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Verschiedene: Die Gartenlaube (1884)

Blätter und Blüthen.


Französische Vorschläge zum Ausgleich. Wir haben in Nr. 9 unseres Blattes unter „Blätter und Blüthen“ auf einen Ausbruch „französischen Deutschenhasses“ hingewiesen, der in Nizza und Algier spielte und die Deutschen als Ausspionirer und Räuber der französischen Industrie schilderte. Da unter der Verfolgungswuth, welche durch die dortige Presse aufgestachelt wurde, sogar die deutschen Badegäste in Nizza und Mentone zu leiden hatten, so gaben wir unseren Landsleuten den Rath, statt der französischen die italienischen Riviera-Badeorte zu wählen, wo sie dieselben Naturvorzüge in Frieden genießen könnten, während in Frankreich jetzt der einzelne Deutsche so gut wie vogelfrei sei.

Gegen diese Notiz legt ein in Berlin lebender Correspondent der Pariser Zeitung „L’Eclaireur“ eine Lanze gegen die „Gartenlaube“ ein. Er ertheilt derselben zwar das Lob, daß ihr Inhalt, unähnlich dem französischer „Revues“, von den Eltern auch Söhnen und Töchtern zu lesen gegeben werden könne; aber gründlicher Franzosenfresserei zeiht er sie wegen ihres haßvollen Angriffs auf die genannten französischen Bäder.

Natürlich hat auch in diesem Falle wieder das Karnikel angefangen. Es liegt mehr als Kindlichkeit in dieser französischen Vertheidigungsweise. Nicht daß die Blätter in Nizza und Algier in so über alle Maßen roher Weise gegen die Deutschen auftraten, wird gerügt: nein, die Ursache des ganzen Lärms besteht darin, daß die „Gartenlaube“ jene französischen Artikel abgedruckt hat. Hätte sie, wie der Correspondent von sich behauptet, dieselben ignorirt, so würden sie sicherlich unbeachtet wieder vergessen worden sein. Das heißt also: „Laßt die Franzosen gegen Euch schreiben und treiben, was sie wollen, – kümmert Euch nur nichts darum, dann schadet es Euch auch nichts.“

Das ist der erste Vorschlag zu einem friedlichen Ausgleich zwischen uns und den Franzosen. Noch weiter geht aber der zweite. Daß die Deutschen an dem französischen Haß ganz allein selbst die Schuld tragen, liegt auf der Hand. Die Milliarden, versichert der französische Correspondent, würde man uns gern verzeihen, aber nie könne uns verziehen werden, daß die unglücklichen Provinzen Elsaß und Lothringen der thörichten Eitelkeit der Deutschen geopfert werden mußten. So lange die Deutschen unfähig seien, zur Einsicht dieses politischen Mißgriffs zu gelangen, müßten sie sich auch den französischen Haß gefallen lassen. Also: heraus mit den sogenannten Reichslanden, dann sind sofort die Franzosen uns wieder gut.

Bis zum 14. Juli dieses Jahres konnte man fast, bei den freundlichen Beziehungen der Regierungen Deutschlands und Frankreichs, auf die allmähliche Einkehr ruhigerer Ueberlegung auch im Volke hoffen. Mit dem empörenden Skandal, den man mit der Nationalfeier in Paris verband, ist diese Hoffnung geschwunden, und es bedarf entschiedenerer Besserungsbeweise, um das mit vollem Rechte tief aufgeregte Volksgefühl der Deutschen zu beruhigen. Der Berliner L’Eclaireur-Correspondent sucht unsere Behauptung von der Unsicherheit der Deutschen in Frankreich damit zu widerlegen, daß er die Tausende aufzählt, welche in Paris und vielen anderen Industrie- und Handelsstädten Frankreichs leben und sich bereichern.

Wohl! Gegen die Deutschen in Massen geschieht selten ein Angriff. Wie ergeht es aber dem Einzelnen, der in einer französischen Masse als Deutscher erkannt wird? Es ist eine französische Stimme, welche (im „Intransigeant“) sagt: „Wir können uns nicht genug gegen den stupiden Chauvinismus einer Handvoll Besessener erheben, welche Frankreich zu retten glauben, indem sie Fensterscheiben zerbrechen und Fahnen zerreißen, Bierstuben erstürmen und Schlachten in den Straßen gewinnen, wo sie Hundert gegen Einen stehen!“ – Das ist die Schmach, die, gegen eine Nation allein gerichtet, auch die äußerste Geduld derselben endlich brechen kann. Der eine Deutsche, Dr. Wurzer, wurde bei der Statue von Straßburg am Concordienplatz von der ganzen Meute angegriffen, – und von den Fahnen aller Nationen am „Hôtel Continental“ wurden nur die deutschen geschändet.

Welches entwürdigende Schauspiel für eine Nation, daß ein Haufe, der unmöglich nur aus Gassenjungen bestanden haben kann, eine Unthat gegen ein anderes Land begeht, vor dessen Regierung die Häupter der Republik dafür Abbitte thun müssen!

