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Verschiedene: Die Gartenlaube (1884)

Franken an Frankreich, ließ sich wie ein junges Hühnlein unter die Flügel nehmen und seinen Sohn und Thronerben Albert im Jahre 1870 (vielleicht aus Seeräuber-Reminiscenzen) in die französische Marine, gegen Preußen, treten.

Die Devise des Hauses ist: „Deo juvante“, das Wappen: zwei Mönche. Unter dem „Schutze Gottes“ und der Grande Nation steht noch heute Thron und – Spielhölle.

Was hat man gegen diese gesprochen, geschrieben, gekämpft! Jeden Winter führen die italienischen Journale einen mächtigen Feldzug gegen Monte-Carlo, das Parlament wird bestürmt mit Petitionen, in langen Sitzungen wird die Frage erörtert, und was für Carthago der alte Cato mit seinem „ceterum censeo“ war, das ist für Monte-Carlo in Italien der Abgeordnete Bixio. In London besteht ein Comité zur Unterdrückung der Spielhöllen, dessen Vorsitzender der Menschenfreund Thompson ist, zu dessen Mitgliedern eine Menge hervorragender Deutscher (auch Bismarck) gehören.

Hoffen wir, daß es ihnen bald gelingen wird, ihr Ziel zu erreichen und dem gemeingefährlichen Treiben in Monte Carlo ein Ende zu bereiten. Dank dem erstarkten sittlichen Bewußtsein der Neuzeit sind ähnliche Spielhöllen in andern Ländern aufgehoben worden, und es wird wohl auch früher oder später der Augenblick kommen, wo die Fürsten von Monaco, unter dem Druck der öffentlichen Meinung und durch das Ehrgefühl geleitet, von den unrühmlichen Bahnen ihrer Vorfahren ablenken werden.


Bilder aus dem Sudan.[1]

Von Suez nach Suakin. – Das Venedig des Rothen Meeres. – Massaua. – Die Kriegshorden des Mahdi. – Das Hauptquartier des „falschen Propheten“.

Sinkat. Ansicht von Berber.

Wie sich der Kriegsschauplatz in den letzten Monaten aus dem südlichen Sudan immer mehr nach dem östlichen gezogen hat, so sind es jetzt die westlichen Küsten des Rothen Meeres mit den daran liegenden Städten, welche das Hauptinteresse in Anspruch nehmen. In erster Reihe das auch von uns bereits erwähnte Suakin, das die Engländer zu einem Centralpunkte ihrer militärischen Operationen gemacht und wo sie auch schon unter General Graham zu wiederholten Malen erfolgreich gegen die Rebellen unter Osman Digma gekämpft haben.

Von Suez fährt man mit einem guten Dampfer, vorzüglich wenn man von dem im Rothen Meere häufig wehenden Nordwinde begünstigt wird, in vier bis fünf Tagen nach Suakin, und zwar der westlichen, also der afrikanischen Küste entlang. Man bleibt aber immer einige Meilen vom Lande entfernt wegen der vielen Korallenbänke, die sich mit wenigen Unterbrechungen am Meeresufer hinziehen. Schon von Weitem sieht man den milchweißen Schaum der Brandung an diesen gefährlichen Klippen und lenkt besorgt das Steuer mehr nach Osten, ohne übrigens die östliche, asiatische Küste je zu Gesicht zu bekommen; denn die mittlere Breite dieser gewaltigen Wasserstraße beträgt über dreißig geographische Meilen. Wundervoll ist bei ruhigem Wetter der Anblick des unermeßlichen Spiegels: ein tiefes Ultramarinblau, das an den Küsten in lichtes Krystallgrün übergeht; in den sternklaren Nächten ein Meeresleuchten, wie man es im Großen Ocean nicht schöner sieht. Nur die im Rothen Meere vom März bis October herrschende starke Hitze beeinträchtigt den hohen Genuß der Reise: Aden und Massaua gehören bekanntlich zu den heißesten Gegenden der Erde. Die Stadt Koser (Kosseir) erreicht man schon am Abend des ersten Tages; früher, und auch noch im Mittelalter, ein bedeutender Handelsplatz, ist sie jetzt, nach Eröffnung des Suezcanals, völlig gesunken und unbedeutend.

Tags darauf passirt man den Wendekreis des Krebses und gelangt in die heiße Zone. Von Koser bis Suakin giebt es an der afrikanischen Küste keine nennenswerthe Stadt mehr; hohe, nackte Gebirgsmassen ziehen sich ununterbrochen im Westen hin, immer dieselben wildzerklüfteten dunklen Felsen, fast ohne alle Vegetation, und hinter ihnen die öden Sandflächen der Nubischen Wüste. Jenseits des Cap Ras-Raui (Djedda gegenüber), gewinnt die Landschaft erst bei Durruhr, wenige Meilen nördlich von Suakin, einen freundlicheren Anstrich, und Suakin selbst, schon im Gegensatze zu dem tagelangen Anblicke der unwirthlichen und düsteren Küste, liegt ganz heiter und einladend da. Im Hintergrunde ragen freilich gleichfalls hohe Felsgebirge, schon an das nahe Abessinien erinnernd, das man nicht mit Unrecht die afrikanische Schweiz nennt; aber sie bilden hier nur die malerische Staffage zu der frühlingsgrünen Landschaft des Vordergrundes. Imposante Wälder fehlen freilich, aber die Mimosen bilden hübsche Baumgruppen, aus denen die weißen Häuserwürfel der Stadt sehr freundlich hervorschimmern. Suakin liegt nämlich zur Hälfte auf einer Insel, aber so dicht am Festlande, daß ein Theil der Bewohner sich dort angesiedelt hat. Das ist auch insofern die wichtigere Hälfte der Stadt, weil uns dort in der langen Bazarstraße das eigentliche Volksleben entgegentritt. Tags über herrscht in jener Straße und in den Nebengassen und -gäßchen ein buntbewegtes Treiben, das, natürlich im Kleinen, an dasjenige von Alexandria und Kairo erinnert, nur daß in Suakin die Bevölkerung durchgehends noch dunkelfarbiger ist. In dem auf der Insel gelegenen Stadttheile befinden sich die Regierungsgebäude und mehrere recht ansehnliche

  1. Vergl. Nr. 11.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1884). Leipzig: Ernst Keil, 1884, Seite 216. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1884)_216.jpg&oldid=- (Version vom 6.3.2024)