Seite:Die Gartenlaube (1883) 814.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1883)

österreichischen Landen, und sein Bruder, Herzog Leopold von Oesterreich, sammelte den schwäbischen Anhang. Zu ihnen stießen 4000 bis 5000 Ungarn und Kumanen, die König Karl von Ungarn als Hülfstruppen sandte. Plündernd und verwüstend rückten die Oesterreicher in das feindliche Land ein, und die Gräuel ihrer heidnischen Bundesgenossen bestimmten den Abt Engelbert von Admunt, daß er Friedrich’s sicheren Untergang prophezeite.

So drang Friedrich bis zur Stadt Mühldorf vor, wo er sich mit dem Heerhaufen Leopold’s vereinigen sollte, um dann gemeinsam die Streitkräfte Ludwig’s anzugreifen. Während aber dieser noch bei Alling, drei starke Tagemärsche von Mühldorf entfernt, sein Lager bezog, drängte sich Ludwig von Baiern zwischen die feindlichen Heere und suchte Friedrich zur Annahme der Schlacht zu zwingen. Wohl sandten die österreichischen Feldherren Eilboten hin und her, um ihre Vereinigung zu beschleunigen, aber dieselben wurden von den Fürstenfeldt’schen Klosterleuten aufgefangen. Die erfahrensten Kriegsleute riethen daher Friedrich dem Schönen, die Schlacht nicht zu wagen, sondern den Rückzug anzutreten. Aber „zu voll Muth“, erwiderte er ihnen: er habe so viele Wittwen und Waisen gemacht und so viel Unbilde an der Christenheit begangen, daß er nicht länger den Streit aufschieben wolle, wie es auch ergehe.

Als nun der Morgen des 28. September graute, vollzog Ludwig den Uebergang über die Isen, und auf der weiten Flur zwischen Neufahrn, Mettenheim, Lochheim und dem Mühldorfer Hart stellten sich die feindlichen Heere in regelrechter Kampfordnung auf. Diese Flur hieß die Feh- oder Gickelfehwiese, das heißt bunte Wiese, und spätere Geschichtsschreiber, welche die Bedeutung dieses Namens nicht verstanden, haben dieses Schlachtfeld in „Fechtwiese“ umgetauft.

Es war noch eine echte und rechte Ritterschlacht, die hier geschlagen werden sollte, und so hörte man in beiden Lagern, der Kriegssitte gemäß, vor ihrem Beginn die Messe, nahm das Abendmahl und ertheilte Ritterschläge. Auf beiden Seiten wurde das Reichsbanner entfaltet.

Friedrich führte die Seinigen selbst an und erschien in glänzender königlicher Rüstung, Ludwig dagegen, durch frühere Erfahrungen belehrt, mochte eingesehen haben, „daß es dem König nicht zieme, Schwertschläge zu ertheilen und zu empfangen“, und benutzte eine kluge Vorsicht, die sein Gegner zu seinen Ungunsten verschmähte. In einfachem blauem Waffenrock, der durch weiße Kreuze geziert war, ohne Abzeichen der königlichen Würde hielt er auf leichtem Pferde abseits mit elf gleichgekleideten Rittern und leitete von hier aus die Schlacht.

Lautes Kriegsgeschrei und Trompetengeschmetter verkündeten den Beginn des Kampfes. König Johannes von Böhmen warf sich mit Ungestüm auf das Vordertreffen der Oesterreicher. Es erfolgte ein heftiges, lange andauerndes Ringen, bis auf der Wiese von Mühldorf der Kampf allgemein wurde. Es war die letzte große Ritterschlacht ohne Anwendung von Feuerwaffen, in der noch Mann gegen Mann mit Schwert und Lanze focht.

Nur in dem Uebergewicht des Fußvolkes waren die ersten Vorboten einer neuen Kriegsepoche zu merken. So erhielt das niederbaierische Fußvolk den Befehl, die Rosse der feindlichen Reiter niederzustechen, und die Baiern verstärkten außerdem ihre Infanterie, indem sie einen Theil ihrer Reiter absitzen ließen. „Schon dauerte der Kampf“ – erzählt J. E. Kopp in seinem trefflichen Werke „Die Gegenkönige Friedrich und Ludwig“ – „vom frühen Morgen bis gegen Abend. Elfhundert Gefallene aus beiden Heeren und dreitauseud Rosse bedeckten das Schlachtfeld; der Baiern Banner war gesunken, ihre Schlachtenreihen wichen, und der Sieg König Friedrich’s war entschieden. Nur König Johannes hatte mit den Seinigen eine Anhöhe gewonnen und erhob von neuem die böhmische Fahne; von der andern Seite waren böhmische Reiter bemüht, ihr weichendes Fußvolk zu sammeln und wiederum in den Streit zurückzuführen.“

Plötzlich hörte man über das Wasser her lautes Geschrei eines nahenden Heerhaufens. Es war Burggraf Friedrich von Nürnberg, der auf den Höhen jenseit der Isen im Hinterhalte gelegen und nun zur rechten Zeit mit der frischen Kraft seiner Reiter eingriff.[1] Hielten die Oesterreicher anfangs die Reiter für die ersehnten Truppen Leopold’s, so wurden sie sogleich bitter enttäuscht, denn mit einem Male änderte sich jetzt die Lage der beiden Heere: die geschlagenen Baiern und Böhmen, durch die willkommene Hülfe ermuthigt, erneuerten mit Nachdruck den Kampf, in die Reihen der siegenden Oesterreicher warf die Nachricht Schrecken und Verwirrung.

