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Verschiedene: Die Gartenlaube (1884)

stammt aus den warmen Gewässern Südchinas und hat labyrinthförmige Schlundknochen, sodaß er nicht nöthig hat, den Sauerstoff des Wassers zu verzehren, sondern die an der Oberfläche geholte Luft mit in’s Wasser nimmt. In Folge dessen bedarf er eigentlich niemals eines Wasserwechsels, der bei den Aquarien so lästig wird, sondern es genügt vollkommen, wenn man die Futterreste (Ameiseneier, geschabtes Rindfleisch) vor dem Schimmeln wieder entfernt und das Aquarium mit recht vielen Wasserpflanzen besetzt, welche die Reinigung besorgen. Das Wasser kann und soll sogar lauwarm sein, niemals unter 15° R., und kann man nach meinen eigenen Versuchen einfach warmes und kaltes Wasser zusammenthun, um im Winter den nöthigen Grad zu erhalten.

Je heller die Sonnenstrahlen in’s Wasser fallen, desto wohler ist es dem Großflosser. Er schwimmt nicht nur gerade aus, sondern rückwärts, seitwärts; der Kopf, die Augen, Alles ist beweglich und drückt sichtlich die Leidenschaften aus, wie Liebe, Eifersucht, Zorn, Vorsicht. Stehen sich mehrere gegenüber, so erkennt man leicht, ob sie spielen oder ernstlich kämpfen; in beiden Fällen treten die Farben besonders stark hervor, das ganze Flossenwerk vibrirt und spreizt sich, die abstehenden Kiemendeckel deuten an, ob Kampflust sie erfüllt, und dann führen sie gleich Hähnen Stöße gegen einander, bis der schwächere Reißaus nimmt.

Freilich können wegen der Wassertemperatur nicht alle Fische mit den Großflossern zusammen leben, sondern meist nur die Schlammbewohner Deutschlands, aber auch diese sind während der Laichzeit des kleinen, buntfarbigen Raubthiers nicht vor schlimmen Verletzungen sicher und werden besser entfernt, auch schon darum, weil sie das Brutnest des Makropoden stören.

Sind, wie wir in der Zuchtanstalt beobachten konnten, mehrere Großflosser zusammen, so spielt der größte den Schiedsrichter und treibt die Streitenden stets aus einander. Jeder hat im Behälter seinen besonderen Platz, und dort duldet er keinen andern. Die Farbenpracht geht im Winter zurück und kehrt mit dem Frühlinge wieder, aber das Thier entfärbt sich, wie Matte beobachtete, auch, wenn ihm sein Gefährte genommen wird oder wenn es von einem stärkeren besiegt wird.

Die Lebensfähigkeit der Makropoden ist geradezu wunderbar: Matte hat in einem kleinen Behälter mit circa drei Liter Inhalt ein Paar 14 Wochen lang in fauligem Wasser gehalten, und die Thiere blieben munter wie zuvor, weil sie sich die nöthige Luft einfach durch Auftauchen holten, und ihre Kiemengebilde als Reservoirs für dieselbe dienten. An Wasserpflanzen ist die Wasserpest, das untergetauchte Hornkraut und besser noch die valisneria spiralis zu empfehlen, welche eine Menge Infusorien sowie Sauerstoff zur Erhaltung der Fische erzeugen und den Unrath derselben verbrauchen.

