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Verschiedene: Die Gartenlaube (1884)

Heimischen und Fremden den Reiz noch zu erhöhen, die köstliche Fernsicht noch zu erweitern vermöchte. Und wenn auch später Jahrzehnte dahingegangen sind, ehe der Plan ausgestaltet werden konnte, so wird doch jetzt die feierliche Grundsteinlegung am 22. Juni d. J, erfolgen und der jene Gegenden Bereisende sich bald auch den Thurm auf dem Astenberge nicht entgehen lassen dürfen, der, gegen dreißig Meter hoch, oben eine Gallerie bieten soll, welche mindestens zehn Personen zugleich den Aufenthalt und den Genuß der in jeder Beziehung ausgezeichneten Umgebung gestattet. D. T.     



 Lenz-Hymnus.

      Heilig spricht dich
Die Menschenseele,
Du wonniger Frühling!
Weil frommen Glauben
Huldvoll du kündest
In duftigprangenden
      Blüthenlehren!

      Hold erschauert
Die ganze Erde
In träumendem Hoffen!
Als hehrer Streiter
Kommst du gerüstet
Mit klaren, schimmernden
      Glanzbeweisen!

      Golden strahlst du
In freudig hehrem,
Unendlichem Segen!
Und Alles athmet,
Unbewußt folgend,
Berauschend wehende
      Liebeswonne!

 Sophie von Khuenberg.




Tanzen für ewige Zeiten. In den zwanziger Jahren des 10. Jahrhunderts befand sich Kaiser Heinrich I. von seinem Herzogthume Sachsen aus auf einer Inspectionsreise durch die zweite sorbische Grenzmark, die Uferlandschaften der weißen Elster und der Saale. Die Irmensäulen der heidnischen Sorben waren längst gestürzt, und auf den Stätten vieler ehemaligen heiligen Haine erhoben sich längs der Grenzmark die kaiserlichen Zwing-, Trutz- und Schutzburgen, von welchen aus die kaiserlichen Vögte die Marken regierten. In seinem innersten Fühlen und Empfinden war indeß das Volk noch vielfach heidnisch, und so wie es das kaiserliche Regiment nur ungern ertrug, so fügte es sich auch nur ungern dem Zwange des Christenthums. Nicht selten fiel es sogar direct in die alten heidnischen Gebräuche zurück und dies besonders, wenn ein Tag herankam, an welchem die Vorfahren zu Ehren des einen oder andern der heidnischen Götter ein heiteres Fest gefeiert hatten. An solchen Tagen wurde die ganze mühsam eingeimpfte christliche Anschauung total vergessen, und die heiteren Klänge alter heidnischer Gesänge begeisterten Jugend und Alter zu ausgelassenen Festen, in denen sie sich voll und ganz den poesiereichen Ueberliefernngen einer sagen- und freudereichen Vergangenheit hingaben, den nicht selten zwingenden Verhältnissen der Gegenwart aber nur wenig oder garnicht Rechnung trugen.

Ein solches Fest fand auch eben statt, als Kaiser Heinrich I. das Land bereiste und zu Pfingsten in die Nähe des Marktfleckens Langenberg (Kreis Gera) kam. Die Bewohner gaben sich in dem heiligen Haine auf dem Hausberge in lautem Jubel der Lust eines gottesdienstlichen Tanzes zu Ehren des sorbenwendischen Liebesgottes Liko hin und achteten es wenig, als ihnen von der Nähe des Kaisers Kunde ward. Ja, auch als der Kaiser ihnen Botschaft schickte, er sitze mit seinem Reisezuge drunten im Thale im Moraste der Heerstraße fest und gebiete seinen Unterthanen, unverweilt in ihre Dorfschaften zu eilen und Zugthiere herbeizubringen, damit er seine Reise fortsetzen könne, – auch da ließen sie sich in ihrem Feste noch lange nicht stören, sondern schickten einfach dem Kaiser die Antwort: Sie könnten nicht kommen; sie hätten all’weil zu tanzen! Es wird nicht erzählt, wie der Kaiser diese Antwort im ersten Augenblicke aufgenommen hat, wohl aber, welchen Bescheid er den Tanzenden endlich zurücksagen ließ, und dieser war jedenfalls wohlüberlegt.