Die Ungarn und die Kumanen ergriffen die Flucht, und nach achtstündigem Ringen ergaben sich sämmtliche lebende österreichische Ritter, dreizehn- bis vierzehnhundert an der Zahl. Unter den Tapferen, welche mit unermüdetem Arme einen vergeblichen Kampf fortsetzten, befand sich auch König Friedrich selbst. „Mit glänzendem Muthe hatte er gefochten, sodaß man von ihm rühmte, nie sei ein besserer Ritter, ein kühnerer Mann in dem Kampfe gewesen.“ Da ward ihm sein Roß durchbohrt, er stürzte zur Erde, und ein Edelknecht wollte ihn gefangen nehmen. Als derselbe dem Könige erklärte, daß er dem Burggrafen diene, ließ Friedrich diesen rufen, reichte sein Schwert und ergab sich ihm.

Am späten Abend ward der Gefangene vor Ludwig gebracht, der, unter einem Baume stehend, in der guten Laune des Siegers ihn mit den Worten empfing: „Vetter, wir sehen Euch gern!“

Um diese letzte große Ritterschlacht hat auch die Sage ihren Märchenkranz gewoben. Sie ließ den alten Recken Schweppermann an ihr theilnehmen, und erzählt von dem bejahrten Feldherrn, wie ihm beim Kundschaftsritt die Füße in den Steigbügeln zitterten, daß seine Sporen erklangen und das junge Volk darob lachte. Sie erzählt, wie er die Schlacht gewonnen und wie König Ludwig bei dem spärlichen Mahle auf dem Schlachtfelde die geflügelten Worte sprach: „Jedem Mann ein Ei, dem frommen Schweppermann zwei.“

Die späteren Geschicke des besiegten Friedrich sind schon früher in der „Gartenlaube“ ausführlich beschrieben worden (1868, Seite 572), dort ist seine traurige Gefangenschaft in der Burg Trausnitz geschildert und auch der lichte Zug dargestellt, der diesen Bruderkrieg in der Geschichte versöhnend abschloß: sein Ausgleich mit Ludwig und das hehre Beispiel der von ihm bewahrten Treue.

Dem deutschen Volke bleibt in dem Schiller’schen Gedichte „Deutsche Treue“ dieses erhebende Geschichts- und Charakterbild ewig erhalten und sein Wortlaut möge auch diese Zeilen schließen:

Um den Scepter Germaniens stritt mit Ludwig dem Baier
     Friedrich aus Habsburgs Stamm, Beide gerufen zum Thron;
Aber den Austrier führt, den Jüngling, das neidische Kriegsglück
     In die Fesseln des Feinds, der ihn im Kampfe bezwingt.
Mit dem Throne kauft er sich los, sein Wort muß er geben,
     Für den Sieger das Schwert gegen die Freunde zu ziehn;
Aber was er in Banden gelobt, kann er frei nicht erfüllen;
     Siehe, da stellt er auf’s Neu’ willig den Banden sich dar.
Tief gerührt umhalst ihn der Feind, sie wechseln von nun an,
     Wie der Freund mit dem Freund, traulich die Becher des Mahls,
Arm in Arme schlummern auf einem Lager die Fürsten,
     Da noch blutiger Haß grimmig die Völker zerfleischt.
Gegen Friedrich’s Heer muß Ludwig ziehen. Zum Wächter
     Baierns läßt er den Feind, den er bestreitet, zurück.
„Wahrlich! So ist’s! Es ist wirklich so! Man hat mir’s geschrieben,“
     Rief der Pontifex aus, als er die Kunde vernahm.




Die Braut in Trauer.

Erzählung von Ernst Wichert.
(Schluß.)
12.

Walter und Helene Grün sind nun schon fünf Jahre verheirathet. Sie leben, wie sich wohl von selbst verstehen kann, sehr glücklich mit einander.

Er ist seit Kurzem zum Professor ernannt worden, vorläufig zwar nur zum außerordentlichen, aber es ist schon eine kleine feste Einnahme dabei. Man kann im Nothfall davon existiren.

Darauf ängstlich gewartet haben sie nicht. Papa Grün


  1. Vergl. „Geschichte Baierns“ von Siegmund Riezler, II. Band.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1883). Leipzig: Ernst Keil, 1883, Seite 814. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1883)_814.jpg&oldid=- (Version vom 24.1.2024)