Wären wir weniger werth, als wir uns mit Recht fühlen, so könnte diese Thatsache uns als genügende „Revanche“ für die Unbill gelten. Wir aber sehen in diesem Vorgang nur etwas so Niederdrückendes und Beklagenswerthes, daß wir es selbst an einem Feinde nicht mehr als einmal erleben möchten. Fr. Hfm.     


Sommermorgen. (Mit Illustration S. 513.) Sommerzeit, schöne Zeit! Doppelt schön aber ist so ein Sommermorgen. Früh, wenn eben die höchsten Wipfel der Bäume am Horizonte von den ersten Strahlen der aufgehenden Sonne verklärt werden, dann gilt es, hinauszueilen aus den dumpfen Räumen des Hauses in die frische Natur, in den Wald und in die thaugetränkten Felder. Tausend Kinder der lieblichen Flora blühen und duften, fleißige Bienen ziehen sammelnd und summend von Kelch zu Kelch, und ein leiser Morgenwind umfächelt Gräser, Blumen und Getreide. Die Menschenbrust hebt sich freier und athmet in durstigen Zügen die balsamische Luft, das Auge ruht fröhlich auf all dem Leben und Weben ringsumher, und die Arbeit geht noch einmal so gut von statten, als in späteren Stunden, wenn die Sonne steigt und der blinkende Thau vor ihren sengenden Strahlen verschwindet.

Völlig hingenommen von all den Reizen der umgebenden Natur ist auch das junge, schöne Menschenkind, das von dem Feldsteige her sich dem Bache nähert, in dessen silberklaren Wellen der schmale Steg sich deutlich widerspiegelt. Kein Fröhliches Lied tönt von den Lippen des Mädchens, aber aus ihren Augen leuchtet ein warmes Empfinden, und ihre ganze Haltung deutet auf ein freudiges Lauschen und Träumen. Sie selbst steht noch im Morgen ihres Lebens, und dieser ist so heiter wie der Sommermorgen. Möge auf beide ein glücklicher Tag und Abend folgen!


Ein Standbild für Carl Maria von Weber. Am 18. December 1886 werden es hundert Jahre, daß Carl Maria von Weber, der große Componist des „Freischütz“ und „Oberon“, der „Preciosa“ und „Euryanthe“, in Eutin geboren ward. Das Andenken des volksthümlichsten unter den deutschen Componisten beabsichtigt man an dem bevorstehenden Gedenktage durch die Errichtung eines Standbildes in seiner Vaterstadt Eutin zu ehren. Dieser Plan wird sicher den allgemeinsten Anklang finden, und wir theilen unsern Lesern mit, daß sich zur Verwirklichung desselben ein Comité gebildet hat, welches schon jetzt Beiträge in Empfang nimmt und an dessen Spitze der Klosterprobst Freiherr von Liliencron in Schleswig steht.



Allerlei Kurzweil.

Kryptonym.

Was sie ist, ihr Alle wißt,
Sinnt nun, wie ihr Name ist.


Dechiffrir-Aufgabe.

4oh 3tu e34 y4mu
1oe e5t h4i3so 3tu
y43u –

m43din c43 43o5-
oe4s y2io4o e34
h4e5ol4o –

e2di i5su 3u s51u4
tu2t4o t3di e34
t5di4o
. –


Magische Bordüre. Von S. Atanas.


Auflösung des Scherz-Räthsels für Küchenkundige in Nr. 29: 0 Aspic.


Auflösung des Bilder-Räthsels in Nr. 29: 0 Gefallen aneinander bezeigen.


Auflösung des Scherz-Räthsels für Theaterkundige in Nr. 29: 0 Desdemona.



Kleiner Briefkasten.

F. G. in Nürnberg. Wir sind gewohnt, von den Verehrern der Inquisition und des Großinquisitors Peter Arbues angefeindet und je nach Umständen mit Koth beworfen zu werden. Also läßt uns auch der Zorn des uns gütigst eingesandten ultramontanen Blättchens kalt. Wir können demselben die Ehre einer Antwort, wie Sie wünschen, unmöglich angedeihen lassen.

V. K. in W. Die fragliche Schmetterlingsauction fand am 20. und 21. März d. J. in London statt. Die öffentlich versteigerte Sammlung bestand nur aus Schmetterlingen, die in England heimisch sind, und zeichnete sich namentlich durch eine reichhaltige Vertretung der seltensten Varietäten und Naturspiele aus. Der Gesammtertrag der Auction soll 20,000 Mark ergeben haben. Einzelne Exemplare wurden mit 300 Mark bezahlt.

R. M. in G. und A. C. in Mainz.0 Schwindel.

H. R. Krim.0 Uns ist eine solche Maschinenbauanstalt nicht bekannt.

E. H. in Chicago: Vergl. „Die Gartenlaube“ Jahrg. 1883, S. 55.

D. in Crefeld: Besten Dank, wenn auch für uns nicht geeignet.



[Inhaltsverzeichnis dieses Heftes, hier nicht übernommen.]



Verantwortlicher Herausgeber Adolf Kröner in Stuttgart.0 Redacteur Dr. Fr. Hofmann, Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger, Druck von A. Wiede, sämmtlich in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1884). Leipzig: Ernst Keil, 1884, Seite 518. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1884)_520.jpg&oldid=- (Version vom 6.3.2023)