„Wohl,“ so lautete er, „wenn sie heute tanzen wollen, so sollen sie vom nächsten Jahre an bis in alle Ewigkeit tanzen zur Frohn!“

Und so kam es. Der heidnische Opfertanz wurde umgewandelt in einen christlichen Tanz an Gerichtsstelle, der Rolandssäule zu Langenberg. An Stelle der heidnischen Priester saßen an der Säule nun die kaiserlichen Richter, deren jüngster den Tanz eröffnete. Der Landrichter von Gera führte in Amtskleidung den Vorsitz, ihm zur Seite saßen die Gerichtsschöffen von Langenberg und den umliegenden Dörfern. Der Gerichtsplatz war durch die bewaffnete Mannschaft Langenbergs abgesperrt; die Namen der Tanzpflichtigen wurden zu Anfang des Tanzes durch einen Actuar feierlich verlesen. H. M.     


Professor Dr. Wilhelm Oncken’s Allgemeine Geschichte in Einzeldarstellungen ist ein Geschichtswerk, welches, ebenso eigenartig wie gediegen, der deutschen Wissenschaft zu Ruhm und Ehre gereicht. Obgleich von verschiedenen Persönlichkeiten ausgeführt, haben wir doch ein harmonisches Ganzes erhalten, welches die Tiefe der Specialforschung mit dem umfassenden Blick genialer Universalität verbindet. Nach der Methode unserer heutigen Geschichtsforschung, welcher strenge Quellenkritik die Grundbedingung aller historischen Darstellung ist, durchaus objectiv sich an die Thatsachen haltend, ermangelt das Werk wieder auch nicht des künstlerischen Geistes, der überall wohlthuend zu Tage tritt und eine ganz besondere Anziehungskraft ausübt. Hierdurch, wie durch die ganze Art der Darstellung, welche trotz des kritischen Geistes, der sie durchdringt, in ihrer Klarheit, plastischen Gestaltung und dramatischen Belebtheit allgemein verständlich, geistreich und formenschön zugleich ist, fühlt sich auch der Nichtgelehrte, der gebildete Laie, allgemein zu dem Buche hingezogen, und dies berechtigt, das Werk nicht nur dem Gelehrten, sondern auch dem größeren gebildeten Publicum in warmer Empfehlung an das Herz zu legen. Von dem ganzen Werke, unter dessen 26 Mitarbeitern sich die bewährtesten Namen befinden, sind bis jetzt 83 Hefte ausgegeben, in welchen 19 Theile der verschiedensten Epochen vollendet und mehrere andere begonnen sind. Sämmtliche Bände sind mit zahlreichen ebenso instruktiven als anziehenden Abbildungen kulturhistorischer Denkmäler aller Art reich ausgestattet. – Möge besonders die von der Verlagshandlung G. Grote in Berlin veranstaltete neue Subscriptionsausgabe des Werkes in Lieferungen, wodurch zunächst die Erwerbung der ersten und der vierten Hauptabtheilung, die Geschichte des Alterthums und der neuesten Zeit umfassend, wesentlich erleichtert werden soll, in den weitesten Kreisen die verdiente Beachtung finden!


Anfrage. Besteht in Deutschland eine Anstalt, in welcher in älteren Jahren Erblindete ein menschenfreundliches Asyl finden? Das Unglück sucht seine Opfer am häufigsten in den Kreisen, die durch angestrengte geistige Thätigkeit, namentlich durch Unterrichtgeben sich Jahre lang redlich, wenn auch kümmerlich ernährt. Wo öffnet sich für Solche eine milde Stiftung, die sie davor bewahrt, die öffentliche Wohlthätigkeit ansprechen zu müssen?


Allerlei Kurzweil.



Rösselsprung.

Quadrat-Räthsel.

Die Buchstaben in den 16 Feldern des obigen Quadrats sind so zu ordnen, daß jede wagerechte Reihe gleich der entsprechenden senkrechten lautet. Von den 4 Reihen nennt die eine einen Vogel, eine andere einen Componisten, eine andere eine Münze, eine andere eine Stadt.

Bilder-Räthsel.


