnimmt und somit die Luft trockener macht. In Folge dieser Wasseraufnahme zerfließt das Salz mit der Zeit und muß durch frisches ersetzt werden: das nasse Salz kann man aber zu neuem Gebrauche auf dem Ofen trocknen. In Städten, wo man Gasbeleuchtung hat, läßt man zu gleichem Zwecke dicht am Stocke der Schaufenster eine Reihe von Gasflämmchen brennen, wodurch die Luft

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1883). Leipzig: Ernst Keil, 1883, Seite 803. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1883)_803.jpg&oldid=- (Version vom 23.1.2024)