Ende Juni beginnt die Paarungszeit; die Männchen umkreisen die Weibchen stets lebhafter und beginnen ihr Nest zu bauen, indem sie immerfort auftauchen, kleine Luftblasen verschlucken und unten, mit Schleim vermischt, wieder ausspeien, wodurch eine Schaumdecke von fünf bis sechs Centimeter Breite und zwei Centimeter Höhe entsteht, manchmal auch in Gestalt einer halben Nuß. Hierauf folgt die eigentliche, hochinteressante Paarung; die Eier speit das Männchen nachher in jene Schaumhülle hinein, vertheilt dieselben und bewacht fortan den Laich vor der Gefräßigkeit des Weibchens, welches unablässig zurückgetrieben wird. Schon nach drei Tagen erkennt man die Jungen, welche auch bald aus dem Neste wollen und vom Männchen mit dem Maule wieder aufgefangen werden. Oft packt es sogar mehrere der Flüchtlinge auf einmal und sperrt sie wieder ein, um sie vor dem Weibchen zu retten. Nach 10 bis 12 Tagen sind die Kleinen schon selbstständig, und nun ist es Zeit, die Alten zu entfernen, denn jetzt betheiligt sich auch das Männchen an dem Vertilgen der Jungen, weshalb man für das alte Paar einen andern Behälter haben muß, worin sie das Nistgeschäft nach drei Wochen fortsetzen. Das Laichen wiederholt sich bis Mitte September mehrmals, der jedesmalige Wurf mag an 1000 Eier betragen, doch gehen sehr viele zu Grunde in Folge von Pilzbildungen im Wasser. Man füttert die Jungen erst, wenn sie zwei bis drei Centimeter groß sind, und dann nur mit sehr wenig Milch von ausgequetschten Ameiseneiern. Erst später erhalten sie die obengedachte Nahrung der Alten. Fortpflanzungsfähig sind manche schon mit einem Jahre, meist aber erst mit zwei Jahren.

Außerdem züchtet die Anstalt Matte’s noch die ebenfalls ziemlich begehrten japanischen Goldfische in Masse, doch sind dieselben noch theuer, während Makropoden um sechs bis acht Mark das Paar zu haben sind. Jene Goldfische sind ganz eigenartig, mit sonderbaren Formen und großem Doppelschwanze, der die Bewegungen sehr hindert. – Eigenthümlich erinnert der Teleskopfisch an die schiefen Schlitzaugen der Chinesen, seiner Heimathgenossen; man ist förmlich überrascht ob des seltsamen Geschöpfes, das den japanischen Goldfischen an Gestalt ähnlich ist, aber solch fürchterliche Glotzaugen zeigt, daß dieselben von der Mutter Natur wohl in einer ganz speciell chinesisch angehauchten launischen Stunde erschaffen sein müssen. Diese Art ist dazu noch durch Zucht verändert worden, sodaß man sogar eine ganz schuppenlose Varietät davon erzielt hat.

Die Anstalt stellt nebenbei auch die Aquarien auf Wunsch her und versendet sie sammt aller Einrichtung dazu, falls man sich diese nicht selber in Wald und Feld, an Seen und Flüssen einsammeln will, wo es ja nicht an Pflanzen, Steinen, Bachmuscheln, Flugsand etc. mangelt. Bisher, so berichtet der Besitzer, fanden sich bei ihm immer vorwiegend Gäste mit den langen Bärten vom Newastrande oder mit hohen grauen Filzhüten und englischen Reisehandbüchern ein, weniger hingegen die deutschen Touristen, deren Interesse zu wecken bei der finanziellen Bedeutung der Sache eine nationale Pflicht ist.

Dr. Fr. Müller.     

Brausejahre.

Bilder aus Weimars Blüthezeit.0 Von A. v. d. Elbe.
(Fortsetzung.)


17.

Die Festlichkeiten auf der Ettersburg waren zur allseitigen Zufriedenheit abgelaufen. Die Hofgesellschaft kehrte nach Weimar zurück und bereitete sich auf neue gesellige Freuden vor, als eine Trauernachricht für kurze Zeit eine ernste Gemüthsstimmung unter den lustigen Weltkindern verbreitete.

Es langte von den Verwandten Emiliens von Werthern auf Leitzkow die Anzeige ihres plötzlichen Todes in Weimar an, und lief bald als Neuestes, Schreck verbreitend, von Mund zu Mund.