Auflösung des magischen Tableaus „Die Eule“ in Nr. 21:
„Alle wissen guten Rath, nur der nicht, der ihn nöthig hat.“




Kleiner Briefkasten.

C. L. in B. Einen guten Rathgeber für die Reise nach Nordamerika finden Sie in dem soeben erschienenen trefflichen Werkchen „Das Reisen nach und in Nordamerika, den Tropenländern und der Wildniß“ von Heinrich Semler in San Francisco. (Wismar, Hinstorff’sche Hofbuchhandlung.) Für die Ihnen so schwer fallende Wahl zwischen einem deutschen und englischen Passagierdampfer dürfte die folgende Stelle aus dem genannten Buche über die Behandlung der Zwischendeckpassagiere auf englischen Dampfern maßgebend sein:

„Das Benehmen der Schiffsmannschaft gegen die Passagiere, namentlich gegen solche, welche nicht englisch sprechen, sich also nicht mit Worten zur Wehr setzen können, ist häufig empörend roh. Ich habe gesehen, daß Seekranke im buchstäblichen Sinne des Wortes aus ihren Kojen geprügelt wurden, weil sie nicht aufstehen wollten, als gereinigt werden sollte. Viele Worte brauche ich darüber nicht zu verlieren, denn die Rohheit und Ungeschliffenheit des englischen Schiffsvolks, vom Capitain bis zum Schiffsjungen herab, ist sprüchwörtlich, und diese Eigenschaft steigert sich zur Brutalität bei den Irländern, welche in der Regel zahlreich an Bord vertreten sind. Diese Schattenseite ist für mich – und ich weiß, daß ich viele Gesinnungsgenossen habe – Grund genug, die englischen Dampfer zu meiden, wo ich nur kann. In den meisten Fällen ist es nur nicht möglich, da dreiviertel der Passagierdampfer der Erde unter englischer Flagge fahren.

Bezeichnend für die Behandlung der Zwischendeckspassagiere auf englischen Dampfern ist unter Anderem, daß sie auf Deck durch ein Seil von den Kajütenpassagieren getrennt werden. Mag das Zwischendeck überfüllt, mag die Kajüte nur spärlich besetzt sein – einerlei, die Passagiere des ersteren werden durch ein Seil eingepfercht, das ein Matrose zu bewachen hat. Wie ein Kettenhund fährt er auf Jeden los, der so verwegen ist, sich der Pferchgrenze zu nähern. Es entspricht das ja auch ganz dem englischen Dünkel den ärmeren Volksclassen gegenüber etc.“ Also hübsch unter deutscher Flagge segeln!


Inhalt: Salvatore. Napoletanisches Sittenbild. Von Ernst Eckstein (Fortsetzung). S. 357. – Die Ansteckungswege der Kinderkrankheiten. Von Dr. L. Fürst (Leipzig). 2. Die Verbreitung der Ansteckung. S. 363. – Die Verlobung im Keller. Pfingstgeschichte aus der Zeit der Befreiungskriege. Von J. Baltz. S. 365. Mit Illustrationen S. 365, 367 und 368. – Der Maigraf. S. 370. Mit Illustration S. 369. – Blätter und Blüthen: Ein Thüringer Cantor und sein Werk. S. 371. – Im Sommerrefectorium. S. 371. Mit Illustration S. 360 und 361. – Der Aussichtsthurm auf dem Astenberg. S. 371. Mit Abbildung S. 364. – Lenz-Hymnus. Gedicht von Sophie von Khuenberg. – Tanzen für ewige Zeiten. – Professor Dr. Wilhelm Oncken’s Allgemeine Geschichte in Einzeldarstellungen. – Anfrage. S. 372. – Allerlei Kurzweil: Rösselsprung. – Quadrat-Räthsel. – Bilder-Räthsel. – Auslösung des magischen Tableaus „Die Eule“ in Nr. 21. – Kleiner Briefkasten. S. 372.



Verantwortlicher Herausgeber Adolf Kröner in Stuttgart.0 Redacteur Dr. Fr. Hofmann, Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger, Druck von A. Wiede, sämmtlich in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1884). Leipzig: Ernst Keil, 1884, Seite 372. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1884)_372.jpg&oldid=- (Version vom 3.6.2021)