Die junge reizvolle Frau, bewundert und beneidet, der Ausgelassensten Eine, plötzlich dahingerafft, mitten aus dem blühenden Leben fort – es war erschütternd für alle jene fröhlichen, lebenslustigen Gemüther, die kaum jemals an ein Ende solcher guten Zeit gedacht hatten, oder doch nur an ein ganz fernes, das sich lange vorher mit grauen Locken und lebensmüder Hinfälligkeit ankündigt. Das Ergreifendste aber war ein leises Gerücht, als sei die Nachricht, daß Emilie am Schlagfluß gestorben, nicht wahr, als habe sie gewaltsam und von eigner Hand geendet.

Der so plötzlich verwittwete Rittmeister von Werthern hatte die Trauerkunde nicht einmal so früh erhalten, um zur Beerdigung hinüber zu reisen. Er schien nicht sonderlich betrübt, was Niemanden Wunder nahm, da das Verhältniß des Ehepaares zu einander kein Geheimniß geblieben war.

Der Herzog ließ es sich nicht nehmen, die alte würdige Frau von Werthern persönlich aufzusuchen. Er hatte so manche frohe Stunde mit der hübschen Milli vertändelt, hatte einen pikanten Reiz in dem Kokettiren mit ihr gefunden, daß er jetzt in seinem warmen, ehrlichen Herzen sich recht erschrocken und betrübt fühlte. Mochte sein eigentliches Liebesempfinden bei jenem Verkehr auch kaum gestreift sein, so war es doch die beste Cameradschaft gewesen, welche jetzt von der rauhen Hand des Todes so plötzlich getrennt wurde. Er fand die alte Dame, bei der er seinen Besuch zuvor hatte ansagen lassen, gefaßter als er fürchtete. Sie kam ihm mit der feinsten Form entgegen; und bald waren diese beiden Menschen in einer ernsten Unterhaltung.

„Mein armer Liebling,“ sagte Frau von Werthern mit bebender Stimme, „ist früh hinweggerafft; wie sollte aber ich darüber klagen, da für mich ja ein Wiedersehen so nahe liegt. Was mich betrifft, so will ich Eurer Durchlaucht nicht verhehlen, daß ich Gottes gnädige Fügung bewundere. Jetzt darf ich es wohl aussprechen, daß dies liebenswürdige Geschöpf nicht glücklich war; ach, und sie hätte es so sehr verdient! – Wenn ich hinzufüge, daß einer jungen schönen Frau, die ohne Schutz und Stütze von Seiten ihres Gatten dasteht, Gefahren drohen, werden Eure Durchlaucht mich gewiß verstehen. Wir sind mehrmals überein gekommen, daß der Tod besser sei als ein Verirren vom rechten Wege. Sie wollte so gern brav und tugendhaft bleiben, meine kleine leichtlebige Tochter; jetzt ist sie allen Versuchungen entrückt; wohl ihr!“

„Ich fühle den Vorwurf, der in diesen Worten liegt, verehrte Frau,“ entgegnete der Herzog tief bewegt. „In seiner ganzen Schwere verdiene ich ihn aber nicht. Es war zwischen uns immer nur auf eine flüchtige Unterhaltung abgesehen; ich gebe Ihnen mein Wort, daß ich nie etwas gethan habe – und hoffentlich nie gethan hätte – was Emilie mit ihrem Gewissen in einen Conflict hätte bringen können. Außerordentlich bedaure ich in diesem Augenblicke mein Verhalten, da ich fürchten muß, daß es Ihnen Anlaß zu Besorgnissen gegeben hat.“

Frau von Werthern konnte dies nicht in Abrede stellen, war aber in ihrem loyalen Herzen gerührt, ja geradezu ergriffen von der Offenheit und Güte ihres jungen Landesherrn; sie gab diesen Empfindungen Ausdruck, und man trennte sich beiderseits mildbewegten Gemüths.

Karl August fühlte sich heute weich gestimmt. Nie war ihm bisher in seiner jungen Ehe das Bedürfniß gekommen, mit Luisen

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1884). Leipzig: Ernst Keil, 1884, Seite 528. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1884)_530.jpg&oldid=- (Version vom 12.3.2024)